über klassische Mundstücke

Eines vorweg, im Klassikbereich bin ich Anfänger, weshalb dieser Testbericht eher oberflächlicher Natur ist. Ich würde mir nicht anmaßen hier eine Expertise zu schreiben. Dennoch möchte ich meine Erfahrungen zu meiner Mini-Klassikmundstück-Odyssee teilen (hier geht’s zur großen Mundstücksodyssee).

Da ich nun an der HfK Bremen jetzt klassischen Saxophonuntericht habe, brauche ich nun auch ein echtes Klassikmundstück. Das Lion’s Roar hat zu viele jazzige Subtones und Nebengeräusche und das Cannonballmundstück ist zu poppig. Zwar hatte ich noch ein gutes Selmer S80 MPC, aber mit der Bahnöffnung F (ca. 7) viel zu offen für ein seriöses und leichtgängiges Klassik-MPC und zudem ist es mir mal runter gefallen und an der Spitze etwas abgebrochen.

Gerade in der Klassik sind die Ansprüche an Tonkontrolle und richtigem Klang (bewußt vermeide ich hier das Wort „Sound“) sehr hoch. Der klassische Klang ist nicht so ausufernd wie ein Jazzsound. Schlanker, kompakter, homogener, ausgeglichener, sanfter, lyrischer. Oft erinnert der Klassikklang an Streicher. Das hat so auch seinen Sinn, dass es in Blasorchester der Saxsatz das Klangspektrum der Seiteninstrumente abdecken muß.
Da ist es irgendwie klar, dass man da ein passendes Mundstück braucht mit deutlich kleinerer Bahnöffnung.
Aber es gibt dort auch diverse Kontroversen, wie genau denn ein klassisches Saxophon klingen muß und was man für Equipment spielen muß.
Aber da will ich mich nicht einmischen und bin froh, dass man als Jazzer klingen kann wie man will und sagt, „das ist mein Sound“. Wenn es da nicht die JazzPolizei gäbe, die auch so ihre Vorstellungen hat, wie genau alles sein müßte….

Nun ja, die Übergangslösung war mal wieder mein Yamaha 4c. Damit ging vieles wie es gehen sollte. Nur mußte ich wieder auf Blattsuche, was ich immer am frustrierensten finde. Kaum hat man ein gutes Blatt gefunden, hat man es aus Versehen kaputt gemacht. Also habe ich in meiner Blattkiste gewühlt und stellte fest, dass ich fast nur Jazzblätter hatte und ein paar blaue Vandoren, derentwegen – oder besser gesagt, wegen den Frust über diese inhomogenen Blätter – ich auf Kunststoff gewechselt habe. Jedoch haben Klassikblätter auf Klassikmundstücken einen Sinn, denn der French Cut (auch „filed“ genannt) passt besser zu den meist kürzeren Bahnlängen.
Die AW’s gingen, nur fehlte mir die richtigen Stärken oder sie waren schon zu alt (merkwürdigerweise sind diese ausgewiesenen Klassikblätter unfiled), die Alxander Superial waren mir zu plärrig, die teueren Ricoreserve habe ich jetzt noch nicht testen können, Gonzales war mir zu jazzig und da es sonst nicht viel gibt bin ich jetzt doch wieder (erstmal) bei Vandoren Blau gelandet.

Das Yamaha 4c ist besser als sein Ruf und obwohl es jetzt vielleicht gereicht hätte ist es auf Dauer doch etwas limitiert weshalb ich nun auch wieder auf Mundstücksuche ging.
Im Gegensatz zum Jazz-MPC-Markt ist der Klassikmarkt glücklicherweise/leider sehr überschaubar. Klassische Rascher-, Buescher-, Connmundstücke sind rar und Exoten. Normalerweise findet man in den Läden nur Vandoren oder Selmer.

Selmer ist (oder war?) das Maß der Dinge wenn es um Klassik geht. Viele weinen alten (besseren?) Zeiten nach. Nicht nur beim Sax auch bei den Mundstücken wie z.B. das „Airflow“. Selmer scheint ein Faible für ungewöhnliche Innenleben wie die Quadratische Kammer haben. Ich bin nicht so ein Fan davon, da Kanten im MPC immer zu Brüchen im Frequenzspektrum nach oben (also es heller und plärrender machen) führen. Interessanterweise hat auch das Yamaha eine quadratische Kammer, nur nicht ganz so extrem.
Selmer führt 3 Mundstücke die für Klassik ausgeschrieben sind. Das weit verbreitete S80, das nicht so verbreitete S90 und noch ein Klassikmetall Variante. Metall will ich diversen Gründen nicht mehr und das S90 wird schon von Selmer als moderner, direkter Allrounder u.a. auch für Pop beschrieben. Das S80 hatte ich schon in einer F-Öffnung und war eigentlich ein sanfter Allrounder (auch gerade wegen der größeren Öffnung). Am meisten benutzt von Klassikern ist das S80 C*. Auch wird dieses gerne Anfängern empfohlen als einfach zu spielendes Allroundmundstück. Das kann ich gar nicht nachvollziehen. Erstens ist es nicht billig, zweitens steht Selmer (zurecht) im Ruf nicht wirklich Konstant (siehe unten) zu sein (ein Anfänger kann nicht beurteilen, ob er nun ein gutes oder schlechtes MPC ergattert hat), drittens ist es ein deutliches Klassik MPC (also nix Allround) zuletzt ist C* sehr geschlossen und wenn man später Jazz machen möchte (min 80% aller Saxophonisten), sollte man sich schon am Anfang gewöhnen, schon etwas Luft beim Blasen zu verbrauchen.
Selbst für ein Klassikmundstück ist es mir dann doch zu eng und so habe ich mir ein C** und ein D besorgt.

Bei Vandoren (die andere Größe im Klassikbereich) gelten als Klassikmundstücke das V5 und das Optimum. Hier muß man ein wenig bei den Größenangaben aufpassen, denn ein A27 ist geschlossener als ein A20. Die Nummerierung ist Kreuz und Quer da es auch noch Unterschiede in der Bahnlänge gibt. Also einen sorgfältigen Blick in die Broschüren werfen. Getestet habe ich ein V5 A28 und A15 und ein Optimum AL4.
(Eine gute Liste zum Vergleichen von Mundstücköffnungen findet ihr bei den kenneswerten Webseiten)

Wie praktisch wenn meinen Saxhändler seines Vertrauens hat zu den man hingehen kann und testen (Wehe jemand denkt jetzt an Thomann). Also ging ich zum KlarinettenMüller der einige Vandoren und Selmermundstücke hatte.  Ich konnte Sie „kurz“ im Laden anspielen (als Musikladenangestellter brauch man manchmal ’ne Menge Nerven) und das was ich genauer untersuchen wollte konnte ich dann auch eine Woche zum testen mitnehmen. Das ist der Vorteil an den kleinen Läden also unterstützt eure Lokal Dealer.

Zu den Qualitätsschwankungen bei Selmer wird ja viel gesagt und auch hier wieder so ein Fall. Das C** war unspielbar. Kein Ton konnte man raus bringen. Nach Hörensagen soll wohl die Mundstückproduktion bei Selmer folgendermaßen ablaufen: Hausfrau sitzt an einer Maschine, aus einer Kiste nimmt sie einen Rohling, setzt diesen ein, zieht einen Hebel, Ratsching, und schmeißt das Mundstück in eine andere Kiste. Irgendwie ist klar, dass bei der Auftragsmenge nicht jedes Mundstück ausgiebig angetestet und nachbearbeitet wird und so kommt es dann zu solchen Nieten. Aber ob dann noch ein Preise von ca. 150 Euro gerechtfertigt sind, ist eine andere Frage. Wahrscheinlich war beim C** der Tisch nicht plan und/oder die Bahnen nicht symmetrisch.
Das S80 D war Ok, aber im Vergleich zu dem Mundstück, dass ich dann am Ende genommen habe, kam da zu wenig raus. Außerdem wollte ich einen sehr runden, warmen und weichen Klassikklang und das Selmer klang mir auch zu selmerig.
Interessant ist auch die Blattschraube, die neuerdings jetzt bei den Selmermundstücken dabei ist. Zwar geht sie in der Tat besser als die normale aber wirklich überzeugt hat sie mich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass die Auflagestreben quer zur Schwingungsrichtung sind oder daran, dass der alte „traditionelle“ Selmerstyle verlorgen gegangen ist. Man hat mir gesagt, dass die meisten Kunden die alte Variante bevorzugen.

Über die Qualität von Vandoren kamen mir noch nie Klagen zu Ohren und auch kann hier nichts bemängeln. Mit um die 100 Euro ist der Preis auch sehr im Rahmen. Das Optimum war schnell aus dem Rennen. Nicht weil es schlecht ist sondern weil es nicht meinen Vorstellungen eines klassischen Klangs entsprach. Ich würde sagen, dass es ein ideales Allroundmundstück für französische Radiomusiker ist.
Von den V5 Mundstücken hatte ich zuerst das A28 getestet und war verwundert, warum das so schwer bei mir ansprach. Trotz verschiedenster Blätter ging es nie wirklich leicht. Mit dem Mundstück war alles in Ordnung (hatte noch ein gleiches zum Vergleich spielen können).
Das V15 ging tadellos. Runder eher warmer Klang. Leichte Ansprache und Kontrolle. Und im Vergleich zu allen anderen Mundstücken kam da auch am meisten raus. Alles so wie ich wollte weshalb ich es dann letztendlich auch gekauft habe.
Der Hauptunterschied zwischen dem A15 und dem A28 war die Bahnlänge. Anscheinend funktionieren aufgrund meiner etwas dickeren Lippen („Jazzlips“) kürze Bahnen nicht bei mir. Das war so für mich auch eine neue Erkenntnis und es ist gut so etwas zu wissen. Also wenn es die Möglichkeit verschiedener Bahnlängen gibt bei einer Marke, sollte man dieses durchaus auch mal ausprobieren.
Leider sind bei den Vandoren-MPCs keine Schrauben dabei. So muß man sich diese Extra kaufen. Z.B. die Vandoren Optimum für min. 50€.  Tja, leider passt diese auch sehr gut zu dem Vandorenmundstücken. Zum Glück hatte ich so eine schon in der Schublade.

Nun wie schon gesagt, die Auswahl an Klassikmundstücken ist minimal. Es dürfte ruhig mehr auf dem gängigen Markt sein, aber vielleicht ist für die Klassik einfach zu wenig Nachfrage. Andererseits hat es mir eine größere und Längere Suche erspart. Die Qualität von Selmer war eher enttäuschend (man hätte es ahnen können), dafür war Vandoren wieder einmal empfehlenswert. Sehr erhellend war für mich die Erfahrung mal wieder mit Mundstücken mit kleineren Bahnöffnungen und -längen zu tun gehabt haben.

Einfaches Upgrade für Blattschellen

Diese Idee ist eigentlich Ursprünglich aus der Not heraus, dass das Mundstück zu schmal für meine neue Vandoren Optimum Blattschraube war, bzw. diese zu groß für das Mundstück. Ich stellte dann aber fest, dass mein „Tuning“ auch sehr positiv auf Ansprache und Klang auswirkte.

Im Prinzip, habe ich nur kleine Gumminoppen aus an die Innenseiten der Schelle geklebt, damit sie auch auf schmalere Mundstücke passt. Tatsächlich schwingt diese dann aber freier. Das Felling ist ähnlich wie bei der Saxxas (bzw. alten Winslow) Blattschraube, die auch komplett gummigelagert ist. Zudem bietet sie so einen noch sicheren Sitz auf dem Mundstück.

Diese Aufrüstung, optimiert nicht nur die Optimum sonder geht auch für alle gängige andere Schellen.

Die Gumminoppen kann man sich sehr leicht mit einem handelsüblichen Locher und dicken Bißplatten herstellen. Einfach ausstanzen, dann erst Schutzfolie abziehen und an die Unterseite des Blattschraube kleben. Es ist darauf zu achten, dass wenn die Schraube fest angezogen ist, kein Metall mehr auf dem Mundstück aufliegt, damit die Schraube wirklich frei schwingen kann. Da die Schraube nur punktuell gelagert ist tritt keine Dämpfung ein, dennoch sollte die Schraube möglichst festgezogen werden.

Harte und dicke Bissplatten haben sich bisher übrigens am besten erwiesen.

Viel Spaß beim ausprobieren. Mich würde es freuen, wenn ihr eure Erfahrungen als Kommentar hinterlasst.

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