Saxo Colores – Ligature oder Sextoy?

Neulich bin ich bei Ebay auf etwas kurioses gestoßen. Betitelt wurde der Artikel als „Saxo Colores Zwinger“. Es ist ein Ring aus Silikon der eher an ein Penisring aus dem Sexshop erinnert aber tatsächlich fürs Sax sein soll. Es handelt sich also um einen weiteren Vertreter auf dem Blattschrauben Markt. (Ich ahne schon, dieser Artikel wird zu einer Menge GoogleTreffern führen)
Ob es sich nun um eine brauchbare Ligature oder doch nur ein Sextoy handelt werde ich hier prüfen.
Ich muß sagen, dass ich im Vorfeld etwas skeptisch war, ob die Teile wirklich halten, genug Druck auf das Blatt ausüben, oder ob dieses ständig verrutscht. Außerdem gibt es diese in verschiedenen Farben, die auch noch unterschiedlich klingen sollen und somit auch passende Namen tragen: Swing (silber Glitter), Jazz (goldener Glitter), Blues (blauer Glitter (wie passend)) und Klassik (schwarz).
Natürlich habe ich dann gleich alle 4 zum Testen geordert. Bei einem Stückpreis von 12 Euro war das sogar mir, einem Studenten, möglich.

Bei „Zwinger“ scheint es sich um eine unglückliche Übersetzung von Ligature zu handeln. Da Zwinger mir deutlich zu martialisch klingt werde ich beim inzwischen üblichen Anglizismus „Ligature“ bleiben.
Auch merkwürdig fand ich etwas, dass der Händler mir keine Auskunft über den Hersteller geben wollte. Ich weiß nur, dass es aus der Gegend von Louisana kommen soll. Dort ist zwar auch der Saxequip-Guru Steve Goodson ansässig, aber von ihm scheint die Saxo Colores nicht zu kommen, denn ansonsten gäbe es dazu schon massig Vids von Steve in schlechter Qualität und auf SOTW würde man sich die Münder über diese Ligature verreißen. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, die Schraube scheint weitestgehend noch unbekannt zu sein. Vielleicht ein Kaufgrund für den ein oder andern Saxequipment-Trendsetter.

Allerdings sieht die Ligature auch eher noch nach Heimarbeit aus. Daher nehme ich an, dass ein Tüftler eine gute Idee hatte und diese nun im kleinen Rahmen verkauft. Besonders kompliziert scheinen die Saxo Colores in der Herstellung nämlich nicht zu sein. Silikonmasse über ein Rohr gegossen, trocknen lassen, abziehen, schneiden, fertig. Für die besondere Optik scheint das Barbie-Glitzergloss-Arsenal der Tochter mit in den Teig reingemixt worden zu sein. Jedes Sexshopprodukt sieht hochwertiger aus. (Nicht das ich mich da auskennen würde)
Haben die Verschiedenen Glitter wirklich eine Soundeinwirkung? Insider wissen, dass die Zahnspangengoptik der ESM-Mundstücke auch nicht nur optischer Natur ist und ich bin der letzte, der da all zu skeptisch ist, denn durch mein Rumgeteste (siehe fast der gesammte restliche Blog) habe ich festgestellt, dass selbst die unwahrscheinlichsten Kleinigkeiten einen Einfluß haben können.
Aber neben den Glitterfarben gibt es auch noch andere Unterschiede unter den verschiedenen Colores. Die Swing ist vom Material etwas weicher, die Jazz hat innen ein paar eingeschnitzte Rillen auf der Blattauflage, die Klassik hat gar keine Blattauflage, abgeflachtere Enden und wirkt am härtesten und die Blues scheint so das Mittelding zu sein. Ob es nun wirklich Klangunterschiede gibt verrate ich erst gegen Ende des Artikels.
Insgeammt macht die Ligature nicht den professionell gefertigsten Eindruckt wie z.B. eine Vandoren Optimum. Andererseits  macht  das die Francois Louis Ultimate Ligature auch nicht. Aber mit 12 Euro dürfte Sie die günstigste Variante auf dem Schraubenmarkt sein, da will man mal nicht so pingelig sein und von ein bissle Abstand sehen die Dinger auf den Mundstücken unglaublich Spaßig aus. Fragende Sprüche von den Saxkollegen sind garantiert (was ja für manche Saxophonisten ein Hauptgrund für immer neues Equipment ist)!

Das Handling ist simpler als gedacht. Blatt anlegen und Ligature drüber stülpen. Bei Mundstücken die schmaler sind als Böhmklarinetten-Mundstücken wird es eng, bzw die Ligature zu weit. Bei allem was größer als ein KautschukTenormundstück ist, wird es schwer, diese Schraube noch überziehen zu können. Am besten sitzt die Colores auf Alto-HR-Mundstücken (HR=HardRubber=Kautschuk). Das Über und ab ziehen ist zwar an sich einfach, allerdings braucht man dafür schon zwei Hände und ein paar Sekunden bis alles sitzt. Da gibt andere Schrauben. Z.B. bei der Magnitone, welche (wenn einmal eingestellt), sofort sitzt.
Einmal alles an seinem Platz, hält die Colores das Blatt aber gut. Das Blatt kann zwar etwas hin und her rutschen ist mir aber beim Spielen noch nicht passiert. Auch Nachstimmen ist deshalb kein wirkliches Problem.
Bedenken habe ich, dass die Colores evtl. mit der Zeit ausleiert und an Spannung verliert, aber das wird wohl nur ein Langzeittest zeigen. Bei der Ligature, die ich für mein Tenormundstück benutze, meine ich schon, Schwangerschaftsstreifen entdeckt zu haben.

Ich möchte auch nochmal darauf hinweisen, dass natürlich keine normale Kappe auf das Mundstück passt, wenn die Colores drauf ist. Generell halte ich den Umgang ohne Kappe immer für unnötig riskant. Zu oft habe ich erlebt, dass bei Proben (und wenn man das Sax auch nur kurz aus den Augen lässt) jemand aus Versehen anstubst und Blätter sind sowieso so zerbrechlich. Gepaart mit Murphys Gesetz kann das bei einem Auftritt eine üble Sache sein. Daher rate ich, dass man sich zur Saxo Colores gleich noch eine passende Smart Cap (auch wenn sie nicht immer die beste Lösung ist) von Francois Louis besorgt. Tatsächlich gibt auch diese in verschiedenen Farben, man kann sie also farblich zur Colores abstimmen.

Die Ansprache finde ich besonders interessant. Sie erinnert ein wenig an die Lederligaturen. Zwar ist die Ansprache nicht so schnell und direkt wie bei einer Blechklemme dafür aber irgendwie organischer und fühlt sich natürlicher an. Davon bin ich zur Zeit recht begeistert.
Zweifel hatte ich auch, ob dieses elasitische Material genug Druck für die hohen Töne bietet und das Blatt wegbricht. Dem ist nicht so. Die vier Oktaven erreiche ich genauso gut wie mit meinen anderen Highendklemmen.

Genauso skeptisch war ich, ob die Colores wie die Lederschrauben nicht zu viel dämpft. Tut sie aber nicht. Das Silikon verhält sich eher wie eine Art Flummi. Der Sound ist aber wie zu erwarten recht rund. Alle Metallklemmen wirken im Vergleich resonanter und haben somit ein etwas ausgeprägteres und spitzeres Frequenzspektrum. Bei der Colores geht es etwas in die Breite ohne dabei zu dunkel oder dumpf zu werden. Aber wer eine Ligature sucht, die klarer und durchsetzungsfähiger ist und einen kleinen Extra Kick im Sound hat, sollte vielleicht doch eher bei den Metallklemmen bleiben. Daher weiß ich auch noch nicht, wie lange die Colores auf meinen Mundstücken bleibt.
Und nun lüfte ich, ob es Unterschiede zwischen den verschiedenen Colores gibt. Ja, gibt es. Zwar nicht besonders deutliche aber durchaus wahrnehmbar.
Die Swing (Silber) ist die dunkelste, wahrscheinlich weil sie auch die weicheste ist. Die Jazz (Gold) klingt etwas resonanter, was vielleicht durch die Rillen zustande kommt. Die Blues (Blau)  ist irgendwie auch klanglich das Mittelding; im Vergleich minimal heller und lauter. Ich hätte sie ja „Rock“ genannt, aber da lag die Farbassoziation wohl näher. Die Klassik (Schwarz) entspricht wirklich ihrem Namen; braver und kompakter als die anderen.

Ich habe diese Ligature nun übrigens auch in den großen Blattschraubenreport übernommen. Dort könnt ihr wenn ihr wollt, die Colores mit sonstigen Schräubchen vergleichen.

Mein Gesamturteil ist etwas durchwachsen. Klanglich ist die Saxo Colores durchaus brauchbar aber auch nichts wirklich besonderes. Das Handling ist OK, aber auch da gibt es Ligatures die schneller und unkomplizierter sind. Das eine große Plus ist halt, dass es ein sehr witziges Objekt ist die wirklich spacig auf den Mundstücken aussieht. Das andere Plus ist der Preis. Mit 12 Euro ist die billigste auf dem Klemmenmarkt und somit mal ein günstiges „Gadget“ für die experimentierwütigen Saxequipmentfetischisten (so wie ich einer bin). Für welche Version man sich man entscheiden soll würde ich eher von der zum Sax/MPC passenden Farbe und nicht unbedingt von den Soundunterschieden abhängig machen. Sie sind nicht so groß, dass sich wirklich 4 Versionen lohnen.
Bei mir sind die 4 Colores, die ich bestellt habe alle in Verwendung allerdings weiß ich nicht für wie lange, denn wenn ich ehrlich bin, bin ich vor allem aus optischen Gründen von diesen „Zwingern“ angetan.

9 Gedanken zu „Saxo Colores – Ligature oder Sextoy?

  1. das ist doch mal eine augenweide !

    extrem stylisch, wenn man farbigen glitter im plast an einem durchsichtigen mundstück hat …

    😀

    ich empfehle die beliebten francois louis kappen, die funzen da ganz gut.

    bei holzblättern stimmt es übrigens, daß das naßgemachte filzkissen die blätter länger durchfeuchtet und spielfähig hält !!!

    guter effekt.

    • Naja, wahrscheinlich ist die Wortherkunft romanischer Natur (lat. ligare: binden). Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass Sie in mehreren europäischen Sprachen auftaucht. Im Deutschen taucht das Wort „Ligatur“ auch sehr oft auf (siehe Wiki). Aber das „Ligature“ das wir jetzt so gerne benutzen zur Bezeichnung von Klemmen, Schrauben, Zwingen, Binder usw für Blätter ist aus dem englischen Sprachgebrauch entlehnt, daher ist Anglizismus nicht ganz falsch.
      (Mit mir sollte man nicht über Wortherkunft streiten. Ich bin da ein ziemlicher Klugscheißer. Liegt vielleicht daran, dass ich Sohn zweier Germanisten bin)

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