Ein Finish der etwas anderen Art

Viele Leute streiten sich, ob das Finish (also die Oberfläche des Saxes) einen Einfluß auf den Klang hat (mehr dazu hier). Einige meinen ja, dass es sich nur um eine Placeboeffekt handelt, also weil das Silbersax so schnell glänzt, man meint, dass es heller klingt. Da stellt sich bei mir die Frage, wie denn dann der Effekt bei meiner heutigen Ausgrabung ist. Diese „liebevoll“ handbemalten Saxophone von der Firma Greatmind-Saxophones aus Taiwan sind ein garantierter Blickfang. Daneben verblasst selbst mein schwarz vernickeltes und Sandgestrahltes Raven. Endlich ein Hersteller der sich auch mal traut, die ganze nackte Dame auf das Sax zu bringen.
Vor Jahren hatte die kleine Amerikanische Firma LA Sax damit angefangen bemalte Saxophone auf den Markt zu werfen. Flammen-, Tiger-, Zebra- und andere ähnlich klischeehafte Muster gab es. Doch ein Richtiger Erfolg hat sich nicht eingestellt (Gott sei Dank). Die Asiaten scheinen auch diese Idee adaptiert und weiterentwickelt zu haben.

Wie es sich für Saxophone gehört, gibt es florale Motive in verschiedensten Ausführungen und Farbverirrungen. Auch Vögel sind ja nichts besonderes mehr auf Saxophonen. Den Ornithologen dürfte die Auswahl hier begeistern, allerdings finde ich immer noch, dass Selmer mit seinem Flamingo den Vogel abgeschossen hat (bildlich gemeint). Auch nehme ich Cannonball das Pferd übel, dass die „naked Lady“ überdeckt. Pferde gibt es hier auch; genauer gesagt Einhörner!
Naja, über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten und deshalb hat die Firma anscheinend logischweise beschlossen für wirklich jeden Geschmack etwas anzubieten. Ob nun grichische Göttinne, spanische Matadore, japanische Samurai, ägyptische Sklavinnen, der naturwissenschaftliche Weltraum  oder vertraut wirkende Kopien von Bildern die bei uns in den Kunstmuseen hängen. Wer steht nicht auf diese kleinen süßen und überhaupt nicht kitschigen Babyengel? Wenn ich durch die Porzelanabteilungen hiesiger Kaufhäuser gehe, scheint sich das gut zu verkaufen, also warum sowas nicht auf ein Saxophon malen.Vielleicht sollten wir nicht zu schnell urteilen, denn das ist das, wovon die Asiaten denken, dass das unser Geschmack ist. Vielleicht haben sie recht?
Nur Cannonball scheint auf dem amerikanischen Markt einen Schritt weiter zu sein. Gerüchteweise habe ich aufgeschnappt, dass auf ihrer nächsten Vintagereihe eine Auto graviert werden soll.

Hier geht’s zur Herstellerseite. Viel Spaß beim herumstöbern in dieser „interessanten Vielfalt“.
http://www.greatmind-sax.com/

Der einzige Feind für diese „Schönheiten“ ist nur noch die Dunkelheit. Aber auch dafür hatte Greatmind-saxophones eine Idee: Glow-in-the-dark-Saxophone! So spart man sich wenigstens die Notenpultleuchte…

(Bilder von sax.co.uk)

Eine Frage des Materials??

Immer wieder taucht die Diskussion darüber auf, ob und wie weit das Material des Saxophones, dessen Finish und diverse Anbauteile irgendeinen klanglichen Einfluß haben. Oft werden die Diskussionen darüber sehr hitzig geführt und die Lager spalten sich in die Gläubigen und diejenigen, die meinen, dass es keinen Unterschied macht.

Ich werde hier meine Meinungen, Erfahrungen und Gedanken sowie eine oberflächliche physikalische Erklärung schreiben.

Vorweg muß ich aber erwähnen, dass der einzige harte Fakt zu diesem Thema ist, dass es keinen über allen Zweifeln erhabenen harten Fakt zu diesem Thema gibt.

Ich persönlich, bin zum Schluß gekommen (und sehe das mehr als nur eine Meinung, sondern ich meine zu wissen): Yes, material matters!

Es gibt immer mal wieder irgendwelchen „wissenschaftlichen“ Untersuchungen und Messungen und Spektrenanalysen die durchs Netz geistern. Es gibt oft Ergebnisse wie, „Da gibt es einen minimalen Unterschied im Spektrum, aber der ist so minimal, dass er nicht hörbar sein kann“.

Man sollte sich bewußt sein, dass wir eh um eher kleine Unterschiede reden. Würde man das Frequenzspektrum um ein paar Prozent ändern, würde das Sax wie eine Geige klingen. Minimale Unterschiede können durchaus hörbar sein. Vertraut euren Ohren, immerhin geht es hier um Musik.

Aber der Punkt ist, dass sehr oft hinter diesen Untersuchungen (egal für welche Seite) oft schon eine vorgefasste Meinung steckt und die Ergebnisse gerne dahingehend interpretiert werden. Oft wird den Firmen auch vorgeworfen, dass das ganze Gerede um das Material und Finish nur ein Marketingtrick sei.

Persönlich halte ich es für eine gute Idee, erstmal auf erfahrene Spieler und Instrumentenbaumeister zu hören (auch Instrumenten übergreifend) und massig eigene Erfahrungen zu sammeln.

Frage doch mal einen professionellen Blockflötisten (ein schon sehr lange ausgereiftes Instrument) nach dem Einfluß des Holzes oder einen Trompeter nach Massenergänzungen für seine Kanne.

Systematik

Wichtig bleibt aber, dass ihr wirklich offen eure Klangtests angeht. Leicht passiert es, wenn man ein Goldlackinstrument gegen ein Silbernes spielt, dass man alleine durch das Aussehen fehlgeleitet wird und man meint, das Instrument klingt heller. Geübte Ohren, stehen da eigentlich drüber. Lasst euch also auch nicht einreden, dass ihr euch alles nur einbildet und nur Blindtest das wahre sind.

Dieser Effekt funktioniert auch anders rum. Wenn man überzeugt ist, dass dort kein Effekt sein kann, wird man auch nichts hören; da nützen auch Blindtests nichts.

Das Ohr muß erst sensibilisiert werden, um wirklich alle Nuancen hören zu können und das kann oft ein paar Jahre dauern. Also lasst auch nichts von irgendwelchen Besserwissern sagen, die wahrscheinlich wirklich nichts hören können.

Ihr dürft aber auch nicht, aus zwei oder drei Vergleichen eure Schlüsse ziehen, da zwei gleiche Saxophone aus der gleichen Reihe schon sehr verschieden klingen können (Selmer ist z.B. so ein Kandidat mit recht hohen Schwankungen). Woher weiß man dann, dass der gehörte Unterschied wirklich am Finish liegt und nicht an an irgendwelchen Fertigungschwankungen?

Wenn man hunderte von Saxophonen gespielt hat, und das bei verschiedensten Herstellern die ganze Produktpallette und die unterschiedlichen Finishes, dann kann man klare Tendenzen feststellen.

So klingt’s

Dies ist so die Quintessenz was bei meinem ganzen „Rumgeteste“ raus gekommen ist. Es deckt sich auch mit den Aussagen vieler anderer Musiker, Kollegen und Experten.

Vorweg möchte ich aber nochmal deutlich erwähnen, dass der Hauptfaktor für den Sound des Saxophones die Innenmensur ist. Erst deutlich dahinter kommt dann das Material des Saxes und zuletzt dessen Finish.

Bronze/Kupfer: Klingt weicher und etwas dunkler aber auch farbiger als Messing. Oft empfinde ich den Klang von Bronzeinstrumenten als hochwertiger, aber es ist auch eine Geschmackssache, ob man auf diesen weicheren Sound steht.

Silber: Klingt weicher aber heller und strahlender als Messing. Es hat auf jeden Fall eine höhere Klangqualität. Silberinstrumente sind in der Klassik recht beliebt.

Neusilber: Das ist eine Messingvariante mit hohem Nickelanteil. Es klingt heller und vor allem härter und direkter.

Finishes sind für mich – bildlich gesprochen – in etwa der Rahmen für den Sound des Saxes:

Unlackiert: Ist jetzt wieder der neuste Trend durch den Vintagewahn. Der Klang geht deutlich mehr in die Breite und wird „süffiger“. Verliert aber auch ein wenig an Kern (ein Grund, warum es kaum unlackierte Baris gibt)

Lack: Macht den Sound kompakter aber dämpft auch ein wenig. Verschiedene Lacke können auch sehr unterschiedlich klingen. Man muß nur die schwarze Gummilackvariante der Yamahas mit der Normalen vergleichen.

Vernickelt: kompakter Sound, aber nicht gedämpft, sehr direkt, fast schon hart.

Versilbert: der Sound wird heller und transparenter und strahlender.

Vergoldung: der Sound wird reicher, wärmer und etwas weicher, aber ohne die Dämpfung wie bei einer Lackierung.

Ein weiteres Kapitel sind diverse Anbauteile die es auf dem Markt gibt. Man spricht hier von Resonanzgewichten. Bei Trompetern ist das schon lange kein Geheimnis mehr. Cannonball platziert Halbedelsteine auf ihre S-Bögen und das nicht nur aus ästhetischen Gründen. Keilwerth redet von einem deutlcihen Soundunterschied durch die Bördelringe, Meine Experimente haben gezeigt, dass sogar ein Stück Lederschnur (das von prinzipal erfundene P-Ligging) an der richtigen Stelle einen hörbaren Einfluß haben kann. Über das ganze „Pimp my Sax“-Gedöns werde ich bei Zeiten einen eigenen Artikel zu schreiben. Ihr müßt mal die gesamte Mechanik der tiefen Töne abbauen. Das Sax (also die restlichen Töne) klingen total anders. Jedes Anbauteil am Sax wirkt sich irgendwie aus.

Wie kann das funktionieren?

Diese pseudophysikalsiche Erklärung erhebt keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit. Sie ist eher eine oberflächliche kurze Zusammenfassung, was ich über die Akustik des Saxophones weiß, Aussagen eines Saxophon spielenden Physiker im Forum und logischen Überlegungen meinerseits. Bisher hat sie gut funktioniert und dürfte wahrscheinlich auch vielen anderen zum Verständnis helfen.

Es ist nicht so, wie ab und zu gedacht wird, dass das Sax mitschwingt und diese Schwingungen (wie bei einer Geige oder Klavier) den Sound verstärken oder zusätzlich klingen. Das einzige, was bei dem Saxophon klingt, ist die Luftsäule. Es muß also eine Zusammenhang zwischen Luftsäule und Saxophonschwingungenen geben.

Das das Sax schwingt ist unbestreitbar. Man spürt es sogar, wenn man kräftig einen tiefen spielt. Das ganze Sax arbeitet bei jedem Ton.

Es handelt sich hier um Resonanzschwingungen. Ob diese nun durch den Schall (vergleichbar mir den Chladnischen Klanfiguren) oder durch einen direkten mechanische Relation (oder beidem) ausgelöst werden ist nicht ganz klar.

Dabei schwingt das Sax nicht homogen. Es gibt verschiedene Knoteneben. Wenn ein bereich vorschwingt, schwingt ein anderer gerade zurück. Und kommt das Material ins Spiel. Jedes Material (sogar verschiedene Legierungen) verhalten sich hier anders. Jedes Anbauteil verändert die Schwingungseigenschaften. So ergeben auch diese Tuningteile (Resonanzgewichte) eine Sinn. Auch das Finish, welches die gesamte Oberflächliche bedeckt hat natürlich so einen deutlichen Einfluß auf das Schwingungsverhalten des Saxophones.

Diese Schwingungen wirken sich direkt auf die Luftsäule aus. Die Form und somit auch verschiedenen Frequenzen werden beeinflusst.

Ich erkläre das mal an einem konkreteren Beispiel. Wir haben ein Saxophon aus hartem Material, es reagiert also schneller. Dadurch können die hohen Frequenzen besser schwingen, während die langsamen tiefen der Luftsäule eher etwas weggefiltert werden. Weiches Material verhält sich träger, die hohen Frequenzen werden unterdrückt während die tiefen begünstigt werden. Je dünner das Material desto mehr schwingt es aus. Auch die Dicke des Materials wirkt sich unmittelbar aus.

Ich hoffe, das hat die Fragen einige beantwortet, wahrscheinlich hat es aber auch neue aufgeworfen.

Oft tauchen auch recht kuriose Behauptungen auf, z.B. dass das kryogenisches Einfrieren des Saxophones würde den Sound verbessern. Oder das alte Saxophone, durch ihre Nutzung, besser klingen. Klingt alles sehr merkwürdig, aber durch meine Erfahrungen würde ich das nicht zu schnell in Reich der Mythen, Voodoo oder Einbildung schieben. Z.B. werden alle Profisaxophone handgehämmert. Dadurch wird das Material härter und der Sound hochwertiger.

Und selbst bei den alternden Instrumenten ist etwas dran. Man kennt das Phänomen von Geigen und andere Holzinstrumenten, dass sich durch die Schwingungen sich die Fasern besser anordnen, das Instrument besser schwingt, also Widerstände gelöst werden. Ok, die Metallgitterstrukturen der Atome werden sich im Sax nicht neu anordnen, aber durch die Verarbeitung gibt es „Stressstellen“ und es ist durchaus etwas dran, dass sich durch die Zeit auch im Sax Widerstände lösen und die Energie besser ausgenutzt werden kann. Selbst der etwas esoterisch anmutende Stein auf dem S-Bogen der Cannonballsaxophone wird physikalisch nachvollziehbar. Seine Masse ändert das Schwingungsverhalten des für den Sound sehr essentiellen S-Bogens.

Zuletzt möchte ich nochmal erwähnen, dass es sich oft aber eher um Nuancen im Klang handelt, von denen ich hier rede. Das Wechseln der Blattsorte dürfte oft mehr Effekt haben. Aber gerade die vielen Kleinigkeiten machen am Ende den „extra Kick“ im Klang und oft sind es gerade die letzten Prozente im Sound, die am teuersten sind.