Das wohl größte Problem beim Saxophon dürfte wohl die Intonation sein. Wahrscheinlich sogar mit Abstand. Für eine halbwegs sichere Intonation brauchen die meisten Saxophonisten Jahre. Auch heißt es, dass es kein stimmendes Saxophon gibt. Dabei ist es doch so essentiell für ein schönes Zusammenspiel. Aber woran zum Teufel liegt das eigentlich?
Gesegnet sind da die Klavierspieler, die da alle paar Jahre mal nur den Klavierstimmer anrufen müssen…
Die Saxophonisten hat es wahrscheinlich mit dieser Last mit am schlimmsten getroffen. Kennt ihr den Witz mit der Fee, die jeden Wunsch erfüllt, aber beim stimmenden Sopransax passen muß?
Nun, wer das jetzt für albern hält, soll mal ein h“ greifen und versuchen den Ton möglichst fallen zu lassen. Geübte Spieler haben da bis zu einer Quarte Spielraum. Das muß also alles kontroliert werden!
Die Gründe dafür sind vielfältig.
Die Intonation fängt nicht erst beim Saxophon an, sondern schon im Körper des Spielers. Ansatzspannung, Luftstrom, Kehlkopfstellung, Halsöffnung, ja sogar Zungenstellung wirken sich auf die Intonation aus. Je größer der Körperinnere Resonanzraum und je lockerer der Ansatz desto tiefer erklingts. Meist sind das auch Faktoren, damit es besser klingt.
Das sind aber nun alles sehr inidviduelle Faktoren. Der eine hat ne größere Zunge, ein zweiter dünne Lippen, der dirtte einen doppelten Bauchumfang usw. Das heißt schonmal, dass ein Saxophon eigentlich nicht bei jedem gleich intonieren kann.
Nun stehen sich aber auch oft, die Faktoren, wie es am besten klingt, mit denen im Widerspruch, womit der Ton am leichtesten kommt. Das führt gerade bei Anfängern dazu, das Sie oben Töne pressen.
Profis hingegen tendieren algemein meist dazu viel tiefer zu intonieren. Daher müssen Profis meist auch viel weiter mit ihrem Mundstück auf den S-Bogen.
Auch das führt dazu, dass ein Saxophon es eigentlich nicht den Bedürfnissen von einem Anfänger UND einem Profi gleichzeitig gerecht werden kann.
Ein weiteres Problem, je kürzer die Luftsäule, desto drastischer wirken Veränderungen des Spielers aus. Deshalb sind hohe Töne und das Sopran allgemein (stimmige Sopraninos sind eine Legende und deshalb reden wir hier nicht davon) auch viel schwerer zu kontrollieren. Man spricht hier auch von „kranken Tönen“.
Auch die Wahl des Mundstückes kann zu einem Mißverhältnis führen. Das Saxophon hat ja im Prinzip die Form eines Trichters. Die Spitze ist abgeschnitten und dafür sitzt da das MPC. Wenn die Kammergröße zu weit von dem Volumens der gedachten abgeschnittenen Spitze abweicht, gibt es ein weiteres intonatorisches Ungleichgewicht.
Nun kann aber auch schon eigentlich die Oktave nicht stimmen, denn wie einige wissen, erklingt diese bei doppeltem Schwingungszahlverhältnis, also halbe Luftsäule. Nun, das mag zwar noch bei Bb, B, C usw gehen. Aber wie ist das mit der Oktavklappe. Bei der Oktavklappe, gibt es eine Luftverwirbelung und die Haupschwingung „bricht“ (laienhafte Physikerklärung) und man hört nur noch den nächsten Oberton (eine Kontenebene). Also wäre es optimal, wenn jeder Ton eine Oktavklappe in der Mitte seiner Luftsäule hätte. Wir haben aber nur zwei. (Deswegen streikt auch das g“ auch mal gerne, weil es im Verhältnis zu den Oktavklappen ungünstig liegt). Ein weitere Folge der Oktavklappe ist, dass dort auch Luft ausströmt. Das verkürzt die Luftsäule und das erhöht die Intonation des Tones. Das ist zwar eher ein marginaler Faktor, aber er spielt mit.
Manchmal kann es auch ganz andere skurile Ursachen haben. Mir kamen unter anderem Holzblätter unter die Nase, bei denen nur ein Ton absolut nicht stimmte, der Rest aber ja. Da kann man auch nichts mehr machen. Ärgerlich ist dann nur, wenn man die Ursache nicht findet und sich ewig damit abmüht.
Desweiteren kann eine ungute Technik auch zu einer falschen Zusammenstellung der Obertöne zu einer grausamen Intonation führen. Ich habe schon bei einigen Hobbyspielern erlebt, dass sie eine so eine merkwürdigen Klang hatte, dass es einfach nicht in den Satz passen wollte, trotz stimmenden Grundton.
Bekannt dürften auch die Einflüsse der Temperatur auf das Instrument sein. Kalt intoniert es tiefer. Diejenigen die schon mal auf einem Weihnachtsmarkt gespielt haben, wissen wovon ich rede. Man stimmt sich ein, nach 10min spielen ist das Sax dann auf Betriebstemperatur und stimmt schon wieder ganz anders.
Auch nicht wirklich hilfreich ist es, dass es keinen wirklichen einheitlichen Kammerton gibt. 440 bis 444 sind standart. Manche Orchester liegen sogar noch höher. Logischerweise kann ein Saxophon höchstens bei nur einer Frequenz wirklich in sich stimmig sein.
Nun kann es immer noch an einem verstellten Instrument liegen, weil es schon runter gespielt ist (undichte Polster, verstellte Kopplungen) oder von ahnungslosen Chinesen zusammengeschraubt worden ist. Die Klappenöffnungen wirken sich auch massiv auf die Intonation aus. Das macht die Konstruktion und das Einstellen eines Saxophons auch nicht leichter. Zumal auch hier oft wieder zwischen gutem Klang und guter Intonation abgewogen werden muß.
Zuletzt gibt es auch noch musikalische Gründe. Das Klavier ist in einer wohltemperierten Stimmung. Quasi sind hier alle Töne leicht stimmungstechnisch zurechtgebogen, damit alles zueinander passt. Nun funktioniert das im Satz nicht ganz so. Wenn z.B. ein Akkord im Saxophonsatz der Bigband oder in einem Saxophonquartett erklingen soll, muß man die Terzen in reiner Stimmung spielen. Da hört man besonders den Unterschied zur wohltemperierten Stimmung und eine kleine und große Terz internieren schon merklich unterschiedlich.
Es gibt noch andere Fälle, wo Töne nicht wirklich in dieses Stimmungssystem passen. Die Blue Note z.B. oder in arabischer Musik sowieso. Aber das führt jetzt etwas zu weit weg vom Thema.
Nun ja, das alles klingt ja fast so, als wäre ein Saxophon ein unspielbares Instrument. Tja, ich habe auch schon Fälle gehört, wo man das tatsächlich meinen könnte. Aber wie schon gesagt, hat der Spieler beim h“ eine Quarte Spielraum. Der Saxophonist kann also alles (im Rahmen liegende) ausgleichen und muß es auch.
Wer die Techniken zur Intonationsregulierung verinnerlicht und ein inneres Ohr für die richtige Intonation hat, dem dürfte das gelingen.
Ketzerisch gesagt gibt es also nur einen Grund, warum es nicht intoniert: Man hat zu wenig geübt!
Alles andere ist Ausrede. Die meisten Saxophone stimmen in sich sehr brauchbar und wer sich ein wirklich schlecht stimmendes Saxophon zulegt ist selber schuld.
Nun könnte ich hier mehrere Tipps zum Üben der richtigen Intonation geben. Das ist mir jetzt allerdings zu aufwendig. Zudem habe ich die schon an anderer Stelle gegeben (z.B. hier und hier).
Deshalb schließe ich jetzt mit Goethe:
„Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;“