Saxophonistisches hat Geburtstag!

Es gibt Menschen, die ständig irgendwelche Geburtstage verpassen. Ich bin sogar ein Extremfall. Vergesse ich doch glatt meinen eigenen – naja, also den meines Blogs. Also wird das jetzt schnell mal nachgeholt.

Saxophonistisches wurde am 11.Februar ein Jahr alt!

Ich mag es kaum glauben, dass ich nun schon ein ganzes Jahr texte und gelesen werde. Ich möchte hier an dieser Stelle nochmal meinen treuen Lesern ganz herzlich danken. Denn ohne diesen Zuspruch, würde es Saxophonistisches wahrscheinlich so nicht geben.
Ich hätte nie gedacht, dass sich der Blog so entwickelt. Die Besucherzahlen steigen stetig. Im Januar hatte ich über 11000 Besucher.
Inzwischen stehen hier schon 77 Artikel und über 280 Kommentare. Da fällt es auch mir schwer, noch die Übersicht zu behalten.
Auch wird es langsam auch kniffliger noch Themen zu finden, über die ich schreiben kann und nachher auch halbwegs lesenswert sind. Aber noch habe ich ein paar Ideen und neues Equipment für einen Testbericht fällt einem immer mal in die Hand (wenn es nur nicht so teuer wäre). Zudem habe ich leider nicht immer soviel Zeit zum Bloggen wie ich gerne hätte. Neulich, als ich mal zwei Wochen nichts veröffentlichte haben sich schon die ersten Leser beschwert, wann denn etwas neues käme. Da war ich richtig geschmeichelt.

Also für euch, will ich mir weiter Mühe geben immer schöne und unterhaltsame Artikelchen in einer gewissen regelmäßigkeit zu verfassen. Und ich hoffe, dass Saxophonistisches auch in einem Jahr noch genauso gut läuft.

Euer Tobias

Flying Goose Saxophonblätter süß-sauer?!

Als Überschrift zu dem heutigen Test dieser neuen CHINESISCHEN Blattmarke sind mir noch diverse andere Wortwitze eingefallen aber ich will nicht zu sehr auf Klischees rumreiten (nur ein Bißchen).
Auch das Erscheinungsdatum für diesen Test ist nicht ganz zufällig, denn heute ist das chinesisches Neujahr. Heute beginnt das Jahr des Tigers. Ich fand’s irgendwie passend, zum Anlaß diesen Artikel zu veröffentlichen und zu klären ob es sich bei den sehr kostengünstigen chinesischen Blätter nun um echte Klanghölzer handelt oder sie sich doch nur als Beilage zu Gericht Nr. 44 (gebratene Nudeln mit Ente) eignen.

Ein Novum ist, dass dieser Test gesponsort wurde (langsam ging dieses ganze Equipmentangesammle ganz schön ins Geld). Die Blätter habe ich direkt vom Reedguard, dem Deutschen Importeur von Flying Goose Reeds, gestellt bekommen.
Per Zufall kam ich mit dem Chef ins Gespräch, es kam dann die Idee auf, dass man doch diese Blätter mal ausführlich testen sollte und er bot mir dann an (obwohl ich androhte keinen beschönigenden Test zu schreiben) mir einen Satz Blätter zu schicken.
Reedguard vertreibt nicht nur die chinesischen Blätter sondern ist auch für jeden Vandorenspieler interessant. Zwar hat er nur die Klassik, JaVa und ZZ für Saxophon im Angebot dafür ist er mit Thomann der günstigste Anbieter für diese Blätter, hat aber keine Mindestbestellmenge wie der Musikhausriese.
Hier geht’s zum Reedguard-Onlineshop
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Die Vorbehalte über chinesische Produkte sind groß und mannigfaltig. Ich persönlich meine, dass das nicht ganz ungerechtfertigt ist, bei den ganzen Geschichten, die durch die Nachrichten geisterten, und der meist schlechten Qualität der meisten Produkte aus dem Reich der Mitte. In den Foren habe ich bereits als Kommentare zu den Chinablättern schon Sachen gelesen wie „So etwas kommt bei mir gar nicht erst in den Mund“. Das der Preis nur die Hälfte von dem der üblichen Marken kostet macht auch skeptisch.
Aber andererseits, wenn jemand Ahnung über Bambus hat, dann wahrscheinlich die Chinesen. Es ist bestimmt kein Zufall, dass Pandas, die Bambusgourmets schlechthin, nur in China natürlich ansässig sind. (Wahrscheinlich sind diese jetzt noch mehr vom Aussterben bedroht, weil wir auf deren Futter spielen wollen).
Anscheinend war auch Reedguard zunächst sehr skeptisch und hat bevor es sie eingeführt hat, die Blätter beim TÜV Rheinland LGA labortechnisch auf mikrobiliogische und chemische Gefahren testen lassen. Die Testberichte liegen mir auch vor und das Labor konnte nichts finden. Also die Blätter sind gesundheitlich absolut unbedenklich.

Getestet wurden vier 10er-Packungen für Sopran, Alt und Tenor und zum Vergleich vom Marktführer Vandoren 11 Blätter in den verschiedenen Blattschnitten Klassik (die Blauen), JaVa (JazzVandoren) und ZZ (Jazz). Die Blätter wurden von mir alle wie hier beschrieben gleich vorbehandelt, damit ich nicht alles ewig einspielen muß. Getestet wurde es mit meinem ganzen üblichen Equipment. Wen es genau interessiert, was es ist, kann es unten bei „über mich“ nachlesen.

Erster Eindruck

Die Blätter kommen in einer schlichten kleinen Plastikbox. Die finde ich gar nicht mal so schlecht, denn die Blätter liegen darin optimal und sie ist schön klein und Flach, dass sie problemlos in Hemd- und Sakotasche passt. Außerdem ist sie stabiler als diese Pappschachteln. Dafür haben die Blätter nicht je so eine einzelne Plastehülse (Wovon sich allerdings bei mir schon eine ganze Schublade angesammelt habe. Keine Ahnung, warum ich die immer behalte, brauch man doch nie wieder).
Wenn man die Blätter ausgepackt hat, könnten einige gleich als erste Kritik äußern: „Hmm, die sind aber nicht gerade symmetrisch geschnitten, der Ausschnitt ist krum und schief, der Rücken ist total fleckig und sie sind recht blass, also nicht genug abgelagert“. Als ich nun die Vandorenblätter je aus ihren Verpackungen* befreit habe sehen die ganz genauso aus. Egal was man so hört, äußerlich kann man fast gar nichts über die Qualität aussagen. Das einzige was noch hilft, ist gegen’s Licht halten und schauen ob der Schatten halbwegs symmetrisch ist.

*Seit einiger Zeit verpackt Vandoren seine Blätter auch nochmal alle einzeln. Soviel zum Thema Umweltschutz. Zudem kann man die Blätter auch vor dem Kauf nicht mehr kontrollieren.

Der Schnitt des Blattes ist amerikanisch/unfiled oder wie man es nennen will. Das heißt, dass die Rinde am Anfang des Ausschnittes nicht abgefeilt ist. Das sieht man vor allem bei Blätten, welche als Jazzblätter gelten (siehe den Unterschied im Vergleich zu einem Vandoren Klassik). Soweit ich das beurteilen kann, ist das Herz recht dick und die Spitze eher dünn. Was jedoch im Vergleich auffällt ist, dass der Ausschnitt der Flying-Goose-Blätter merklich kürzer ist als bei anderen Blätter (siehe Bild Vergleich zu JaVa). Mal schauen, wie sich das auswirkt.

Bevor wir zum Spieltest kommen noch der Geschmackstest. Beim ersten „Anlutschen“ schmecken mir die Blätter eigentlich sehr gut. Mit gebratenem Reis und der passenden Sojasauce könnte das vielleicht eine tolle Vorspeise für „das perfekte Dinner“ sein. Zumindest schmecken sie intensiver und süßer als die Vandoren-Blätter.

Ansprache

Als erstes habe ich, um die Konsistenz zu prüfen, jeweils die Blätter einer Box durchgespielt. Obwohl die Ausschnitte der Blätter teilweise etwas wild aussehen ist die Konstanz der Blätter überraschend gut. Die Blätter klingen sehr gleich. Bei den 10erPackung vielen ein bis zwei aus der Reihe, weil sie entweder etwas schwerer ansprachen und/oder etwas muffiger klangen.
Da hatte ich schon Packungen renommierter Blattmarken, in der sich mehr Krücken befanden. Also hier schon mal ein Plus.

Also ziehe ich die Vandoren Blätter zum Vergleich ran. Je nach Mundstück sind die Ergebnisse unterschiedlich. Bei dem Sopran und dem klassischem Alt sprachen die Flying Goose Blätter deutlich besser an: Lauter, mehr Sound, leichtere Ansprache. Beim Tenor gefielen mir die ZZ und JaVa doch besser. Da haben die Flying Goose nicht ganz optimal gepasst, Sound muffiger, Ansprache schwerer. Bei dem Alt (Jazz) mit dem Standartmundstück (ein Meyer-Clon) hielt es sich die Waage, da würde ich ehrlich sagen, dass es nur noch eine Frage des Geschmacks ist. Zuletzt habe ich noch mit meinem Lion’s Roar getestet, dass speziell auch für die Verwendung mit Tenorblättern konzipiert wurde. Hier haben die Flying-Goose Altoblätter nicht so gefunzt dafür die Tenorvariante um so besser. Warum ist das so? Ich vermute, dass das mit der Bahnlänge der Mundstücke und dem recht kurzen Ausschnitt der Flying Goose Blätter zu tun hat.
Bei meinem französischem Klassikmundstück (also kürzere Bahn) haben die Vandoren Jazzblätter nicht wirklich funktioniert, das Klassik ging wie es sollte und die Flying Goose gingen ab. Dafür waren die ZZ und JaVa beim Tenor-Jazz MPC und dem Lion’s Roar (lange Bahn) deutlich besser. So würde sich auch erklären, warum die Tenorblätter sehr gut auf meinen AltojazzMPCs gehen.
Bei den Sopranblättern ist der Ausschnitt eher normal lang.

Anhand des Schnittes konnte man es erahnen, es handelt sich um ein „Jazzblatt“. Wie die JaVa und die ZZ, zeichnet es sich durch eine sehr schnelle Ansprache aus und es ist verhältnismäßig laut.

Klang

Das ist eigentlich auch wieder eine sehr subjektive Sache, aber mehr dazu hier. Die Vandorenblätter dürften den meisten Saxophonisten ja bekannt sein. Das Klassik klingt klassisch, also rund/homogen und eher dunkel. Die ZZ sind heller, resonanter, lauter und JaVa sind ähnlich hell, empfinde sie aber als moderner mit einem gewissen „Buzz“.
Die FlyingGooseBlätter sind dem JaVa am ähnlichsten. Sie dürften nicht jedermanns Geschmacks sein, das sie für mein Empfinden noch moderner ausfallen, (teilweise fast schon poppig), der „Buzz“ ist deutlich ausgeprägter, wodurch es natürlich auch deutlich Charakter hat. Es ist zwar hell, aber nicht zu sehr und ich finde das recht viel Sound/Lautstärke raus kommt. Wer einen „Pornosound“ für die Mädels sucht, könnte hier vielleicht fündig werden.
Daher ging es auf meinem KlassikSetup, obwohl es sehr gut ansprach, nicht.
Auf dem Sopran und die Tenorblätter auf dem Lion’s Roar hat mir es eigentlich ganz gut gefallen.

Fazit

Also ich werde jetzt nicht auf Flying Goose wechseln. Erstens gefielen mir zwar einige Kombination ganz gut, aber wie Rollins, Coltrane oder Parker klinge ich damit auch nicht. Zweitens bin ich überzeugter Kunststoffblattspieler. Aber ich muß gestehen, die Blätter sind deutlich besser als erwartet und sie stinken nicht gegen die Vandorenblätter ab, kosten dabei weniger als die Hälfte! Das ist eigentlich DAS Argument, warum man diese mal ausprobieren sollte. Vielleicht ist es auch etwas für Leute, die sich mal am Schnitzen ausprobieren möchten.
Ich möchte auch nochmal erwähnen, dass für diesen Test über 50 Blätter im Vergleich vorlagen, weshalb ich sehr systematisch an die Sache ging. Man kann also nicht jedes Blatt auf alles prüfen, was meiner Ansicht nach auch nicht viel Sinn macht. Wie der Test schon gezeigt hat, verhält sich jede Mundstück, Mund und Blattkombination anders.

Interessant halte ich diese Blätter für diejenigen, die einen modernen Jazzsound suchen aber ein Mundstück mit kürzerer Bahn haben(gut wenn man dünne Lippen hat) oder Tenorblatter auf dem Alt bevorzugen.
Wenn die Chinesen es nun auch hinbekommen, Saxophone mit dieser Qualität zu fertigen, könnte das Saxspielen bald zu einem bezahlbaren Hobby werden.

Wenn ihr selber schon Erfahrungen mit diesen Blättern gemacht habt, hinterlasst doch einfach einen Kommentar.

Auch nochmal ein großes Dankeschön an Daniel von Reedguard für Sponsoring. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn andere Händler und Firmen vielleicht nachziehen 😉