Brancher-Saxophone – die neue Highclass!? (von Volker Kaufmann)

Ich hatte es ja schon angekündigt und hier ist er endlich; der Branchersaxophon Test von Volker Kaufmann. Ich hatte mich da besonders drauf gefreut, da die Branchersaxophone auf den letzten Musikmessen wie eine Bombe einschlugen. Zudem ist damit dieser Blog mal wieder der Sonic zuvor gekommen, denn die hat zu den Branchers noch keinen Test.

Photos werden die Tage nachgereicht!

Die Firma Brancher hatte sich in der Vergangenheit einen Namen durch moderne Mundstücke und Blätter gemacht. Seit 2008 baut Brancher auch Saxophone der Profiklasse. Die Mechanik, die Resonatoren und die Polster werden in Frankreich gebaut. Die Teile werden zur Endmontage nach Taiwan geschickt. In der selben Werkstatt werden die Korpusse gehämmert. Anschließend werden die fertigen Hupen von Pascal Brancher getestet und justiert.

Damals spielte ich noch ein Keilwerthsx90R Tenor und ein TopTone Altsax. Ein neues Altsaxophon mußte her. Auf der Musikmesse in Frankfurt testete ich alle möglichen Firmen an. Eigentlich hatte ich mich schon auf einen Kandidaten festgelegt, dann kam ich an den Stand von Pascal Brancher. Ich probierte ein Altsaxophon im Antiklook aus und das aus Goldmessing.
Verliebt habe ich mich sofort in die Optik des Antiklook. Die Ansprache und der Sound waren eine Klasse für sich.

Die Entscheidung war gefallen. Doch dann machte ich einen echten Fehler. Ich probierte auch noch das Tenor aus. Nach Hause fuhr ich dann mit einer Bestellung von zwei Saxophonen im Antiklook.
Nach gut einem halben Jahr kam dann der Anruf von Chili Notes, dem Brancher Vertrieb für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Endlich waren sie da. Meine zwei neuen Babys.

Beide kamen sie in schwarzen Hartschalenkoffer mit Kunststoffüberzug. Außen an den Koffern sind eine kleine Tasche für CD´s Batterien, Stifte und eine große Tasche in die locker ein Ringbuchordner rein paßt. Zudem Rucksackgarnitur und Regenüberzug. Innen ein großes Fach für Kleinteile, eins für den S-Bogen und ein Loch fürs Mundstück.Das Saxophon liegt perfekt in dem Koffer. Damit schickt man es auch mit gutem Gewissen im Flugzeug auf reisen.
Allerdings haben solche Koffer auch einen Nachteil. Man packt viel zu viel rein, mit dem Ergebnis, daß er einfach zu schwer wird. Deshalb ist bei meinem Tenorkoffer auch schon der Griff etwas eingerissen. Also doch besser wenigstens den Notenständer extra tragen.

Die Ausstattung der Saxophone ist einmalig.
Zwei unterschiedliche S-Bögen, beide in schwarzen Samtsäckchen untergebracht, Durchzugswischer für Korpus und S-Bogen, ein Brancher-Luxus Halsgurt, 2 Packungen Brancherblätter und ein Branchermundstück aus Kautschuk oder Metall nach Wahl (mit Cartier-Schraube). Ich kenne sonst keinen anderen Hersteller, der professionelle Mundstücke beipackt.
Natürlich werden einige wieder sagen, daß die Profis, die so ein Horn bestellen schon ihre eigenen Mundstücke haben und das nicht brauchen, aber da zum Kundenstamm für Highclasssaxophone auch sehr viele Hobbymusiker gehören halte ich diese Mundstücke für sehr passend. Außerdem kann man die Mundstücke, wenn sie einem nicht gefallen ja immer noch weiterverkaufen.

Für den Antiklook werden die fertigen Korpusse sandgestrahlt, lackiert und dann gebürstet. Der höhere Arbeitsaufwand muß leider auch extra bezahlt werden. Das ganze macht etwa 400 Euro aus im Vergleich zum Goldlack.
Auf dem Schallbecher ist eine florale Gravur und seitlich eingelasert das Brancherlogo.
Das selbe Logo wurde auch per Laser in die S-Bögen eingebrannt.
Der Daumenhaken ist aus Metall und die Daumenauflage für die linke Hand aus Kunststoff.
Die Klappen sind mit echten Perlmutteinlagen die eingeklebt sind. Bei der Gis-Klappe und der seitlichen Fis-Klappe, bin ich mir da nicht so sicher, ob es sich dabei auch um Perlmutt handelt.
Die Polster sind mit Heißkleber eingeklebt.
Beim Altsaxophon sind die Tief H-Klappe und die C-Klappe mit Doppelärmchen ausgestattet. Beim Tenor sind alle tiefen Klappen, außer der Cis-Klappe mit Doppelärmchen ausgestattet.

Eines der besondersten Merkmale und vielleicht die große Inovation bei diesen Hörner ist, dass die Resonatoren aus massiven Messingblöcken ausgefräst und werden mit der Klappe verschraubt sind. Sie haben somit einen maximalen Durchmesser, das heißt, größer könnten die nicht sein. Sie füllen das Tonloch fast komplett aus und verlaufen Beckenförmig. Dadurch wird erreicht, daß bei geschlossenen Klappen die Resonanz erhöht wird und bei geöffneten Klappen die Projektion und die Kraft im Klang verstärkt.

Die Hörner sind handgehämmert und es wird dickeres Material verwendet, als bei den meisten anderen Herstellern, was natürlich das Gewicht auch etwas in die Höhe treibt, aber den Sound positiv beeinflußt. Der Schalltrichter ist auch größer geformt als üblich. Anscheinend ein weiterer Vertreter in dem wieder modernen BigBelltrend.

Aufgrund des höheren Gewichtes wurde beim Tenor eine zusätzliche Verstrebung eingebaut. Bei dem Prototypen, wo dieses noch fehlte, war während des Transportes die Schrauben abgebrochen.
Die Böckchen sind auf Montagebänder gelötet, wie bei den meisten modernen Hörnern.
Natürlich sind Einstellschrauben zur Feinjustage für die Klappen der rechten und linken Hand vorhanden.

Verarbeitung

Die S-Bögen passen perfekt und lassen sich tadellos feststellen. Es gibt nirgends unnötiges Spiel.
Beim Tenor wurde am Zapfen für die obere Oktavklappe nachgelötet, leider erst nach dem Lackieren, was nicht gerade sehr schön aussieht und in dieser Preisklasse nicht sein dürfte.
Was mir nicht gefiel, war, daß sämtliche Federn zu lasch eingestellt waren. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, daß das von Pascal Brancher absichtlich so gemacht wurde, damit der Käufer selbst entscheiden kann, wie stark er die Federspannung haben möchte und die Federn nicht unnötig oft hin und her gebogen werden müssen. Wohl Ansichtssache, ob man das gut finden soll oder nicht.

Anspieltest

Die ersten Worte nach den ersten paar Tönen sind fast immer:“WOW, geht das ab“.
So war es auch bei mir. Der Sound ist eine Mischung aus Keilwerth SX90R und Selmer MK6.
Das heiß, so offen und röhrend wie ein SX90 und trotzdem zentriert und nörgelnd wie ein MK6.
Blaswiderstand ist kaum vorhanden, aber immer noch genug um sich wohl zu fühlen.
In den Tiefen spricht es einfach nur Butterweich an, egal ob mit Vollgas oder pianissimo. So geht es weiter bis zum Hoch Fis. Die Flagoletts spielen sich, wie das normale Register.

Aber was sagt das Stimmgerät dazu?Im Prinzip sagt es das, was man fühlt. Man fühlt, was das Handling angeht, ein MK6. Will heißen E2 etwas zu hoch. Allerdings auch nur minimal. Ansonsten alles im Grünen Bereich.

Das ist wohl auch der Grund, warum alteingesessene MK6 Spieler sagen, daß die Brancher die besten MK6 sind, die sie jemals in der Hand hatten.

Bei dem zweiten S-Bogen ändert sich die Stimmung überhaupt nicht. Dieser bietet aber mehr Blaswiderstand und klingt insgesamt braver. Also schnell mal das klassische Mundstück drauf. Und tatsächlich wird damit dieser Tiger von einem Saxophon zu einem Schmusekätzchen und einem durchaus klassischen Horn. Mir wäre ein noch engerer S-Bogen als Zweitbogen lieber. Aber vielleicht kommt das ja auch noch.

Interessant sind auch die Soundunterschiede bei den Finishes.Vor kurzem hatte ich ein Goldlacktenor in den Händen. Obwohl die Hörner absolut Baugleich sind, ist der Unterschied doch erheblich. Durch den Goldlack klingt das Saxophon wärmer und muffeliger, insgesamt braver als der Antiklook. Ansonsten waren Ansprache und Verhalten gleich.

Fazit

Pascal Brancher baut nicht nur Mundstücke der Spitzenklasse, jetzt auch noch absolute Spitzensaxophone. Angeboten werden sie in verschiedenen Finnishes, die zum Teil sehr stark den Sound der Hörner ändern.

Knapp 5000 Euro für das Tenor und 4000 für das Alt jeweils im Antiklook sind natürlich keine Schnäppchen und ob ein teilweise in Taiwan hergestelltes Saxophon so teuer sein muß sei mal dahingestellt. Allerdings allein schon durch das mitgelieferte Zubehör relativiert sich dieser Preis. Außerdem hat man ein Designerhorn der absoluten Oberklasse.

Pascal Brancher ist es gelungen ein Saxophon zu bauen, daß mit den 4 Großen nicht nur mithalten kann. Es stellt sie meiner Meinung nach auch absolut in den Schatten.


Die neue nackte Dame auf dem Cannonball Vintage

Heute werde ich mein neues Tenor von Cannonball ganz genau unter die Lupe nehmen. Es handelt sich hier um das noch recht neue Vintage Model in der Lady Godiva Variante in unlackiert. Jedem den das Thema interessiert rate ich vorher nochmal meinen Testbericht über mein Cannonball Raven Alto zu lesen, da ich hier besonders auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Vintage und der BigBellStoneSerie.

DSC00252Ich habe lange auf dieses Tenor gewartet, da ich eigentlich unbedingt ein unlackiertes Pete Christlieb haben wollte. Leider war dieses vergriffen, da die erste Serie eine Limited Edition war (Je 400 Stück pro Gravur und Finish). Ich wollte eigentlich kein Pferd auf meinem Saxophon haben und deshalb auf die neuen Modelle warten. Da ich aber dennoch dringend ein Tenor brauchte, war mein Händer Saxtoys so freundlich mir vorübergehend das Mauriat System 76 zu leihen. Angekündigt waren die neuen Vintages eigentlich für Februar und als sie zur Messe immer noch nicht erhältlich waren, wurde es nun doch eine Lady Godiva.

Ein kurzer Geschichtsausflug zu Erklärung, was es denn mit dieser Dame auf sich hat und warum sie und ein Pferd mein Saxophon schmücken. Die Lady Godiva war im 11. Jahrhundert eine englische Adlige und ging in die Analen der Geschichte ein, weil sie nackt (nur von ihrem wallendem Haar bedeckt) auf einem Pferd durchs Dorf Ritt um ihren Mann dazu bewegen, die Steuern zu senken. Hat auch geklappt bis auf die Steuer für Pferde. (Quelle: Wiki)
Die Lady Godiva ist also eine Anspielung auf die berühmte Gravur der Conn 6M (Alt) bzw 10M (Tenor), die eigentlich besser unter den Namen „naked Lady“ bekannt sind. Aber das wird nicht die einzige Anspielung auf Vintage Saxophone bleiben.

Das Cannonball Vintage ist nun gerade mal ein Jahr alt soll eine Alternative in der Cannonball Profiproduktreihe, der BigBellStone Serie, sein in dem es dem Trend der neuen Vintage Kannen nachkommt. In amerikanischen Foren wird ist recht stark bejubelt, hierzulande ist es fast unbekannt. Über Cannonball selber, deren Firempolitik und Taiwan als Saxbauland habe ich schon im Raventest genug geschrieben; das muß ich hier jetzt nicht nochmal wiederholen.

DSC00238Fangen wir also ganz vorne an: mit dem Koffer. Im letzten Test habe ich ja schon am Koffer für das Raven kritisiert, dass er zu schwer ist, dass es keine Schultermöglichkeit gibt und die Qualität der Schlösser nicht so gut ist. Leider hat sich da nichts getan und da es sich nun um ein Tenor handelt, ist dieses Problem im wahrsten Sinne des Wortes noch schwerwiegender. Da ist nicht mehr viel Unterschied zu einem Bari. In einem Land, in dem Wege die über 50Meter sind (wie viel Fuß sind das eigentlich) mit dem SUV gefahren werden, bei dem man das Tenor auf die Ladefläche schmeißen kann, ist das natürlich kein Problem. Aber für einen Studenten, der vor der Probe noch schnell nochmal durchs Kaufland muß und nach der Probe noch die Kneipenmeile unsicher macht und das alles mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ist dieser schwere und ausladende Koffer alles andere als praktisch. Wenigstens sind die Griffe sehr komfortabel beim tragen; müssen sie bei der Last aber auch sein.
Wie bei Cannonball üblich ist auch dieser Koffer wieder sehr optisch auffallend. Statt der Krokolederimmitatikoptik wird das Vintage in einem Koffer mit waschechtem Lederimitat aus nachgemachtem Linoliumersatz geliefert. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht entscheiden ob ich das helle beige extrem stylisch finde oder das kackbraun pott häßlich. Das Echo ist relativ geteilt, aber die meisten finden es cool. Die Beschläge sind wieder goldfarbend und das Innenleben ist dieses mal in lila gehalten. Ich nehme stark an, dass auch das Kofferdesign irgendwie eine Anspielung auf einen Vintagekoffer ist.

Die Beilagen sind die Üblichen. Wieder Fettstift, Putztuch, Gurt, Mehrzwecktasche (natürlich alles wieder mit dem CB-Logo), aber dieses mal ohne T-Shirt. (Schade, aber eigentlich sind eh immer viel zu groß (kein Wunder aus dem Supersize-me-Land)) Dafür ist aber ein Zertifikat dabei, dass dieses Saxophon von einem Künstler per Hand graviert worden ist. An dieser Stelle, ein herzliches Dank für die schöne Arbeit an Kelly Ricks, nur bitte das nächste mal ohne Pferd!
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass jetzt auch ein neuer Saxophongurt beigelegt ist, der deutlich hochwertiger ist als der Riemen, der noch beim meinem Raven dabei war. Er erinnert mich sehr stark an meinen geliebten DeJaques Gurt, nur ist dieser gepostert hat dafür aber nur einen normalen Karabiner.
Das Mundstück in 5* (kommt mir etwas größer vor) ist wieder sehr gut und wird von mir zZ auch benutzt. Dazu gibt es wieder zum Finish abgestimmte Blattschraube und eine Mundstückkapsel (die zwar immer noch hart ist, aber nicht mehr den Eindruck von unzerstörbar gibt).

DSC00244Kommen wir nun zum Saxophon selber und wie gewohnt betrachten wir erstmal die Optik. Wie schon erwähnt, gibt es das CB Vintage in zwei Gravur Varianten: Pete Christlieb, auf der gewohntes florales Gedöns zu sehen ist und die Lady Godiva. Angeblich soll es bei der nächsten Serie wieder eine Christlieb Variante geben, wieder mit Florsitik aber anders und auf der Alternative soll ein Auto sein. (Bei den Aussichten, wollte ich nicht mehr warten). Den tieferen Sinn der Lady Godiva habe ich ja oben schon erwähnt. Ich finde die Gravur eigentlich sehr gelungen. Die Gesichtzüge der Lady wirken etwas modern und infantil aber dennoch recht geschmackvoll. Reizvoll finde ich die wallenden Haare, wie sie in in die in die restlichen Verzierungen des Saxes eingehen. Persönlich störend finde ich nur das Pferd. Einerseits finde ich Pferde etwas deplatziert auf einem Saxophon (da könnte man auch gleich einen Flamingo reinschnitzen), und zweitens verdeckt es fast alles von der Lady. Die Legende bei den Connhörnern besagt ja eigentlich, dass je mehr man von der „naked Lady“ sieht desto besser das Sax. Egal ob das stimmt, mehr Frau und weniger Pferd hätten mir besser gefallen. Aber vielleicht liegt es ein bissel mit daran, dass Saltlakecity sowohl Hauptstadt von Cannonball als auch der Mormonen ist.
Als Finish wollte ich unbedingt Unlackiert haben. Einerseits aus klanglichen Gründen, anderseits finde ich es optisch auch unglaublich ansprechend. Für mich bietet nur unlackiert (bzw. wirklich abgenutzter Lack) den Look einer waschechten Jazzkanne. Den Vintageoptiklacken die es bei den Midcost Taiwanesen zu Hauf gibt kann ich partout nichts abgewinnen und halte sie eher für eine asiatische Geschmacksverirrung. Natürlich läuft das Sax dann recht schnell an und korrodiert leichter. Aber gerade die Vibrationen des Rostes lassen ein Sax erst nach Sax klingen….
Naja, so ist es nicht ganz, aber für mich gewinnt das Saxophon so an wirklcihen Charm. Der wirkliche Nachteil ist eigentlich, dass ich jetzt immer schwarze Daumen nach dem spielen haben, aber dem werde ich demnächst durch einen Schuchthaken und meinem Daumenauflagenpolster Abhilfe schaffen.
Wie auch bei der BigBellStone Serie, befindet sich statt Perlmut wieder Halbedelsteine auf den Tasten. Für die Vintages wird der „Wild Horse Picture Jasper“ verwendet. Tja, wenn ihr euch nichts darunter vorstellen könnt (so wie ich), da hat Cannonball ein nettes Kärtchen dem Sax beigelegt, welches ich hier jetzt einfach mal unkommentiert zitieren möchte:
„Valued for its pictorial landscape patterns and rich, earthly colors, Wild Horse Picture Jasper is an exquisite reflection of the North American frontier. This fine western gemstone is mined throughout the Rocky Mountains, acquiring its name from the famous Wild Horse Canyon mine in Oregon. The delicate bands that create Wild Horse Picture Jasper’s unique design are formed when silicated sameles of fine mud drip into pockets of gas formed my molten lava and solidify within its blistering folds“

DSC00253Wenn man sich die Steine anschaut fallen einem auch sofort die ersten technischen Unterschiede auf. Die Palmkeys und die Seitenklappen der rechten Hand sind nicht mehr mit Steinen besetzt. Eigentlich sehr schade, waren die doch ein schöner Hinkucker. Auch gibt es keinen Resonanzstein mehr auf dem S-Bogen (war der vielleicht doch nicht so essentiel?) und es gibt auch nur noch einen S-Bogen. Dafür ist die Fis-Klappe jetzt aber mit einer runden Taste, die mit einem Stein besetzt ist. Das kennen wir eigentlich nur von älteren Hörnern, so wie dem Mark VI. Auch sonst gibt es einige Veränderungen der Mechanik die alle sehr an das Mark VI erinnern. Nach Aussagen von Cannonball wollte man dem Spieler nicht nur einen Vintage Klang geben, sondern auch das Gefühl, wie man es von einem Vintage her kennt. Dementsprechend wurde die Mechanik neu gestalltet. Vor allem die Tasten für die kleinen Finger erinnern sehr an ein altes Design. Selbst die Marschgabelhalterung ist anders. Die kleinen Tonlöcher im Palmkeybereich, der für Cannonball recht ungewohnte kleine Klappenaufgang und noch ein paar andere Mark VIige Designmerkmale dürften wahrscheinlich auch direkte Einflüsse zum Vintageklang liefern. Wie man es von den Franzosen oft kennt ist auch beim Vintage der Becher etwas nach rechts geneigt, was ich beim Spielen im Sitzen sehr angenehm finde. Sowieso hat der Becher eine eher konservative Größe. Leider sind auch die Doppelarme für die tiefen Töne, die ich für sehr sinnvoll halte, verschwunden (gab’s halt früher auch nicht). Sehr gelungen halte ich das neue Design der Klappenkäfige, die für mich an einen alten Stil erinnern und eleganter wirken als das 08/15 Design der Konkurrenz.
Aber es gibt auch genug altbekanntes von Cannonball: ribbed Construction, italiensiche Leder Polster mit genieteten gewölbten Metallresonatoren, das CB-Logo in der Dreipunktstrebe, Metalldaumenauflage und Haken, die Gis-Klammer (neu designt aber immer noch mit Logo), die kleine zustäzliche Feder am Gis, die Schrauben zu Einstellung der rechten und linken Handkopplungen, C und Es Klappe laufen wieder über zwei Achsen und die merkwürdigen Böckchen unter den Seitenklappen gibt es auch wieder. Aber dieses mal setzen die wirklich auf und sollen so wahrscheinlich auf Dauer eine „Verdrehung“ der Mechanik verhindern.
Die Mechanik macht wieder einen sehr soliden Eindruck. Meiner Ansicht nach, ist gerade die härte Mechanik ein wichtiger Unterschied zu den Restlichen Taiwanesen, bei denen die Mechanik deutlich weicher ausfällt. Dieses Mal war sie übrigens straffer eingestellt, als original bei meinem Raven. All das macht dieses Sax wieder eher schwer ist aber doch spürbar leichter als die Stoneserie.

Die Ansprache des Saxophons ist tadellos und wie bei der BigBellStoneSerie ist der Blaswiederstand eher auf der schwereren Seite dennoch fällt dieses Saxophon nicht ganz so laut aus wie die Stoneserie. Bei der Intonation sind mir auch keine Markel aufgefallen. Sowohl im härte Einsatz im BigBandsatz bei 440 oder im Orchester bei 443Hz. Aber so gehört sich das auch für ein heutiges Profihorn.

DSC00254Kommen wir zum eigentlich wichtigsten; dem Klang. Tja, haben wir wieder einen weiteren MarkVI Klon? Im Sonic Testbericht schreibt man, das Vintage sei den Conns nachempfunden, von anderer Seite höre ich „klingt wie die Martins“, selber empfinde ich den Klang als sehr Oldschool aber weder deutlich als französisch oder amerikansich. In den Foren wird ja eigentlich alles mit dem Mark VI verglichen, was irgendwie etwas paradox ist, da die MkVI in ihrer Masse schon selber untereinander sehr sehr unterschiedlich klingen. Also was glaubt man nun? Deshalb habe ich meinen Kontakt bei Cannonball direkt angeschrieben und der hat mir erklärt, dass man damals bei der Entwicklung sich mehrere Mk6, die ihnen gefallen haben, vorgenommen hat und versuchte das zu vereinen, was sie alle daran am besten fanden.
Persönlich würde ich den Klang so beschreiben. Ein deutlicher Vintagesound der recht dunkel ist ohne zu kitschig werden, ausgeprägter Charakter, viel Kern aber weder zu zentriert oder zu breit und einen unglaublich samtigen Subtone Brise. Ich bin recht froh, dass es nicht zu französisch ausgefallen ist. Es hat nicht dieses eigentlich für Selmer  recht markante näseln. Ich habe bewußt die unlackierte Variante genommen, da ich beim Tenor tendenziel einen breiteren Sound bevorzuge. Mit den beiden anderen Finishvarianten könnte man den Klang je nach persönlichem Geschmack näher kommen. Silber würde etwas mehr Brillianz geben und Lackiert den Sound etwas mehr zentrieren.
Die Stoneserie ist im Vergleich breiter, deutlich heller, runder, strahlender, straighter; kurz: moderner. Interessant finde ich besonders den Vergleich mit den beiden Mauriat Hörnern System 76 und PMXT 66 R UL  da diese sowohl vom Preis als auch von der Klangrichtung eigentlich die direkte Konkurenz zum CB Vintage sind (wie praktisch, dass ich diese Möglichkeit hatte).  Ich meine, dass es Klanglich genau zwischen den beiden Mauriathörner sitzt. Es ist nicht ganz so breitlaufend wie das 66R UL aber auch nicht so zentriert wie das 76 und ich find, dass das CB Vintage auch wieder mehr Soundsubstanz bietet.

Preislich ist es zwar mit 2720,-€ (UVP) zwar eines der teureren Taiwanesen (naja, es steckt auch noch ein bissel Ami mit drin)  aber es ist außer Frage ein Profihorn und günstiger als die großen 4.

Das Resümee: Ich hatte ja im Vorfeld sehr lange gesucht und vieles verglichen, bevor ich mich wirklich für das CB Vintage entschied. Und jetzt nach den ersten zwei Wochen im Härtetest könnte ich nicht zufriedener sein. Bei vielen anderen neuen Vintagehörnern, hat man lediglich einen Klang, der in die Richtung geht oder einen Lack, der auf Pseudo alt macht. Was ich an dem CB Vintage sehr mag, ist das man erkennt, dass man sich hier wirklich Mühe gemacht hat, eine echte Homage an die Klassiker zu entwickeln, was dem Saxophon insgesammt einen besonderen Flair gibt. Man merkt zwar, dass ich Cannonballfan bin, aber hier handelt es sich in der Tat um exzellentes und interessantes Horn. Leider gibt es noch viel zu wenig CB-Dealer in Deutschland, aber wenn ihr die Chance habt eines anzutesten, solltet ihr es versuchen.

Das P.Mauriat System 76 im Testlabor

Eigentlich wollte ich ein anderes Tenor, leider war dieses zu dem damaligen Zeitpunkt vergriffen und da ich aber dringend ein Tenor braucht war mein Händler (www.saxtoys.de) so großzügig mir erst mal ein anderes Tenor zu leihen. Und so kam ich zu einem System 76 Tenor in Goldlack und ohne hoch Fis.

Mein anderes Tenor ist jetzt endlich verfügbar und ich dachte, bevor ich das Mauriat zurück gebe, könnte ich noch einen kleinen Test dazu schreiben.

P.Mauriat ist eine komplett taiwanesische Firma die seit einiger Zeit sehr gute Saxophone für das Profisegment baut zu einem recht akzeptablen Preis und hat einige sehr namenhafte Endorser unter Vertrag (u.a. James Carter). Vor ein paar Jahren war noch nicht ganz so klar, wo P.Mauriat herkommen, da unter dem Firmenlogo groß noch „Paris“ (So wie bei einem anderen älteren großem Saxunternehmen) steht.

Warum jetzt darunter noch New York, London und Tokio (aber nicht Berlin) steht sowie die 4 etwas kryptischen Seriennummern bleibt rätselhaft. Auch was mit „spezial handmade“ gemeint ist, erschließt sich mir auch nicht so richtig. Aber die etwas sonderliche Firmenpolitik der Taiwanesen soll heute nicht das Thema sein.

Fangen wir mit der Ausstattung an. Geliefert wird das Saxophon mit einem sehr guten Formkoffer. Schwarzes Cordua außen; blauer gepolsteter Samt innen. Sieht edel aus, sehr stabil und das Sax liegt sicher und behutsam darin. Nur die Außentaschen fallen für meinen Geschmack etwas zu klein aus. Es passen leider keine Noten rein. Der Rest der Beilagen ist normal. Das Mundstück ist nicht schlecht, sehr spielbar, aber nichts besonderes.

Mauriat bietet eine große Palette an verschiedenen Saxophonen an und diese meist auch noch in unterschiedlichen Finisches. Bei einigen Modellen hat man sogar die Option ohne hoch Fis. Das dürfte einige erfreuen, denn es gibt eine Vielzahl an Spielern, die meinen, dass ohne hoch Fis das Saxophon voller und besser klingt, sowie die Ansprache besser ist. Leider hatte ich kein Mauriat mit hoch Fis, wäre interessant gewesen, diese direkt zu vergleichen. Interessant ist auch, dass Selmer vor kurzem (wahrscheinlich vorher) ein Reference Model ohne hoch Fis rausgebracht hat.

Es gibt zwei Modelle, die besonders erfolgreich sind. Das System 76 und das PMXT 66R (Die nummern sind leicht unterschiedlich zwischen den Saxophonarten; diese beziehen sich nur auf das Tenor). Es gibt deutliche unterschiede in den Ausführungen. Das 66R hat andere Gravuren, Daumenauflagen, einen größeren Becher, leicht andere Mechanik und gebördelte Tonlochringe. Klanglich geht dieses in die Reihe der VintageBigBell-Hörner.

Das System 76 ist anders, aber ich finde nicht schlechter.

Das Exemplar, dass hier vor mir liegt, ist golden lackiert, hat eine florale Gravur auf dem Becher und Knie (nichts weltbewegendes aber ansehnlich) und als besonderen Hinkucker farbiges Perlmutt. Besonders gelungen finde ich die linke Daumenauflage in die auch Perlmutt eingelegt worden ist. Ich finde, dass die Haptik dadurch sehr verbessert wird. Der Daumenhaken ist aus Metall (so wie es der Trend gerade angibt). Der S-Bogen hat die Bezeichnung „super VI neck“. Da allerdings nur ein S-Bogen dabei war, ist mir dieses Gimmick auch nicht ganz so schlüssig.

Weitere Besonderheiten, sind die Gis-Klammer (die wir zum ersten mal bei Cannonball gesehen haben), die Doppelarme für die tiefen Töne (auch von Cannonball bekannt), der etwas größere Becher (muß ich nochmal sagen, woher wir das kennen)und das Motiv im Ring der Becher-Korpus-Verbindung (jaja, auch hier). Selbst die Marschgabelhalterung sieht ungewohnt bekannt aus). Merkwürdig finde ich aber, dass nur C und H Doppelarme bekommen haben, das tiefe B allerdings nicht. Ansonsten findet man viel vertrautes für ein aktuelles Profihorn. Ribbed Construktion (die Mechanik ist auf einer Schiene vormontiert, dadurch gibt es Vorteile in der Montage und es klingt direkter), gute Lederpolster mit Metallresonatoren (doomed, nicht genietet!). Allerdings gibt es kaum Einstellschrauben. Fast alle Klappenöffnungen und Kopplungen sind mit Kork geregelt, gefällt mir persönlich nicht so sehr, da ich gerne selber mal Hand anlege und es mir die Schrauben sehr erleichtern, schnell mal eine Korrektur vorzunehmen. Die Mechanik ist sehr gut verarbeitet, mir sind keine Mängel aufgefallen dennoch wirkt sie etwas weich im Vergleich zu den etwas bekannteren Profimarken. Ob sich diese längerfristig als so zuverlässig zeigt, muß man abwarten.

Intonation und Ansprache sind so wie man es von einem Profiinstrument erwartet. Gut und ohne wirkliche Mängel. In dem Intensiven Einsatz im BigBandsatz sind keine Intonationsunregelmäßigkeiten aufgefallen.

Wie klingt nun dieses Horn? Ich hasse es, es sagen zu müssen, aber sehr Mark VIig. Ich war beim ersten anspielen wirklich überrascht wie gut es klingt. Wie der Zufall es so will, habe ein neues PMXT 66R UL zum vergleich hier stehen. Das 66R klingt sehr voll und dunkel. Das System76 klingt vielleicht nicht ganz so voll, aber alles andere als dünn. Es ist sehr viel mehr direkter , etwas heller und hat deutlich mehr Charakter. Es erinnert wirklich an ein französisches Vintageinstrument. Persönlich gefällt es mir fast besser als das PMXT 66R UL welches von vielen sehr hoch gelobt wird

Der Listenpreis des System 76 liegt bei 2800,- und ist damit zwar ein eher teurer Taiwanese liegt aber immer noch deutlich unter den Spitzenmodellen der Japaner, Selmer oder anderen etablierteren großen Marken. Für einSaxophon auf diesem Niveau ist das ein gutes Preisleitungsverhältnis zumal selten der Listenpreis am Ende verlangt wird.

Obwohl ich persönlich aus ein paar Gründen wahrscheinlich nicht der größte Fan von P.Mauriat bin, so muß ich doch sagen, dass das System 76 ein verdammt gut klingendes Saxophon ist, das keine wirklichen Makel hat, gut zusammengebaut worden ist und das noch zu einem für das Profisegement recht fairen Preis. Wer ein modernes Horn mit Mark VI mäßigem Sound sucht, sollte auch dieses hier probieren.

www.saxtoys.de

http://www.pmauriatmusic.com/