So abwegig es auch klingt, aber einmal im Jahr wird ausgerechnet Bremen zum Zentrum des weltweiten Jazz, denn hier trifft man sich seit 2006 auf der Jazzahead, die sowohl ein Festival ist, als auch eine Fachmesse und „kulturpolitisches Symposium“.
Vom 19. bis 22. April war es mal wieder so weit und ich wollte mir sie dieses Jahr mal von vorne bis hinten anschauen und anhören.
Die Messe selber ist deutlich eher für ein Fachpublikum, denn hier treffen sich Verlage, Labels, Presse, Veranstalter und Argenturen aus aller Welt. Von Australien über Israel bis Kanada. Das ist allerdings für den normalen Musiker und Jazzliebhaber wahrscheinlich weniger spannend. Ich hatte die Messe eigentlich schon nach ca. einer halben Stunde abgelaufen.
Es gab auch diverse Konfernzen, von der mich eigentlich nur eine wirklich interessierte: die Gesprächsrunde mit dem neuen Vorstand der Union Deutscher Jazzer. Einige der Leser haben die aktuelle Jazzdebatte Anfang dieses Jahres um den Jazzmusikeraufruf, dem Diskurs in den Feuilletons mitbekommen, der dann in der freundlichen Übernahme der alten UDJ resultierte, um den Verein endlich aus seinem „Dornröschenschlaf“ zu befreien. Natürlich war dies und die Forderungen des Musikeraufrufes bzw. der neuen UDJ auch eines der wichtigen Themen auf der Jazzahead.
Die beiden neun Vosristzenden der UDJ Julia Hülsman und Felix Falk stellten sich vor und erzählten in etwa das, was sie in letzter Zeit in unzähligen Interviews erzählten.
Natürlich ließ ich mir nicht die Gelegenheit entgehen, mir für saxophonistisches ein exclusives Interview geben zu lassen in das ihr hier reinhören könnt (inklusuve originalem Messerauschen im Hintergrund):
INTERVIEW MIT FELIX FALK VON DER UDJ
So beschrieben klingt die Jazzahead eher nach einer trockeneren Veranstaltung. Ganz im Gegenteil, denn tagsüber spielen die ganze Zeit auf zwei Bühnen verschiedene Jazzformationen und abends spielten dann die „MainActs“ auf der großen Bühne des Bremer Schlachthofes.
Die Jazzahead ist so organisiert, dass es jedes Jahr ein Gastland gibt, dass sich besonders vorstellen kann. Dieses Jahr war es Spanien, weshalb am ersten Abend (Donnerstag) die spanisch night war, mit ordentlich Flamenco, Ibera-Jazz und Frank Zappa Covers…
Freitags stellten sich tagsüber auf der Messe junge deutsche Bands vor und Abends war dann die Oversea-Night. Samstags ging es dann eher europäisch zu und Abends findet dann die große Clubnight statt bei der in 17 Locations in Bremen verteilt 35 Jazzkonzerte statt finden.
Also der totale Jazzoverkill. Ich habe an diesem Wochenende fast 30 verschiedene Bands gehört. Da verliert man leicht den überblick, aber anderseits ist das auch sehr spannend, da man es verstanden hat, viele Band unterschiedlichster Stilistik einzuladen. Vom Anspruchsvollen Avangardjazz über folkloristischem Weltmusik bis zu handfestem Funk. Erstaunt hat mich, dass viele Bands überdurschnittlich viel Humor an den Tag legten. Das dürfte vielleicht der Jazzpolizei nicht immer so gemundet haben, mir dafür aber um so mehr. Und wohl dem Publikum auch, der Schlachthof war an jedem Abend proppe voll mit min. 800-900 Besuchern pro Abend. Es lohnt sich, mal in das Programm zu schauen, wer da alles gespielt hat.
Auch wenn mir fast (eine Band war mir dann doch etwas zu anstrengend, ich verrate aber nicht welche) alles gefallen hat und die Masse erschlagend war, gab es doch ein paar persönliche Highlights, die mir noch länger im Gedächtnis bleiben werden:
der überragende Bassist des spanischen Flamenco Trios Benavent-Di Geraldo-Pardo, dem durchgeknalltem Schlagzeuger (Percussion mit Aufziehenten und PingPongBällen) des Iberajazz José Gutierrez Quartett, der Stimme von VINX, dem leicht surreal wirkendem Trondheim Jazz Orchestra und vor allem dem virtuosen Jazzharfenisiten Edmar Castenada.
Kein Wunder, dass sich die Jazzahead zunehmender Beliebtheit erfreut und bisher jedes Jahr gewachsen ist. Und als Bremer muß ich sagen, wir können froh sein, dass die hier statt findet.
Natürlich habe ich ein paar Impressionen gesammelt, leider habe ich keine vernünftige Kamera sondern nur so ein Teil mit angebissenem Obst drauf, weshalb die Qualität der Bilder leider alles andere als gut ist.