Guardala Reborn – die neuen FiberCarbon Mundstücke von Nadir

Jetzt liegen die Mundstücke von Nadir schon etwas länger bei mir auf dem Schreibtisch und endlich komme ich mal wieder etwas zum Bloggen. Schade, dass ich  wieder so lange gebraucht habe, denn jetzt sind die Mundstücke schon eine ganze Zeit lang draußen, aber sie sind doch etwas besonderes, weshalb sich der Test noch lohnt.

Ich denke nicht, dass ich die Guardala Story nochmal groß erzählen muß. Die Kurzfassung: Guardala baut in Zeiten wo man das Sax besonders laut mochte – tolle Metallmundstücke – Micheal Brecker spielte sie – sie kosten unglaublich viel – dann hört er auf – auf dem Vintagemarkt kosten die Mundstücke nun noch mehr – Guardala hat die Rechte exklusiv verkauft – mehrfach?! – viele Gerüchte.
Das letzte, was man so weiß, ist, dass der Zoll in Frankfurt ihn wohl mal Hopps genommen hat. Tja, aber das soll hier nicht Thema sein.

Nadir Ibrahimoglu aus Hamburg hat jedenfalls die Rechte (als einziger auch auf dem Papier) für den Namen und den Nachbau der legendären Mundstücke und seit Jahren fertigt er die Metallmundstücke nach und entwickelt sie teilweise sogar weiter. Die neuste Errungenschaft ist, dass er die sie nun auch in einem Materialgemisch aus Carbon und Fiberglass (daher FiberCarbon) herstellt und das ist für mich ein kleiner Gamechanger. Warum erkläre ich weiter unten.

Es gibt sie für das Alto im FatBoy Studio-Design in 6 und 7 und fürs Tenor als FatBoy MB II in 7* und 8*. Und dann ist da noch das SKY – eine Eigenentwicklung von Nadir – auch in 7* und 8*.
Saxnerds und Kenner sind die Modelle natürlich ein Begriff, aber jeder Saxophonist redet ständig nur über Mundstücke und Blätter (habe ich mir zumindest sagen lassen). Das MB II für das Tenor ist wahrscheinlich das erfolgreichste Mundstück von Guardala, entwickelt und gespielt von Michael Brecker (wehe ich muß noch erklären, wer das ist) ist es eines – wenn nicht DAS – Metallmundstück mit kleinerer Kammer und fetter gerader Stufe. Perfekt für den hellen, lauten und durchsetzungsfähigen Sound von Fusion, Funk, Pop in den 70-90ern.
Ich persönlich meine, dass viele Metallmundstücke mit enger Kammer und Stufe oft „too much“ sind (besonders das Altsaxophon und das Sopran) und sich nur für manche Stilistiken und fähige Spieler wirklich eignen.
Was mich zudem oft bei Metall stört, ist der deutlich heftigere Körperschall, den man vom Mundstück über die Zähne (auch trotz Bissplatte) ab bekommt.
Und sie sind teuer.
Dafür hat Metall auch Vorteile, dass man deutlich dünnwandiger bauen kann.
Und hier kommt nun der Vorteil von FiberCarbon ins spiel. Das Material ist deutlich härter und stabiler als Kautschuk, so dass man wie Metall designen kann. Aber es ist leichter und günstiger.

Das SKY von Nadir ist eher ein traditionelles Design. Sanfter Baffle, schön großer Einlauf, große runde Kammer, keine Ecken, keine Kanten. Persönlich tendiere ich immer wieder zu Mundstücken dieser Art.

Etwas sonderbar ist allerdings die Außenform. Oben ist es konisch spitz zulaufend. Das bedeutet, dass viele Blattschrauben dazu nicht passen werden. Aber eine einfache Rovner Lederschraube passt so um so besser und ist klanglich sowieso ein guter Match für diese Powermundstücke.
Die Wulst am Ende – gennant Booster – ist sicher nicht nur für die Stabilität da. Das habe ich schon öfters an an einigen Mundstücken gesehen, teils sogar als Tuninggimmick, aber hier macht es Sinn. Die Leichtigkeit des Materials hat nicht nur Vorteile. Ein zu leichtes Mundstück würde zu sehr vibrieren. Der Booster dürfte deutlich mehr Stabilität im Sound, Handling und Ansprache geben.
Generell ist die Haptik sehr wertig, trotz des Federgewichts.

Klanglich haben mich alle Mundstücke positiv überrascht. Das FatBoy für’s Alto und das MBII sind Powermundstücke. Viel Projektion, laut, hell (das war auch zu erwarten). Aber dennoch in dem Bereich ausgewogen. Es war vor allem das Handling, das mir leichter als erwartet schien. Ich kam sofort darauf zurecht, ich hatte sogar richtig Spaß daran mal wieder so laut zu sein (meine Nachbarn wahrscheinlich weniger).
Für mich sind die Guardala Studios immer etwas „glatter“ als die MBII die etwas mehr Charakter im Sound haben. Weniger undeutlich kann ich jetzt nicht sein, da ich Alt und Tenor hier nicht direkt vergleichen kann. Aber soweit ich weiß, sind es auch diese Mundstücke, die bei den Originalen jeweils am verbreitesten und am meisten gesucht werden.
Das Sky ist tatsächlich eher meine Klangwelt, Ein schön homogenes und flexibles Mundstück, mit dem man auch ein paar weichere und oldschooligere Töne erzeugen kann.
Mir ist aufgefallen, dass sich alle Mundstücke deutlich besser mit unfiled Blättern (amerikanischer Schnitt) als mit filed Blättern (französischer Schnitt) vertragen.

Ich werde jetzt nicht sagen, dass das hier die bestklingendsten Mundstücke sind, die ich je gespielt habe, denn das gibt es nicht und wird es auch nicht mehr geben. Ich weiß inzwischen, was mir in den Mund passt und es gibt inzwischen so viele Hersteller, die auf Mundstücke auf einem Niveau produzieren, die sich gegenseitig eigentlich nichts mehr nehmen. Aber manchmal tauchen dann doch Mundstücke neuen Konzepten auf, dass es sich doch lohnt sie mal auszuprobieren.
Und so ist das mit dem FiberCarbon-Mundstücken von Nadir. Ich habe am Anfang des Berichts ja mehrfach erwähnt, dass ich persönlich aus verschiedenen Gründen kein Fan von Metallmundstücken bin. Es scheint, dass das FiberCarbon nicht diesen agressiven Körperschall bringt. Der Werkstoff schwingt für mich angenehmer, für mich ist es ein weicheres/wärmes Empfinden. Ich vermute, dass ist einer der Gründe, weshalb mir das Handling leichter vor kam.
Wir haben also ein Material, dass die Außenform von Metall ermöglicht, sich aber beim spielen anders anfühlt.
Das ist jetzt besonders für die Spieler interessant, die eher kleine/schmale Mundstücke im Mund bevorzugen, die aber ein ähnliches Problem mit Metall haben wie ich.
Der Markt ist übersät mit warm klingenden Kautschukmundstücken und scharf klingenden Metallmundstücken. Dazwischen gibt es nicht so viel. Und da fallen für mich diese Mundstücke rein.

Ein weiterer Vorteil des Materials: Der Preis!
280€ für die Altoversion, 299€ für das MBII und 325€ sind jeweils über 100€ weniger als die Metallversionen. Ganz zu schweigen von den Originalen, die bei um die 1000€ auf dem Vintagemarkt liegen.

Fazit
Guaradala Mundstücke sind an sich nicht meines, aber mit den FiberCarbon-Versionen hatte ich echt Spaß. Für mich fühl sich das Material einfach angenehmer zu spielen an. Der Preis ist fair. Was will man also mehr. Wer also etwas mit Power sucht, sollte sich unbedingt diese Mundstücke mal anschauen. Das SKY von Nadir ist vor allem für die Interessant, die ein traditionelleres und flexibleres Mundstück suchen, aber gerne ein möglichst keines Mundstück im Mund bevorzugen.
Erhältlich sind sie hier zulande am besten bei Nadir in Hamburg selbst. Und wahrscheinlich sehen wir ihn auch wieder in Frankfurt auf der Musikmesse als Aussteller.

https://www.pms-music.de/

 

Ein Gedanke zu „Guardala Reborn – die neuen FiberCarbon Mundstücke von Nadir

  1. Hallo Tobias,
    ich habe mir vor drei Wochen ein MB 2 Carbon 8* geleistet. Das Mundstück spielt sich unglaublich leicht, und ist mit einem Legere Signature 2,5 überhaupt nicht schrill oder spitz. An der Stelle wäre ich auch sehr empfindlich, da ich vorher ein Link 8*gespielt habe, das mir aber zunehmend zu anstrengend geworden ist. Da du überzeugter Spieler von Kunststoff Blättern bist, würde mich interessieren, welche du zum Einsatz gebracht hast. Die Fiberreeds gehen überhaupt nicht für mich. Es ist nicht so, dass ich unzufrieden bin…aber vielleicht könnte mit einem anderen Blatt noch etwas mehr gehen.
    Gruß Markus

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