SOGNI SEPOLTI

Menschen. Baustellen. Vergrabene Wünsche.

So wurde die Ausstellung des italienischen Malers PG Slis überschrieben. Ich wurde gebeten die Eröffnung musikalisch zu untermalen.
Ich kannte den Künstler und seine Werke bereits aus einer früheren Ausstellung, weshalb ich mit Freude zusagte, da mich seine Bilder sehr beeindruckt haben.
Große und düstere Ansichten verlassener Industrieruinen, verfallenden Kathedralen und leeren Städten. Ein besonderes Augenmerk scheint in der architektonischen Geometrie zu liegen.
Noch ist PG Slis jung aber er erfreut sich zunehmender Ansehen und bei seinem Talent ist es kein Wunder, dass er demnächst eine Ausstellung auf der Biennale de Venezia hat.
Auch wenn ich mir die Bilder wohl nicht ins Wohnzimmer hängen würde,  war ich von seinem Werk sehr angetan, weshalb ich mir Gedanken machte, wie ich die Stimmung der Bilder am besten musikalisch umsetzen konnte. Weiterlesen

Zu Besuch bei Orfeo Borgani

Auf der letzten Musikmesse habe ich Orfeo Borgani kennen gelernt und ich war damals sehr angetan von seinen Instrumenten. Es entstand ein regelmäßiger Kontakt und er lieh mir sogar eines seiner Instrumente für einen Test. Zu dem Test geht es hier lang.
Orfeo hat mich zu einer Werksbesichtigung nach Macerata eingeladen und zufälligerweise war eh ein Familienurlaub ende August geplant, weshalb ich die Gelegenheit natürlich ergriffen habe.

Macerata liegt ungefähr auf Höhe Roms am rechten Rand Italiens. Es ist keine besonders große Stadt, dafür hat sie eine der ältesten Universitäten und liegt bezaubernd auf einem kleinen Berg (bzw. großen Hügel) so dass man an schönen Tagen eine umwerfende weite Aussicht hat.
Wir waren etwas irritiert, als uns das Navi auf der Fahrt nicht in das Industriegebiet sondern immer weiter auf den Berg in eine sehr zentrale Wohnsiedlung lotste. Aber tatsächlich, der Borganibetrieb befindet sich im Herzen von Macerata.

Wir wurden sehr freundlich von Orfeo Borgani und seinem Assistenten Massimo begrüßt. Man erklärte uns dann auch, warum sich sein Betrieb mitten in einer Wohnsiedlung befindet, denn dieser ist hier schon seit über 50 Jahren.
Daß Borgani ein Familienbetrieb in der 4. Generation ist (gegründet 1872) und so einer der ältesten Saxophonfirmen (älter als Selmer) ist, hatte ich schon ausführlicher im Test zu dem Alto erzählt. In diesem Haus ist sogar der jetzige Firmenchef Orfeo geboren worden.

Dort werden auch alle Arbeiten ausgeführt, bis auf das Gehämmere und die galvanischen Arbeiten, um die Nachbarn nicht zu belästigen.
Leider hatten wir nur am letzten Tag Betriebsferien Zeit, weshalb uns nur Orfeo empfangen konnte. Dennoch hat er uns jeden Arbeitsschritt gezeigt und erklärt vom Ausstanzen des Bleches bis hin zum fertigen Saxophon. Dabei macht Borgani vieles etwas anders, als wie man es von anderen größeren Firmen kennt. Aber am besten Fange ich ganz von Vorne an.

Es wird nur das beste Messing verwendet, nach einer speziellen Legierungszusammensetzung, die Borgani durch viele Experimente bestimmt hat und tatsächlich wird JEDES Teil handgehämmert (nicht nur der Becher, wie so oft heutzutage). Orfeo erklärte mir, dass dies essentiell für ein gut klingendes Horn ist und man früher die Saxophone nur so hergestellt hat und wahrscheinlich dies der Grund ist, warum die alten Kannen oft so gut klingen. Denn am Material selber kann es nicht liegen, denn hier hat sich die Qualität in den letzten 70 Jahren deutlich gesteigert.
Interessant fand ich das Verfahren, mit dem Borgani nach dem Hämmern, die Hauptschallröhre glatt und in Form bringt. Das Rohr wird über einen Dorn aufgezogen, und dann würd über das Rohr mechanisch ein Bleiring gezogen (vergleichbar mir dem überrollen eines Kondoms, bloß mit viel mehr Kraft). Der Bleiring weitet sich natürlich und ist danach müll, aber dadurch wird das Messingrohr glatt und die Metalldicke des Bleches ist schön gleichmäßig.
Zur Demonstration nahm Orfeo ein fertig bearbeitetes Rohr und schlug es wie eine Glocke an. Tatsächlich hörte man einen schönen reinen Klang, der angenehm nach klang. Da ahnt man schon, dass hieraus später ein gutes Instrument wird.
Der gehämmerte S-Bogen wird zwecks Formvollendung hydraulisch aufgeblasen. Leider weiß ich nicht mehr genau, welcher Druck angelegt wird, ich weiß nur, dass ich sehr beeindruckt von der Bar-Zahl war.

Der nächste Schritt ist Tonlöcher stanzen und Kamine ziehen. Hierbei wird drauf geachtet, dass man kein Tonloch durch die noch kaum zu erkennenden Lötnaht gezogen wird, denn das würde das Sax an der Stelle instabil machen. Tatsächlich sollte es also bei jedem Sax eine Längslinie geben, auf der es keine Tonlöcher gibt.
Dann wird poliert. Bis zu 7 mal mit verschiedenen Lappen (die zunehmend flauschiger werden). Für die Vintage-Variante wird die Oberfläche wieder angerauht.
Bemerkenswert ist, dass die Mattfinishes nicht durch eine Politur oder Sandstrahlen zustande kommen, sondern einfach anders galvanisch veredelt werden. Vergoldet ist also nicht gleich vergoldet.

In einer weiteren kleinen Halle werden die Kleinteile hergestellt. In HANDARBEIT. Keine gestanzte Massenware. Jedes Teil hat sogar seine zum Saxophon passende Seriennummer.
Einer der größten Unterschiede zu den meisten anderen Marken ist, dass Borgani die Säulchen der Mechanik einzeln an das Saxophon. Dafür wird eine gruselige Maschine benutzt (siehe Photo), um die Säulchen alle auf die richtige Position zu setzen. Das ist natürlich viel aufwendiger (mehr Zeit, mehr Sorgfallt), als vorgefertigte Rippen draufzuklatschen. Aber durch die einzelnen Säulen kann das Instrument viel freier schwingen und mehr Klangnuancen geben.  Es ist die Extraarbeit also wert.
Die Instrumente, die keine Vintages werden sollen, werden nun galvanisch behandelt (versilbert, vergoldet, usw.) und dann nochmal poliert. Lackierungen gibt es aus Soundgründen nicht. Sehr lobenswert.

Jetzt geht es an das Zusammensetzen. Wieder ungewöhnlich ist, dass sie erst die Mechanik anschrauben und perfekt justieren und dann die Polster einsetzen, während die Mechanik noch drauf ist. Auch das ist wieder recht aufwendig, man könnte doch die Poster vorher einsetzen, bzw. die Mechanik wieder ab und dann die Polster nacheinander reinsetzen (so wie es die meisten SaxDocs machen). Aber das Polstereinsetzen ist eine Wissenschaft für sich, denn einerseits müssen alle Mechanikkopplungen gut zueinander passen, die Klappenaufgänge genau passen und dann müssen die Polster auch noch perfekt sitzen. Hier muß oft, solange der Kleber noch flüssig ist, nachgebessert werden. Zwar mag Borganis Methode sehr frimelig sein, aber so garantiert man, dass die Polster bestmöglich sitzen und das Sax so lange und gut deckt.
Zuletzt wird natürlich alles nochmal gecheckt und probegespielt und fertig das das Borgani Saxophon.

Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen die verschiedenen Hörner nochmal gründlich anzuspielen. Dafür ging es zurück in den Vorführraum in dem an viele Photos berühmter Saxophonisten mit Unterschrift hingen, die schon bei Borgani ein und aus gingen. Da waren Jan Gabreck, Gerry Muligan, Michael Brecker und natürlich Joe Lovano. Und jetzt ich!

Ein Borgani hatte ich ja bereits mal ausführlich getestet (siehe hier), daher wußte ich, was für schöne Hörner mich erwarten. Jedoch zwei Sachen haben mich doch wieder überrascht. Erstens wie groß die Unterschiede zwischen den einzelnen Finishes sind. Einige halten das ja für eine Glaubensfrage oder Voodoo, ich hingegen weiß, dass es tatsächlich einen (auch physikalisch erklärbaren) Unterschied gibt. Aber ich war doch überrascht, wie groß und deutlich die Unterschiede bei Borganisaxophonen ist. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Borganis recht dick galvanisiert werden. So bieten sie eine große Klangpalette von weich und gedeckt  bis hin zu hart und funky an. Es lohnt sich also verschiedene Finishes durchzutesten.
Nun mag der ein oder andere meinen, dass liege wie bei Selmer an einer natürlichen Schwankung bei der Herstellung. Das ist aber nicht der Fall, aufgrund der zweiten Sache die mich so überrascht hat. Ich habe auch Saxophone mit dem gleichen Finish im Vergleich gespielt und sie waren kaum unterscheidbar. Das spricht für eine sehr hohe Produktionsqualität.

Eigentlich wollte ich da gar nicht weg, da ich mich natürlich in eine dieser italienischen Schönheiten verkuckt hatte (ich meine natürlich ein Saxophon). Ein Vintage mit mattversilberter Mechanik. Orfeo war so freundlich es mir zurückzulegen und nun spare ich. Daher stehen meine anderen Altsaxophone nun auch zum Verkauf.

Also zuletzt möchte ich mich nochmal ganz Herzlich bei Orfeo Borgani bedanken für die ausführliche Tour und die Nerven die er gezeigt hat, als ich danach zwei Stunden seine Saxophone ausprobierte. Zudem habe ich so einiges über die Produktion von Saxophonen gelernt und an vielen Punkten kann man sehen, wie viel Mühe und extra Arbeit sie in ihr Produkt stecken. Das macht sich leider auch im Preis bemerkbar, aber wer mal ein Borgani in der Hand gehabt hat, weiß, dass die es wert sind.

http://www.borgani.com/

Eine italienische Schönheit namens Borgani

Borgani?! Dieser Name stößt hierzulande eher auf Unkenntnis. Da kommen Kommentare wie „Waren das nicht die Bösen bei Star Trek?“ ; höchstens vielleicht noch „Spielt der Joe Lovano nicht sowas?“. Auch ich wurde erst per Zufall auf der letzten Musikmesse darauf aufmerksam und war mehr als angetan. Seit dem konnte ich kaum noch warten, so ein Teil mal gründlicher unter die Lupe nehmen zu können. Nun habe ich so ein Schmuckstück endlich da und möchte es gerne meinen Lesern vorstellen. „Gestatten, diese besondere Schönheit heißt Borgani“.

Um wirklich erklären zu können, warum es sich hierbei um etwas besonderes handelt muß ich wahrscheinlich ganz vorne Anfangen. Und zwar im Jahre 1872 in einem Dorf Mittelitaliens namens Macerata. Genauso könnte auch eine schöne Urlaubslektüre beginnen, aber so fängt die Geschichte des Famlienunternehmes Borgani an. Der Gründer Augusto Borgani schickte seinen Sohn Arturo in die Staaten um bei Conn zu lernen. Das Familien Geschäft wurde  von da an immer an den Sohn weiter gereicht. In den 50ern expandierte Borgani dann weltweit und fertigte für die Masse (leider auch mit dementsprechender Qualität). Aber gegen die asiatische Konkurenz hatte man natürlich kaum eine Chance, weshalb es – wie bei den anderen italienischen Herstellern – sehr ruhig um Borgani wurde. In den 80zigern wurde das unternehmen nun an die 4. Generation Borgani weiter gereicht und Orfeo Borgani besinnte sich auf die alten Werte zurück und produziert jetzt nur noch nach alter Tradition vollkommen handgearbeitete Saxophone für das Profisegment.
Nur nebenbei, damit ist Borgani eine der ältesten Saxfirmen. Sogar noch älter als Selmer.

Zum Testen hat mir Orfeo das Instrument zugeschickt, dass ich bereits auf der Messe in der Hand hatte. Ein Altsaxophon 24k vergoldet und Sandgestrahlt. Diese Finishvariante wird bei Borgani „pearl gold“ genannt. Modellbezeichnungen gibt es dort nicht wirklich, weil es halt nur eines gibt. Keine Schülersaxophone, keine Nachbauten keine sonstiges irgendwas Marketinggedöns. Auch bemerkenswert finde ich, dass es aus qualitativen und soundtechnischen Gründen keine lackierten Instrumente gibt. Dieser Ansichten habe ich eh schon lange und freue mich, dass das ein Hersteller endlich mal konsequent umsetzt. Von Borgani gibt es nur Altos, Tenöre und Sopranos in unlackiert, versilbert und vergoldet (24K) und diese auch noch in einer „Pearl“-Variante (mattoptik durch Sandstrahlung). Die Sopranos haben den Clou eines austauschbaren Schallbechers (siehe Messebericht). Tenor und Alt wahlweise mit oder ohne Hoch-Fis oder mit angelötetem Schallbecher (bessere Resoanz, jedoch komplizierter beim Zerlegen).

Das Instrument kam in einem soliden kleinen Formkoffer. Das Teil kommt aus dem Hause Bam, aber keine Angst, das steht nicht drauf, stattdessen wird es verziert durch das elegante Borganiemblem. Die zwei Farbenoptik verleiht dem Teil einen edlen modernen Pfiff. Angetan war ich besonders vom Trageriemen. Da hat sich jemand mal Gedanken gemacht. Witzig finde ich das „Geheimfach“. Allerdings etwas ungünstig gelöst, da man als Deckel eine Plastikschale verwendet, die formtechnisch nicht ganz zum Borgani passt. Da ist nach meinem Befinden zu wenig Spielraum zum Instrument. Da es ein Formkoffer ist, ist halt kaum Platz für sonstiges Gedöns, dafür ist das Case aber auch sehr handlich. Sonstiges Zubehör ist nur noch ein Gurt und ein Wischtuch.

Nun zum Instrument. Ich habe mir diese Finishausführung zum testen extra gewünscht. Ich glaube nicht, dass die Bilder wirklich wiedergeben, wie schön das matte Gold aussieht. Außerdem finde ich es klanglich gut. Zuletzt ist Gold korosionsbeständig und läuft nicht wie Silber an.
Die florale Gravur ist schick und edel, kommt aber unter der Vergoldung nicht sehr hervor. Schade.

Schauen wir uns doch mal das Sax genauer an.
Der Schallbecher ist eher schmalerer Natur und ist merkwürdigerweise eher links orientiert. Der S-Bogen hat auch eine etwas ungewöhnliche Form. Er erinnert mich stark an echte Vintage-Instrumente (nicht so Youngtimer wie das Mk VI). Etwas mehr aufgerichteter und länger. Gernerell wirkt das Sax optisch schlanker.
Die vergoldete Mechanik macht einen sehr soliden Eindruck. An ihr sieht man besonders, dass es sich um reine Handarbeit handelt. Alles ist wirklich jeweils für das eine Saxophon angepasst. Dadurch hat man beim spielen ein so rundes und flüssiges Gefühl, wie ich das sonst kaum kenne. Dagegen wirken viele Asiaten nur eckig und kantig. Der Federdruck ist für mich angenehm (also nicht schlaff); nur die Mechanik des linken kleinen Fingers ist verhältnismäßig zu stark eingestellt.
Generell scheint hier alles runder. Viele Streben und Arme sind elegant um das Sax geschwungen. Keine geraden Winkel wie man es sonst kennt. Auch das ist einer der Gründe, warum dieses Sax so aus der Masse heraus sticht. Allerdings mußt man auch sagen, dass diese Individuelle Fertigung sich auch selbst bedingt. Denn es gibt so ein paar „italienische Eigenarten“ die an sich nicht ganz so korrekt sind, aber nonchalant korrigiert werden. Z.B. sitzt die Oktavklappenhülse des S-Bogens nicht wirklich mittig sondern rutschte etwas nach links. Dem Sound tut das keinen Abbruch, aber das ist wohl Teil des besonderen italienischen Charms. Daher ist jedes Instrument ein echtes Unikat (aber nicht so wie bei Selmer).
Natürlich handelt es sich bei den Inlays um echtes Perlmut. Beim Bb-Drücker (linke Hand) ist jedoch das Perlmut verschwunden. Mir sagt das zu. Die Gis-Klappe fällt auch irgendwie raus. Sonst ist der Arm ja immer oben auf die Klappe angelötet. Hier nicht. Wie ein großer Tropfen hängt die Klappe am Hebel.
Die Stützstrebe der linken Kleinfingermechanik geht etwas schräg nach unten, was für eine noch sichere Stabilisierung sorgt. Merkwürdig ist auch die Schraube am Daumenhaken. Um diese zu lösen brauch man anscheinend einen extra Schraubenzieher. Warum?
Durch all diese kleinen Unterschiede und die runden Arme wirkt die Mechanik als wäre sie an dem Saxophon eher „festgewachsen“ als montiert.
Bemerkenswert ist, das die Mechanik auf einzelnen Säulchen montiert ist und nicht auf vorgefertigten Schienen. Diese wurden von Selmer (wem sonst?) eingeführt und erleichtern die Montage. Das führt aber auch zu einem „engeren“ Klang. Durch die einzelenen Säulchen kann das Sax jedoch freier Schwingen, was sich sehr auf den Klang auswirkt (aber dazu kommen wir noch später). Leider machen das ansonsten nur noch wenige andere (u.a. Keilwerth und Sequoia) das so.
Was ich persönlich sehr schade finde, ist, dass es so gut wie keine Einstellschrauben gibt. Nur das nötigste, ist mit einem Schraubenzieher verstellbar. Rechte und Linke Hand Kopplungen sowie alle anderen Klappenaufgänge sind per Kork eingestellt. Das ist zwar eigentlich eine Geschmacksfrage, aber für mich mach anderen Hobbytüftler ist es mit Schrauben leichter, schnell mal selber Korrekturen zu vollziehen.
Ausgesuchte Pisoni Pads, Filze, Federn und Schrauben scheinen von genauso hoher Qualität zu sein, wie der Rest. Schade nur, dass die Daumenauflage der linken Hand noch aus Plastik ist. Passt meinem Epfinden anch nicht zum Rest des Bildes.

Also man man sieht an allen Ecken und Enden, dass die Borganis wirklich traditionell und komplett per Hand gefertigt werden. Da muß ich auch nicht noch extra erwähnen, dass Schallbecher und Co. handgeklöppelt sind; auch andere Werbeargumente von anderen Firmen sind hier quasi eine Selbstverständlichkeit. Daher werden allerdings auch nur um die 300 Borganis pro Jahr gebaut. Meines Wissens ist Borgani eine der letzten Firmen, die noch so produzieren.

Ansprache ist gut und ausgeglichen. Hat einen gewissen Widerstand, so wie die meisten Profis es bevorzugen. Die Intonation entspricht dem sonstigen Qualitätsniveau. Mir ist nur aufgefallen, dass die Palmkeys ab dem e“‘ etwas nach oben tendieren, aber das läßt sich leicht durch einen etwas verringerten Klappenaufgang korrigieren. Ansonsten erfüllt es sogar Klassikerbedürfnisse. Auch der Klang ist sehr homogen. d‘ und d“ klingen schön voll. Nur das a“ ist manchmal minimal stumpfer.

Kommen wir nur zum Klang. Zwei Wörter würde es ausreichend beschreiben: „einfach schön“. Ich wüßte nicht womit ich das Borgani jetzt direkt vergleichen könnte, weil es doch einen sehr eigenen Klang hat. Nicht so kernig und näselnd wie man es von Selmer kennt. Rund, warum, voll und sehr farbenreich. Das liegt wahrscheinlich mit an der Konstruktion mit den einzelenen Säulchen.
Persönlich mag ich auch den Klang von Vergoldungen. Der Ton wird konkreter und strahlt mehr ohne dabei so hell und klar zu werden wie eine Versilberung. Sandstrahlungen macht den Sound meist ein wenig obertonreicher/strahlender.
Da nun der Klang recht rund und warm ist, mischt er sich gut in Sätzen ein, das heißt aber auch, dass es nicht so ideal dafür geeignet ist gegen E-Gitarren zu kämpfen. Für diejenigen, die einen lauten, schrillen und rabiaten Sound suchen, gibt es also wahrscheinlich passendere Kandidaten. Diejenigen, die es gerne mal auch lyrischer mögen, werden das Teil lieben. Dadurch kann es gerade für Klassik ein faszinierendes Instrument sein.
Dennoch halte ich es für ein sehr flexibles Horn. Mit der richtigen Setupwahl geht auch Bigband und Funk genauso gut und für die meisten Jazzbereiche bietet das Borgani eine interessante Klangvariante. Und für die ganz extreme Lautstärken gibt es ja heutzutage Mikrophone und Lautsprecher.
Vielleicht ist das der italienische Sound. Zumindest habe ich keine Probleme mich bei dem Klang in Urlaubsstimmung beim Sonnenuntergang und einen italienischen Rotwein an der mediteranen Küste vorzustellen.
Kurz, kein Ferrari, sondern eher ein Lamborgani.

Tja, warum ist dann Borgani hierzulande ein so unbeschriebenes Blatt? Das liegt wohl daran, dass Borgani noch keinen deutschen Vertrieb hat. Erst jetzt sind Borganische Instrumente hierzulande erhältlich. Der Berliner Mike Duchstein von www.saxophon-service.de hat nun ein Satz im Vintage Finish (unlackiert) bei sich stehen. Dort können sie also angespielt und erworben werden. Tja, qualitativ hochwertige Handarbeit ist nie billig und somit liegen die Preise für Borgani bei 3000 und aufwärts. Ein Schelm, der jetzt an spätrömische Dekadenz denkt. Jedoch wenn man es mit Selmerpreisen vergleicht oder die von einem gewissen schweizer Betrieb, wo ja auch noch rein per Hand arbeitet, scheinen mir die Preise reel und fair.
Ich sollte darauf hinweisen, da es sich um einen Betrieb handelt, in dem noch alles handwerklich gearbeitet wird in nicht all zu großen Auflagen, erfüllt Borgani auch speziellere Kundenwünsche. Wer also eine bestimmte Finishzusammensetzung will (z.B. unlackiert mit vergoldeten Klappen) und bestimmte Änderungen der Mechanik, sollte einfach mal bei Mike oder Orfeo nachfragen. Bei der Gelegenheit könnt ihr gleich von mir grüßen.

Fazit
Wie man merkt, bin ich dem Horn mehr als angetan. Optisch, haptisch und klanglich ein sehr edles Instrument, das einfach den Flair des ganz Besonderen hat. Superlative wie „das beste Saxophon, das ich je gespielt habe“ benutze ich nicht, obwohl es in diesem Fall der Sache schon recht nah ist. „Ein Saxophon eines Caesars würdig.“
Mein Problem ist jetzt folgendes: Ich will es! Braucht nicht irgendwer noch ein Selmer oder Cannonball Altsaxophon?

Ich möchte mich übrigens noch mal bei Orfeo Borgani und Mike Duchstein für die Bereitstellung des Testinstrumentes bedanken.
http://www.borgani.com/
http://saxophon-service.de/

Die neue alte Blattschraube aus Italien

Es handelt sich hier um einen Nachbau der alten Selmerligature Magnitone von Corrado Manuzzato.

Die Blattschraube gibt es zZ leider nur im italienischem Ebay, aber zu recht moderaten Preisen.
Sie kommt in einer kleinen schicken Box ohne Kapsel und jede Schraube hat ihre SerienNr. und wird sehr sorgfältig für den Postweg verpackt.

Das besondere an der Schraube ist, dass sie auf verschiedene Mundstückgrößen einstellbar ist. Jeder, der viel mit Mundstücken experimentiert oder mehrere Saxophone und Klarinetten spielt, weiß, dass es furchtbar frustrierend sein kann, für jedes Mundstück eine passende Schraube zu haben.
Sie passt von schmalen Kautschukalto- und Klarinetten- bis hin zu den fettesten Barimundstücken. Für Metall- und Sopranmundstücke ist sie zu groß.

Sie ist im Prinzip ein exakter Nachbau der recht begehrten Vintageschraube Magnitone von Selmer. Einziger Unterschied ist, dass sie ein paar mehr Rillen zum verstellen hat, also noch vielseitiger einsetzbar ist.
Erhältlich ist sie nur in unlackiert, läuft also mit der Zeit und an gewinnt so einen gewissen “Vintagelook”.

Das verstellen ist nichts für Grobmotriker, geht aber dennoch einfacher und schneller als bei den beiden anderen Universalblattschrauben, die auf dem Markt sind (Ligaphone und die von Christoph Heftrig).

Das Handling ist eigentlich sehr einfach. Drüber ziehen und gut. Das Blatt sitzt sicher und verrutscht nicht. Nur beim Nachstimmen muß man etwas aufpassen. (das ist jedoch ein Schwachpunkt sehr vieler Schrauben).

Kommen wir nun zum Klang und Ansprache. Definitiv spielt sie im Highendsektor der teuren Blattschrauben mit (Francois Louis, Optimum, Ligaphone, Saxxas, Snake usw.).
Die Ansprache ist sehr gut (meilenweit besser als die 08/15 Klemmen) von tiefen B bis hin ins hohe Altissimo.
Den Klang würde ich eher auf der helleren Seite und rund bezeichnen. Bezeichnenstes Merkmal ist, dass sie sehr farbig klingt, weshalb sie momentan zu meiner “Weapon of Choice” geworden ist.

Ich kann diese Blattschraube ohne Bedenken empfehlen, und wer selber den Versuch wagen möchte und in Italien bestellt, kann Corrado gerne von mir grüßen.

update:
Der Magnitonenachbau ist jetzt mit eigenem neuen Namen und vernickelt leicht erhältlich. Sie heißt nun „Flexitone“ und wird jetzt von Borgani vertrieben. Hierzulande ist sie bei Mike Duchsteins Saxophon-Service erhältlich. Alles weitere und genauer gibt es im aktuellen Artikel zur Flexitone zu lesen.