Francois Louis Spectruoso Mundstücke und Pure Brass Ligature

Der Name „Francois Louis“ ist wohl in der Saxophonistenszene einer der schillerndsten. Sehr häufig wird er verknüpft mit dem Attribut „genialer Tüftler“.  Und da ist auch was dran. So hat er z.B. das Aulochrom (das erste Saxophon, dass schon alleine mit sich selber nicht intonieren kann) und die Francois Louis Ultimate Ligature, die zum echten Renner wurde. So habe ich schon mehrere ProfiBigBands gesehen, bei der 4 von 5 Saxophonisten min. 2 ihrer Instrumente damit bestückt hatten. Aber auch irgendwie zu Recht, denn die FL UL hat eine wunderbare Ansprache und einen hochwertigen Klang. Nur ist sie manchmal etwas frimelig und die Optik ist etwas rustikal; als würde sie in einer Garage zusammen geschustert worden sein.
Das ist vielleicht gar nicht so abwegig, denn der Belgier Louis ist passionierter Motorradler und hat als Mechaniker gearbeitet, bevor er sich dem Entwickeln von Saxophonequipment widmete.
So entstanden neben den Blattschrauben und dem Aulochrom noch die Smart Cap, eine eigene Blattlinie und er hat wohl auch Borgani bei deren Saxophonen beraten. Weiterlesen

Expression Mundstücke – Oldschool für Newbies

Ich habe unter meinen Schülern auch einige sehr frische Anfänger und da kommt zwangsweise die Frage, was man denn kaufen sollte. Gerade bei der Mundstückfrage muß ich mich immer etwas winden, denn ich mag nicht wirklich ein Mundstück empfehlen.

Die üblichen Kandidaten wie Meyer, Otto Link und Selmer scheiden für mich aus zwei Gründen aus. Erstens, sind sind nicht billig, eigentlich sogar zu teuer, denn zweitens ist die Qualität nicht stabil. Gerade bei diesen Mundstückherstellern gibt es immer wieder hohe Fertigungsschwankungen.  Ein „Frischling“ kann schlecht in den Laden gehen und 25 Mundstücke durchtesten und ca. 150 Euro sind definitiv zu viel für ein Mundstück, dass wegen ggf. unsauberer Arbeiten suboptimal ist.
(Nicht falsch verstehen, Selmer, Meyer und Link machen immer noch sehr gute Mundstücke, man muß sie nur rausfischen können). Weiterlesen

Gesichtslifting durch Jary Custom

Na, Wortwitz verstanden? Gesichtslifting – Refacing? Ok, war nicht mein bester, aber irgendwie braucht man ja eine Überschrifft und eine Einleitung.

Einige erinnern sich vielleicht noch an meinem Lion’s Roar-Bericht und das ich davon sehr angetan war. Ich hatte es mir von dem Mundstückschnitzer Dave Jary aus den USA „maßschneidern“ lassen. Deshalb hatte ich mir schon im letzten Jahr ein Lion’s Roar II für’s Tenor geleistet. Auch das entsprach sehr meinen Vorstellungen.
Da Dave es sehr genau mit den Kundenwünschen nimmt, hatte er mir angeboten, dass er sie sich nochmal vornimmt und Korrekturen vornimmt, wenn ich das wünschen sollte.
Ein paar Kleinigkeiten waren die ich etwas anders wollte. Für’s Alt wollte ich dann doch etwas mehr Edge, da Lion’sRoar I doch breiter und luftiger ist und ich mich manchmal nicht ganz so gut durchsetzen konnte. Beim TenorMPC waren meine gewohnten Blätter etwas schwer, weshalb die mir etwas zu mühselig waren.

Also schickte ich die Mundstücke zurück in die USA. Bei der Gelegenheit habe ich noch drei Mundstücke, die noch in meiner Schublade verstaubt, damit Dave die sich mal zu Brust nimmt. Ich habe gesagt, mach was du willst und überrasch mich.
Da war ein Meyer M7M, dass ich mal in Tokio erstanden hatte, aber nur mittelmaß war, ein hölzernes Lebayle (Jazz 6*), dass irgendwie knochig klang und mein altes Selmer S80 F, bei dem etwas von der Spitze abgebrochen war.

Die Preise von Dave Jary finde ich sehr fair, weshalb ich dachte, probiere ich doch einfach mal aus, was so ein Refacing alles bringe kann.
Kurz: mehr als ich erwartet hätte.

Die Wünsche für meine beiden Lion’sRoars hat er mir erfüllt und auch die anderen Mundstücke sind jetzt sehr gut.

Das Selmer spielt sich sehr weich und angenehm. Zwar klingt es immer noch nach Selmer, aber deutlich angenehmer. Er hat die Spitze ersetzt indem er mit einer Art Modeliermaasse anheftete und komplett neu formte. Man kann aber, wenn man es nicht weiß, nichts von außen erkennen. Das hat er sehr geschickt gemacht. Die Siderails sind vielleicht etwas dick geraten, aber mich störts nicht.

Das Lebayle hat er deutlich geöffnet und die Bulletstep hat er länger gezogen. Habe ich so vorher noch nicht gesehen. Es klingt jetzt eher straight und modern, aber nicht schrill und dünn. Hat was und es ist ein schöner Gegensatz zu dem Lion’s Roar II, welches recht raugh mit einer ordentlichen Portion Subtones ist.

Aber am begeistersten bin ich aber von meinem Meyer (welches jetzt nun mehr als eine Weltumrundung hinter sich hat). Nach seiner Aussage, hat er aus dem neuen Meyer ein Altes gemacht. Vorallem hat er Bahn und Einlauf bearbeitet. Ich bin leider viel zu wenig bewandert im VintageMundstückmarkt um dazu etwas sagen zu können, aber das Mundstück klingt so etwas von Be-Bop. Unglaublich direkt und hart. Dunkel, aber alles andere als ein Softie. Ein echt männliches Mundstück, weshlab es jetzt auch zu meiner Weapon of Choice avoncierte. Damit habe ich einen kräftigen Sound mit einen schönen Jazzcharakter, bin aber auch sehr flexibel, so dass ich damit stilistisch fast alles abdecken kann.

Ich kann also Dave Jarys Arbeit nur empfehlen und selbst mit den Portokosten aus den USA ist er im Vegleich zu seinen Kollegen recht preiswert. Sehr freundlicher Kontakt mit typisch amerikanischem Understatement, nur sollte man ein bis zwei Wochen drauf rechnen, zu seiner Zeitangabe, da er meist mit Arbeit überschüttet ist (die Nachfrage spricht für sich). Am besten checkt ihr selber mal seine Homepage:

http://www.jarycustom.com/

 

Ein rotes Kuriosum

Dieses „Ding“ viel mir per Zufall in die Hand und so abenteuerlich es aussieht um so weniger weiß man darüber. Läßt es sich spielen, wer schnitzt so etwas sonderbares, gibt es davon noch mehr und warum diese Farbe? Fragen über Fragen. Zu einer Probe meines alten Saxophonquartettes aus Leipzig „Saxtrovertiert“ brachte der Tenorist mal dieses alte Mundstück mit, dass er wieder bei sich in der Schublade gefunden hatte um es mir dem Saxgeek mal zu zeigen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es ist ein altes Plastikmundstück in knallrot, naja, teilweise altersbedingt eher orange. Eine ungewöhnlich schlange längliche Form. Vermutlich für das Tenor. Die einzige Markierung ist ein ominöses „X“ auf dem Rücken. Dabei war nur einer dieser alten vernickelten Einhandspanner. Das Innenleben ist noch sonderbarer. Eine merkwürdiger Einlauf und eine Stufe, die jeglicher Beschreibung spottet. Es ist eher eine Klippe, die in eine großen Kammer  führt, die sogar noch unter der Klippe ausgewölbt ist. Läßt sich soetwas überhaupt spielen? Das es wohl viel benutzt worden ist, war am Geruch auszumachen. Es hing ihm ein Odör von alten Bier an. Der Vorbesitzter hatte wohl das ein oder andere feuchtfröhliche Konzert damit. Dennoch der Forschergeist war größer als unsere Skepsis und Ekel, weshalb Der Baritonist sich das Teilgreift und es auf sein Bari steckt. Alles andere als schön. Der Tenorist greift es sich wieder und tut es seinem tieferen Kollegen gleich. Natürlich muß ich auch mit dem Alto ran. Und weil es bei mir am „besten Klang“ hat es mir der Tenorist geschenkt. Nachdem ich es gründlich gereinigt hatte (ein leichter Malzgeruch ist einfach nicht weg zu bekommen) habe ich es nochmal gründlich testgespielt. Es ist definitv ein Tenormundstück. Es gibt zwar viele bessere Mundstücke aber man kann es spielen und es intoniert sogar brauchbar. Der Klang ist recht „speziel“. Es ist etwas dünn und recht schrill. Kein Wunder bei dieser Stufe. Dafür hat es etwas ungewöhnliches und eignet sich ideal für Rock’n’Roll-Zeugs. Ich versuchte natürlich rauszufinden, was ich nun in den Händen hatte. Der Tenorist wüßte auch nicht wo das herkam. Es war wohl im Koffer eines alten Saxophones dabei, dass er mal hatte. Daher ist es höchstwahrscheinlich, dass es aus dem alten Ostblock stammt. Etwas vergleichbares konnte ich auch in den weiten des Internets nicht finden. Nur den Einlauf hatte ich schon mal bei alten englischen Mundstücken ROC Britone schon so gesehen. Aber ansonsten war nichts den Britones ähnlich und wie sollte so ein Mundstück hinter die Mauer kommen? Vielleicht war es ein geheimer Prototyp der Russen und wurde in der KGB-BigBand verwendet? Dies könnte auch die das ungewöhnliche Rot des Mundstückes erklären erklären. Wer weiß. Aber vielleicht weiß ja einer meiner Leser mehr über den Ursprung. Hinweise können als Kommentar hier gepostet werden.

Nachtrag: Ich habe mich auch an Mouthpiecemuseum gewendet. Stefan, der sich zu meinem Erstaunen als deutscher Auswanderer herausstellte, gab mir auch eine sehr kompetente Antwort. Er hat mir erklärt, dass man diese Einlaufform „wedge-baffle“ nennt. Neben Britone hat eine weitere englische Firma: Brawler. Beide gibt es nicht mehr. Er tippt auf ein „Tripe Sonority“ Modell. Die gab es wohl aus rotem Nylon. Das jetzt kein Logo drauf steht und wie es in den Osten kommen könnte, erklärt er so, dass einige Mundstückhersteller (z.B. Keilwerth) ihre Mundstücke auch nach drüben verkauften, allerdings ohne ihre Firmenbezeichnungen. Die wurden von verschiedensten Subfirmen mit den Kuriosten Logos vertrieben. Oft in sehr kleinen Stückzahlen. Vielleicht gab es da auch die Firma „X“. Er schätzte den (Sammler-)Wert eines solchen Teils auf bis zu 150€. Also für die Infos nochmal ein ganz großes Dankeschön an Stefan. Alerdings bleibt ungeklärt, wie und warum nun ein englisches Mundstück in die DDR kam. Außerdem ist die Stufe sehr extrem und alles andere als eine Serienproduktion. Vielleicht ein Prototyp, aber das macht die „Auslieferung“ in den Osten noch unwahrscheinlicher. Nun habe ich im Forum das hier entdeckt. Das Plastik kommt einem doch bekannt vor. Vielleicht gab es zu dem Zeitpunkt, als die Mundstücke gefertigt wurden, gerade mal wieder in der DDR kein schwarzes Plastik. Dies würde eher auf die Theorie eines durchgedrehten MarkneukirchnerMundstückschnitzer begünstigen. Aber persönlich halte ich die KGB-BigBand-Variante doch noch am wahrscheinlichsten.

über klassische Mundstücke

Eines vorweg, im Klassikbereich bin ich Anfänger, weshalb dieser Testbericht eher oberflächlicher Natur ist. Ich würde mir nicht anmaßen hier eine Expertise zu schreiben. Dennoch möchte ich meine Erfahrungen zu meiner Mini-Klassikmundstück-Odyssee teilen (hier geht’s zur großen Mundstücksodyssee).

Da ich nun an der HfK Bremen jetzt klassischen Saxophonuntericht habe, brauche ich nun auch ein echtes Klassikmundstück. Das Lion’s Roar hat zu viele jazzige Subtones und Nebengeräusche und das Cannonballmundstück ist zu poppig. Zwar hatte ich noch ein gutes Selmer S80 MPC, aber mit der Bahnöffnung F (ca. 7) viel zu offen für ein seriöses und leichtgängiges Klassik-MPC und zudem ist es mir mal runter gefallen und an der Spitze etwas abgebrochen.

Gerade in der Klassik sind die Ansprüche an Tonkontrolle und richtigem Klang (bewußt vermeide ich hier das Wort „Sound“) sehr hoch. Der klassische Klang ist nicht so ausufernd wie ein Jazzsound. Schlanker, kompakter, homogener, ausgeglichener, sanfter, lyrischer. Oft erinnert der Klassikklang an Streicher. Das hat so auch seinen Sinn, dass es in Blasorchester der Saxsatz das Klangspektrum der Seiteninstrumente abdecken muß.
Da ist es irgendwie klar, dass man da ein passendes Mundstück braucht mit deutlich kleinerer Bahnöffnung.
Aber es gibt dort auch diverse Kontroversen, wie genau denn ein klassisches Saxophon klingen muß und was man für Equipment spielen muß.
Aber da will ich mich nicht einmischen und bin froh, dass man als Jazzer klingen kann wie man will und sagt, „das ist mein Sound“. Wenn es da nicht die JazzPolizei gäbe, die auch so ihre Vorstellungen hat, wie genau alles sein müßte….

Nun ja, die Übergangslösung war mal wieder mein Yamaha 4c. Damit ging vieles wie es gehen sollte. Nur mußte ich wieder auf Blattsuche, was ich immer am frustrierensten finde. Kaum hat man ein gutes Blatt gefunden, hat man es aus Versehen kaputt gemacht. Also habe ich in meiner Blattkiste gewühlt und stellte fest, dass ich fast nur Jazzblätter hatte und ein paar blaue Vandoren, derentwegen – oder besser gesagt, wegen den Frust über diese inhomogenen Blätter – ich auf Kunststoff gewechselt habe. Jedoch haben Klassikblätter auf Klassikmundstücken einen Sinn, denn der French Cut (auch „filed“ genannt) passt besser zu den meist kürzeren Bahnlängen.
Die AW’s gingen, nur fehlte mir die richtigen Stärken oder sie waren schon zu alt (merkwürdigerweise sind diese ausgewiesenen Klassikblätter unfiled), die Alxander Superial waren mir zu plärrig, die teueren Ricoreserve habe ich jetzt noch nicht testen können, Gonzales war mir zu jazzig und da es sonst nicht viel gibt bin ich jetzt doch wieder (erstmal) bei Vandoren Blau gelandet.

Das Yamaha 4c ist besser als sein Ruf und obwohl es jetzt vielleicht gereicht hätte ist es auf Dauer doch etwas limitiert weshalb ich nun auch wieder auf Mundstücksuche ging.
Im Gegensatz zum Jazz-MPC-Markt ist der Klassikmarkt glücklicherweise/leider sehr überschaubar. Klassische Rascher-, Buescher-, Connmundstücke sind rar und Exoten. Normalerweise findet man in den Läden nur Vandoren oder Selmer.

Selmer ist (oder war?) das Maß der Dinge wenn es um Klassik geht. Viele weinen alten (besseren?) Zeiten nach. Nicht nur beim Sax auch bei den Mundstücken wie z.B. das „Airflow“. Selmer scheint ein Faible für ungewöhnliche Innenleben wie die Quadratische Kammer haben. Ich bin nicht so ein Fan davon, da Kanten im MPC immer zu Brüchen im Frequenzspektrum nach oben (also es heller und plärrender machen) führen. Interessanterweise hat auch das Yamaha eine quadratische Kammer, nur nicht ganz so extrem.
Selmer führt 3 Mundstücke die für Klassik ausgeschrieben sind. Das weit verbreitete S80, das nicht so verbreitete S90 und noch ein Klassikmetall Variante. Metall will ich diversen Gründen nicht mehr und das S90 wird schon von Selmer als moderner, direkter Allrounder u.a. auch für Pop beschrieben. Das S80 hatte ich schon in einer F-Öffnung und war eigentlich ein sanfter Allrounder (auch gerade wegen der größeren Öffnung). Am meisten benutzt von Klassikern ist das S80 C*. Auch wird dieses gerne Anfängern empfohlen als einfach zu spielendes Allroundmundstück. Das kann ich gar nicht nachvollziehen. Erstens ist es nicht billig, zweitens steht Selmer (zurecht) im Ruf nicht wirklich Konstant (siehe unten) zu sein (ein Anfänger kann nicht beurteilen, ob er nun ein gutes oder schlechtes MPC ergattert hat), drittens ist es ein deutliches Klassik MPC (also nix Allround) zuletzt ist C* sehr geschlossen und wenn man später Jazz machen möchte (min 80% aller Saxophonisten), sollte man sich schon am Anfang gewöhnen, schon etwas Luft beim Blasen zu verbrauchen.
Selbst für ein Klassikmundstück ist es mir dann doch zu eng und so habe ich mir ein C** und ein D besorgt.

Bei Vandoren (die andere Größe im Klassikbereich) gelten als Klassikmundstücke das V5 und das Optimum. Hier muß man ein wenig bei den Größenangaben aufpassen, denn ein A27 ist geschlossener als ein A20. Die Nummerierung ist Kreuz und Quer da es auch noch Unterschiede in der Bahnlänge gibt. Also einen sorgfältigen Blick in die Broschüren werfen. Getestet habe ich ein V5 A28 und A15 und ein Optimum AL4.
(Eine gute Liste zum Vergleichen von Mundstücköffnungen findet ihr bei den kenneswerten Webseiten)

Wie praktisch wenn meinen Saxhändler seines Vertrauens hat zu den man hingehen kann und testen (Wehe jemand denkt jetzt an Thomann). Also ging ich zum KlarinettenMüller der einige Vandoren und Selmermundstücke hatte.  Ich konnte Sie „kurz“ im Laden anspielen (als Musikladenangestellter brauch man manchmal ’ne Menge Nerven) und das was ich genauer untersuchen wollte konnte ich dann auch eine Woche zum testen mitnehmen. Das ist der Vorteil an den kleinen Läden also unterstützt eure Lokal Dealer.

Zu den Qualitätsschwankungen bei Selmer wird ja viel gesagt und auch hier wieder so ein Fall. Das C** war unspielbar. Kein Ton konnte man raus bringen. Nach Hörensagen soll wohl die Mundstückproduktion bei Selmer folgendermaßen ablaufen: Hausfrau sitzt an einer Maschine, aus einer Kiste nimmt sie einen Rohling, setzt diesen ein, zieht einen Hebel, Ratsching, und schmeißt das Mundstück in eine andere Kiste. Irgendwie ist klar, dass bei der Auftragsmenge nicht jedes Mundstück ausgiebig angetestet und nachbearbeitet wird und so kommt es dann zu solchen Nieten. Aber ob dann noch ein Preise von ca. 150 Euro gerechtfertigt sind, ist eine andere Frage. Wahrscheinlich war beim C** der Tisch nicht plan und/oder die Bahnen nicht symmetrisch.
Das S80 D war Ok, aber im Vergleich zu dem Mundstück, dass ich dann am Ende genommen habe, kam da zu wenig raus. Außerdem wollte ich einen sehr runden, warmen und weichen Klassikklang und das Selmer klang mir auch zu selmerig.
Interessant ist auch die Blattschraube, die neuerdings jetzt bei den Selmermundstücken dabei ist. Zwar geht sie in der Tat besser als die normale aber wirklich überzeugt hat sie mich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass die Auflagestreben quer zur Schwingungsrichtung sind oder daran, dass der alte „traditionelle“ Selmerstyle verlorgen gegangen ist. Man hat mir gesagt, dass die meisten Kunden die alte Variante bevorzugen.

Über die Qualität von Vandoren kamen mir noch nie Klagen zu Ohren und auch kann hier nichts bemängeln. Mit um die 100 Euro ist der Preis auch sehr im Rahmen. Das Optimum war schnell aus dem Rennen. Nicht weil es schlecht ist sondern weil es nicht meinen Vorstellungen eines klassischen Klangs entsprach. Ich würde sagen, dass es ein ideales Allroundmundstück für französische Radiomusiker ist.
Von den V5 Mundstücken hatte ich zuerst das A28 getestet und war verwundert, warum das so schwer bei mir ansprach. Trotz verschiedenster Blätter ging es nie wirklich leicht. Mit dem Mundstück war alles in Ordnung (hatte noch ein gleiches zum Vergleich spielen können).
Das V15 ging tadellos. Runder eher warmer Klang. Leichte Ansprache und Kontrolle. Und im Vergleich zu allen anderen Mundstücken kam da auch am meisten raus. Alles so wie ich wollte weshalb ich es dann letztendlich auch gekauft habe.
Der Hauptunterschied zwischen dem A15 und dem A28 war die Bahnlänge. Anscheinend funktionieren aufgrund meiner etwas dickeren Lippen („Jazzlips“) kürze Bahnen nicht bei mir. Das war so für mich auch eine neue Erkenntnis und es ist gut so etwas zu wissen. Also wenn es die Möglichkeit verschiedener Bahnlängen gibt bei einer Marke, sollte man dieses durchaus auch mal ausprobieren.
Leider sind bei den Vandoren-MPCs keine Schrauben dabei. So muß man sich diese Extra kaufen. Z.B. die Vandoren Optimum für min. 50€.  Tja, leider passt diese auch sehr gut zu dem Vandorenmundstücken. Zum Glück hatte ich so eine schon in der Schublade.

Nun wie schon gesagt, die Auswahl an Klassikmundstücken ist minimal. Es dürfte ruhig mehr auf dem gängigen Markt sein, aber vielleicht ist für die Klassik einfach zu wenig Nachfrage. Andererseits hat es mir eine größere und Längere Suche erspart. Die Qualität von Selmer war eher enttäuschend (man hätte es ahnen können), dafür war Vandoren wieder einmal empfehlenswert. Sehr erhellend war für mich die Erfahrung mal wieder mit Mundstücken mit kleineren Bahnöffnungen und -längen zu tun gehabt haben.

Jody Jazz DV – das Mundstück mit dem goldenen Schnitt

Diejenigen, die meine Mundstückodysee gelesen haben, wissen, dass ich dieses Mundstück regulär eigentlich gar nicht mehr spiele, aber nicht, weil es ein schlechtes Mundstück – im Gegenteil -, sondern weil es mir und meinen Soundvorstellungen nicht mehr so passte. Da es jedoch ein hervoragendes Mundstück, eigentlich noch recht neu auf dem Markt, auf  ein revolutionäres (ob, das wirklich so ist, soll hier geklärt werden) Prinzip basiert und zudem mit das teuerste Mundstück (neu), was man auf dem Markt kaufen kann, ist, dachte ich mir, dass sich ein Test lohnt.

DSC00675Jody Espina war sozusagen bei Runyon in der Lehre und schnitzt schon seid einiger Zeit sehr gute Mundstücke. Den Lehrmeister kann man z.B. daran erkennen, dass Espinas Mundstücke Classic und ESP mit einem Spoiler, den man schon von Runyon kennt, ausgerüstet sind. Besonders mag ich die Jazz HR Mundstücke (HR steht für HardRubber, also Kautschuk), die ich für sehr gute Allrounder zu einem vernünftigen Preis halte und gerne Anfängern und Fortgeschrittenen empfehle. Ich spiele dieses auf dem Sopran und auf dem Tenor habe ich es mir mal geliehen gehabt und war sehr angetan.

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The Lion’s Roar von Jary Custom

Ich hattees ja schon angekündigt, dass ich mir in Amerika ein Custom made Mundstück habe schnitzen lassen. Das heißt, dass ich gesagt habe, wie ich klingen möchte und das Mundstück wurde so geschnitzt, dass ich so klinge. Soweit die Theorie, mal sehen ob das in der Realität auch so funktioniert.

Wie ich in meiner Mundstück Odysee ja schon „knapp“ erzählt habe, habe ich gefühlt alles angetestet, was man normal so kaufen kann, also lag dann irgendwann die Idee sich ein Custommade Mundstück nahe. Aber bei wem?

DSC00203Was habe ich also gemacht? Ich habe eine Email geschrieben und an alle halbwegs bekannten Refacer geschrieben und dann bin ich bei dem geblieben, von dem ich die beste und kompetenteste Antwort bekommen habe:
Jary Custom Mouthpieces von Dave Jary

nur bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er wirklich verstanden hatte, was ich mir für einen Sound vorstelle.

Ich will einen männlichen Altosound. Eine Mischung aus Maceo Parker und Cannonball Adderly (wer würde nicht so klingen wollen). Einen kräftigen Jazzsound, interessantes Frequenzspektrum (zerklüftelt), hart mit Punch, sehr gute Projektion, ausgeprägte Tiefen die fast schon an einen Tenorsound erinnern und sehr breit (Cannonball), eine funky „edge“ (man könnte auch Randschärfe sagen) aber ohne zu hell und schneidend zu sein (Maceo).  Also nicht dünn, hell, plärrend oder kitschig, warm und weich.
Sehr wichtig war es mir, dass es sich sehr bequem spielen lässt und möglichst flexibel ist (von Bach über Jazzballaden bis zum Funk). Meine Probleme waren, dass ich nach langem spielen Oben rum ab und zu etwas zu dünn werde. Außerdem war mein Sound zwar schön breit, doch hatte ich immer das Gefühl, dass es in der Mitte an Substanz fehlte und so etwas „hohl“ klang. Zudem habe ich ihm eines meiner Lieblingsblätter geschickt, damit er es genau drauf abstimmt. Das besondere ist, dass es ein Fiberreed Carbonblatt für TENOR ist. Wahrscheinlich ist dies das erste AltoMPC, das speziell für den Einsatz mit Tenorblätter gedacht ist (warum ich das mache, habe ich in meinem Soundtipps erklärt). Zusätzlich wollte ich, dass er mir das Dach flacher macht, weil ich es nicht mag, wenn ich mein Maul so weit aufreißen muß beim spielen.

Zwar biete JaryCustom auch eigene Rohlinge aber ich wollte etwas optisch auffallenderes und da ich kein Metall wollte habe ich mich für ClearPastik entschieden. Ich habe mich mit Dave Jary abgesprochen und dann bei Hans Zinner einen Rohling in der passenden Größe geordert. Somit ist das Mundstück zum Teil auch Deutsch und zudem ist das Zinner ein sehr guter Rohling gewesen. Diesen habe ich dann in die USA zu Dave geschickt und dann begann das Warten. Ich das Projekt und somit das Mundstück Lion’s Roar getauft. Einerseits, weil in meinem Namensurprung eine „Löwe“ steckt und zweitens, irgendwie sollte es auch so klingen (-;

DSC00219Nach einer gefühlten Ewigkeit kam mein Lion’s Roar endlich vor zwei Wochen mit der Post an. Mundstück auf’s Raven und rein geblasen und mir wurde schlagartig bewusst, dass ich ein sehr gutes Mundstück und das wohl interessanteste Mundstück, das mir bisher begegnete, gerade in meinen Händen hatte.
Jetzt habe ich ich mich etwas auf das Mundstück eingespielt und kann jetzt über meinen ersten richtigen Eindruck schreiben.

Und hat er das Wunder vollbracht, mich so klingen zu lassen, wie ich es wollte! Ein ganz klares: Jein!
Mir war vorher klar, dass ein Mundstück keine Wunder bewirkt und das alle meine Wünsche zu erfüllen eigentlich unmöglich sein müßte, zudem kommt der Hauptsound immer noch vom Spieler. Kein Equipment ist in der Lage einen schlechten Spieler gut klingen zu lassen bzw. einen Fortgeschritten wie Cannonball und Maceo zusammen.

Was nicht so durchkommt ist diese Funky Edge, die ich mir vorgestellt habe. Es ist recht dunkel, aber nicht weich und warum, sonder direkt und es hat eine fantastische Projektion. Die vielleicht leicht fehlende Brillianz bzw. den doch stark dunklen Farbton kann man leicht mit der richtigen Liagtur noch zurecht biegen. Was leider auch etwas fehlt, ist sind diese Tenorhaften ausgeprägten Tiefen und es ist auch nicht ganz so breit (aber das liegt an Zinnerrohling, das irgendwie gerade Seiteninnenwände hat, und somit die Breite irgendwie etwas bestimmen), wie mein vorheriges. Also weniger Cannonball und Maceo, als erwartet. Dafür hat das Lion’s Roar eine überraschende luftige Note im Sound. Im Piano ist es ein wahres Subtonewunder. Man hört ein deutliches Luftrauschen, ich habe aber nicht das Gefühl, das Luft verschwendet wird. Das gibt den Ton eine ungewöhnlich aber verdammt stylische Jazznote. Ein Freund meinte sogar dass es ihn an Desmond erinnere, ein anderer an Lee Konitz. Eigentlich finde ich das sehr sehr cool allerdings raubt dies auch ein wenig die stilistische Flexibilität. Bach geht damit so nicht. Aber vielleicht, wenn ich mich richtig an das Mundstück gewöhnt habe, kann ich das genug kontrollieren, dass ich meinem Sax auch wieder „baroke“ Töne entlocken kann.
Aber alles was mir wirklich wichtig ist, wurde erfüllt.  Ich habe den Punch, es ist volltöned (schließt sich oft aus, aber nicht hier), ich habe den Charakter und es spielt sich super leicht und angenehm. Die Höhe sind deutlich stabiler, alles stimmt, Altissimo und die ganz tiefen gehen so leicht wie nie zuvor. Zwar ist es nicht mehr so breit aber der Sound ist mit lauter interssanten Frequenzen gefüllt. Ich habe deutlich mehr Soundsubstanz. Ich meine wirklich, dass es das beste Mundstück ist (zumindest für mich), dass ich bisher gehabt habe.

DSC00221Ich habe Dave gefragt, was er eigentlich alles an meinem Mundstück gemacht hat. Die Öffnung und Baffel sind komplett überarbeitet (auch passend zum Blatt). Er hat mir erzählt, dass er hier lang experimentiert hat und in sich in kleinen Schritten ans Optimum getastet hat. Zudem hat er die Innenkammer gerundet und geglättet. Wie besprochen hat er das Dach auch etwas abgeflacht. Ich finde, dass es dadurch eine sehr elegante Krümmung bekommen hat. Das Arbeiten mit dem durchsichtigen Akrylplastik ist besonders aufwenidig, da alle arbeiten sehr sorgfältig nass nachgeschliffen und poliert werden mußten, damit es danach immer noch so schön ist. Persönlich vermute ich, dass er an dem Lion’s Roar etwas mehr Stunden saß, als normal.

Natürlich bleibt da noch die Frage, wie viel hat der Spaß denn jetzt gekostet. 300? 400? oder noch mehr?
Für den Rohling von Zinner habe ich mit Porto 60Euro gezahlt. Eine Komplettüberarbeitung eines Kautschukmundstückes kostet bei Jarycustom 160 Dollar, Porto zurück 27 Dollar. Damals waren das zusammen umgerechnet 136,67Euro. Somit habe ich für mein Custommade Mundstück  knapp 200 Euro gezahlt. Gute Kautschukmundstücke von der Stange können auch schnell mal soviel kosten, insofern finde ich diesen Preis sehr günstig. Jarycustom bietet auch eigene Rohlinge an (ab 29$). Die Verarbeitung von Metall kostet mehr. Zusätzlich bietet er noch andere Serviceleistungen (Platings usw.) an.

Bleibt jetzt eigentlich nur noch das abschließende Resumé. Was das Lion’s Roar angeht, bin ich absolut glücklich und ich attestiere dem Dave Jary, dass er ein Meister seines Faches ist.
Was nun die Custommade Mundstücke allgemein angeht war ich lange sehr skeptisch, ob die wirklich so gut sind, ob sie alle Wünsche erfüllen und das Geld wert sind.
Also ich gebe zu bedenken, dass ich nun diverse Mundstücke hinter mir hatte und ich eine sehr deutliche Soundentwicklung hinter mir habe und ich bin bei weitem noch nicht am Ende. In der Zeit haben sich meine Soundvorstellungen oft sehr geändert. Erst in letzter Zeit fühlte ich mich etwas gesetzter und konnte so sehr exakt beschreiben was ich wollte, wo meine Probleme waren und was ich brauche. Nur dadurch und dass ich auf dem regulären Markt nicht fündig wurde machten es für mich Sinnvoll, mich an einen Refacer zu wenden.
Aber ich hätte nicht gedacht, dass ein mit Sorgfalt hausgemachtes Mundstück so viel ausmacht hätte ich auch nicht gedacht. Bei Meyer, Selmer und Otto Link sind inzwischen Massenware und bei diesem kommt es oft vor, dass die nicht mehr so exakt gearbeitet sind und daher eher mittelmäßig ausfallen. Dass das bei einem Cutommade passiert, ist eher unwahrscheinlich. Insofern sehe ich die Custommademundstücke nicht mehr so skeptisch. Wie gut das Mundstück ausfällt, hängt natürlich auch vom können des Refacers ab. Ich möchte aber jetzt auch keinen Anfänger dazu verleiten, sich gleich ein teures Custommade zu bestellen. Jemand der noch keine exakte Soundvorstellung und Entwicklung hinter sich hat, dem kann so ein Teil nicht so viel nutzen. Das beste Mundstück, kann niemanden automatisch gut klingen lassen und ich kenne einige Fälle, bei denen sich Leute für 400Euro eines haben fertigen lassen und immer noch nicht gut klangen.
Aber jedem erfahrenem Spieler, der noch auf der Suche ist, kann man raten, ein Custommade mal in Betracht zu ziehen.

http://www.jarycustom.com/