Francois Louis Spectruoso Mundstücke und Pure Brass Ligature

Der Name „Francois Louis“ ist wohl in der Saxophonistenszene einer der schillerndsten. Sehr häufig wird er verknüpft mit dem Attribut „genialer Tüftler“.  Und da ist auch was dran. So hat er z.B. das Aulochrom (das erste Saxophon, dass schon alleine mit sich selber nicht intonieren kann) und die Francois Louis Ultimate Ligature, die zum echten Renner wurde. So habe ich schon mehrere ProfiBigBands gesehen, bei der 4 von 5 Saxophonisten min. 2 ihrer Instrumente damit bestückt hatten. Aber auch irgendwie zu Recht, denn die FL UL hat eine wunderbare Ansprache und einen hochwertigen Klang. Nur ist sie manchmal etwas frimelig und die Optik ist etwas rustikal; als würde sie in einer Garage zusammen geschustert worden sein.
Das ist vielleicht gar nicht so abwegig, denn der Belgier Louis ist passionierter Motorradler und hat als Mechaniker gearbeitet, bevor er sich dem Entwickeln von Saxophonequipment widmete.
So entstanden neben den Blattschrauben und dem Aulochrom noch die Smart Cap, eine eigene Blattlinie und er hat wohl auch Borgani bei deren Saxophonen beraten.

Sehr begehrt sind auch die alten Mundstücke, die der Francois in den 80zigern in kleiner Stückzahl aus Sterling-Silber und Holz herstellte. Holzmundstücke haben aber das Problem, dass sie nicht wirklich temperatur- und feuchtigkeitsunabhängig sind. Über die Jahre verziehen sie sich zwangsweise und werden dadurch nicht besser. Genau diese Mundstücke wurden nun wieder für eine breite Käuferschicht mit einem neuen Kunststoff neu aufgelegt. Das Tenormundstück kam schon 2008 heraus.
Zudem gibt es auch seit einiger Zeit  neben der Ultimate Ligature auch eine abgespeckte Version namens „Basic Ligature“ und die massivere „Pure Brass“.

Blattschrauben zu testen reizt mich ja immer und auch über die Mundstücke hört viel gutes, weshalb ich das Zeugs nun auch selber testen wollte. Glücklicherweise führt mein lokaler Dealer Klarinettenmüller FL-Produkte und die waren so freundlich, mir ein paar Mundstücke und die Pure Brass zum Testen auszuleihen.
Wer nach diesem Bericht nun Blut geleckt hat, kann die dort natürlich auch käuflich erwerben:
http://www.klarinettenmueller.de/

Pure Brass
Die Pure Brass kann mal wohl als fetten Bruder der Ultimate Ligature bezeichnen. Diese wird ja inzwischen von sehr vielen Saxophonisten sehr gerne gespielt. Bei der UL ist das Prinzip, dass die Schwingungen optimal über die Drähte weiter geleitet werden. Diese liegen auf Röhrchen, um den Kontakt zum Mundstück zu minimieren. Bei der Pure Brass ist alles irgendwie etwas dicker. Dafür sieht die Verarbeitung aber deutlich professioneller aus.
Die FL UL war ja oft vom Handling etwas problematisch, wenn sie nicht genau auf das Mundstück passt. (hier eine kleine Idee zur Abhilfe bei diesem Problem). Bei der Pure Brass war ich da auch etwas skeptisch. Da die Schraube nun oben ist, gibt es nun neben der frei gelagerten Andruckplatte zwei bewegliche Teile. Aber durch die Schraube oben ist die Klemme leicht größenvariabel. Wenn man die Schraube fest zudreht, sitzt die Pure Brass zwangsläufig genau auf dem Mundstück. Dadurch finde ich das Handling in der Tat besser als bei der UL.
Zudem finde ich es sehr praktisch, wenn eine Blattschraube auf mehr als nur ein Mundstück passt. Der Testkandidat passt auf dickere Klarinettenmundstücke bis hin zu schlanken Tenor Mundstücken.
Außerdem gibt es dadurch, dass die Schraube nach oben gewandert ist, keine verdrehende Torsion beim Zuspannen des Blattes.
Die Pure Brass hat schon regulär die dicke Messingplatte, die man auch separat für die FL UL kaufen kann. Alleine die Andruckplatte hat schon eine überraschend große Klangwirkung.
Die Pure Brass sieht nicht nur massiv aus, sie klingt auch so. Sie ist sehr resonant. Tiefe Frequenzen scheinen begünstigt, wodurch es fetter klingt. Sie gibt definitiv „Charakter“. Also wahrscheinlich nichts für Klassiker.
Mit um die 60 Euro ist sie eine der teureren Blattschrauben. Sie kostet auch 10 Euro mehr als ihr schlanker Bruder, aber persönlich finde ich sie auch etwas hochwertiger.

Spectruoso
Das Spectruoso gibt es in zwei verschiedenen Kammervarianten. Eine normale „medium large chamber“ und eine etwas ungewöhnlichere „sphere chamber“. Mir scheint es, als würden sich diese eine kleine „Vorkammer“  dann noch mal verengen und dann erst zur Hauptkammer gehen, die mittel bis mittelklein groß ist. Auch der Einlauf hat einen kleinen Baffel.
Das Material ist eine Art Komposit, das den Eigenschaften von Holz sehr nahe kommen soll. Wie gesagt: Holz ist als Mundstückmaterial nicht ganz unproblematisch, aber es hat eine angenehme Haptik und Vibrationseigenschaften (Körperschall vom Sax über Mundstück, Zähne, Kieferknochen trägt sehr zur Selbstwahrnehmung bei). Und in der Tat fühlt sich das Mundstück sehr wertig an. Es scheint etwas schwerer und stabiler zu sein als normale KautschukMPCs (MPC=Mouthpiece). Die leicht bräunliche Farbe und die Oberfläche finde ich optisch gelungen.
Interessant finde ich, dass die Tenormundstücke und Altomundstücke fast den gleichen Durchmesser haben. Auf dem Tenormundstück haben alle meine Blattschrauben gepasst, die eigentlich für AltoHR-MPCs passen (HR=Hardrubber=Kautschuk). Vielleicht ist das ein guter Kompromiss für diejenigen, die viele TenorHR-MPCs zu klobig  und viele MetallMPCs zu schmal finden.
Getestet wurden die MPCs A205 ML, A205SP, A225 SP, T260ML, T260SP und T280ML (ML und SP geben die Kammerform an).
Die Unterschiede zwischen den Kammerformen sind deutlich hörbar. Das ML klingt fetter, dunkler und hat mehr Subtones. Das SP ist knackiger, heller, durchsetzungsfähiger, zentrierter. Aber so gigantisch ist der Unterschied nicht, denn beide haben diesen besonderen Spectruosoklang. So ein spezieller resonanter Charakter – fast etwas knorrig. Hat was. Es gibt Mundstücke die voller klingen, noch mehr Subs haben, die weicher sind als die MLs und es gibt lautere, härtere und projektionsfähigere als das SP. Generell scheinen beide nicht sehr laut. Aber ich glaube eher, dass das am Komposit Material liegt, dass man sich ähnlich wie bei Holz über den Körperschall nicht ganz so laut hört.

Aber fast noch markanter, als die Unterschiede zwischen den Kammern, finde ich die Unterschiede zwischen den einzelnen Bahnöffnungen. Denn tatsächlich hat jede Öffnung einen anderen Bahnverlauf. Das hat drastische Auswirkungen auf die Spieleigenschaften. Je nachdem, wie lang die Bahn und wie sie geformt ist, ist das Mundstück unterschiedlich in Moldulationsfähigkeit, Projektion, Widerstand, welche Blätter passen usw.
Das T280 war absolut starr. Egal wie man da rein bläst, es klingt immer gleich. Zwar gut, aber die Klangfarbe ließ sich so gut wie nicht verändern. Also nicht wirklich flexibel (kann auch ein Vorteil für Anfänger sein, wenn man genau diesen Sound sucht). Das 260er verhielt sich doch gänzlich anders. Hier ging alles – von den weichesten Subtones bis powervolles Gefunke.
Tatsächlich hat der Francouis Louis die verschiedenen Bahnöffnungen auf seiner Homepage aufgeschlüsselt und ich habe festgestellt, dass der Effekt sehr den Angaben entspricht. Wenn da steht „very stable“, dann ist das auch „very stable“ und eben nicht flexibel. Daher rate ich allen Interessierten vor dem Bestellen sehr genau zu lesen, wie sich das Mundstück verhält, damit man sich das passende raus suchen kann. Persönlich meine ich, dass es nicht nur zwei Varianten der FL MPCs gibt, sondern jeweils um die 10. Ich finde den Gedanken der verschiedenen und DURCHDACHTEN Bahnen sehr innovativ. Es kommt halt nicht immer nur auf Klangfarbe an, sondern auch auf Spieleigenschaften.
http://www.francois-louis.com/mouth.html#chap4

Besonders merkwürdig fand ich, dass die Spectruoso mit den Pure Brass Blattschrauben mit Abstand am besten klangen. Als wären sie füreinander gemacht. (Ist vielleicht auch so). Die Pure Brass gibt den Mundstücken den „extra Kick“. Gerade das Alto SP, das ich mit anderen Blattschrauben etwas plärrig fand, klingt mit der echt gut.

Das SP halte ich für einen guten Kandidaten für diejenigen, denen ein normales Meyer einfach nicht genug Power hat aber diese ganzen MetallMPCs mit Stufe zu scharf sind. Dazwischen gibt es wenig.

Seit kurzem gibt es neben der Regular noch die Signature Variante, die von Francois Louis höchst persönlich handgefinished wird. Zwar ist die Regular auch handgefinished (was man an der teilweise arg krude geschnitzten Bahnöffnungsangabe sehen kann), aber man hat dann halt kein cooles von ihm unterschriebenes Zertifikat. Die Signature kosten um die 230 Euro und die „preisgünstige“ Regular um die 190. Das finde ich auch nicht soo günstig, aber sehr angemessen für ein so handbearbeitetes hochwertiges Mundstück.

Fazit
Allgemein finde ich, dass die Spectruoso für Jazzer interessante Mundstücke sind, da sie durch den eigenen Charakter und die unterschiedlichen Bahnen mal etwas anderes sind, als das, was man sonst schon kennt in zahlreichen Variationen. Mal ehrlich, wie viele Meyer-, OttoLink- und Guardala-Clone gibt es inzwischen?
Die PureBrass ist für mich eine tolle Jazzklemme. Guter interessanter Klang und verbessertes Handling.
Vor allem in der Kombination haben es mir die Teile angetan, weshalb ich mir die PureBrass und das T280 ML tatsächlich gekauft habe. (Irgendwann muss ich hier doch noch massiv Werbung schalten, um mir das ganze Zeugs noch leisten zu können) Und auf der Messe werde ich mir das A235 vornehmen. Das klingt von der Bahnbeschreibung her sehr interessant für mich, war leider bei meinem Händler nicht vorrätig.
Und noch mal vielen Dank an Klarinettenmüller für das freundliche bereit stellen der Testkandidaten.

http://www.francois-louis.com/

0 Gedanken zu „Francois Louis Spectruoso Mundstücke und Pure Brass Ligature

  1. Und wieder ein guter, interessanter Testbericht!
    Komischerweise hab ich mir vor einer Woche auch ein FL Mundstück bestellt und auch mit einer Pure Brass Ligature in Messing. Ich hab das T315 ML. Die Angaben auf der Seite von Francois Louis passen auch ziemlich gut. Starker Sound in den Tiefen und es geht viel Luft durch. Ich spiel grad in Münster beim Bund Barisax, bin die viele Luft also gewöhnt. Allerdings find ich das MPC alles andre als leise. Vielleicht liegts auch an der Bahnöffnung, die im Gegensatz zu meinem alten MPC (Link ny 7) ein Stück größer ist, aber man kann schon ziemlichen Druck machen.
    Insgesamt ein Top Mundstück!

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