das VersiTone Acoustimax von Ted Klum

K1024_Acoustimax_B_on WhiteAuf der Musikmesse bin ich an ein Mundstück gekommen, das mich momentan gerade sehr begeistert. Dabei war es reiner Zufall, dass ich da dran kam, denn Ted Klum war gar nicht mit einem Stand dort vertreten, sondern nur als Besucher dort. Aber ein paar Mundstücke zum testen und vorzeigen hatte er doch in seiner Tasche, wovon ich jetzt eines hier zum testen habe.

Ted Klum ist als Mundstückhersteller hierzulande noch nicht sehr bekannt, allerdings in den USA seit einiger Zeit sehr erfolgreich. Er ist selber ein fantastischer Spieler (wovon ich mich live überzeugen konnte) und bearbeitet seit über 25 Jahren Saxophonmundstücke. 2006 gründete er dann seine eigene Firma und brauchte eine eigene Serie von Mundstücke raus, die bei vielen Saxophonisten (Jazz- und Studiomusiker als auch angesehene Klassiker) großen Zuspruch gefunden haben. Unter den diversen namhaften Endorsern ist auch Jesse Davis, welcher einer meiner Lieblingsalitsten ist.

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Das Forestone Saxophon – japanische Handwerkskunst vom feinstem

Forestone Saxophon Tenor Alt (7)Ich hatte es ja bereits in den letzten Artikeln angedeutet, ich habe ein neues Saxophon. Brandneu von der Musikmesse, das Forestonesaxophon. Um genauer zu sein, ich habe sogar zwei. Ein lackiertes Tenor und ein unlackiertes Altsaxophon. Letzteres ist das erste seiner Art und ganz frisch für die Musikmesse produziert worden. Und ich habe es mir dann gleich unter den Nagel gerissen.

Die Firma Forestone ist an sich gerade mal 4 Jahre alt und eigentlich für seine Synthetikblätter mit Bambusfasern bekannt. Jetzt haben sie ihre Produktpalette erweitert und produzieren eigene Saxophone. Sehr erfreut bin ich, dass es nicht ein weiteres Standardtaiwanhorn ist, denn davon gibt es auf dem Markt schon eh zu viele.
Das Sax ist „Made in Japan“, was, wenn man die Yamaha Custom und die Yanagisawa Saxophone kennt, schon mal sehr viel versprechend klingt.
Und hier kommen wir dann zur ersten Besonderheit der Forestonesaxophone. Weiterlesen

Endlich, das neue Plastiksaxophon von Vibratosax

Vor ca. 5 Jahren hörte man in den einschlägigen Internetforen zum ersten mal, dass ein neues Plastiksaxophon gebaut werden soll. Es gab ein paar Computerbilder auf einer Thailändischen Seite und die Prognose, dass es nur 250Dollar kosten soll. Viele waren skeptisch einige regelrecht begeistert. Dann wurde es still und die meisten zweifelten, ob da überhaupt noch etwas kommt. Aber seit rund einem Jahr gibt es das Vibratosax zu kaufen. Sogar in Deutschland.
Ich habe nun endlich eines der neuen ausgereifteren Modelle zum testen in die Hand bekommen.

Sammler und sonstige Saxophonnerds wissen, dass dies nicht das erste Plastiksaxophon ist. In den 50ern gab es das Grafton, welches ein paar berühmte Spieler hatte, wie z.B. Charlie Parker oder Ornette Coleman (zu dessen Markenzeichen das Grafton sogar avancierte).
Geklungen hat es damals schon wie ein Saxophon, allerdings hatte das Material (Akryl) das Problem, dass es ziemlich leicht brach, weshalb Graftons heute selten und daher von Sammlern heiß begehrt sind. Auf SaxPics.com gibt mehr Infos zum Grafton.

Normalerweise  brüste ich mich ja gerne, dass ich der „Sonic“ einen Schritt voraus bin. Allerdings gab es dort schon letztes Jahr (Novemberausgabe) einen Testbericht. Aber auch nur, weil der Autor zufälligerweise einen Urlaub in Thailand gemacht hatte. Da kann ich natürlich nicht mithalten. Allerdings ging es da noch um eine noch nicht für den Verkauf fertige Variante. Weiterlesen

Brancher Goldmessing Alto – neuer französischer Luxus

Eigentlich gibt es hier ja schon einen Brancher-Test von Volker Kaufmann und so waren wir der Sonic über ein Jahr vor raus. Aber es hat mich schon länger gereizt, ein Brancher Sax mal ganz genau unter die Lupe zu nehmen, da die Eindrücke von der Musikmesse überragend waren. Brancher scheint die neue Edelmarke zu, zumindest die Preise befinden sich auf Selmer Niveau. Freundlicherweise stellte mir nun Bastian Fiebig von Chili Notes, dem deutschen Vertrieb von Brancher, ein Vorführmodell zu Verfügung, damit ich mir endlich ein eigenes genaues Bild machen konnte.
Das Testobjekt ist  Alto aus Goldmessing (GL), sich also durch einen großen Kupferanteil (85%) auszeichnet. Diese Variante gibt es nur beim Alto. Weiterlesen

mein neues Borgani

Ich bin frisch verliebt in mein Weihnachtsgeschenk. Nun gut, es kam schon vor 10 Tagen und ich habe es mir selbst gemacht, aber das Teil zählt für mindestens zwei Geburtstage und einmal Weihnachten.

Mein neues Borgani Altosaxophon!

In meinem Bericht von den Borgani-Werkstätten in Macerata (Italien) hatte ich ja bereits erwähnt, dass ich mich dort in eines verkuckt hatte. Nach ein paar Mucken und den verkauf meines Ravens konnte ich es mir nun endlich leisten und kam nun ENDLICH bei mir an.

Im Prinzip ist es das gleiche Model das ich schon vorher getestet habe, daher verweise ich für das Grundlegende auf den alten Testartikel zum Borgani-Saxophon. Weiterlesen

Selmer Serie III, die moderne Klassikerin

Dieses Saxophon befindet sich schon etwas länger in meinem Besitz. Auf der Suche wurde nach einem großen lauten PowerSound wurde es zeitweise von meinem Cannonball Raven abgelöst. Da ich nun aber in letzter Zeit wieder recht viel Klassik mit dem Selmer gespielt habe und ich mich wahrscheinlich leider demnächst davon trennen muß, dachte ich, dass ich zum Abschied doch noch einen Test über meine SIII schreiben könnte.

Zwar hat Selmer letztes Jahr die Serie III nochmal etwas überarbeitet, aber die Änderungen sind meines Wissens fast ausschließlich optischer Natur, also dürfte der Artikel immer noch recht aktuell sein.
Der ein oder andere hat sich garantiert gefragt, warum den Selmer denn den Vorgänger immer noch im Programm hat, ja teilweise sogar noch weiter entwickelt. Das liegt daran, dass die Serie III zu dem Super Action 80 2 keine Weiterentwicklung ist sondern eine neu Entwicklung und beide als eigenständige Modelle neben den References stehen.

Den Absatz über Beilagen kann ich mir bei Selmer sparen, da die Firma gerne ihre Saxophone nackt verkauft. Sie gehen halt davon aus, dass Selmer halt eher von Fortgeschrittenen und Profis gekauft wird, die schon ihre Mundstück, Gurte und Koffer haben. Wer dennoch original Selmermundstück, Gurt und Koffer haben will, kann dieses natürlich zu Selmer üblichen Preisen extra kaufen.

Selmer bietet die SIII und das SA 80 2 in verschiedensten Ausführungen an: versilbert, vergoldet, gebürstet und verschiedene Lackierungen. Meines (von 2003) hat einen Mattgoldenen Lack und ist ohne Gravur (gibt es jetzt nicht mehr), dadurch hat es eine sehr elegante moderne Optik. Fast schon spacig.

Da seit den 60ern fast jedes Saxophon ein Selmerklon ist, ist die Mechanik weitesgehend wie gewohnt, nur wirkt alles sehr elegant. Nichts an dem Teil wirkt irgendwie klobig. Es passt somit sehr gut in kleine Hände. Die Klappenaufgänge sind eher niedrig, aber geben so in kombination mit der wirklich sehr hochwertigen Mechanik ein sehr präzises Handling. Halt den hohen Ansprüchen der Klassiker genügend.
Aber ein paar schöne Details gibt es schon. Z.B. hat sich Selmer endlich von der Unsitte des Daumenhakens und Daumenauflage aus Plastik gelöst. Die sind bei der Serie III aus Metall. Dadruch kann das Sax hörbar besser resonieren.
Die Hochwertigen Lederpolster haben gewölbte Resonatoren ohne Nieten. Sieht man auch selten, aber das ist halt ein weiterer Selmerluxus. Durch diese Resonatoren kann das Sax sehr schön strahlen.
Bemerkenswert ist auch, dass man die Ribs verschlankt hat. Die Ribbed construction wurde von Selmer eingeführt, und man versteht darunter, dass die Mechanik auf Schienen vor montiert wird und dann werden diese Schienen ans Saxophon gelötet. Das macht das Sax stabiler und das bauen leichter, jedoch bedeutet das auch mehr Masse.
Durch die schlankeren Ribbs und nun auch mehr einzeln aufgelöteten Säulen kann das Saxophonkorpus freier schwingen und klingt farbiger (feinere Klangwirkungen).
Das besondere Feature bei dem Serie III Alto ist die Cis-Ausgleichklappe, die nur beim C#“ offen ist. Es ist ein gängig Problem bei Saxophonen, dass dieses Cis aufgrund des Lagenswechsel klanglich, intonatorisch und dynamisch raus fällt. Diese Extraklappe hilft hier in der Tat den Ton zu korrigieren und sorgt so für ein selten so homogenes Register.

Leider hat es für die rechte und linke Handkopplungen keine Einstellschrauben, dafür aber für die Klappenaufgänge für das Seit-bB und das Seit-C. Sehr clever und einfach zu handeln und habe ich so leider noch bei keinem anderen Konkurenten gesehen.
Das war es vom technischen Detail. Wer es noch ausführlicher haben will, kann ja in den Testbericht aus der Sonic reinschauen, der diesem Aspekt ja immer seine Hauptaufmerksamkeit widmet.

Leider gibt es aber auch Selmertypische Schönheitsfehler. Die Metallresonatoren rosteten schon nach einem Jahr und an einigen Stellen hat sich sehr Fix der Lack abgelöst (besonders bei der Kleinfingermechanik). Besonders Ärgerlich war, als mal plötzlich einfach ein essentielles Polster abfiel und das 5min bevor ich auf die Bühne mußte. Aber solche Geschichten kennt man ja von Selmer und die gehören irgendwie zu derem Charme dazu.

Wie schon angedeutet sind Klang, Ansprache und Intonation über das ganze register Fantastisch homogen. Das leiste pp kommt auch in den Tiefen, auch Flagolettes und Spaltklänge sind kein Problem. Ein großes dynmaisches Spektrum ohne klanglich irgendwie auszubrechen, obwohl es viele Saxophone gibt, die noch lauter können, aber das ist wohl auch nicht ziel dieses Saxophons gewesen. Kontrolle total.
Der Ton ist recht schlank (aber alles andere als dünn), was auch mit an dem recht kleinen Becher liegen könnte. Ich würde den Klang folgendermaßen beschreiben: hell, strahlend, farbig, modern und sanft. Wer den mörder Powersound sucht, ist hier also wahrscheinlich falsch. Wer es gerne lieblicher hat könnte sehr glücklich werden.

Es ist definitiv ein Klassikhorn par excellence, allerdings hat Selmer den allgemeinen Saxophonsound so geprägt, dass die Serie III auch ein elegantes Allroundhorn mit dem aufgrund des strahlenden modernen Sounds sogar Funk geht, nur bräuchte man dafür eine Mikrophonierung, da es nicht dafür gedacht ist, gegen E-Klampfen anzukämpfen.
Nur schade, dass es über 3000 Euro kostet, aber dafür ist es halt auch ein Selmer.

PS: Wer meint, dass eine Serie III sein Wunschinstrument ist, noch steht es in den Kleinanzeigen

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Eine italienische Schönheit namens Borgani

Borgani?! Dieser Name stößt hierzulande eher auf Unkenntnis. Da kommen Kommentare wie „Waren das nicht die Bösen bei Star Trek?“ ; höchstens vielleicht noch „Spielt der Joe Lovano nicht sowas?“. Auch ich wurde erst per Zufall auf der letzten Musikmesse darauf aufmerksam und war mehr als angetan. Seit dem konnte ich kaum noch warten, so ein Teil mal gründlicher unter die Lupe nehmen zu können. Nun habe ich so ein Schmuckstück endlich da und möchte es gerne meinen Lesern vorstellen. „Gestatten, diese besondere Schönheit heißt Borgani“.

Um wirklich erklären zu können, warum es sich hierbei um etwas besonderes handelt muß ich wahrscheinlich ganz vorne Anfangen. Und zwar im Jahre 1872 in einem Dorf Mittelitaliens namens Macerata. Genauso könnte auch eine schöne Urlaubslektüre beginnen, aber so fängt die Geschichte des Famlienunternehmes Borgani an. Der Gründer Augusto Borgani schickte seinen Sohn Arturo in die Staaten um bei Conn zu lernen. Das Familien Geschäft wurde  von da an immer an den Sohn weiter gereicht. In den 50ern expandierte Borgani dann weltweit und fertigte für die Masse (leider auch mit dementsprechender Qualität). Aber gegen die asiatische Konkurenz hatte man natürlich kaum eine Chance, weshalb es – wie bei den anderen italienischen Herstellern – sehr ruhig um Borgani wurde. In den 80zigern wurde das unternehmen nun an die 4. Generation Borgani weiter gereicht und Orfeo Borgani besinnte sich auf die alten Werte zurück und produziert jetzt nur noch nach alter Tradition vollkommen handgearbeitete Saxophone für das Profisegment.
Nur nebenbei, damit ist Borgani eine der ältesten Saxfirmen. Sogar noch älter als Selmer.

Zum Testen hat mir Orfeo das Instrument zugeschickt, dass ich bereits auf der Messe in der Hand hatte. Ein Altsaxophon 24k vergoldet und Sandgestrahlt. Diese Finishvariante wird bei Borgani „pearl gold“ genannt. Modellbezeichnungen gibt es dort nicht wirklich, weil es halt nur eines gibt. Keine Schülersaxophone, keine Nachbauten keine sonstiges irgendwas Marketinggedöns. Auch bemerkenswert finde ich, dass es aus qualitativen und soundtechnischen Gründen keine lackierten Instrumente gibt. Dieser Ansichten habe ich eh schon lange und freue mich, dass das ein Hersteller endlich mal konsequent umsetzt. Von Borgani gibt es nur Altos, Tenöre und Sopranos in unlackiert, versilbert und vergoldet (24K) und diese auch noch in einer „Pearl“-Variante (mattoptik durch Sandstrahlung). Die Sopranos haben den Clou eines austauschbaren Schallbechers (siehe Messebericht). Tenor und Alt wahlweise mit oder ohne Hoch-Fis oder mit angelötetem Schallbecher (bessere Resoanz, jedoch komplizierter beim Zerlegen).

Das Instrument kam in einem soliden kleinen Formkoffer. Das Teil kommt aus dem Hause Bam, aber keine Angst, das steht nicht drauf, stattdessen wird es verziert durch das elegante Borganiemblem. Die zwei Farbenoptik verleiht dem Teil einen edlen modernen Pfiff. Angetan war ich besonders vom Trageriemen. Da hat sich jemand mal Gedanken gemacht. Witzig finde ich das „Geheimfach“. Allerdings etwas ungünstig gelöst, da man als Deckel eine Plastikschale verwendet, die formtechnisch nicht ganz zum Borgani passt. Da ist nach meinem Befinden zu wenig Spielraum zum Instrument. Da es ein Formkoffer ist, ist halt kaum Platz für sonstiges Gedöns, dafür ist das Case aber auch sehr handlich. Sonstiges Zubehör ist nur noch ein Gurt und ein Wischtuch.

Nun zum Instrument. Ich habe mir diese Finishausführung zum testen extra gewünscht. Ich glaube nicht, dass die Bilder wirklich wiedergeben, wie schön das matte Gold aussieht. Außerdem finde ich es klanglich gut. Zuletzt ist Gold korosionsbeständig und läuft nicht wie Silber an.
Die florale Gravur ist schick und edel, kommt aber unter der Vergoldung nicht sehr hervor. Schade.

Schauen wir uns doch mal das Sax genauer an.
Der Schallbecher ist eher schmalerer Natur und ist merkwürdigerweise eher links orientiert. Der S-Bogen hat auch eine etwas ungewöhnliche Form. Er erinnert mich stark an echte Vintage-Instrumente (nicht so Youngtimer wie das Mk VI). Etwas mehr aufgerichteter und länger. Gernerell wirkt das Sax optisch schlanker.
Die vergoldete Mechanik macht einen sehr soliden Eindruck. An ihr sieht man besonders, dass es sich um reine Handarbeit handelt. Alles ist wirklich jeweils für das eine Saxophon angepasst. Dadurch hat man beim spielen ein so rundes und flüssiges Gefühl, wie ich das sonst kaum kenne. Dagegen wirken viele Asiaten nur eckig und kantig. Der Federdruck ist für mich angenehm (also nicht schlaff); nur die Mechanik des linken kleinen Fingers ist verhältnismäßig zu stark eingestellt.
Generell scheint hier alles runder. Viele Streben und Arme sind elegant um das Sax geschwungen. Keine geraden Winkel wie man es sonst kennt. Auch das ist einer der Gründe, warum dieses Sax so aus der Masse heraus sticht. Allerdings mußt man auch sagen, dass diese Individuelle Fertigung sich auch selbst bedingt. Denn es gibt so ein paar „italienische Eigenarten“ die an sich nicht ganz so korrekt sind, aber nonchalant korrigiert werden. Z.B. sitzt die Oktavklappenhülse des S-Bogens nicht wirklich mittig sondern rutschte etwas nach links. Dem Sound tut das keinen Abbruch, aber das ist wohl Teil des besonderen italienischen Charms. Daher ist jedes Instrument ein echtes Unikat (aber nicht so wie bei Selmer).
Natürlich handelt es sich bei den Inlays um echtes Perlmut. Beim Bb-Drücker (linke Hand) ist jedoch das Perlmut verschwunden. Mir sagt das zu. Die Gis-Klappe fällt auch irgendwie raus. Sonst ist der Arm ja immer oben auf die Klappe angelötet. Hier nicht. Wie ein großer Tropfen hängt die Klappe am Hebel.
Die Stützstrebe der linken Kleinfingermechanik geht etwas schräg nach unten, was für eine noch sichere Stabilisierung sorgt. Merkwürdig ist auch die Schraube am Daumenhaken. Um diese zu lösen brauch man anscheinend einen extra Schraubenzieher. Warum?
Durch all diese kleinen Unterschiede und die runden Arme wirkt die Mechanik als wäre sie an dem Saxophon eher „festgewachsen“ als montiert.
Bemerkenswert ist, das die Mechanik auf einzelnen Säulchen montiert ist und nicht auf vorgefertigten Schienen. Diese wurden von Selmer (wem sonst?) eingeführt und erleichtern die Montage. Das führt aber auch zu einem „engeren“ Klang. Durch die einzelenen Säulchen kann das Sax jedoch freier Schwingen, was sich sehr auf den Klang auswirkt (aber dazu kommen wir noch später). Leider machen das ansonsten nur noch wenige andere (u.a. Keilwerth und Sequoia) das so.
Was ich persönlich sehr schade finde, ist, dass es so gut wie keine Einstellschrauben gibt. Nur das nötigste, ist mit einem Schraubenzieher verstellbar. Rechte und Linke Hand Kopplungen sowie alle anderen Klappenaufgänge sind per Kork eingestellt. Das ist zwar eigentlich eine Geschmacksfrage, aber für mich mach anderen Hobbytüftler ist es mit Schrauben leichter, schnell mal selber Korrekturen zu vollziehen.
Ausgesuchte Pisoni Pads, Filze, Federn und Schrauben scheinen von genauso hoher Qualität zu sein, wie der Rest. Schade nur, dass die Daumenauflage der linken Hand noch aus Plastik ist. Passt meinem Epfinden anch nicht zum Rest des Bildes.

Also man man sieht an allen Ecken und Enden, dass die Borganis wirklich traditionell und komplett per Hand gefertigt werden. Da muß ich auch nicht noch extra erwähnen, dass Schallbecher und Co. handgeklöppelt sind; auch andere Werbeargumente von anderen Firmen sind hier quasi eine Selbstverständlichkeit. Daher werden allerdings auch nur um die 300 Borganis pro Jahr gebaut. Meines Wissens ist Borgani eine der letzten Firmen, die noch so produzieren.

Ansprache ist gut und ausgeglichen. Hat einen gewissen Widerstand, so wie die meisten Profis es bevorzugen. Die Intonation entspricht dem sonstigen Qualitätsniveau. Mir ist nur aufgefallen, dass die Palmkeys ab dem e“‘ etwas nach oben tendieren, aber das läßt sich leicht durch einen etwas verringerten Klappenaufgang korrigieren. Ansonsten erfüllt es sogar Klassikerbedürfnisse. Auch der Klang ist sehr homogen. d‘ und d“ klingen schön voll. Nur das a“ ist manchmal minimal stumpfer.

Kommen wir nur zum Klang. Zwei Wörter würde es ausreichend beschreiben: „einfach schön“. Ich wüßte nicht womit ich das Borgani jetzt direkt vergleichen könnte, weil es doch einen sehr eigenen Klang hat. Nicht so kernig und näselnd wie man es von Selmer kennt. Rund, warum, voll und sehr farbenreich. Das liegt wahrscheinlich mit an der Konstruktion mit den einzelenen Säulchen.
Persönlich mag ich auch den Klang von Vergoldungen. Der Ton wird konkreter und strahlt mehr ohne dabei so hell und klar zu werden wie eine Versilberung. Sandstrahlungen macht den Sound meist ein wenig obertonreicher/strahlender.
Da nun der Klang recht rund und warm ist, mischt er sich gut in Sätzen ein, das heißt aber auch, dass es nicht so ideal dafür geeignet ist gegen E-Gitarren zu kämpfen. Für diejenigen, die einen lauten, schrillen und rabiaten Sound suchen, gibt es also wahrscheinlich passendere Kandidaten. Diejenigen, die es gerne mal auch lyrischer mögen, werden das Teil lieben. Dadurch kann es gerade für Klassik ein faszinierendes Instrument sein.
Dennoch halte ich es für ein sehr flexibles Horn. Mit der richtigen Setupwahl geht auch Bigband und Funk genauso gut und für die meisten Jazzbereiche bietet das Borgani eine interessante Klangvariante. Und für die ganz extreme Lautstärken gibt es ja heutzutage Mikrophone und Lautsprecher.
Vielleicht ist das der italienische Sound. Zumindest habe ich keine Probleme mich bei dem Klang in Urlaubsstimmung beim Sonnenuntergang und einen italienischen Rotwein an der mediteranen Küste vorzustellen.
Kurz, kein Ferrari, sondern eher ein Lamborgani.

Tja, warum ist dann Borgani hierzulande ein so unbeschriebenes Blatt? Das liegt wohl daran, dass Borgani noch keinen deutschen Vertrieb hat. Erst jetzt sind Borganische Instrumente hierzulande erhältlich. Der Berliner Mike Duchstein von www.saxophon-service.de hat nun ein Satz im Vintage Finish (unlackiert) bei sich stehen. Dort können sie also angespielt und erworben werden. Tja, qualitativ hochwertige Handarbeit ist nie billig und somit liegen die Preise für Borgani bei 3000 und aufwärts. Ein Schelm, der jetzt an spätrömische Dekadenz denkt. Jedoch wenn man es mit Selmerpreisen vergleicht oder die von einem gewissen schweizer Betrieb, wo ja auch noch rein per Hand arbeitet, scheinen mir die Preise reel und fair.
Ich sollte darauf hinweisen, da es sich um einen Betrieb handelt, in dem noch alles handwerklich gearbeitet wird in nicht all zu großen Auflagen, erfüllt Borgani auch speziellere Kundenwünsche. Wer also eine bestimmte Finishzusammensetzung will (z.B. unlackiert mit vergoldeten Klappen) und bestimmte Änderungen der Mechanik, sollte einfach mal bei Mike oder Orfeo nachfragen. Bei der Gelegenheit könnt ihr gleich von mir grüßen.

Fazit
Wie man merkt, bin ich dem Horn mehr als angetan. Optisch, haptisch und klanglich ein sehr edles Instrument, das einfach den Flair des ganz Besonderen hat. Superlative wie „das beste Saxophon, das ich je gespielt habe“ benutze ich nicht, obwohl es in diesem Fall der Sache schon recht nah ist. „Ein Saxophon eines Caesars würdig.“
Mein Problem ist jetzt folgendes: Ich will es! Braucht nicht irgendwer noch ein Selmer oder Cannonball Altsaxophon?

Ich möchte mich übrigens noch mal bei Orfeo Borgani und Mike Duchstein für die Bereitstellung des Testinstrumentes bedanken.
http://www.borgani.com/
http://saxophon-service.de/

Brancher-Saxophone – die neue Highclass!? (von Volker Kaufmann)

Ich hatte es ja schon angekündigt und hier ist er endlich; der Branchersaxophon Test von Volker Kaufmann. Ich hatte mich da besonders drauf gefreut, da die Branchersaxophone auf den letzten Musikmessen wie eine Bombe einschlugen. Zudem ist damit dieser Blog mal wieder der Sonic zuvor gekommen, denn die hat zu den Branchers noch keinen Test.

Photos werden die Tage nachgereicht!

Die Firma Brancher hatte sich in der Vergangenheit einen Namen durch moderne Mundstücke und Blätter gemacht. Seit 2008 baut Brancher auch Saxophone der Profiklasse. Die Mechanik, die Resonatoren und die Polster werden in Frankreich gebaut. Die Teile werden zur Endmontage nach Taiwan geschickt. In der selben Werkstatt werden die Korpusse gehämmert. Anschließend werden die fertigen Hupen von Pascal Brancher getestet und justiert.

Damals spielte ich noch ein Keilwerthsx90R Tenor und ein TopTone Altsax. Ein neues Altsaxophon mußte her. Auf der Musikmesse in Frankfurt testete ich alle möglichen Firmen an. Eigentlich hatte ich mich schon auf einen Kandidaten festgelegt, dann kam ich an den Stand von Pascal Brancher. Ich probierte ein Altsaxophon im Antiklook aus und das aus Goldmessing.
Verliebt habe ich mich sofort in die Optik des Antiklook. Die Ansprache und der Sound waren eine Klasse für sich.

Die Entscheidung war gefallen. Doch dann machte ich einen echten Fehler. Ich probierte auch noch das Tenor aus. Nach Hause fuhr ich dann mit einer Bestellung von zwei Saxophonen im Antiklook.
Nach gut einem halben Jahr kam dann der Anruf von Chili Notes, dem Brancher Vertrieb für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Endlich waren sie da. Meine zwei neuen Babys.

Beide kamen sie in schwarzen Hartschalenkoffer mit Kunststoffüberzug. Außen an den Koffern sind eine kleine Tasche für CD´s Batterien, Stifte und eine große Tasche in die locker ein Ringbuchordner rein paßt. Zudem Rucksackgarnitur und Regenüberzug. Innen ein großes Fach für Kleinteile, eins für den S-Bogen und ein Loch fürs Mundstück.Das Saxophon liegt perfekt in dem Koffer. Damit schickt man es auch mit gutem Gewissen im Flugzeug auf reisen.
Allerdings haben solche Koffer auch einen Nachteil. Man packt viel zu viel rein, mit dem Ergebnis, daß er einfach zu schwer wird. Deshalb ist bei meinem Tenorkoffer auch schon der Griff etwas eingerissen. Also doch besser wenigstens den Notenständer extra tragen.

Die Ausstattung der Saxophone ist einmalig.
Zwei unterschiedliche S-Bögen, beide in schwarzen Samtsäckchen untergebracht, Durchzugswischer für Korpus und S-Bogen, ein Brancher-Luxus Halsgurt, 2 Packungen Brancherblätter und ein Branchermundstück aus Kautschuk oder Metall nach Wahl (mit Cartier-Schraube). Ich kenne sonst keinen anderen Hersteller, der professionelle Mundstücke beipackt.
Natürlich werden einige wieder sagen, daß die Profis, die so ein Horn bestellen schon ihre eigenen Mundstücke haben und das nicht brauchen, aber da zum Kundenstamm für Highclasssaxophone auch sehr viele Hobbymusiker gehören halte ich diese Mundstücke für sehr passend. Außerdem kann man die Mundstücke, wenn sie einem nicht gefallen ja immer noch weiterverkaufen.

Für den Antiklook werden die fertigen Korpusse sandgestrahlt, lackiert und dann gebürstet. Der höhere Arbeitsaufwand muß leider auch extra bezahlt werden. Das ganze macht etwa 400 Euro aus im Vergleich zum Goldlack.
Auf dem Schallbecher ist eine florale Gravur und seitlich eingelasert das Brancherlogo.
Das selbe Logo wurde auch per Laser in die S-Bögen eingebrannt.
Der Daumenhaken ist aus Metall und die Daumenauflage für die linke Hand aus Kunststoff.
Die Klappen sind mit echten Perlmutteinlagen die eingeklebt sind. Bei der Gis-Klappe und der seitlichen Fis-Klappe, bin ich mir da nicht so sicher, ob es sich dabei auch um Perlmutt handelt.
Die Polster sind mit Heißkleber eingeklebt.
Beim Altsaxophon sind die Tief H-Klappe und die C-Klappe mit Doppelärmchen ausgestattet. Beim Tenor sind alle tiefen Klappen, außer der Cis-Klappe mit Doppelärmchen ausgestattet.

Eines der besondersten Merkmale und vielleicht die große Inovation bei diesen Hörner ist, dass die Resonatoren aus massiven Messingblöcken ausgefräst und werden mit der Klappe verschraubt sind. Sie haben somit einen maximalen Durchmesser, das heißt, größer könnten die nicht sein. Sie füllen das Tonloch fast komplett aus und verlaufen Beckenförmig. Dadurch wird erreicht, daß bei geschlossenen Klappen die Resonanz erhöht wird und bei geöffneten Klappen die Projektion und die Kraft im Klang verstärkt.

Die Hörner sind handgehämmert und es wird dickeres Material verwendet, als bei den meisten anderen Herstellern, was natürlich das Gewicht auch etwas in die Höhe treibt, aber den Sound positiv beeinflußt. Der Schalltrichter ist auch größer geformt als üblich. Anscheinend ein weiterer Vertreter in dem wieder modernen BigBelltrend.

Aufgrund des höheren Gewichtes wurde beim Tenor eine zusätzliche Verstrebung eingebaut. Bei dem Prototypen, wo dieses noch fehlte, war während des Transportes die Schrauben abgebrochen.
Die Böckchen sind auf Montagebänder gelötet, wie bei den meisten modernen Hörnern.
Natürlich sind Einstellschrauben zur Feinjustage für die Klappen der rechten und linken Hand vorhanden.

Verarbeitung

Die S-Bögen passen perfekt und lassen sich tadellos feststellen. Es gibt nirgends unnötiges Spiel.
Beim Tenor wurde am Zapfen für die obere Oktavklappe nachgelötet, leider erst nach dem Lackieren, was nicht gerade sehr schön aussieht und in dieser Preisklasse nicht sein dürfte.
Was mir nicht gefiel, war, daß sämtliche Federn zu lasch eingestellt waren. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, daß das von Pascal Brancher absichtlich so gemacht wurde, damit der Käufer selbst entscheiden kann, wie stark er die Federspannung haben möchte und die Federn nicht unnötig oft hin und her gebogen werden müssen. Wohl Ansichtssache, ob man das gut finden soll oder nicht.

Anspieltest

Die ersten Worte nach den ersten paar Tönen sind fast immer:“WOW, geht das ab“.
So war es auch bei mir. Der Sound ist eine Mischung aus Keilwerth SX90R und Selmer MK6.
Das heiß, so offen und röhrend wie ein SX90 und trotzdem zentriert und nörgelnd wie ein MK6.
Blaswiderstand ist kaum vorhanden, aber immer noch genug um sich wohl zu fühlen.
In den Tiefen spricht es einfach nur Butterweich an, egal ob mit Vollgas oder pianissimo. So geht es weiter bis zum Hoch Fis. Die Flagoletts spielen sich, wie das normale Register.

Aber was sagt das Stimmgerät dazu?Im Prinzip sagt es das, was man fühlt. Man fühlt, was das Handling angeht, ein MK6. Will heißen E2 etwas zu hoch. Allerdings auch nur minimal. Ansonsten alles im Grünen Bereich.

Das ist wohl auch der Grund, warum alteingesessene MK6 Spieler sagen, daß die Brancher die besten MK6 sind, die sie jemals in der Hand hatten.

Bei dem zweiten S-Bogen ändert sich die Stimmung überhaupt nicht. Dieser bietet aber mehr Blaswiderstand und klingt insgesamt braver. Also schnell mal das klassische Mundstück drauf. Und tatsächlich wird damit dieser Tiger von einem Saxophon zu einem Schmusekätzchen und einem durchaus klassischen Horn. Mir wäre ein noch engerer S-Bogen als Zweitbogen lieber. Aber vielleicht kommt das ja auch noch.

Interessant sind auch die Soundunterschiede bei den Finishes.Vor kurzem hatte ich ein Goldlacktenor in den Händen. Obwohl die Hörner absolut Baugleich sind, ist der Unterschied doch erheblich. Durch den Goldlack klingt das Saxophon wärmer und muffeliger, insgesamt braver als der Antiklook. Ansonsten waren Ansprache und Verhalten gleich.

Fazit

Pascal Brancher baut nicht nur Mundstücke der Spitzenklasse, jetzt auch noch absolute Spitzensaxophone. Angeboten werden sie in verschiedenen Finnishes, die zum Teil sehr stark den Sound der Hörner ändern.

Knapp 5000 Euro für das Tenor und 4000 für das Alt jeweils im Antiklook sind natürlich keine Schnäppchen und ob ein teilweise in Taiwan hergestelltes Saxophon so teuer sein muß sei mal dahingestellt. Allerdings allein schon durch das mitgelieferte Zubehör relativiert sich dieser Preis. Außerdem hat man ein Designerhorn der absoluten Oberklasse.

Pascal Brancher ist es gelungen ein Saxophon zu bauen, daß mit den 4 Großen nicht nur mithalten kann. Es stellt sie meiner Meinung nach auch absolut in den Schatten.


Mein Cannonball Raven Alto

Moin^2,

nachdem der Test meines Sequoias doch recht gut ankam, möchte ich nun auch einen Test meines Hauptinstrumentes, einem Cannonball Raven Alto, veröffentlichen. Cannonball ist eine noch recht junge amerikanische Saxophonfirma (Gründung 1996) die inzwischen auch Trompeten und Klarinetten herstellt. Wenn man die Modellreihen vergleicht erkennt man eine recht steile Lernkurve und die Saxophone der BigBell Stone Serie gehören ohne Frage in die Profiklasse.

Leider sind diese interessanten Hörner hierzulande noch nicht wirklich bekannt, da sie bisher von nur wenigen Händlern geführt werden (aufgrund einer sehr strenge Händlerpolitik von Cannonball), weshalb ich auch der Meinung war, dass sich ein Test hier rüber zu schreiben auch lohnt.

Preislich halten sich die Instrumente relativ im Rahmen (2200-2600€), da sie zum Großteil in Taiwan gefertigt werden und in den USA nur die Endeinstellungen gemacht werden. Zudem wirkt sich immer noch der recht günstige Dollar auf den Preis aus. Einen genauen Preis kann ich allerdings nicht nennen, da Cannonball untersagt, Preise im Internet zu veröffentlichen. Das hängt damit zusammen, dass Cannonball die kleinen Saxophonläden mit KnowHow und fachlicher Kompetenz unterstützen will und nicht ihre Instrumente über große Onlinemusikalienhändler verscherbeln möchte. Eigentlich eine sehr löbliche Einstellung, erschwert aber auch die Preisvergleichbarkeit und die Verfügbarkeit für den Kunden. Es bleibt einem nichts anderes über, als die Händler zu kontaktieren und deren Preise zu erfragen. Leider sind es in Deutschland nur eine Hand voll und nur www.saxtoys.de kann ich da bedenkenlos empfehlen.

Das in Taiwan inzwischen sehr gute Instrumente hergestellt werden, ist kein Geheimnis mehr. Oft kommen sehr fett klingende Saxophone, aus der Region. Vieles im preisgünstigen Mittelklassensegment (teilweise erstaunlich, wie gut ein 1500Euro Horn klingen kann) aber auch diverse Vertreter aus dem Highendsektor, wie z.B. die P.Mauriat Saxophone.

Ich finde man sollte an dieser Stelle erwähnen, dass diese ganzen fett klingenden BigBellHörner eigentlich alle von den Cannonballsaxophonen abgekupfert sind. Die waren die ersten, die das wieder „neu“ eingeführt haben und auch sonst, haben die Taiwanesen so einiges von Cannonball übernommen. So verwunderlich ist das auch nicht. Zum einem haben die nichts zu verlieren und kopieren meist nur gutes, zum anderen kommen fast alle Hörner aus Taiwan aus ein und der selben Kleinstadt und werden teilweise in den gleichen Manufakturen hergestellt. Da ist es nicht verwunderlich, wenn man bei verschiedenen Taiwanmarken gleiche Bauteile findet.

Aber ich schweife ab, zurück zum Saxophon.

Der erste Eindruck den dieses Horn hinterlässt ist nicht von schlechten Eltern. Viele kleine und große ungewöhnliche – und für meinen Geschmack „coole“- Details, geben ein sehr imposantes Gesamtbild. Ich spiele mein Raven nun schon über einem Jahr, habe also auch eine gewisse Langzeiterfahrung. Ich bin persönlich immer noch begeistert, aber dennoch werde ich deshalb um so kritischer sein.

Nebenbei habe ich auch einen recht prominenten Genossen, was die Wahl des Saxophones angeht. Brandford Marsallis hat sich genau dieses Saxophon auch gekauft. Ja, gekauft! Die Cannonballendorser bekommen ihre Instrumente nicht geschenkt und werden auch nicht dafür bezahlt diese zu spielen.

Wer wissen möchte, wer sonst Cannonball sonst noch spielt oder allgemein über die Firma und Instrumente neugierig geworden ist findet viel interessantes auf der Homepage:
http://www.cannonballmusic.com/

Am besten Fange ich jetzt mal von Vorne an.
Alleine der ist Koffer ist ein Blickfang. Eine sehr edle wirkende Krokolederimmitatoptik mit goldfarbenen Beschlägen. Cannonball greift hier den Look der gefragten originalen Vintagekoffer wieder auf. Das Innenleben ist ähnlich elegant und aber auch funktional. Schwarzer Plüschsamt, sehr gut gepolstert, zwei S-Bögen Plätze (jawohl zwei, aber dazu später mehr). Jedoch ist der Koffer an sich schon sehr schwer und mit dem noch relativ schwerem Sax hat man das Gefühl, als würde man ein Tenor statt ein Alt mit sich rumtragen. Dazu kommt, dass es keine Möglichkeit gibt, den Koffer irgendwie zu schultern und die Verschlüsse hätten auch ein wenig hochwertiger sein können. Sehr gut finde ich jedoch, dass das Saxophon anders herum liegt, als bei sonstigen Koffern. Das Sax liegt vorne, bzw. oben, wenn man den Koffer hinstellt. Das hat den Vorteil, dass beim Absetzen des Koffers der Stoß deutlich besser gefedert wird.

Neben den üblichen Extras wie Mundstück, Putztuch, Gurt, Fettstift (alles mit CB-Logo) legt Cannonball noch eine recht praktische Mehrzwecktasche (auch mit CB-Logo) und ein T-Shirt mit bei (raten sie mal, was da drauf ist).

Das Mundstück möchte ich nochmal deutlich hervorheben. Dieses ist in der Tat unglaublich gut für ein beigelegtes Mundstück. Es avancierte sogar zu meinem Standartmundstück und mein Jody Jazz DV (ein 400Euro Mundstück) wanderte in die Schublade. Das Cannonballmundstück ist den Meyermundstücken sehr ähnlich nur aus Plastik und besser (zumindest deutlich besser als mein Meyer M7M).

Auch die Kappe ist bemerkenswert. Diese scheint unverbiegbar, ich konnte drauftreten, ohne, dass sie nachgab.

Ein weiteres besonderes Extra bei den Saxophonen der BigBell Stone Serie ist der zweite S-Bogen; beide je mit einem schicken schwarzem Samtbeutel. Der so genannte fat-neck ist versilbert und hat einen underslung Oktavmechanismus. Das Oktavloch zeigt hier nach unten. Auch das hebt das, das Sax optisch von der Konkurenz ab, aber so ganz ideal ist es nicht. Wenn man sein S-Bogen nicht putzt und einen starken Speichelfluß hat, kann es durchaus mal dazu führen, dass sich etwas Dreck um das Loch sammelt und so Wasser in dieses laufen kann und es etwas verstopft. Zum Klang komme ich später noch. Es Ranken sich auch noch Gerüchte über eine spezielles „customizing“ jedes S-Bogens. Angeblich werden die S-Bögen von Experten bearbeitet, so dass sie perfekt zum Saxophon passt. Angeblich kann durch bestimmtes schaben an der Innenseite des S-Bogens sogar einzelne Töne beeinflusst werden. Cannonball macht darum aber ein großes Geheimnis und es könnte durchaus ins Land der Mythen gehören. Leider sitzt mein normaler S-Bogen mit etwas spiel nach vorne und hinten.

Nun kommen wir zum Saxophon selber. Die herausstechenste Merkmale der BigBell Stone Serie sind wie der Name schon andeutet der besonders Große Becher und die Steine. Der Becher ist größer noch als die von Keilwerth und soll für einen breiteren/fetteren Sound sorgen, so wie bei den alten amerikanischen Hörnern wie dem King S20. Der große Becher bzw. der BigBell wurde dann schnell zu einem beliebten Designmerkmal bei der taiwanesischen Firmen. Entweder klingt er wirklich besonders gut oder es ist gerade „en vogue“ seine Saxophone mit großem Becher zu bauen (oft ist an beidem etwas dran).

Nachdem bei Cannonball in der Tat recht viel Ideenklau betrieben worden ist, waren sie bei der Idee mit den Steinen so clever sich diese Idee dieses Mal patentrechtlich schützen zu lassen. Statt der Perlmuteinlagen wie beim Rest der Konkurrenz verarbeitet Cannonball polierte Halbedelsteine für die Fingerauflagen. Sogar die Seitenklappen und Palmkeys sind damit besetzt. Meiner Meinung nach sorgt dieses für einen sehr ungewöhnliche aber schicke Optik des Saxophones. Zudem ist jeweils noch auf dem S-Bogen ein solcher Stein angebracht. Nach den Aussagen von Cannonball hat der Resonanzstein auf dem S-Bogen positive Klangauswirkungen und die die gesamten Steinauflagen sorgen auch für eine verbesserte Intonation. Meiner Erfahrung nach, kann an so etwas mehr dran sein, als man eigentlich für möglich hält. (Stichwort: Resonanzgewichte; wer hier mehr wissen möchte, dem Rate ich zu meinen Artikel über das Material und die Tuningprodukte).
Egal ob es nun anders klingt, es sieht sehr anders aus. Je nach Finish oder Sonderwünschen, kommen die Hörner mit unterschiedlichen Halbedelsteinen. Meines ist mit Spider Jaspis besetzt.

Das Raven ist nur eine spezielle Ausführung des Finish. Das Saxophon ist schwarz vernickelt und der Körper ist zudem noch Sandgestrahlt, wodurch eine interessante Mattoptik entsteht. Photos können dem Anblick leider nicht wirklich gerecht werden. Es sieht eher aus, wie eine elegante metallene Waffe als ein normales Musikinstrument. Ich falle mit diesem Instrument auf der Bühne deutlich mehr auf und werde auch öfter auf mein schickes Instrument angesprochen.

Tatsächlich sieht dieses Finish nicht nur gut aus, sondern klingt auch gut. Vernicklungen machen den Sound etwas zentrierter, direkter als unlackiert bietet aber mehr Strahl und Obertöne als lackiert. Zudem wird es nicht abblättern wie Lack und läuft nicht an wie Silber. Ich meine, dass Vernicklung (neben Vergoldung die um einiges teurer ist) eines der geschickteren Finishes ist.

Die Gravur auf dem Becher ist recht minimalistisch (die Vorgänger waren sehr überladen mit Gravuren, was bei vielen eher auf Ablehnung stieß), das stilisierte Cannonball Logo über dem ein Rabe thront (wenigstens keine Flamingos) an der Seite und vorne noch das BigBellStoneSeries logo mit modernen Mustern. Auch ungewöhnlich ist, dass es sich um eine Lasergravur handelt. Auf den S-Bögen und den Klappenschutzen gibt es weitere kleine Verzierungen, welche das schicke moderne Gesamtbild abrunden.

Ein weiteres Designmerkmal ist, dass das Logo sich nochmal in der Dreipunktstrebe zwischen Korpus und Becher zu finden ist.
Neu bei Cannonball ist auch die Gis-Klammer. Sie soll für mehr Stabilität der Mechanik des linken kleinen Fingers sorgen und das Cannonballlogo findet dort einen weiteren Platz auf dem Saxophon.Die Designwut im Detail geht sogar soweit, dass selbst der Herzschoner (dieser komische Propfen, den man statt des S-Bogens auf in das Sax steckt, wenn man es in den Koffer packt und welchen man ständig verlegt) aus Metall ist und im Design und Finish dem Saxophon angepasst ist.

Außerdem haben die Klappen für die tiefen Töne (B, H und C) wie bei Yanagisawa Doppelarme, die verhindern sollen, dass sich die Klappen mit der Zeit leicht verbiegen und nicht mehr decken.

Daumenauflage und Haken sind aus Metall und der Oktavhebel ist ergonomisch geformt.

All diese Extras erhöhen zusätzlich das Gewicht dieses sehr soliden Saxophones.

Cannonball wirbt mit „japan brass“ für ihre Mechanik; was immer das heißen mag, aber diese macht einen sehr stabilen und harten Eindruck, und ich hatte noch keine Problem mit einer verzogenen Mechanik, die nachgestellt werden mußte.

Die Mechanik ist wie heute üblich mit vorgefertigten Platten aufgelötet (ripped construction)

Merkwürdig ist allerdings, dass die Seitenklappen (b,c,e) zwei Stege mit Kork haben (zum Einstellung des Klappenaufganges). Dies ist doppelt gemoppelt und da der eine Steg in der Luft steht sogar sinnlos.

Warum die die rechte Kleinfingermechanik über zwei Säulen und nicht wie üblich über eine verläuft bleibt auch unklar.

Löblich ist die Idee, dass man die Rechtehandkopplungen durch Schrauben einstellen kann. Allerdings ist das andere Ende nicht abgeflacht genug, weshalb sich alle die kleinen Einstellschrauben in den Kork bohren. Zudem sind die Schrauben vom Material her zu weich und der Schlitz ist bei zwei schrauben von mir nicht mehr zu gebrauchen; d.h. Die Schraube steckt fest.
Auch eigentlich ein guter Gedanke ist eine kleine extra Feder, die das öffnen der Gis-Klappe begünstigt. Leider schafft sie es nicht, immer ein klebendes Gis zu verhindern aber ich habe das Gefühl, dass ich dieses Problem doch sehr selten auf dem Cannonball habe.

Die Polster sind italienische Lederpolter mit genieteten Metallresonatoren. Auch hier hatte ich eine unschöne Erfahrung gemacht. Zwei der Poster fielen einfach raus. Cannonball hat mir bestätigt, dass es eine Serie gab, bei der die taiwanesischen Arbeiter zu wenig Klebstoff (Schellack) verwendet haben und dass das nicht mehr vorkommt.

Die Haptik ist im großen und ganzen wie gewohnt, also auch ein Nachfahre der Mk VI Mechanik. Ich kenne aber auch ein paar Spieler, die sich nicht so wohl damit fühlten. Die Federspannung war original sehr weich eingestellt und nicht wirklich komplett gleich. Nachdem ich es von einem Profi für meine Verhältnisse einstellen habe lassen, habe ich fast rund um zufrieden. Jedoch sind wie gesagt auch die Seitenklappen und die Palmkeys mit Steinen besetzt. Zwar sieht dies wirklich schick aus, doch bei wilden technischem Gefudel, bei dem man oft über diese Tasten gleiten muß, wäre eine glatte Oberfläche ohne Kanten manchmal angenehmer.

In dem ganzen Jahr hatte ich keinerlei Intonationsprobleme an denen das Horn schuld gewesen wäre. Aber eigentlich gibt es heutzutage bei der Intonation der aktuellen Profihörner, sofern sie gut eingestellt sind, keine wirklichen Mängel mehr.

Der Blaswiederstand ist relativ schwer, also dürfte vielleicht weniger geeignet sein für Klassiker die ein Tiefes B auch im leisesten piano spielen wollen. Dafür ist das Saxophon auch sehr laut. Selbst über das ff hinaus hat man nicht das Gefühl, als würde der Ton wegbrechen. Mit einem kleinkammrigen Mundstück mit großer Stufe kann man sogar E-Gitarristen das Fürchten lehren. Auch das Altissimo spricht ohne Probleme sehr gut an. 4 Oktaven sind durchaus möglich.

Aber wie klingt nun das Saxophon, dass so schwer ist wie Tenor, Resonazsteine, den großen Becher hat und zwei S-Bögen hat, vernickelt und sandgestrahlt ist? Ich sage fantastisch, sonst würde ich es ja auch nicht spielen.

Der Sound ist sehr fett und breit hat deutliche Tiefen aber dennoch auch eine ausgeprägte Brillianz, nicht ganz so kernig aber doch mit einem deutlich ausgeprägtem eigenem Charakter. Stilistisch würde ich sagen, dass es etwas in die poppigere Richtung tendiert. Meiner Ansicht nach, eine sehr gelungene Fusion vom Sound der neuen strahlenden Saxophonen und den begehrten alten amerikanischen Vintages. Die S-Bögen unterscheiden sich auch nochmal recht deutlich. Während der normale vernickelte S-Bogen eher etwas dunkler, zentrierter und kerniger klingt, so tönt der fat-neck – wie seinem Namen nach – breiter und etwas heller.

Als ich mein Raven noch frisch zum testen hatte und ich es zum ersten mal meinem Mentor vorspielte sagte dieser sofort: „Mit diesem Horn klingst du jetzt schon voller, als du mit deinem Selmer je könntest. Du solltest es kaufen.“

So, nun das Fazit meines doch sehr ausschweifenden Testes. Das Cannonball BigBell Stone Series Raven ist ein wirklich attraktives Saxophon; neben dem sehr gelungenen und innovativem Look überzeugt es vorallem durch seinen großen eigenen Klang. Man merkt den Entwicklern eine Liebe zum Detail an. Die Qualität, Verarbeitung und Endeinstellung sind im ganzen sehr gut, doch leider fehlt es, wie eigentlich bei allen Taiwanesen noch in der Qualität im Detail. So reicht es im Technischem Standpunkt noch nicht ganz an die „großen Vier“ – und schon gar nicht an die Japaner –(wobei ich allerdings auch sagen muß, dass ich von Selmer schon ganz anderes gesehen habe), stellt dafür aber klanglich andere Profihörner durchaus in den Schatten.