Pimp my Sax – Tuning von Schucht bis Klangbogen

Ein Thema erfreut sich immer größerer Beliebtheit: das Saxophontuning. Die Meinungen sind teilweise sehr kontrovers; einige sind davon total begeistert und geben recht viel Geld dafür aus, andere sind skeptisch und halten es für Geldverschwendung und reines Voodoo.

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Doch viele von denen haben diese Produkte nie wirklich in der Hand gehabt. Ich habe mit verschieden Tuningprodukten experimentiert und verwende einige auch an meinen Saxophonen. Ich werde hier also von meine Erfahrungen und Meinung erzählen.

Vorweg ganz allgemein, keines dieser Teile bewirkt irgendwelche Wunder und nimmt einen das Üben auf dem Weg zum guten Ton ab. Wir sprechen hier meist von feinen Nuancen, die es dem Spieler erlauben sein Material dahingehend etwas zu verändern noch Kleinigkeiten in seinem Sound anzupassen. Es macht also meiner Ansicht nach keinen Sinn, damit groß rum zu experimentieren, wenn man sich sich mit Saxophon und Mundstück noch nicht wirklich eingelebt hat.

Ich habe das meiste an verschiedenen Saxophonen und auch verschiedenen Spielern ausprobiert und dabei folgendes festgestellt. Die Produkte erzielen nicht immer die gleiche Wirkung. Die Ergebnisse hängen von Spieler und Saxophon ab und reichen von besser, bis nur anders zu gar keinem Unterschied. Ich hatte sogar Fälle, bei denen das Anbauteil zu einer erheblichen Verschlechterung führte.
Kurz, die meisten Tuningteile haben in der Tat einen Effekt, sind also keine reine Geldmache. Dennoch besonders Preisgünstig sind sie nicht. Ein Mundstück für den Preis eines Daumenhakens dürfte oft größere Veränderungen bringen. Jeder Spieler muß also für sich selber beurteilen, ob der Effekt für ihn das Geld wert ist.

Wer sich fragt, wie diese Teile überhaupt funktionieren können, sollte einen Blick in meinen Beitrag über das Material rein werfen.

Klangbogen

Der von Torsten Köhler entwickelte Klangbogen wird in die Marschgabelhalterung eingeklemmt und hat meiner Ansicht nach unter den Tuningprodukten noch mit die größte Wirkung. Den Bogen gibt es in vier verschiedenen Finishes, welche Tatsächlich nochmal leicht anders klingen. Mir und auch einigen anderen Spieler hat die versilberte Variante am besten gefallen.

Der Klang wird etwas breiter, weiter und voller und die scharfen Obertöne werden etwas abgedämpft. Auf der Herstellerseite sind sogar ein paar Frequenzgraphen eines Tones abgebildet, auf denen man auch auch den gehörten Effekt wissenschaftlich gemessen sehen kann.

http://www.klangbogen.de/


Schucht Sax Technologie

Tino Schucht kommt ursprünglich aus dem Trompetenbaubereich, in dem das Prinzip Resonazgewichte schon lange kein Geheimnis mehr ist. Neben seinen erstklassigen S-Bögen stellt er auch noch Daumenhaken, den Soundexpander und Klappenschutzbeche her. Seine Produkte werden inzwischen von einer Reihe recht prominenter Saxophonisten genutzt. Persönlich nutze ich den Soundexpander und den Daumenhaken Modell Phillipp in einer versilberten Variante. Als ich noch mit meinem Selmer spielte war ich auch begeisterter Nutzer des AN-1 S-Bogens. Mit Tino hatte ich immer einen sehr netten und zuvorkommenden Kontakt.

http://www.schuchtsaxtechnology.com/

Daumenhaken

Von den drei Produkten würde ich meinen, dass der Haken den größten Effekt hatte. Die tiefen sprechen besser an und klingen nicht mehr ganz so röhrend. Der Sound wird größer und gewinnt an Charakter. Bei mir auf dem Alto, veränderte der Philipp den Sound etwas in Richtung Tenor. Als ich bei einer Probe den Haken neu dran hatte, meinte der Baritonist, ohne zu wissen was neu ist, „Hast du ein neues Mundstück, klingst heute besser als sonst“.
Es gibt verschiedene Modelle, die alle etwas unterschiedlich klingen. Einer hatte ein deutlich klassischeren Touch und mein Favorit Philipp (auch leider der teuerste unter den Haken) verursacht sehr interessant grobe Klangstrukturen.

Soundexpander

Dieser wird in diese Dreipunktverbindung von Korpus und Trichter eingespannt. Das Saxophon gewinnt mehr Charakter und mehr Kern. So reizvoll finde ich den Effekt, dass bei schnellen Läufen, die Töne klarer von einander getrennt werden. Die Appregien „perlen“ mehr und verschwimmen nicht mehr.

Klappenschutzblech

Bei meinen Test an meiner Serie III habe ich damals nicht wirklich etwas gehört, und die meisten Aussagen dazu, dass der Effekt eher kleiner ist im Vergleich zu Haken und Expander.

P-Ligging

Dies ist die Idee von meinem Freund prinzipal und ist eine etwas kostengünstigere Pimp my Sax Methode.

Man braucht dafür nur ein Stück Lederschnur. Diese wird ca. 1cm hinter dem S-Bogenkork 2-4 mal möglichst fest und stramm um den S-Bogen gewickelt und festgeknotet.

Der Größe des Effektes kann sich je nach Saxophonmodel unterscheiden. Je billiger und tiefer das Sax, desto größer der Effekt. Auf dem Bari war es ein kleines Wunder, was ein Stück Lederschnur ausmachen kann. Auf dem Sopran, gab es keinen Unterschied.

Die Schnur unterdrückt gewisse Schwingungen im S-Bogen, wodurch sich Ansprach und Klang etwas verändern.

Man hat einen leicht höheren Blaswiederstand (kann auch ein Nachteil sein) wodurch es zu einer höheren Lautstärke kommt. Zudem klingt das das Sax etwas weniger schrill und dafür voller.

Es gibt noch andere Tuningprodukte, wie die Resonanzringe, die Saxxpoon, den Neckenhancer. Aber die Teile hatte ich noch nicht selber in der Hand und möchte daher auch keine Einschätzung zu denen abgeben.

Jedoch ist es so, dass die Schuchtprodukte und der Klangbogen nicht ganz zu unrecht in der Szene recht bekannt sind und einen guten Ruf haben.
Ich hoffe ich habe euch zu einer besseren Einschätzung dieser Produkte geholfen und vielleicht habe ich den ein oder anderen fortgeschrittenen Spieler neugierig gemacht, vielleicht noch seine eigenen Erfahrungen zu machen.

Wenn ihr bereits welche gemacht habt oder noch Fragen dazu, würde ich mich über ein paar Kommentare hier freuen.

6 Gedanken zu „Pimp my Sax – Tuning von Schucht bis Klangbogen

  1. Hi Tobias
    Habe zu Hause gerade 3 verschiedene Modelle des Daumenhakens und den Soundexpander. Bin sie am testen und muss wirklich sagen, dass jeder Haken deutlich hörbare Unterschiede im Sound hervorrufen! Bei meinem Alto war bis anhin ein Daumenhaken aus Kunststoff angebracht, darum wohl auch der grosse Unterschied nun zum metallenen. Auch der Soundexpander wirkte genau so, wie du ihn hier beschrieben hast. Die Töne kommen auch in schnellen Läufen klar rüber.
    Allerdings ist der Preis doch eher im oberen Bereich. Wer sich so ein Tuningteil zulegen möchte, sollte sich während den 14 Tagen Testphase wirklich intensiv mit den verschiedenen Modellen (und Sounds) auseinandersetzen. Alles eine Frage des Geldes 😉
    Gruss Kevin

  2. Habe mir für mein Yanagisawa S800 Sopran einen Daumenhaken aus Metall gegönnt. Vorher war das schwarze Original-Plastikteil dran. Ich wollte eigentlich nur etwas gegen das häufige Verspringen der Töne in den Tiefen tun. Das hatte mich zusehends genervt. Ich war sehr überrascht, dass die Ansprache des Instruments mit dem Metallhaken viel besser wurde. Ich komme nun auch locker bis zum tiefen Bb, was vorher schwierig war, obwohl alle Klappen dicht schlossen. Die Intonation ist insgesamt ebenfalls besser geworden. Keine Ahnung was da passiert ist, vielleicht bilde ich mir vieles auch nur ein, aber mein Sopi macht nun wieder richtig Spaß!

      • Hallo Tobias,

        bestimmt hast du recht!
        Die von mir vermeintlich empfundene verbesserte Intonation liegt wohl daran, dass ich ich mich einfach wohler fühle, seit ich den Metallhaken dran habe.
        Das Instrument bereitet mir sehr viel Freude. Ich habe da wohl auch ein sehr gutes Exemplar aus der Serie erwischt.

  3. Hallo Tobias,

    ich gehöre auch zu denen, die durchaus empfänglich sind für Tuningmaßnahmen (Klangbrücke, Daumenhaken, Ligatur). Ich frage mich, bzw. Dich, warum etablierte Saxophonanbieter nicht auch solche Tuningteile anbieten. Der Soundexpander ist ja schon ein ziemlicher Eingriff in den Aufbau des Saxophons. Kann die Montage eigentlich selbst durchgeführt werden?

    Herzliche Grüße
    Peter

    • oh, sorry, habe deinen Beitrag vollkommen übersehen.
      Ja der Expander ist einfach selbst zu montieren.

      Bei den Saxanbietern ist das so ein Ding. Viele bieten ja z.B. andere necks an. Cannonball mit seinen Resonanzsteinen.
      Aber es ist so, dass viele Herstller (Taiwanesen) eher kopieren statt zu forschen, andere arbeiten das lieber direkt in ihre Instrumente, statt „das wissen“ zu teilen. Und nicht jeder Hersteller interessiert sich dafür eine neue Produktlinie für die Nische zu entwickeln und vermarkten. Zumal die Resonanz auf solche Teile am Markt oft sehr zwiespältig ist. Auch weil die Dinger halt nicht immer nur Verbessern, sondern meist eher den Klang etwas verändern.

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