Eigentlich habe ich ja schon einen Gottsu-Testbericht geschrieben. Allerdings ging es da nur um das Altomundtück, den Vergleich zum Aizen und Meyerlike-Mundstücke im allgemeinen. Auf der Musikmesse hatte ich die Gelegenheit mal die ganze Palette anzuspielen und verschiedene und auch gleiche Bahnöffnungen zu vergleichen. Zudem besitze ich als neuer Endorser für Gottsu nun auch einen kompletten Satz. Außerdem hat Masahiko Gotoh zur Musikmesse auch eine eigene Linie Synthetikblätter herausgebraucht, weshalb sich ein weiterer Test doch lohnt.
Wie im letzten Test schon erwähnt, handelt es sich bei dem Gottsu um handgemachte Mundstücke von Masahiko Gotoh aus Japan. Inzwischen hat sich die hohe Qualität sowie der hohe Preis inzwischen rumgesprochen. Aber nochmal von vorne.
Der Firmenname Gottsu ist die japanische Verniedlichung von Gotoh. Im Original wird es übrigens „Gots“ (kurzes „o“ und nach dem „s“ ein kaum wahrnehmbares Schwund-„u“) ausgesprochen.
Das Material ist ein besonderes Composit aus Hard Rubber und Silikon. Zudem kommt eine spezielle Oberflächenbehandlung, die einen gewissen matten Satinfinish gibt. Das gibt dem Mundstück eine sehr angenehme und hochwertige Haptik und soll sich sogar noch positiv auf den Sound auswirken sollen. Kann ich allerdings nur schwer beurteilen. Um das typische Reißen am Ende eines Kautschukmundtückes zu verhindern, haben die Gottsus am ende eine Verdickung.
Die Modellbezeichung „Sepia“ ist nur eine originellere Variante des Wortes „Vintage“. Aber handelt es sich hier um Vintagesoundmundstücke? Jein. Ich würde eher sagen, dass es sich um ganz „klassische“ Jazzmundstücke handelt. Mediumlarge sized chamber, rounded inner Sidewalls und ein kleiner roll over Baffle am Anfang des Einlaufes. So ähnlich sahen viele Mundstücke vor 70 Jahren schon aus und so sehen auch noch viele Mundstücke von heute aus, die von vielen sehr modern klingenden Spielern benutzt werden.
Es hat wohl Gründe, dass diese klassische Mundstückform so viel Verwendung findet.
Die Gottsus erzeugt einen vollen großen runden Sound, sind recht einfach zu handeln und vor allem sind sie sehr modulationsfähig. Sprich, Allroundmundstücke. Ich kann mit allen Mundstücken von Sopran bis Bari warm und rund als aber auch durchsetzungsfähig und funky spielen. Also alles sehr formbar. Man kann also viel durch die richtige Blattwahl (oder auch Blattschraube oder das Saxophon selber) an Soundmöglichkeiten erreichen.
Die Kammern sind minimal kleiner als bei Meyern mit M Kammern, weshalb sie tendenziell eher etwas moderner/heller klingen.
Was ich immer wieder feststelle ist, dass für die Qualität doch das Handfinish eines guten Mundstückschnitzers entscheidend ist. Hundertstel Millimeter im Bahnverlauf sind entscheidend und das Mundstück muß beim Herstellen immer wieder Gegengespielt werden.
Das ist natürlich nicht vereinbar mit einer Massenproduktion.
Dadurch erklärt sich auch die Krux mit dem ständig neusten Trend MPC unter Saxophonisten. Denn meist läuft es folgendermaßen ab. Ein guter Refacer wird in der Szene als Geheimtipp rumgereicht, er wird bekannter, irgendwann bringt dieser ein neues Mundstück raus, von dem viele sehr angetan sind und durch Mundpropaganda wird das schnell zum neusten Musthave. Der Refacer wittert das große Geld, erhöht die Produktionszahl, stellt vielleicht ein paar nicht so fähige Gehilfen ein, die Mundstücke werden nicht mehr so sorgfältig kontrolliert, die Qualität wird schlechter und die Szene sucht sich ein neues Musthave…
Masahiko Gotoh hat sich deshalb entschieden, nicht mehr Mundstücke zu produzieren sondern jedes einzelne wirklich selber und in Sorgfalt herzustellen, so wie das halt bei japanischen Meistern seit eh und je üblich ist.
Die Silikonformen für die Rohlinge werde selbst hergestellt und das Mundstück selbst gegossen. Gotoh macht so viel in eigen Arbeit wie kaum noch jemand heutzutage.
Und diese Qualität merkt man den Mundstücken auch an. Allerdings gibt es durch die Handarbeit natürlich auch eine Streuung, wie ich auf der Messe feststellen konnte, als ich mehrere in Vergleich anspielte. Zwar waren alle tadellos und hervorragende Mundstücke, aber gab es doch merkbare Unterschiede im Charakter. Da sieht man mal wieder, wie entscheidend der Bahnverlauf ist. Aber so konnte ich mir auf der Messe je ein Sahnestück pro Saxophon auspicken und wenn man die Chance hat, lohnt es sich, verschiedene Gottsus nebeneinander mal anzuspielen. Ich habe zumindest 4 Mundstücke, die alle für mich besser funktionieren, als das, was ich vorher hatte, die ich mir auch nach langem kreuz und quer testen zugelegt hatte.
Die Auswahl an Bahnöffnungen hält sich in Grenzen (je 3, bis auf die für Altsaxophon, welche es in 4 verschiedenen Öffnungen gibt), was ich eigentlich auch für ganz sinnvoll halte, denn Bahnöffnungen, Bahnverlauf, Einlauf, Baffle und Kammer sind nicht beliebig kombinierbar. Im Lieferumfang sind noch eine schmucke Holzschatulle und ein schwarzer Samtbeutel zur Aufbewahrung.
Mit einem Preis von 250-300€ sind die Mundstücke natürlich alles andere als billig, aber für ein wirklich handgemachtes Mundstück kann man das schon mal ausgeben.
In Deutschland werden sie übrigens über Expression vertrieben.
Das neuste aus der Gottsuschmiede sind seine Kunststoffblätter. Die Blätter werden ähnlich wie die Mundstückrohlinge in eine Silikonform gegossen in der sich das Blatt verfestigt und dann der Ausschnitt nochmal nach bearbeitet. Der Härtegrad wird durch den Anteil der Carbonfasern im Kunststoffgemisch bestimmt.
Die schwarze Farbe der Blätter finde ich optisch sehr ansprechend, die Haptik der Oberfläche finde ich persönlich etwas rau (vergleichbar mir Holz, aber vielleicht bin ich auch nur durch die glatten Forestone verwöhnt). Ich habe auch das Gefühl, dass man bei den Blättern etwas vorsichtig sein sollte, machen die doch einen ähnlich zerbrechlichen Eindruck machen, wie ein normales Holzblatt. Allerdings macht es die Produktion noch recht aufwendig, weshalb es diese auch bisher in kleinen Stückzahlen gibt.
Die Blätter gibt es auch nur für Alt und Tenor in den Stärken von Soft bis Hard.
Intonation und Ansprache sind natürlich hervorragend und auch ansonsten bieten sie alle Vorteile, die Kunststoffblätter haben. Damit sind die Blätter eine gute Bereicherung für den Markt der Synthetic Reeds.
Ich finde die Gottsus Tat vergleichbar mit den Carbonblättern von Hartmann. Auch klanglich. Der Sound ist deutlich moderner und obertonreicher. Es geht deutlich eher in Richtung Candy Dulfer oder David Sanborn, also eher funky als swing. Persönlich ist das nicht ganz mein Geschmack, aber gerade auf dem japanischem Markt dürften die Blätter sich großer Beliebtheit erfreuen.
Also weder klanglich noch von der Herstellung und Material sind die neuen Gottsu Blätter mit den Forestones vergleichbar, wie jüngst in der aktuellen Sonic behauptet wird. Aber das kommt davon, wenn man über Sachen schreibt, die man nicht selber angespielt hat.
Jedoch sind die Blätter bisher nur Prototypen und es ist noch nicht absehbar, wann sie auf dem Markt erscheinen. Aber ich persönlich bleibe auf jeden Fall bei meinen Forestones.
Fazit
Wie ihr merkt, ich bin von Gottsu überzeugt und bin froh Endorser sein zu dürfen (und nicht andersrum, also Endorser sein und deshalb das Produkt gut finden). Ich werde nicht sagen, dass die Mundstücke die besten seien die ich je gespielt habe, denn so etwas wie das beste Mundstück gibt es nicht. Es sind aber excellent gefertigte Teile, die für Soundvorstellungen und meine Bedürfnisse wunderbar passen. Was will man mehr und seit langem habe ich mal nicht mehr das Bedürfnis ein neues Mundstück suchen zu müssen.
Mit was kann man die Öffnungen aufm Alt denn vergleichen bzw. wie offen sind die denn (6, 7, 8, 9)? Bis jetzt hab ich noch keine Vergleichstabelle für die Gottsus gefunden….
sehr normal. Eher konservativ. Mein Tenor 9er ist ist nicht übertrieben offen.
Hallo Thomas,
danke für den Hinweis auf dei Gottsu Mundstücke. Bei der Sichtung der Gottsu Homepage finde ich auch Mundstücke mit der Bezeichnung Sepia Tone VI. Sagt Dir das etwas? Hast Du die schon mal gehört?
Wenn Du endorser bist, kann man diese Mundstücke auch bei Dir kaufen?
Joachim
Endorser=Spieler
Ich bin kein Verkäufer und die Sepia Tones habe ich noch nicht selber angespielt.
Hallo Tobyas,
ich habe neulich ein Sepia-Tone 6 für Altsax ausprobiert. Klingt „mächtig“ und spielt sich unglaublich entspannt. Meine Vandoren Optimum-Blattschraube hat allerdings aufgrund der äußeren Form des MPC zur schmalen Vorderseite hin etwas Luft und sitzt nicht optimal (für eine „Optimum“ geht das ja garnicht ;o). Kannst Du eine passendere Blattschraube empfehlen, die die tonale Flexibilität des Gottsu-MPC unterstützt (möglichst eine mit nur einer Schraube)?
Vielen Dank, Udo