Musikmesse 2019 – eine Leichenbeschauung

Eigentlich wollte ich die Musikmesse wieder als Auftakt zum wieder bloggen nutzen und über viele neue saxophonistischen Sachen schreiben. Stattdessen muß ich mich erstmal entfrusten. Die diesjährige Messe mit „mau“ zu umschreiben, wäre noch die freundlichste Variante.

Schon vor zwei Jahren schrieb ich einen Abgesang aufgrund sinkender Ausstellerzahl. Letztes Jahr war schon gefühlt nur die Hälfte da, weshalb mir damals etwas die Lust fehlte, darüber zu berichten. Und nun hat sie sich mindestens nochmal halbiert. Mathematisch macht das 1/8 von vor drei Jahren. Autsch!
Fast alle akustischen Instrumente kamen jetzt in eine Halle (3) und die Sektionen waren durch große Stoffwände getrennt. Trotzdem war die Halle nicht voll.
Größte und wichtigste Musikmesse weltweit war wohl mal.

Ein paar tapfere Aussteller waren noch da, aber gelohnt haben dürfte sich die Messe für kaum einen. Weise waren die, die dieses Jahr rechtzeitig abgesprungen sind. Grandios fand ich die Aktion von Stölzel. Die haben sich nur einen 1m^2 Stand genommen auf dem sie ein großes Schild stellten, dass auf ihre Büroräume (eine Etage höher, nur für Geschäftskunden) hingewiesen haben. Ein ziemlicher Mittelfinger in Richtung Messe.
Schade für die Besucher, die in einem gut sortierten Musikladen eine bessere Auswahl an Instrumenten gehabt hätten.

Aber wie kommt es denn dazu? Einerseits ist es irgendwie logisch, dass solche Fachmessen im digitalen Zeitalter schrumpfen. Vorbei sind die Zeiten, wo man sich einmal im Jahr mit seinem Vertrieb getroffen hat und das Jahresgeschäft abgeschlossen hat. Heute wird geskypt und sich die Exeltabellen per Whatsapp zu geschoben.
Andererseits schafft es die Messeleitung die Messe für die Aussteller zunehmend unattraktiver zu machen. Das beginnt mit den eh absurd hohen Standkosten, aber auch die exorbitanten Preise für Möbel, Strom oder nur eine Tür nach hinten. Dazu kommt, dass ganz Frankfurt zu Messezeiten die Hotelpreise mindestens verdreifacht. Und da es sich um eine „Fachmesse“ handelt, darf EIGENTLICH da gar nichts verkauft werden. Dennoch verkaufen fast alle Kleinkram, der beim Hinausgehen nicht auffällt, um zumindest einen Teil der Kosten zu decken.

Auch deshalb ist für viele der Endkundenkontakt auf der Messe so wichtig. Aber in einer selten dämlichen Aktion (wieder freundlich formuliert) wurde die Messe in der Woche um einen Tag nach vorne geschoben – Dienstag bis Freitag. Der Samstag, an dem die ganzen Lehrer, Familien, weitere Fachbesucher, die unter der Woche besseres zu tun haben, usw. normalerweise kommen würden, fällt also weg.

Stattdessen gab es Samstag nun einen „Flohmarkt“ für Musikinstrumente, Schallplatten und Zeugs. Jetzt darf also verkauft werden?
Aber das Ding war so schlecht kommuniziert, dass viele ausländische Aussteller, das gar nicht mitbekommen haben. Außerdem mußten die Aussteller dafür in eine neue Halle umziehen. Dort wurden dann in Garagenatmosphere Bierbänke und -tische bereit gestellt. (Strom z.B. kostet 300€ extra).
Das war natürlich eine Nullnummer (immer noch freundlich). Kaum größer als ein Provinzmusikflohmarkt.

Da stellt die Frage, ob man nächstes Jahr nochmal antritt. (Wenn es dann überhaupt noch eine Messe gibt). Alleine das Yamaha fehlte ist eine Millionenlücke für die Messe. Das wird irgend jemand zu erklären haben.

Deshalb schauen wohl alle auf die dieses Jahr startende „musicpark“ in Leipzig Anfang November, die sich wahrscheinlich mehr an die Endkunden richtet. Und die zweijährig stattfindende Musikmesse in Ried scheint auch noch zu wachsen. Frankfurt sollte jetzt bei allen auf dem Prüfstand stehen und man wird schauen, wie das nächste neue Konzept aussieht. Besucher sollten gut prüfen, wie viele relevante Aussteller für sie da sein werden.

Nach dem ganzen Frust soll jetzt nicht unerwähnt sein, dass es doch ein paar saxophonistische Neuigkeiten gibt. Silverstein hatte zum Beispiel neue Syntheticblätter, die meines Erachtens noch nicht fertig entwickelt sind. Das Material soll Wasser aufnehmen, daher muß man die erstmal 5min einspielen, bevor sie gut klingen (Wait, what?) und das mit den Stärken war auch noch nicht ganz gelöst.
Forestone hat ein tolles neues Sopran- und Baritonsaxophon, Theo Wanne ein neues Klassikmundstück (da war ich auch erstmal verwundert) und von Cloud Vocal gibt es sehr interessantes neues sehr kompaktes Mikrosystem für’s Sax.
Aber ich denke, das möchte ich dann doch alles lieber in einzelnen Berichten gründlich vorstellen, damit ich wieder genug Material zum wieder regelmäßig bloggen habe.

4 Gedanken zu „Musikmesse 2019 – eine Leichenbeschauung

  1. Meine volle Zustimmung zu Deinem Beitrag. Wir waren als Aussteller das erste Mal dabei im Bereich Software für Musiker. Da war es in Halle 4.1 aber auch sehr sehr leer und wir haben uns doch direkt für den „musikPark“ in Leipzig angemeldet, als wir diesen Zustand in Frankfurt gesehen haben. Auch wir sind sehr gespannt. Danke für Deinen Beitrag.

  2. bin mittlerweile rentner, war aber früher „messianer“ will sagen habe messen (grosse) geplant, arrangiert, durchgeführt.
    Gebe dir zu 100 % recht, – die branche hat nicht erkannt was die zeit will.

    die jungs sägen sich selbst ab.

    frankfurt ist vorbei!

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