Die BigBand der Bundeswehr besetzt die Bühne

Mit dem Saxophon im Schützengraben oder mit G36 im Orchestergraben? Nun ja, die Mischung aus Bundeswehr und BigBand mag zunächst befremdlich klingen, aber das stimmt so nicht. Gerade die BigBands haben eine ihrer Wurzeln im modernen westlichen Militär kämpften doch Benny Goodman, Glen Miller und Konsorten mit Jazz gegen die Nazis und später die Kommunisten. Aber diese Zeiten sind vorbei, genauso wie das große Zeitalter der Bigbands (gibt es da vielleicht einen Zusammenhang).

Aber auch die Bundeswehr hat eine BigBand, die in Köln (naja, Euskirchen) stationiert ist und ich hatte nun Gelegenheit sie vergangenen Samstag (10.4.2010) in Cuxhaven auf einer Benifizveranstalltung der Rotarier hören zu können. (Asche über mein Haupt, ich weiß leider nicht mehr, welcher gute Zweck es war.) Da die Musiksoldaten einen festen Sold vom Staat bekommen sind eigentlich alle öffentlichen Auftritte der Musikkorpse benefiz. Eigentlich eine tolle Sache.

Die BigBand BW ist mit großem Gerät und viel Gerödel aufmarschiert. Neben dem üblichen Bigbandkram gabs noch massig an Percussion (sogar Pauken), ordentlich viele Synthies, Keyboards und sonstigem Elektronikzeugs, gigantische Ton und Licht anlagen. Erstaunt haben mich die vielen BigBand eigenen Roadies. In meiner Zeit beim Wehrbereichsmusikkorps mußten wir niederen Dienstränge das ganze schwere Zeugs selber schleppen.
Also die Bühne, auf der normalerweise auch zwei Bigbands gepasst hätten war voll.
Übrigens der komplette Saxophonsatz ist ausgestattet mit Keilwerth-Instrumenten. Soweit ich weiß ist der Satz Endorser.
Damit dürfte die BigBand BW zu den best ausgerüsteten und organisierten Einheiten der Bundeswehr gehören.

Nicht nur das Equipment ist höchst professionel sondern auch die Musiker. Alles studierte Profis und somit gehört die BigBand BW auch wahrscheinlich mit zu den besten BigBands Deutschland und genießt auch International ein gewisses Renomeé. Ihr Bandleader ist Oberstleutnant Lieder (kein Witz).
Nun fällt aber beim Namen BigBand BW auch sehr oft das Wort Showorchester.
Zurecht, begann das Konzert mit Nebelmaschine und Spaceklängen während sich die Musiker auf die Bühne gesellten.
Danach ging es mit „Strike up the Band“ zu den Swingwurzeln. Allerdings hatte es sich damit auch mit tradioneller BigBandliteratur, denn keines der folgenden Stücke war für mich noch „echte Bigband-Musik“. Nein, ich zähle das GlenMillerMedley nicht, weil es ein Medley ist! Und es war nicht das einzige, folgten noch ein PhilCollins-Medley und ein QueensMedley. Das sich dafür einer der Rhythmiker sein Jacket auszog und seine Sonnebrille aufsetzte machte die Sache nicht unbedingt cooler, obwohl er verblüffend gut nach Phil Collins klang.
Die zweite Hälfte des Konzertes war auch deutlich moderner und legerer. Wechselten die Soldaten vom feinen dunkelblauen Luftwaffensmoking mit Fliege zum zur luftigen weißen Marineausgehuniform mit kurzärmligen Hemd.

Nun mag das für den ein oder anderen Jazzliebhaber recht negativ klingen, aber in der Tat handelt es sich hier weniger um „echte“ Bigband als um ein Showorchester. Man wirft ja auch James Last nicht vor, dass er zu wenig Count Basie oder Thad Jones spielt. Die Show, die die BB BW abliefert, war großes Kino. Alles hat gepasst. Stimmungsvolle Beleuchtung in allen Farben, ordentlich Happening auf der Bühne und sogar etwas Pyrotechnik.

Das war sogar für einige etwas zu viel. Zwei Ältere Damen haben bei dem Minutenlangen (aber guten) Basssolo den strategischen Rückzug angetreten. Der Alterschnitt war auch sonst sehr sehr hoch. Das kenne ich aber so auch noch aus meiner eigenen Musikkorpszeit. Da haben wohl viele, als sie Bundeswehr und Musik gehört haben, wohl mehr an „alte Kameraden“ gedacht. Auch spricht „Showorchester“  ja meist auch ein gesetzteres Publikum an, jedoch ist die BigBand BW nicht ganz so „seniorengerecht“. Wie schon gesagt, geht es teils ordentlich rockig zur Sache.

Auch wenn es für meinen Geschmack etwas zu wenig Jazz war, wurde ich doch auch sehr hohem Niveau gut unterhalten und das eher sinfonische „Andalusian Dreams“ war für mich auch ein musikalisches Highlight.

Für weitere Infos und Konzertermine geht es hier zur Homepage:
www.bigband-bw.de