Zu Ehren von John Cage’s 100. Geburtstag fand am 10.5.2012 im Überseemuseum ein besonderes Ereignis statt. Als Auftaktveranstaltung für das Neue Musik-Festival Nova – Sendesaal Bremen – Tage für Neue Musik wird in Kooperation mit dem LJO Bremen das Stück Fifty-Eight aufgeführt.
John Cage war einer der führenden Komponisten der neuen Musik. Seine Werke entziehen sich tradiotionellem Musikverständnis und haben oft happeningartigen Charakter wie z.B. das Stück ORGAN²/ASLSP, welches 639 Jahre dauert . Mit sein bekanntestes Stück dürfte allerdings 4’33 sein, welches nur aus Stille besteht (ein beliebter Gag unter Musikern).
Aufgrund seiner Verbindungen nach Bremen und des 30. Jubiläums der Uraufführung von „A House Full of Music“ im Überseemuseum, wird nun Fifty-Eight in deutscher Uraufführung hier gespielt.
Das Werk ist eines der sogenannten Zahlenstücke von Cage, deren Titel angibt, wie viele Musiker spielen, welche er in seinen letzten sechs Jahren schrieb. Fifty-Eight war das dritt letzte von ihm.
Da für das Stück 58 Blasmusiker gebraucht werden, mußte das Landes Jugend Orchester Bremen unter der Leitung von Stefan Geiger Bläser aufstocken, denn normalerweise kommen in einem klassischem Orchester keine 12 Saxophone vor. So kam ich zu der Ehre als Verstärkung mitzumachen und mein neues Sequoia Baritonsaxophon so quasi konzerttechnisch einzuweihen.
Das Prinzip von Fifty-Eight ist eigentlich recht einfach: 58 Musiker spielen in „Zeitklammern“ gesetzte lange Töne. Also es gibt einen Zeitberich, in dem der Musiker den Ton beginnen muß und einen Zeitbereich, in dem er ihn beenden muß. Wann genau, wie lange und in welcher Dynamik er den Ton spielt, ist dem Interpreten dabei ganz alleine überlassen. Koordiniert wird alles nur durch eine riesige Videouhr.
Daraus ergibt sich eine beeindruckende Klanginstallation dessen Farbe sich konstant verändert von leichten schwebenden Disharmonien bis große bedrohlichen Tonflächen. Die Eigendynamik, die sich trotz oder gerade wegen der individuellen Freiheiten der Musiker ergibt, ist erstaunlich. Es entsteht ein faszinierender einheitlicher Gesammtklang und alles andere als die vielleicht zu erwartende Dodekakophonie.
Der Dirigent (der hier eine etwas „überflüssige“ Rolle inne hat) meinte „Anarchie funktioniert!“, wobei ich eher eine Art Schwarmintelligenzphänomen sehe.
Aufgrund der großen Autonomie entsteht eine von Cage beabsichtigte Zufälligkeit wodurch jede Aufführung von Fifty-Eight einzigartig ist. Eine kollektive unvorhersehbare Improvisation!
Die changierenden Klangwelten gewinnen etwas meditatives, was nicht verwundert, wenn man weiß, dass sich Cage intensiv mit dem Zen-Buddhismus auseinander gesetzt hat. Die spannende Kulisse des Übersseemuseums mit seinen Exponaten und den 3 Stöckigen Hof, über den die Musiker verteilt sind, bietet dafür den passenden Hintergrund und Akustik.
Man kann darüber streiten, ob das noch Musik ist auf Grund des Fehlens jeder Rhythmik, Melodie und traditioneller Harmonik. Ich meine ja, da es sich von einem Künstler geschaffene Klangästhetik hat.
Dem Publikum hat es zumindest gefallen. Ruhig harrte es 45min aus und lauschte und klatschte danach lange und leider sofort. Denn sehr beeindruckend war nach der Generalprobe die plötzliche Stille, die etwas sehr beklemmendes und leeres hatte. Aber vielleicht konnte das Publikum gerade das nicht aushalten und klatsche deshalb sofort und so lange…..
https://www.sendesaal-bremen.de/
„Seine Werke entziehen sich tradiotionellem Musikverständnis und haben oft happeningartigen Charakter wie z.B. das Stück ORGAN²/ASLSP, welches 639 Jahre dauert.“
Der Satz in deinem Artikel ist nicht ganz korrekt.
Das Stück Organ²/ASLSP wurde von Cage ohne eine feste Zeitangabe geschrieben(„As Slow As Possible“). Das „Werk“ 639 Jahre aufzuführen war eine Idee, die nach dem Tod von Cage entstanden ist. Demzufolge weder Plan noch organisiertes Happening von John Cage persönlich.
Im Endeffekt nur eine Aufführung von Vielen (eine ausgesprochen besondere zugegebenermaßen).
Ich empfehle jedem, der die Möglichkeiten hat, Halberstadt und in diesem Zusammenhang die Aufführung von ORGAN²/ASLSP zu besuchen.
(http://www.aslsp.org/de/)
das mit den 639 Jahren bezog sich auf den Happeningcharaktert. Und natürlich gibt es genug Stücke, die sich traditionellem Musikverständnis entziehen. Es ist auch nur eine sehr oberflächliche Zusammenfassung meinerseits. Der Artikel hat auch nicht den Anspruch ein wissenschaftliches Werk über Cage zu sein. Aber danke für den Hinweis (aber die Info steht auch so im verlinkten Wikiartikel).