Hier geht’s zum ersten Teil des ultimative Saxophonstarter-Guide.
So, nachdem das Einstiegsquiz bestanden worden ist und man vielleicht schon ein Instrument in der Hand hat, stehen noch ein paar andere Punkte aus, die man zum Anfang beachten sollte.
Leider hört es mit der Auswahl des Instruments leider mit der Entscheidungsqual nicht auf.
Mundstück und Blatt sind für den Sound meist entscheidender als das Saxophon selber. Zwar sind beim Saxophon schon ein Mundstück und ein oder zwei Blätter beigelegt. Blätter sind Verschleißware und je nachdem was für ein Sax man gekauft hat ist das beigefügte Mundstück brauchbar oder totaler Mist.
Die Krux an der Sache ist, dass man als Anfänger eigentlich brauchbares und leicht zu spielendes Equipment braucht, es aber als Anfänger nicht bewerten kann, ob das eigene Equipment das ist. Schlechtes Equipment kann zu vielen Problemen führen und der Einsteiger weiß nicht was es ist und verzweifeln daran.
Was die Auswahl des richtigen Equipments angeht, heißt es eigentlich leider wieder Probieren über Probieren, aber da man das als Anfänger schlecht wirklich gut beurteilen, was was taugt, kann das schwer werden. Leider verhält sich auch Equipment bei jedem anders, weshalb das, was bei jemand anderem funktioniert nicht zwangsläufig für einem selber funktionern muß. Zu viel Gesuche kann zu Frust führen und hält vom echten Üben ab. Zudem ist Materialschlacht auch immer mit großen Ausgaben verbunden. Daher rate ich, schnell etwas zu finden, auf dem man sich halbwegs wohl fühlt und man gut zurecht kommt und dann dabei erstmal zu bleiben.
Das Mundstück
Die Suche nach dem passendem Mundstück (MPC=mouthpiece) ist oft eine niemals endende Suche. Hier gibt es einen Einblick in meine Odyssee. Es geht also nicht darum, möglichst schnell das beste Mundstück zu finden, sondern erstmal eines zu haben, auf dem man bequem seine ersten Schritte machen kann. Daher muß man auch nicht gleich 200 Euro dafür ausgeben. Wie in meiner Odyssee zu erkennen ist, kann auch ein Plastikmundstück für 30 Euro sehr gut sein und ist für den Anfänger absolut ausreichend. Als Saxophonist wird man öfter noch seine Mundstücke wechseln, also warum unnötig am Anfang dafür zu viel Geld ausgeben.
Gerne werden die Marken Otto Link, Meyer und Selmer empfohlen, ich hingegen rate an dieser Stelle davon ab. Eigentlich sind es gute Mundstücke, aber deren Ruhm basieren eher noch auf alten glorreichen Zeiten und heutzutage erlebt man immer wieder eine hohe Varianz bei diesen Marken, d.h. man hat schnell mal eine Gurke, merkt es nicht und müht sich damit ein paar Jahre ab. Vortreffliches hört man über die neuen ExpressionMPCs die wirklich günstiger sind. Begeistert bin ich auch von den Cannonballmundstücken, die hier allerdings kaum so einzeln zu bekomme sind. Sehr solide sind die einfachen Ricos, Yamahas und Yanagisawas. Wer es etwas hochklassiger haben möchte, so halte ich die normalen Kautschuk MPCs von Jody, Brancher, Vandorren und Lebayle für gute Allrounder. Ich verstehe auch nicht, dass Anfängern oft KlassikMPCs (wie das Selmer S80) – also Mundstücke die vornehmlich für die klassische Musik gedacht sind – empfohlen wird. Diese sind oft nicht wirklich flexibel und gerade einem Anfänger würde ich zu ein Allrounder raten. Außerdem landen wahrscheinlich über 80% aller Saxophonisten eh beim Jazz.
Wie ein Mundstück klingt hängt maßgeblich von der Form ab. Was meist über das Material des Mundstücks gesagt wird, stimmt so leider nicht und kann getrost ignoriert werden (wer mehr wissen will, kann kurz hier reinschauen). Kammergröße, Kammerform, Baffle, Einlauf, Bahnlänge und Bahnöffnung sind entscheidend. Hier gibt es eine riesige Auswahl an Herstellern und Modellen und bei jedem Modell noch verschiedene Bahnöffnungen (teilweise auch Kammergrößen und Bahnlängen). Um die Verwirrung perfekt zu machen, hat jeder Hersteller seine eigene Skalierung. Vergleichstabellen findet ihr in den Linktipps.
Ich rate dem Anfänger von allen Extremen ab. Sehr große bzw. sehr enge (darunter fallen fast alle MetallMPCs) Kammern sind schwerer zu beherrschen. Übernehmt euch auch nicht bei der Bahnöffnung, das ist etwas in das man hineinwachsen muß. Die Bahnöffnung bestimmt, wie viel Luft man braucht. Je größer desto mehr Sound, allerdings auch schwieriger zu kontrollieren (Luftführung, Intonation, usw.). Alles ab 7 und aufwärts ist zu offen. Allerdings finde ich vieles, was man dem Anfänger sonst so empfiehlt (Yamaha 4c, Selmer C usw) zu eng. Je nachdem ob man eine kleine Lunge hat (oder Raucher ist) oder eine gigantische Puste (so wie der Wolf in dem Märchen mit den 3 Schweinchen) kann man sich für Öffnungen um die 5 oder 6 entscheiden.
Ach ja, und kauft euch gleich ein paar Bißplatten mit. Schützt die Zähne und das Mundstück, stabilisiert den Ansatz und reduziert den durchs MPC übertragene Körperschall.
Die Blätter
Ein kleines unscheinbares Teil mit großer Wirkung. Erst das Blatt läßt die Luft schwingen und nur so erzeugt das Saxophon einen Ton. Das Blatt ist also auch essentiell für den Sound und ihr erratet es schon, es gibt wieder eine unüberschaubare Auswahl an Marken, Modellen und Schnitten und alle klingen und verhalten sie sich unterschiedlich und nicht jedes Blatt passt zu jedem Mundstück und auch Spieler gleich gut. Zudem gibt es bei Blättern noch verschiedene Stärken. Und natürlich sind die Stärke angaben bei den Herstellern auch nicht gleich. Hier eine brauchbare Vergleichstabelle.
Die Stärke gibt an wie hart das Blatt ist, also wie leicht es sich spielen läßt. Ein weiches Blatt läßt mehr Spielraum in der Tongestalltung, fordert also auch mehr Kontrolle. Mit einem stärkerem Blatt kriegt man etwas mehr Sound raus (lauter). Ist das Blatt zu weich, kann es zu quiken führen, die hohen Töne stehen nicht stabil genug, die Ansprache ist schwammig und/oder die Oktave überspringt zu leicht; ist es viel zu weich, macht das Blatt, wenn man etwas mehr Gas gibt einfach dicht und blockiert. Ist das Blatt zu hart, strengt das spielen sehr an und man ermüdet sehr schnell; ist es viel zu hart, kriegt man es erst gar nicht zu schwingen.
Die Blattstärke muß passend zur Bahnöffnung gewählt werden. Je offener das Mundstück, desto leichter sollte das Blatt sein (da das Blatt dort mehr ausschwingt), also bei engen Mundstücken dementsprechend härtere Blätter. Oft hört man, man sollte mit der härtesten Stärke spielen, mit der man noch klar kommt. Ich hingegen finde, dass Musik machen kein Bodybuilding ist. Man sollte mit der Stärke spielen, mit der man 2-3 Stunden bequem spielen kann. Man kann nicht wirklich musizieren, wenn man körperlich mit dem Equipment kämpft. Bei Bahnöffnungen um 5 und 6 sind Stärken um die 2/2,5 für einen Anfänger absolut ausreichend. Wenn man etwas fitter beim spielen wird, kann man die Blattstärke langsam erhöhen.
Wie schon gesagt, das Blatt ist Verschleißmaterial. Viele Anfänger spielen ein Blatt bis es abgeschlafft ist und dann noch zwei weitere Monate. Wenn Blätter abschlaffen verlieren sie ihre Spannung, klingen mistig und machen diverse Probleme. Aber oft wird das nicht bemerkt und der Anfänger ärgert sich, dass er so viele Probleme hat. Wechselt also regelmäßig. Am besten führt ihr ein Rotationsprinzip ein. Vier eingespielte Blätter werden in einem Turnus gespielt, jeden Tag ein anderes. So hat man erstens eine Kontrolle und merkt, wenn eines abschlafft und man hat immer Ersatz, wenn eines plötzlich kaputt geht.
Ja, ihr ahnt es schon: Blätter sind verdammt zickig und bedürfen viel Pflege. Hier habe ich mal ein paar Tipps für den Umgang mit Holzblätter zusammengefasst. Das ist auch einer der Gründe, warum ich selber Kunststoffblätter spiele (hier ein etwas ausführlicherer Test). Sie haben diverse Vorteile und können gerade Anfänger das Leben erleichtern. Allerdings sollte man schon wissen, welche Blattstärke man braucht. Am Anfang ist nicht immer ganz klar, was man braucht und so kauft man ein teures Plasteblatt nur um festzustellen, dass es bei der Stärke nicht passt.
Also was für Blätter soll man nun kaufen. Auch hier wird wieder oft zu etwas geraten, was ich so nicht verstehe. Es werden die blauen Vandoren und die orangen Ricos empfohlen. Das sind aber nur die günstigsten Blätter der zwei bekanntesten Marken. Günstig bedeutet, dass die Blätter weniger selektiert, also mehr Krücken in einer Packung sind. Ein Profi kann Krücken erkennen und nachbearbeiten. Wie soll das ein Anfänger machen? Investiert ruhig zwei Euro mehr, dafür könnt ihr dann sicher gehen, mehr bessere Blätter und weniger Krücken zu haben. Ein kleiner Tipp ist, beim Kauf sich die Blätter vorher nochmal einzeln anzuschauen. Haltet es gegen das Licht und schaut, ob das Herz gleichmäßig und symmetrisch gewachsen ist.
Welche Marke oder Modell man kauft ist eigentlich egal. Fragt man 10 Saxophonisten, was sie denn für die besten Blätter halten, bekommt man 12 verschiedene Antworten. Die bekannten Blattmarken funktionieren also alle. Es ist also nicht so schwer, wie ein passendes/funktionierendes Mundstück zu finden. Die Feinheiten im Klang wird man als Anfänger eh nicht aus den Blättern rausholen können. Die einzige Marke, die ich vielleicht empfehlen kann, sind AW-Reeds (u.a. hier erhältlich); nicht umbedingt, weil sie so gut klingen, aber ich und viele andere Saxophonisten haben festgestellt, dass es die Marke mit der geringsten Varianz ist und jedes Blatt funktioniert (außerdem ist es eine deutsche Firma).
to be continued
Man kennt es von Filmen, fast nie bleibt es bei nur zwei Teilen. Meist sind es Trillogien. Ich hoffe nur, dass es bei dem ultimativen Saxophonstarter-Guide eher um ein „Zurück in die Zukunft“ als ein „Matrix“ handelt. Mit dem Saxophon, dem Mundstück und den Blättern haben wir jetzt das essentielle schon behandelt. Wer bei der ganzen Auswahl, die es auf dem Markt dafür gibt, sich absolut überfordert fühlt, ist es zurecht. Aber „don’t panic!“, viele Saxophonisten suchen ihr Leben lang nach dem richtigen Equipment. Allerdings ist das Equipment für die Musik eher zweitrangig, also zerbrecht euch nicht zu sehr den Kopf darüber.
Im dritten und finalen Teil geht es um das restliche Gedöns und ein paar Tipps für den Anfang.