Die harte Schule des alten Ostblocks! SZAXOFONISKOLA

Straßenmusik! oft nur ein lärmender Graus. Da werden Trommeln, Gitarren und Akkordeons (oder heißt es Akkordeonne) geradezu vergewaltigt. Ab und zu gibt es doch Menschen, die wirklich talentiert sind aber irgendwie durch die Maschen gefallen zu sein scheinen und höchst wahrscheinlich irgendwann beim Supertalent auftauchen. Und dann gibt es da noch die Profis, die irgendwie aus Rußland, Rumänien, Ungarn oder zumindest irgend so ein Land des ehemaligen Ostblocks kommen.

Oft wundert man sich, warum so gute Bands und Musiker auf der Straße spielen. Aber mal ehrlich, wer würde sich eine Karte für ein Konzert einer Weissrussischen Dixielandband kaufen? Und hier verdienen sie auf der Straße meist mehr, als Zuhause. Denn im ehemaligen Ostblock scheint es keinen Mangel an guten Musikern zu geben.

Schaut man an die Hochschulen, laufen da immer mal in der Jazzabteilung ein 18 Jähriger Russe am Sax rum,  alle anderen an die Wand spiel. Oder in den Klassikabteilungen; 80% Asiaten und alle technisch perfekt!
Sind die talentierter? Wohl eher nicht, aber dort herrscht eine ganz andere Disziplin und Druck beim Musikunterricht als bei unserem Wohlfühl/Hobby/aus-Spaß-an-der-Freunde/kindergerechter/ Musikschulunterricht.
Wenn der Rohrstock bei fehlerhaften Etüde droht, übt man natürlich fleißger zu Hause.
(Das ist jetzt nicht ausgedacht, sondern das wurde mir so aus erster Hand erzählt). Oft ist ein weiterer Grund, dass für viele Kinder bzw. deren ganze Familie,  die musikalische Karriere der einzige Ausweg aus der Armut ist. So stammt der jetzt weltberühmte LangLang aus sehr armen Verhältnissen und sein Vater hat sein letztes Hemd dafür hergegeben, dass der Sohnemann ans Musikkonservatorium durfte. Die Zeiten dürften wohl vorbei sein.

Da bekommt man das Gefühl, dass deutsche Musiker kaum eine Chance haben. So ist aber nicht. So Einwanderungsfreundlich ist Deutschland ja nicht, dass man einfach bleiben könnte wenn man fertig studiert hat.

Naja, und ein guter Musiker zu sein, reicht nicht immer. Eine amüsante Anekdote (ist beglaubigt, aber Quelle wird geschützt) ist, dass ein russischer über Saxophonist (Student an einer renommierten Hochschule) bei einer gut bezahlten Edelmucke doch die Frau des Gastgebers massiv angegraben hat. So schnell wird der nicht wieder angerufen.

Des weiteren merkt man eine Sache immer wieder, technisch perfekt, aber musikalisch langweilig. Ich will jetzt nicht darüber rumphilosophieren, ob sich das zwangsweise ausschließt oder was man unter Musikalität zu verstehen hat. Dennoch ist dies nicht nur ein Vorurteil sondern ist an den Hochschulen ein weit verbreitetes Problem.

Wie dem auch sei, die Musiker aus dem Osten sind fit. Als Beispiel für deren harte Ausbildung habe ich neulich in einem Notenantiquariat  eine ungarische Saxophonschule aus dem Jahre 1963 gekauft: „SZAXOFONISKOLA“.
Ganz harter Tobak. Auf der 5. Notenseite müssen schon 16tel Staccato gespielt werden. Ein deutscher Schüler bräuchte mindestens ein Jahr um so weit zu kommen und dann hätte er wahrscheinlich keine Lust dazu und legt lieber das Playalong zu „My favorite Popballaden 17“ ein.
Doch für die paar Verbissenen sind in dieser „Anfängerschule“ ein paar sehr schöne und fordernde Etüden dabei.
Tatsächlich wird darin auch Jazz behandelt. Und zwar auf den letzten sechs Seiten. Hier möchte zum Abschluß den Abschnitt über Improvisation zitieren:
„Eine der wichtigsten Eigentümlichkeiten des modernen Jazz ist die Variation oder Improvisation (=Stegreifspielen). Während im ersten Falle nur der Rhythmus der Melodie sich ändert, bleibt bei der Improvisation nur der harmonische  Aufbau der Melodie  – evtl. mit verwandten Akkorden – bestehen und die Töne der ursprünglichen Melodie „verbergen sich“ gleichsam hinter den erwklingenden Tönen.“

0 Gedanken zu „Die harte Schule des alten Ostblocks! SZAXOFONISKOLA

  1. ja, das stimmt recht genau !

    die formulierungen halte ich auch für angemessen: hier wird zurecht an einem sachstand kritik geübt, was auch so erkennbar ist.

    auf die wohlfühl- kinder könnte man noch genauer eingehen: die werden gerne ohne jacke oder mantel im winter direkt mit dem SUV zur musikschule gekarrt, ist ja alles klimatisiert … ( ebenfalls eigenes reales erleben ! )

    dabei ist eher das problem, daß die kids nicht mehr beim warten einen schneemann bauen könnten…

    usw.

    • Türlich, aber zur Musikalität gehört Individualität und Selbstauslebung und das wird in solchen System weder gefordert noch gefördert. Wenn du Tag ein Tag aus wie eine Maschine getrimmt wirst, wo soll dann Musikalität herkommen?

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