Eine italienische Schönheit namens Borgani

Borgani?! Dieser Name stößt hierzulande eher auf Unkenntnis. Da kommen Kommentare wie „Waren das nicht die Bösen bei Star Trek?“ ; höchstens vielleicht noch „Spielt der Joe Lovano nicht sowas?“. Auch ich wurde erst per Zufall auf der letzten Musikmesse darauf aufmerksam und war mehr als angetan. Seit dem konnte ich kaum noch warten, so ein Teil mal gründlicher unter die Lupe nehmen zu können. Nun habe ich so ein Schmuckstück endlich da und möchte es gerne meinen Lesern vorstellen. „Gestatten, diese besondere Schönheit heißt Borgani“.

Um wirklich erklären zu können, warum es sich hierbei um etwas besonderes handelt muß ich wahrscheinlich ganz vorne Anfangen. Und zwar im Jahre 1872 in einem Dorf Mittelitaliens namens Macerata. Genauso könnte auch eine schöne Urlaubslektüre beginnen, aber so fängt die Geschichte des Famlienunternehmes Borgani an. Der Gründer Augusto Borgani schickte seinen Sohn Arturo in die Staaten um bei Conn zu lernen. Das Familien Geschäft wurde  von da an immer an den Sohn weiter gereicht. In den 50ern expandierte Borgani dann weltweit und fertigte für die Masse (leider auch mit dementsprechender Qualität). Aber gegen die asiatische Konkurenz hatte man natürlich kaum eine Chance, weshalb es – wie bei den anderen italienischen Herstellern – sehr ruhig um Borgani wurde. In den 80zigern wurde das unternehmen nun an die 4. Generation Borgani weiter gereicht und Orfeo Borgani besinnte sich auf die alten Werte zurück und produziert jetzt nur noch nach alter Tradition vollkommen handgearbeitete Saxophone für das Profisegment.
Nur nebenbei, damit ist Borgani eine der ältesten Saxfirmen. Sogar noch älter als Selmer.

Zum Testen hat mir Orfeo das Instrument zugeschickt, dass ich bereits auf der Messe in der Hand hatte. Ein Altsaxophon 24k vergoldet und Sandgestrahlt. Diese Finishvariante wird bei Borgani „pearl gold“ genannt. Modellbezeichnungen gibt es dort nicht wirklich, weil es halt nur eines gibt. Keine Schülersaxophone, keine Nachbauten keine sonstiges irgendwas Marketinggedöns. Auch bemerkenswert finde ich, dass es aus qualitativen und soundtechnischen Gründen keine lackierten Instrumente gibt. Dieser Ansichten habe ich eh schon lange und freue mich, dass das ein Hersteller endlich mal konsequent umsetzt. Von Borgani gibt es nur Altos, Tenöre und Sopranos in unlackiert, versilbert und vergoldet (24K) und diese auch noch in einer „Pearl“-Variante (mattoptik durch Sandstrahlung). Die Sopranos haben den Clou eines austauschbaren Schallbechers (siehe Messebericht). Tenor und Alt wahlweise mit oder ohne Hoch-Fis oder mit angelötetem Schallbecher (bessere Resoanz, jedoch komplizierter beim Zerlegen).

Das Instrument kam in einem soliden kleinen Formkoffer. Das Teil kommt aus dem Hause Bam, aber keine Angst, das steht nicht drauf, stattdessen wird es verziert durch das elegante Borganiemblem. Die zwei Farbenoptik verleiht dem Teil einen edlen modernen Pfiff. Angetan war ich besonders vom Trageriemen. Da hat sich jemand mal Gedanken gemacht. Witzig finde ich das „Geheimfach“. Allerdings etwas ungünstig gelöst, da man als Deckel eine Plastikschale verwendet, die formtechnisch nicht ganz zum Borgani passt. Da ist nach meinem Befinden zu wenig Spielraum zum Instrument. Da es ein Formkoffer ist, ist halt kaum Platz für sonstiges Gedöns, dafür ist das Case aber auch sehr handlich. Sonstiges Zubehör ist nur noch ein Gurt und ein Wischtuch.

Nun zum Instrument. Ich habe mir diese Finishausführung zum testen extra gewünscht. Ich glaube nicht, dass die Bilder wirklich wiedergeben, wie schön das matte Gold aussieht. Außerdem finde ich es klanglich gut. Zuletzt ist Gold korosionsbeständig und läuft nicht wie Silber an.
Die florale Gravur ist schick und edel, kommt aber unter der Vergoldung nicht sehr hervor. Schade.

Schauen wir uns doch mal das Sax genauer an.
Der Schallbecher ist eher schmalerer Natur und ist merkwürdigerweise eher links orientiert. Der S-Bogen hat auch eine etwas ungewöhnliche Form. Er erinnert mich stark an echte Vintage-Instrumente (nicht so Youngtimer wie das Mk VI). Etwas mehr aufgerichteter und länger. Gernerell wirkt das Sax optisch schlanker.
Die vergoldete Mechanik macht einen sehr soliden Eindruck. An ihr sieht man besonders, dass es sich um reine Handarbeit handelt. Alles ist wirklich jeweils für das eine Saxophon angepasst. Dadurch hat man beim spielen ein so rundes und flüssiges Gefühl, wie ich das sonst kaum kenne. Dagegen wirken viele Asiaten nur eckig und kantig. Der Federdruck ist für mich angenehm (also nicht schlaff); nur die Mechanik des linken kleinen Fingers ist verhältnismäßig zu stark eingestellt.
Generell scheint hier alles runder. Viele Streben und Arme sind elegant um das Sax geschwungen. Keine geraden Winkel wie man es sonst kennt. Auch das ist einer der Gründe, warum dieses Sax so aus der Masse heraus sticht. Allerdings mußt man auch sagen, dass diese Individuelle Fertigung sich auch selbst bedingt. Denn es gibt so ein paar „italienische Eigenarten“ die an sich nicht ganz so korrekt sind, aber nonchalant korrigiert werden. Z.B. sitzt die Oktavklappenhülse des S-Bogens nicht wirklich mittig sondern rutschte etwas nach links. Dem Sound tut das keinen Abbruch, aber das ist wohl Teil des besonderen italienischen Charms. Daher ist jedes Instrument ein echtes Unikat (aber nicht so wie bei Selmer).
Natürlich handelt es sich bei den Inlays um echtes Perlmut. Beim Bb-Drücker (linke Hand) ist jedoch das Perlmut verschwunden. Mir sagt das zu. Die Gis-Klappe fällt auch irgendwie raus. Sonst ist der Arm ja immer oben auf die Klappe angelötet. Hier nicht. Wie ein großer Tropfen hängt die Klappe am Hebel.
Die Stützstrebe der linken Kleinfingermechanik geht etwas schräg nach unten, was für eine noch sichere Stabilisierung sorgt. Merkwürdig ist auch die Schraube am Daumenhaken. Um diese zu lösen brauch man anscheinend einen extra Schraubenzieher. Warum?
Durch all diese kleinen Unterschiede und die runden Arme wirkt die Mechanik als wäre sie an dem Saxophon eher „festgewachsen“ als montiert.
Bemerkenswert ist, das die Mechanik auf einzelnen Säulchen montiert ist und nicht auf vorgefertigten Schienen. Diese wurden von Selmer (wem sonst?) eingeführt und erleichtern die Montage. Das führt aber auch zu einem „engeren“ Klang. Durch die einzelenen Säulchen kann das Sax jedoch freier Schwingen, was sich sehr auf den Klang auswirkt (aber dazu kommen wir noch später). Leider machen das ansonsten nur noch wenige andere (u.a. Keilwerth und Sequoia) das so.
Was ich persönlich sehr schade finde, ist, dass es so gut wie keine Einstellschrauben gibt. Nur das nötigste, ist mit einem Schraubenzieher verstellbar. Rechte und Linke Hand Kopplungen sowie alle anderen Klappenaufgänge sind per Kork eingestellt. Das ist zwar eigentlich eine Geschmacksfrage, aber für mich mach anderen Hobbytüftler ist es mit Schrauben leichter, schnell mal selber Korrekturen zu vollziehen.
Ausgesuchte Pisoni Pads, Filze, Federn und Schrauben scheinen von genauso hoher Qualität zu sein, wie der Rest. Schade nur, dass die Daumenauflage der linken Hand noch aus Plastik ist. Passt meinem Epfinden anch nicht zum Rest des Bildes.

Also man man sieht an allen Ecken und Enden, dass die Borganis wirklich traditionell und komplett per Hand gefertigt werden. Da muß ich auch nicht noch extra erwähnen, dass Schallbecher und Co. handgeklöppelt sind; auch andere Werbeargumente von anderen Firmen sind hier quasi eine Selbstverständlichkeit. Daher werden allerdings auch nur um die 300 Borganis pro Jahr gebaut. Meines Wissens ist Borgani eine der letzten Firmen, die noch so produzieren.

Ansprache ist gut und ausgeglichen. Hat einen gewissen Widerstand, so wie die meisten Profis es bevorzugen. Die Intonation entspricht dem sonstigen Qualitätsniveau. Mir ist nur aufgefallen, dass die Palmkeys ab dem e“‘ etwas nach oben tendieren, aber das läßt sich leicht durch einen etwas verringerten Klappenaufgang korrigieren. Ansonsten erfüllt es sogar Klassikerbedürfnisse. Auch der Klang ist sehr homogen. d‘ und d“ klingen schön voll. Nur das a“ ist manchmal minimal stumpfer.

Kommen wir nur zum Klang. Zwei Wörter würde es ausreichend beschreiben: „einfach schön“. Ich wüßte nicht womit ich das Borgani jetzt direkt vergleichen könnte, weil es doch einen sehr eigenen Klang hat. Nicht so kernig und näselnd wie man es von Selmer kennt. Rund, warum, voll und sehr farbenreich. Das liegt wahrscheinlich mit an der Konstruktion mit den einzelenen Säulchen.
Persönlich mag ich auch den Klang von Vergoldungen. Der Ton wird konkreter und strahlt mehr ohne dabei so hell und klar zu werden wie eine Versilberung. Sandstrahlungen macht den Sound meist ein wenig obertonreicher/strahlender.
Da nun der Klang recht rund und warm ist, mischt er sich gut in Sätzen ein, das heißt aber auch, dass es nicht so ideal dafür geeignet ist gegen E-Gitarren zu kämpfen. Für diejenigen, die einen lauten, schrillen und rabiaten Sound suchen, gibt es also wahrscheinlich passendere Kandidaten. Diejenigen, die es gerne mal auch lyrischer mögen, werden das Teil lieben. Dadurch kann es gerade für Klassik ein faszinierendes Instrument sein.
Dennoch halte ich es für ein sehr flexibles Horn. Mit der richtigen Setupwahl geht auch Bigband und Funk genauso gut und für die meisten Jazzbereiche bietet das Borgani eine interessante Klangvariante. Und für die ganz extreme Lautstärken gibt es ja heutzutage Mikrophone und Lautsprecher.
Vielleicht ist das der italienische Sound. Zumindest habe ich keine Probleme mich bei dem Klang in Urlaubsstimmung beim Sonnenuntergang und einen italienischen Rotwein an der mediteranen Küste vorzustellen.
Kurz, kein Ferrari, sondern eher ein Lamborgani.

Tja, warum ist dann Borgani hierzulande ein so unbeschriebenes Blatt? Das liegt wohl daran, dass Borgani noch keinen deutschen Vertrieb hat. Erst jetzt sind Borganische Instrumente hierzulande erhältlich. Der Berliner Mike Duchstein von www.saxophon-service.de hat nun ein Satz im Vintage Finish (unlackiert) bei sich stehen. Dort können sie also angespielt und erworben werden. Tja, qualitativ hochwertige Handarbeit ist nie billig und somit liegen die Preise für Borgani bei 3000 und aufwärts. Ein Schelm, der jetzt an spätrömische Dekadenz denkt. Jedoch wenn man es mit Selmerpreisen vergleicht oder die von einem gewissen schweizer Betrieb, wo ja auch noch rein per Hand arbeitet, scheinen mir die Preise reel und fair.
Ich sollte darauf hinweisen, da es sich um einen Betrieb handelt, in dem noch alles handwerklich gearbeitet wird in nicht all zu großen Auflagen, erfüllt Borgani auch speziellere Kundenwünsche. Wer also eine bestimmte Finishzusammensetzung will (z.B. unlackiert mit vergoldeten Klappen) und bestimmte Änderungen der Mechanik, sollte einfach mal bei Mike oder Orfeo nachfragen. Bei der Gelegenheit könnt ihr gleich von mir grüßen.

Fazit
Wie man merkt, bin ich dem Horn mehr als angetan. Optisch, haptisch und klanglich ein sehr edles Instrument, das einfach den Flair des ganz Besonderen hat. Superlative wie „das beste Saxophon, das ich je gespielt habe“ benutze ich nicht, obwohl es in diesem Fall der Sache schon recht nah ist. „Ein Saxophon eines Caesars würdig.“
Mein Problem ist jetzt folgendes: Ich will es! Braucht nicht irgendwer noch ein Selmer oder Cannonball Altsaxophon?

Ich möchte mich übrigens noch mal bei Orfeo Borgani und Mike Duchstein für die Bereitstellung des Testinstrumentes bedanken.
http://www.borgani.com/
http://saxophon-service.de/

Sch****, warum intoniert es nicht?!

Das wohl größte Problem beim Saxophon dürfte wohl die Intonation sein. Wahrscheinlich sogar mit Abstand. Für eine halbwegs sichere Intonation brauchen die meisten Saxophonisten Jahre. Auch heißt es, dass es kein stimmendes Saxophon gibt. Dabei ist es doch so essentiell für ein schönes Zusammenspiel. Aber woran zum Teufel liegt das eigentlich?
Gesegnet sind da die Klavierspieler, die da alle paar Jahre mal nur den Klavierstimmer anrufen müssen…

Die Saxophonisten hat es wahrscheinlich mit dieser Last mit am schlimmsten getroffen. Kennt ihr den Witz mit der Fee, die jeden Wunsch erfüllt, aber beim stimmenden Sopransax passen muß?
Nun, wer das jetzt für albern hält, soll mal ein h“ greifen und versuchen den Ton möglichst fallen zu lassen. Geübte Spieler haben da bis zu einer Quarte Spielraum. Das muß also alles kontroliert werden!

Die Gründe dafür sind vielfältig.

Die Intonation fängt nicht erst beim Saxophon an, sondern schon im Körper des Spielers. Ansatzspannung, Luftstrom, Kehlkopfstellung, Halsöffnung, ja sogar Zungenstellung wirken sich auf die Intonation aus. Je größer der Körperinnere Resonanzraum und je lockerer der Ansatz desto tiefer erklingts. Meist sind das auch Faktoren, damit es besser klingt.
Das sind aber nun alles sehr inidviduelle Faktoren. Der eine hat ne größere Zunge, ein zweiter dünne Lippen, der dirtte einen doppelten Bauchumfang usw. Das heißt schonmal, dass ein Saxophon eigentlich nicht bei jedem gleich intonieren kann.
Nun stehen sich aber auch oft, die Faktoren, wie es am besten klingt, mit denen im Widerspruch, womit der Ton am leichtesten kommt. Das führt gerade bei Anfängern dazu, das Sie oben Töne pressen.
Profis hingegen tendieren algemein meist dazu viel tiefer zu intonieren. Daher müssen Profis meist auch viel weiter mit ihrem Mundstück auf den S-Bogen.
Auch das führt dazu, dass ein Saxophon es eigentlich nicht den Bedürfnissen von einem Anfänger UND einem Profi gleichzeitig gerecht werden kann.

Ein weiteres Problem, je kürzer die Luftsäule, desto drastischer wirken Veränderungen des Spielers aus. Deshalb sind hohe Töne und das Sopran allgemein (stimmige Sopraninos sind eine Legende und deshalb reden wir hier nicht davon) auch viel schwerer zu kontrollieren. Man spricht hier auch von „kranken Tönen“.

Auch die Wahl des Mundstückes kann zu einem Mißverhältnis führen. Das Saxophon hat ja im Prinzip die Form eines Trichters. Die Spitze ist abgeschnitten und dafür sitzt da das MPC. Wenn die Kammergröße zu weit von dem Volumens der gedachten abgeschnittenen Spitze abweicht, gibt es ein weiteres intonatorisches Ungleichgewicht.

Nun kann aber auch schon eigentlich die Oktave nicht stimmen, denn wie einige wissen, erklingt diese bei doppeltem Schwingungszahlverhältnis, also halbe Luftsäule. Nun, das mag zwar noch bei Bb, B, C usw gehen. Aber wie ist das mit der Oktavklappe. Bei der Oktavklappe, gibt es eine Luftverwirbelung und die Haupschwingung „bricht“ (laienhafte Physikerklärung) und man hört nur noch den nächsten Oberton (eine Kontenebene). Also wäre es optimal, wenn jeder Ton eine Oktavklappe in der Mitte seiner Luftsäule hätte. Wir haben aber nur zwei. (Deswegen streikt auch das g“ auch mal gerne, weil es im Verhältnis zu den Oktavklappen ungünstig liegt). Ein weitere Folge der Oktavklappe ist, dass dort auch Luft ausströmt. Das verkürzt die Luftsäule und das erhöht die Intonation des Tones. Das ist zwar eher ein marginaler Faktor, aber er spielt mit.

Manchmal kann es auch ganz andere skurile Ursachen haben. Mir kamen unter anderem Holzblätter unter die Nase, bei denen nur ein Ton absolut nicht stimmte, der Rest aber ja. Da kann man auch nichts mehr machen. Ärgerlich ist dann nur, wenn man die Ursache nicht findet und sich ewig damit abmüht.

Desweiteren kann eine ungute Technik auch zu einer falschen Zusammenstellung der Obertöne zu einer grausamen Intonation führen. Ich habe schon bei einigen Hobbyspielern erlebt, dass sie eine so eine merkwürdigen Klang hatte, dass es einfach nicht in den Satz passen wollte, trotz stimmenden Grundton.

Bekannt dürften auch die Einflüsse der Temperatur auf das Instrument sein. Kalt intoniert es tiefer. Diejenigen die schon mal auf einem Weihnachtsmarkt gespielt haben, wissen wovon ich rede. Man stimmt sich ein, nach 10min spielen ist das Sax dann auf Betriebstemperatur und stimmt schon wieder ganz anders.

Auch nicht wirklich hilfreich ist es, dass es keinen wirklichen einheitlichen Kammerton gibt. 440 bis 444 sind standart. Manche Orchester liegen sogar noch höher. Logischerweise kann ein Saxophon höchstens bei nur einer Frequenz wirklich in sich stimmig sein.

Nun kann es immer noch an einem verstellten Instrument liegen, weil es schon runter gespielt ist (undichte Polster, verstellte Kopplungen) oder von ahnungslosen Chinesen zusammengeschraubt worden ist. Die Klappenöffnungen wirken sich auch massiv auf die Intonation aus. Das macht die Konstruktion und das Einstellen eines Saxophons auch nicht leichter. Zumal auch hier oft wieder zwischen gutem Klang und guter Intonation abgewogen werden muß.

Zuletzt gibt es auch noch musikalische Gründe. Das Klavier ist in einer wohltemperierten Stimmung. Quasi sind hier alle Töne leicht stimmungstechnisch zurechtgebogen, damit alles zueinander passt. Nun funktioniert das im Satz nicht ganz so. Wenn z.B. ein Akkord im Saxophonsatz der Bigband oder in einem Saxophonquartett erklingen soll, muß man die Terzen in reiner Stimmung spielen. Da hört man besonders den Unterschied zur wohltemperierten Stimmung und eine kleine und große Terz internieren schon merklich unterschiedlich.
Es gibt noch andere Fälle, wo Töne nicht wirklich in dieses Stimmungssystem passen. Die Blue Note z.B. oder in arabischer Musik sowieso. Aber das führt jetzt etwas zu weit weg vom Thema.

Nun ja, das alles klingt ja fast so, als wäre ein Saxophon ein unspielbares Instrument. Tja, ich habe auch schon Fälle gehört, wo man das tatsächlich meinen könnte. Aber wie schon gesagt, hat der Spieler beim h“ eine Quarte Spielraum. Der Saxophonist kann also alles (im Rahmen liegende) ausgleichen und muß es auch.
Wer die Techniken zur Intonationsregulierung verinnerlicht und ein inneres Ohr für die richtige Intonation hat, dem dürfte das gelingen.
Ketzerisch gesagt gibt es also nur einen Grund, warum es nicht intoniert: Man hat zu wenig geübt!

Alles andere ist Ausrede. Die meisten Saxophone stimmen in sich sehr brauchbar und wer sich ein wirklich schlecht stimmendes Saxophon zulegt ist selber schuld.
Nun könnte ich hier mehrere Tipps zum Üben der richtigen Intonation geben. Das ist mir jetzt allerdings zu aufwendig. Zudem habe ich die schon an anderer Stelle gegeben (z.B. hier und hier).
Deshalb schließe ich jetzt mit Goethe:
„Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;“

sinnlose und bekloppte Forendiskussionen

Es ist kein Geheimnis, dass ich bei den Betreibern der verschiedenen Saxophonforen nicht sonderlich beliebt bin. Auch werden Verlinkungen zu diesem Blog dort auch nicht gerne gesehen. Bei verschiedenen Boards im Netz wurden sogar die Threads, die auf meinen Blog verwiesen aus eher fadenscheinigen Gründen gelöscht und in gewissen Welten wird sogar vorsorglich jeder Link zu mir gelöscht.

Deshalb drehe ich den Spieß mal um und verlinke direkt zu „Highlights“ der Forenwelten. Die Links wurden eher mal nebenbei gesammelt, weshalb es garantiert noch mehr und „besseres“ gibt. Falls ihr noch andere Diskussionsrunden dieser Art kennt, setzt einfach einen Link als Kommentar.
Aber seid gewarnt, diese Links sind eher für die Leser geeignet, die sehr viel Zeit haben oder subkulturelles Verhalten in virtuellen Ballungsräumen studieren wollen.
Dennoch, ich wünsche viel Spaß beim lesen.

mäntelchen für das saxophon

Saxophonersatz zum Üben

Do you guys put stickers on your saxophone?

Wann beginnt ein Sax zu stinken?

Sind Saxophonisten Geizhälse?

Wodurch lasst ihr euch vom Saxen abhalten

Wie komme ich „kostenlos“ an ein Selmer Alto?

Suche möglichst hartes Blatt für Tenorsaxophon

Im intimen Kreis mit Jerry Bergonzi

Über den Anfang des Konzertes kann ich nichts sagen, da ich mal wieder zu spät gekommen bin (wie üblich). Ich schlich mich also rein, gesellte mich zu einem Kommilitonen und fragte ob ich was verpasst hätte. Er drehte sich um „Ohhh, jaaa“.
Wahrscheinlich hatte er recht, denn der Rest des Konzertes war einfach beeindruckend.

Obwohl Jerry Bergonzi eine sehr große Nummer unter den aktuellen Jazzsaxophonisten ist, muß ich glaube ich doch ein paar Worte über ihn verlieren, da er (zumindest hier zulande) auf unerhörte Unkenntnis stößt.
Er hat natürlich mit zig Größen zusammen gespielt, ist Dozent an zig renomierten Musikhochschulen und Konservatorien (Berklee, Paris, Mannheim u.s.w.) und besonders seine Schulereihe „Inside Improvisation“ sind sehr beliebt bei Saxophonstudenten. Der letzte Band „Hexatonics“ hat sogar für ein gewisses Aufsehen an den Musikhochschulen gesorgt, da es ziemlich „kranker shit“ ist. Im Prinzip geht es darum, dass Akkordpärchen gegenüber gestellt werden. Ein sehr eleganter (wenn auch sehr komplexer) Weg, für neue Motive, interessante Farben und Outside/Inside spielen.
(Genaueres und mehr auf Wikipedia)

Und das konnte man am letzten Donnerstag (6.5.2010) im Jazzkeller der HfK Bremen angewand hören. Zumindest glaube ich das. Denn Bergonzi hat eine fantastische Teschnik und die hohe Geschwindigkeit machte es nicht leichter das gespielte nachzuvollziehen. Aber um so beeindruckender war es.
Durch die Triobestzung wirkte es noch konzentrierter. Bassist und Schlagzeuger waren ebenfalls imposant. Schändlicherweise weiß deren Namen leider nicht mehr, werden hier aber noch nachgereicht.

Schade, dass der Jazzkeller nicht so gut besucht war. Hauptsächlich die Jazzabteilung der Hochschule, die das Konzert sichtlich genoß. Ok, Bergonzi mag zwar kein Mainstream Jazz sein und diejenigen, die Charlie Parker schon für schwere Kost halten, dürften hier eher Panik kriegen, aber es doch Schade, dass guter Jazz so wenig Resonanz hat. Aber vielleicht lag es auch daran, dass nur ein gewisser „Bergnozi“ angekündigt worden war.

Allerdings führte das auch zu einer sehr intimen angenehmen Atmosphere und so war es für mich ein leichtes, mich nach dem Konzert an Bergonzi anzuschleichen und ihn zu interviewen. Er stellte sich als sehr symphatischer Mensch heraus und hatte wegen dem Konzert auch sehr gute Laune, weshalb er sehr bereitwillig zustimmte.
Im Prinzip habe ich fast die gleichen Fragen wie beim Doldinger-Interview gestellt. Interessant wie unterschiedlich die Antworten ausfallen. Aber Jerry war auch sehr locker drauf, was vielleicht auch an der späten Stunde gelegen haben könnte. „In vino veritas“ bzw. „In Haake-Beck veritas“.

Für die Qualität (und das Format) muß ich mich entschuldigen, da ich an dem Abend mein Zoom nicht dabei hatte, habe ich es notgedrungen einfach mit meinem Handy aufgenommen.

Jerry Bergonzi Interview Part I

Und hier viel mir die letzte Frage doch noch ein
Jerry Bergonzi Interview Part II

Jerry Bergonzi ist zur Zeit auf Europa Tournee, also schaut mal, ob er nicht auch in eurer Nähe spielt. Wie gesagt, der Konzertbesuch  lohnt sich. Hier geht es zu seiner Homepage:
http://www.jerrybergonzi.com/

Gesichtslifting durch Jary Custom

Na, Wortwitz verstanden? Gesichtslifting – Refacing? Ok, war nicht mein bester, aber irgendwie braucht man ja eine Überschrifft und eine Einleitung.

Einige erinnern sich vielleicht noch an meinem Lion’s Roar-Bericht und das ich davon sehr angetan war. Ich hatte es mir von dem Mundstückschnitzer Dave Jary aus den USA „maßschneidern“ lassen. Deshalb hatte ich mir schon im letzten Jahr ein Lion’s Roar II für’s Tenor geleistet. Auch das entsprach sehr meinen Vorstellungen.
Da Dave es sehr genau mit den Kundenwünschen nimmt, hatte er mir angeboten, dass er sie sich nochmal vornimmt und Korrekturen vornimmt, wenn ich das wünschen sollte.
Ein paar Kleinigkeiten waren die ich etwas anders wollte. Für’s Alt wollte ich dann doch etwas mehr Edge, da Lion’sRoar I doch breiter und luftiger ist und ich mich manchmal nicht ganz so gut durchsetzen konnte. Beim TenorMPC waren meine gewohnten Blätter etwas schwer, weshalb die mir etwas zu mühselig waren.

Also schickte ich die Mundstücke zurück in die USA. Bei der Gelegenheit habe ich noch drei Mundstücke, die noch in meiner Schublade verstaubt, damit Dave die sich mal zu Brust nimmt. Ich habe gesagt, mach was du willst und überrasch mich.
Da war ein Meyer M7M, dass ich mal in Tokio erstanden hatte, aber nur mittelmaß war, ein hölzernes Lebayle (Jazz 6*), dass irgendwie knochig klang und mein altes Selmer S80 F, bei dem etwas von der Spitze abgebrochen war.

Die Preise von Dave Jary finde ich sehr fair, weshalb ich dachte, probiere ich doch einfach mal aus, was so ein Refacing alles bringe kann.
Kurz: mehr als ich erwartet hätte.

Die Wünsche für meine beiden Lion’sRoars hat er mir erfüllt und auch die anderen Mundstücke sind jetzt sehr gut.

Das Selmer spielt sich sehr weich und angenehm. Zwar klingt es immer noch nach Selmer, aber deutlich angenehmer. Er hat die Spitze ersetzt indem er mit einer Art Modeliermaasse anheftete und komplett neu formte. Man kann aber, wenn man es nicht weiß, nichts von außen erkennen. Das hat er sehr geschickt gemacht. Die Siderails sind vielleicht etwas dick geraten, aber mich störts nicht.

Das Lebayle hat er deutlich geöffnet und die Bulletstep hat er länger gezogen. Habe ich so vorher noch nicht gesehen. Es klingt jetzt eher straight und modern, aber nicht schrill und dünn. Hat was und es ist ein schöner Gegensatz zu dem Lion’s Roar II, welches recht raugh mit einer ordentlichen Portion Subtones ist.

Aber am begeistersten bin ich aber von meinem Meyer (welches jetzt nun mehr als eine Weltumrundung hinter sich hat). Nach seiner Aussage, hat er aus dem neuen Meyer ein Altes gemacht. Vorallem hat er Bahn und Einlauf bearbeitet. Ich bin leider viel zu wenig bewandert im VintageMundstückmarkt um dazu etwas sagen zu können, aber das Mundstück klingt so etwas von Be-Bop. Unglaublich direkt und hart. Dunkel, aber alles andere als ein Softie. Ein echt männliches Mundstück, weshlab es jetzt auch zu meiner Weapon of Choice avoncierte. Damit habe ich einen kräftigen Sound mit einen schönen Jazzcharakter, bin aber auch sehr flexibel, so dass ich damit stilistisch fast alles abdecken kann.

Ich kann also Dave Jarys Arbeit nur empfehlen und selbst mit den Portokosten aus den USA ist er im Vegleich zu seinen Kollegen recht preiswert. Sehr freundlicher Kontakt mit typisch amerikanischem Understatement, nur sollte man ein bis zwei Wochen drauf rechnen, zu seiner Zeitangabe, da er meist mit Arbeit überschüttet ist (die Nachfrage spricht für sich). Am besten checkt ihr selber mal seine Homepage:

http://www.jarycustom.com/

 

Im Gespräch mit Klaus Doldinger

Wie ich ja schon berichtete (hier geht’s zur Konzertkritik), habe ich neulich in der Vorband zu Klaus Doldingers Passport  gespielt. Und da wollte ich mir natürlich die Gelegenheit nicht entgehen lassen den Meister persönlich kennen zu lernen. Also klopfte ich nach dem Konzert an Doldingers Gaderobe.
Ich stotterte beim Händeschütteln wie ein aufgeregter Grundschüler rum.
Nachdem ich mir seine CD habe signieren lassen, fragte ich, ob er vielleicht noch Zeit für ein kurzes Mini-Interview, nur 4 Fragen, hätte.
Tatsächlich willigte er ein und so zückte ich mein Zoom H4 (das ich für den Fall der Fälle schon eingesteckt hatte). Er nahm sich dann doch mehr Zeit und beantwortete meine Fragen sehr ausführlich mit zahlreichen kleinen faszinierenden Anekdoten. Aber auch sachlich sind viele interessante Sätze gefallen, die ich eigentlich auch für sehr richitg halte.
Eigentlich wollte ich das Interview ja niederschreiben, aber aufgrund der Länge und der charmanten Art von Klaus Doldinger habe ich mich entschieden, die Audiofile direkt hochzuladen. Ich möchte mich hier auch nochmal bei Herrn Doldinger für die Zeit bedanken, die er mir so großzügig gewidmet hat.
Es ist ein saxophonistisch sehr lohnendes Interview geworden. Viel Spaß beim reinhören:

Hier geht’s zum Interview

Auf Weltreise mit Klaus Doldingers Passport

Ein Abend bei einem guten Jazzkonzert ist etwas schönes, fast noch schöner finde es, bei soetwas selber auf der Bühne zu stehen, aber Highlight ist es, einer echten Jazzlegende zuhören zu dürfen. Fantastisch wenn alles drei gleichzeitig passiert. So geschehen am letzten Freitag (16.4.2010) in der Stadthalle Bremerhaven.

Ich durfte als Unterstützung bei der Vorband zu Klaus Doldingers Passport spielen: Cool Jack. Eine Jazzband von Schülern des Bremerhavners Carl von Ossietzky Gymnasiums und der Musikschule Beck. Anfangs waren die jungen Musiker vielleicht noch etwas nervös wegen dem für sie ungewohnt großem Publikum von Jazzliebhabern und natürlich wohlwissend, wer nach ihnen die Bühne besteigen würde, aber dennoch sie meisterten ihren Teil des Abends mit Bravour, was sich auch in der begeisterten Reaktion des Publikums ablesen ließ. Auch ich gab Gas und ließ ordentlich die Finger kreisen, in der Befürchtung, der Meister könnte vielleicht lauschen.
Tatsächlich war deren Auftritt auch eine Klausurersatzleistung für die Schüler. Die 1+ dürfte sicher sein.

Nach Cool Jack betrat Klaus Doldinger und seine Band Passport die Bühne. Ich denke nicht, dass ich auf einem Saxophonblog noch groß erzählen muß um wen es sich hier handelt. Unwissende sollten sich schämen und schnell bei Wiki nachschlagen.
Genauso scheint es überflüssig zu sein, dass es sich um exeptionelle Musiker handelt, schließlich gibt es Passport schon fast 40 Jahre. Nicht ganz in der Besetzung, da die restlichen Bandmitglieder ungefähr halb so alt wie Klaus Doldinger zu sein.
So stellte er nach dem ersten Stück die Frage ans Publikum „Mir kommt das hier so bekannt vor, haben wir nicht hier schon mal gespielt“. Und anscheinend waren auch ein paar Gäste von damals da und wußten auch noch wann. „Was? 73? Du meine Güte!“
„Jazzurgestein“ mag da jetzt vielleicht der ein oder andere denken, aber weit gefehlt. Mit das faszinierenste an dem Konzert war, wie jugendlich doch Klaus Doldinger auf der Bühne wirkte. Er strahlte mehr Energie aus, als seine deutlich jüngeren Bandkollegen.

Die Band ist übrigens ungewöhnlicherweise mit drei Rhytmikern (1xDrums, 2x Percussion aller Art) besetzt. Daraus ergab sich oft ein großer und exotischerer Klangteppich. Daneben natürlich noch elektronischer Bass, Gitarre und Keys. Besonders spacig wurde es, wenn das Effektgerät für besonders viel Hall beim Saxophon eingeschaltet worden ist. Sehr gelungen in Verbindung mit dem Sopran. Neben diesem und seinem Hauptinstrument, dem Tenor, benutze er noch eine urige aber sehr schön klingede Bambusflöte, die er vor Jahrem einem afghanischen Straßenjunge für abgekauft hatte.

Das ist nur eine der vielen Anekdoten, die er zwischen den Stücken erzählte. An ihnen merkte man, dass er wohl doch schon etwas länger auf den Bühnen der ganzen Welt spielt. Geschichten aus Brasilien, Afghanistan, USA, das schwarze Meer, Marokko, Paris… (an den Rest kann ich mich nicht mehr erinnern). Das war mindestens genauso spannend wie die Musik selbst. Würde es eine Autobiographie von Klaus Doldinger geben, wäre es ein Pflichtkauf für mich, besonders die dann obligatroische Hörspielausgabe davon, denn ich hätte genauso gut auch den ganzen Abend auch nur seinen Geschichten lauschen können.
Auch musikalisch folgte man den Erzählungen rund um den Globus: the Cat from Katmandu, Samba Cinema, Riyad el Cadi um nur ein paar der Titel zu nennen. Zwar war alles irgendwie Jazz, aber die musikalsichen Einflüsse aus den verschiedenen Länder, sind für mich das faszinierenste des Konzertes gewesen. Weltmusik im eigentlichen Sinn. Und so erscheint auch der Bandname Passport nur logisch.

Das Programm entsprach zu großen Teilen seiner aktuellen CD „Passport on Stage“,.Aber nicht gänzlich, denn die Titel werden auf zuruf gespielt. Das gibt der ganzen Sache natürlich eine spontanere Atmosphere führte aber auch zu der typischen Sessionsituation, dass erstmal überlegt werden mußte, was man als nächstes spielen könnte.

Aber es gibt einen Titel, um den Doldinger wohl nie wieder drum rum kommt: „Genau, das Booooooooooot“. Die Bremerhavner dürften besonders vergrätzt gewesen sein, wenn das nicht gekommen wäre. Danach folgte direkt „Tatort“, der andere Titel der wahrscheinlich immer gespielt werden muß. Warum auch nicht, schien es doch den Abend perfekt abzurunden, nach der Weltreise wieder zurück an den heimischen Fernseher zurück geworfen zu werden.
Der Abschluß des Konzertes war „50 Years later“, eine quasi stilisitische Rückkehr an die Beat-Musik Zeiten, mit denen Doldingers Karriere ja eigentlich begann.

Also für mich war dies wahrscheinlich eines der besten Jazzkonzerte die ich gehört habe. Denn soviel Abwechlung, hohes Niveau, Freude auf der Bühne und Jazzlegende zum Anfassen gibt es selten.

Für mehr Information zu KlausDoldinger und Passport, sowie Konzertterminen, hier die Homepage:
http://www.klaus-doldinger.de/

(Photos von Michel Arriens)

Die BigBand der Bundeswehr besetzt die Bühne

Mit dem Saxophon im Schützengraben oder mit G36 im Orchestergraben? Nun ja, die Mischung aus Bundeswehr und BigBand mag zunächst befremdlich klingen, aber das stimmt so nicht. Gerade die BigBands haben eine ihrer Wurzeln im modernen westlichen Militär kämpften doch Benny Goodman, Glen Miller und Konsorten mit Jazz gegen die Nazis und später die Kommunisten. Aber diese Zeiten sind vorbei, genauso wie das große Zeitalter der Bigbands (gibt es da vielleicht einen Zusammenhang).

Aber auch die Bundeswehr hat eine BigBand, die in Köln (naja, Euskirchen) stationiert ist und ich hatte nun Gelegenheit sie vergangenen Samstag (10.4.2010) in Cuxhaven auf einer Benifizveranstalltung der Rotarier hören zu können. (Asche über mein Haupt, ich weiß leider nicht mehr, welcher gute Zweck es war.) Da die Musiksoldaten einen festen Sold vom Staat bekommen sind eigentlich alle öffentlichen Auftritte der Musikkorpse benefiz. Eigentlich eine tolle Sache.

Die BigBand BW ist mit großem Gerät und viel Gerödel aufmarschiert. Neben dem üblichen Bigbandkram gabs noch massig an Percussion (sogar Pauken), ordentlich viele Synthies, Keyboards und sonstigem Elektronikzeugs, gigantische Ton und Licht anlagen. Erstaunt haben mich die vielen BigBand eigenen Roadies. In meiner Zeit beim Wehrbereichsmusikkorps mußten wir niederen Dienstränge das ganze schwere Zeugs selber schleppen.
Also die Bühne, auf der normalerweise auch zwei Bigbands gepasst hätten war voll.
Übrigens der komplette Saxophonsatz ist ausgestattet mit Keilwerth-Instrumenten. Soweit ich weiß ist der Satz Endorser.
Damit dürfte die BigBand BW zu den best ausgerüsteten und organisierten Einheiten der Bundeswehr gehören.

Nicht nur das Equipment ist höchst professionel sondern auch die Musiker. Alles studierte Profis und somit gehört die BigBand BW auch wahrscheinlich mit zu den besten BigBands Deutschland und genießt auch International ein gewisses Renomeé. Ihr Bandleader ist Oberstleutnant Lieder (kein Witz).
Nun fällt aber beim Namen BigBand BW auch sehr oft das Wort Showorchester.
Zurecht, begann das Konzert mit Nebelmaschine und Spaceklängen während sich die Musiker auf die Bühne gesellten.
Danach ging es mit „Strike up the Band“ zu den Swingwurzeln. Allerdings hatte es sich damit auch mit tradioneller BigBandliteratur, denn keines der folgenden Stücke war für mich noch „echte Bigband-Musik“. Nein, ich zähle das GlenMillerMedley nicht, weil es ein Medley ist! Und es war nicht das einzige, folgten noch ein PhilCollins-Medley und ein QueensMedley. Das sich dafür einer der Rhythmiker sein Jacket auszog und seine Sonnebrille aufsetzte machte die Sache nicht unbedingt cooler, obwohl er verblüffend gut nach Phil Collins klang.
Die zweite Hälfte des Konzertes war auch deutlich moderner und legerer. Wechselten die Soldaten vom feinen dunkelblauen Luftwaffensmoking mit Fliege zum zur luftigen weißen Marineausgehuniform mit kurzärmligen Hemd.

Nun mag das für den ein oder anderen Jazzliebhaber recht negativ klingen, aber in der Tat handelt es sich hier weniger um „echte“ Bigband als um ein Showorchester. Man wirft ja auch James Last nicht vor, dass er zu wenig Count Basie oder Thad Jones spielt. Die Show, die die BB BW abliefert, war großes Kino. Alles hat gepasst. Stimmungsvolle Beleuchtung in allen Farben, ordentlich Happening auf der Bühne und sogar etwas Pyrotechnik.

Das war sogar für einige etwas zu viel. Zwei Ältere Damen haben bei dem Minutenlangen (aber guten) Basssolo den strategischen Rückzug angetreten. Der Alterschnitt war auch sonst sehr sehr hoch. Das kenne ich aber so auch noch aus meiner eigenen Musikkorpszeit. Da haben wohl viele, als sie Bundeswehr und Musik gehört haben, wohl mehr an „alte Kameraden“ gedacht. Auch spricht „Showorchester“  ja meist auch ein gesetzteres Publikum an, jedoch ist die BigBand BW nicht ganz so „seniorengerecht“. Wie schon gesagt, geht es teils ordentlich rockig zur Sache.

Auch wenn es für meinen Geschmack etwas zu wenig Jazz war, wurde ich doch auch sehr hohem Niveau gut unterhalten und das eher sinfonische „Andalusian Dreams“ war für mich auch ein musikalisches Highlight.

Für weitere Infos und Konzertermine geht es hier zur Homepage:
www.bigband-bw.de

neues und altbekanntes von der Frankfurter Musikmesse 2010

Puuh, war das wieder eine Odyssee. Ich saß länger in irgendwelchen Zügen als das ich mir auf der Messe die Hacken wund laufen konnte. Irgendwann um 4 Uhr morgens mußte ich aufstehen (für einen Jazzer ist das eher eine Zeit zum ins Bett gehen) und bin dann irgendwann spät zu einer Zeit im Bett gelandet, die für einen Jazzer angemessen ist. Und dennoch habe ich nicht mal die Hälfte von dem auf der Messe geschafft, was ich eigentlich alles besichtigen und anspielen wollte. Trotzdem war es sehr interessant und, sich gelohnt und es ist genung zusammen gekommen, dass es für einen langen schönen (bzw schön langen) Artikel reicht.

Der Artikel scheint doch etwas länger zu werden, aber da mir keine sinnvolle Teilung einfällt ich jedoch ein paar Tage dran schreiben werde, werde ich ihn etappenweise ergänzen. Also müßt ihr also öfters mal vorbei schauen.

Vorweg, um hier einiges zu realtivieren (und auch einiges, was man woanders über die Messe lesen kann), die Messe ist alles andere als eine ruhige Umgebung. Es klingt, tönt, trötet, musiziert, krächst von überall. Akustische Kontamination wohin man „blickt“. Insofern sind alle klanglichen Eindrücke, die man dort hat mit bedacht zu genießen. Ein echter Test ist nicht möglich. Man spielt ein Sax 5min an, von Überall tönt anderes, die Ohren sind belegt und man kann leider nicht mit seinem gewohnten Instrument vergleichen. Sein eigenes Instrument mitzubringen war untersagt. Selbst Drum Sticks waren verboten. Man hatte sich nen Lärmschutzgrenze von 70dB gesetzt, wurde aber kaum irgendwo gehalten. Naja, vielleicht bei den Streichern. Deren Halle war ne Wohltat für die Ohren. Also werde ich keine definitven Aussagen machen, welches Saxophon wie klingt, und welches wie gut ist und welches nicht gut ist.
Zudem werde ich mich mit Preisaussagen zurückhalten. Erstens, hängt es immer vom Händler ab, wieviel irgendwas am Ende kostet. Zweitens, habe ich oft vergessen zu fragen. Drittens will ich nicht immer überall nochmal nachschauen und dann ggf. etwas falsches schreiben.
Und sorry, leider habe ich vergessen alles zu Photographieren und einige Bilder fehlen auch unerklärlicherweise. Also müßt ihr für visuelles und natürlich mehr Infos auf die Seiten der Hersteller, die natürlich alle verlinkt sind, bemühen.

Vielleicht nun erstmal so ein paar allgemeine Sachen, die ich so festgestellt habe zu meinen.
Es gab eigentlich wenig wirklich neues auf der Messe, was es nicht auch schon die Jahre zuvor gegeben hat. (Vielleicht liegt vielleicht an der Wirtschaftskrise?) Auch würde ich nicht sagen, dass es irgendwelche großen Qualitätssprünge nach oben oder nach unten bei irgendwelchen Händlern gegeben hat. Vieles entsprach den Erwartungen.
Irgendwie schien mir das Thema Sopran doch dieses Jahr recht vordergründig zu sein, aber dazu später mehr.
Erfreulich fand ich persönlich, dass diese Pseudoantik-Airbrush-Lack langsam aus den Regalen verschwindet. Der neue Trend ist „aged unlaquered“. Also dieser dunkle bis bräunliche Farbton an unlackierten Instrumenten, wie es Inderbinen schon seit Jahrenhat  und P.Mauriat vor zwei Jahren bei seinem PMXT 66R UL einführte, das (nicht ganz zu unrecht) Verkaufsschlager zum Verkaufsschalger avoncierte. Der Farbton kommt entweder durch die Messinglegierung selber oder durch verschiedenste „älterungs Methoden“ wie Säurebad oder das Stehen lassen im taiwanesischen Regen (was vielleicht im Prinzip das selbe ist). Ich finde diese Optik nicht nur ansprechender als die PseudoVintageOptik auch finde ich es klanglich besser.
Die massive Präsenz der Chinesen, zumindest in der Bläserhalle, die mir zwei Jahre zuvor sehr aufgefallen ist, ist dieses Jahr doch merklich zurückgegangen. Macht nichts, die waren auch in dieser Masse und der gleichen „Qualität“ und Klangsoße doch sehr langweilig.

Kommen wir nun also zu den einzelnen Austellern. Einige Hersteller habe ich bewußt ausgeklammert. Selmer, Yamaha, Yanagisawa stehen in jedem besseren Saxophonladen. Jupiter und Konsorten erst recht. Mich zog es bei der Messe eher zu denen, wo es wirklich etwas neues gab und solche die man nicht überall findet.  Natürlich gab es auf der Messe ein paar Pflichtbesuche, die erstmal abgeleistet werden mußten.

Fiberreeds
Da ich neue Blätter brauchte und viele Händler einen günstigeren Messepreis haben und ich mich auf ein Wiedersehen mit Harry Hartmann freute, gehörte der Besuch an seinem Stand zu den ersten Stationen. Den neuen „straight cut“ gab es ja schon vor einem Jahr und hat mich schon lange überzeugt. Neu ist ein der „Wiener Schnitt“ für Klarinette der jetzt auf der Messe frisch vorgestellt worden ist.

Theo Wanne
Der berühmte Mundstückschnitzer hatte einen gemeinsamen Stand mir Fiberreed und da ja seine Mundstücke der „neue Geheimtipp“ war mußte ich dort auch etwas schnuppern. Aber mit den Geheimtipps ist es so eine Sache. Alle zwei Jahre gibt es einen neuen. Vor zwei Jahren war es Jody Jazz mit seinem DV (zu dessen Stand habe ich es leider nicht geschafft, aber meines Wissens gab es da eh nichts neues), davor Lebayle und SR Technologies, davor Brancher usw.
Meist sind die Mundstücke wirklich ganz gut, aber das Rad erfinden sie eigenlich nie neu.
Die eigene Mundstücklinie von Theo Wanne gibt es ca. schon seit 2 Jahren. Jetzt ist sie komplett mit jeweils 5 verschiedenen Mundstücken für Alt und Tenor in verschiedenen „Helligkeitsstufen“. Man hat also die Wahl zwischen dem ultralauten hellenden FUnkmundstück, über den Allrounder zu dem ganz warmen smoothen Oldschool teil. Die 5 verschiedenen Mundstücke tragen die Namen indischer Gottheiten (sehr exotisch aber besser als irgendwelche sinnlosen Kürzel, wie DV NY, MBII, LBR oder so vielsagende Namen wie Jazz und Studio). Schick sehen die Teile ja aus und zudem gibt es sie nun auch nicht mehr nur in Metall sondern auch in Holz und Kautschuk. Aber keinen normalo Kautschuk sondern super spezial Vintagesuper Hardrubber, der besonders bröselig auf Schleifpapier ist (???).
Das besondere an den Wanne MPCs ist die „true large chamber“. Treue Leser wissen, dass ich kein Fan mehr bin, von den vielen engkammrigen MPCs auf dem Markt. Aber ob nun die „true large chamber“ nun eine neue Revolution ist oder nur eine neuerfindung des Rads lasse ich mal offen.
Weil es nicht wirklich Sinn macht, auf einem fremden Saxophon 20 Mundstücke zu testen, habe ich mir nur ein HR Alto Amma geben lassen. Schickes Mundstück, dass ich bei gelegenheit mal ordentlich Test spielen müßte.
Gefallen hat mir auch die neue Blattschraube von Theo Wanne, die bei dem Mundstück dabei war. Eigentlich ist sie konzipiert wie die Francois Louis Ultimate Ligature sieht aber stylischer aus. Zudem gibt es sie mit zig aberwitzigen Andruckplatten. Gold, Plain, soger ne Vintageandruckplatte. Absolut abtrus und absolut geil. Wäre sie wie die Mundstücke nicht ganz so hochpreisig gewesen, hätte ich sie gleich so mitgenommen. Jetzt muß ich mal schauen, wie ich da geschickt dran komme und einen weiteren Blattschrauben Test dazu schreiben kann.

oboes.ch
Auch hier wollte ich ganz bewußt wieder hin. Den vor zwei Jahren hatte ich auf der Messe ein sehr chickes kleines hölzernes Reedcase erstanden. Leider hatte ich es verloren und fand nichts, was so gut gewesen ist, wie dieses Case. Flach, aus schickem Holz, stylischer Magnetverschluß. Ich wußte leider auch die Firma nicht mehr, weshalb ein Nachbestellen auch nicht ging. Wie praktisch, dass die meisten Händler die gleichen Standorte wie vor zwei Jahren hatten und so habe ich mir einfach das gleiche wieder gekauft.
Der Hersteller ist Schweizer und scheint wohl eher aus dem Oben bereich zu kommen. Es gibt alles rund ums Oboenblättchen und deren Aufbewahrung. Daneben gibts halt auch noch Cases für Sax- und Klarinettenblätter. Die Qualität ist schweizerhaft. Das einzig irritierende war, dass ich mit einer Standdame gesprochen habe, die chinesischen Ursprungs war und deren englisch (Deutsch ging gar nicht) recht gebrochen war. Neben den Holzvarianten gibt es noch Varianten mit Stoffüberzug der von chinesischen Mustern verziert ist. (Ein Schelm, der jetzt chineschische Produktion wittert…)
Mit meinem Blättercase bin ich hochzufrieden und habe natürlich gleich meine neuen Fiberreeds rein gelegt.

Variosax
Diesen Stand habe ich eher zufällig entdeckt. Es  handelt sich quasi um einen nachrüstbaren großen „micro-tuner“. Micro-tuner findet man heute noch ab und zu an alten Saxophonen. Man steckte das MPC auf, und anstatt, dass man dieses beim stimmen nun, über den Korken schieben mußte, konnte man nun bequem, den S-bogen minimal verlängern, bzw. verkürzen. Hat sich aber nicht durchgesetzt wurde sogar oft nachträglich bei GÜs abmontiert.
Bei dem Variosax ist alles etwas größer. Man kann das Teil so weit ausziehen, dass das ganze Sax bis zu einem Halbton tiefer klingt.
Viele werden fragen, „Wozu?“. Und ich nehme an, die Frage hat man auf dem Stand wohl auch öfters gehört. Nunja, einerseits hat man wieder die Vorzüge eines guten Micro-Tuners andererseits kann man sich so diverse Tonarten erleichtern. Wenn man eine schwere hat, z.B. Fis-Dur, macht man Zack und kann in F-Dur spielen.
Zuletzt wird noch eine Klangverbesserung geredet („mehr Obertöne“), weil es keinen dämpfenden Kork mehr gibt. Das sehe ich ähnlich.
Der Hersteller ziehlt nach eigenen Ausagen eher auf Anfänger und Amateure, die sich mit schweren Tönarten schwer tun.

Nun sehe ich eine Reihe an Problemen. Erstens, wenn man einfach zwei cm länge dazu tut, wird das Sax nicht mehr so in sich stimmen können. Das trifft vor allem die höheren Töne. Im mittleren und tiefen Bereich dürfte sich Probleme in Grenzen halten. Intonation ist sowieso so eine Sache. Ein in sich perfekt gestimmtes Sax gibt es nicht, und er Spieler muß aktiv selber hören und stimmen (aber dazu schreibe ich demnächst mal etwas). Desweiteren passen nicht alle Mundstücke. Gängiges wie Meyer und Yamaha haben einen schmalen schaft, nur leider gibt es viele andere Mundstücke, die nicht passen, da muß sich er Hersteller noch etwas ausdenken.
Viele S-Bögen haben am Ring vor dem Korken, der müßte abmontiert werden, damit das VarioSax drauf geht. Solch einen Eingriff dürften viele scheuen. Generell muß das Teil von jemanden mit Ahnung montiert werden, was zusätzliche Kosten bedeutet.
Zudem bleibt die Frage des Sinns. Nehmen wir mal das Alto. Mit dem Teil kann man aus einem Es-Instrument ein D Instrument machen. Nur gibt es keine Noten für D-Instrumente. Selbst wenn mal mal ein Stück in Fis-Dur vor sich hat, man müßte sich die Stimme in F selber neu schreiben. (ob da das üben in Fis nicht vielleicht schneller geht, muß jeder selber wissen). Und selbst wenn es um das Improvisieren gehen sollte, sind doch die meisten, die mit komplizierten Tonarten dort konfrontiert werden auch soweit, dass sie auch in Fis spielen könnten.

Ich will nicht sagen, dass dieses Ding schlecht ist, ich meine nur, dass der Käuferkreis, für die das Interessant sein dürfte wahrscheinlich eher gering ist.

nuvo clarinéo
Auch dieser Stand war eher eine Zufallsentdeckung, war er doch nicht in der Bläserhalle sondern auf meinem Weg zu Chilinotes im Verlagsbereich in Halle 3. Es handelt sich hier um eine Plastikklarinette für Kinder. Optisch sehr auffallend duch das iPod weiß (mit peppigen Farbkleksen) und einem etwas dezenterem iPod schwarz. Das erste Anfassen war etwas merkwürdig, da doch alles aus Plastik ist und vieles anders als bei einer normalen Klarinette (vorallem kleiner). Aber dann sprach ich etwas mit dem Typen (auf englisch, da er wie das Produkt aus England kommt), schaute mir das Gerät nochmal genauer an und spielte es auch an.
Meine Skepsis wich der Begeisterung für die vielen durchdachten Details.
Also, das Plastikklarinetten gut klingen können ist kein Geheimnis mehr und auch dieser Körper ist „acustic desinged“. Es passen echte Es-Klarinettenmundstücke drauf und es spielt sich und klingt eigentlich sehr sehr annehmbar. Für die Kids gibt es auch ein Mundstück, das ist aber nicht so der Hit, jedoch gibt es dazu ein passendes Plastikblatt, welches einen Nippel hat, wodurch es immer richtig sitzt. Auch die Blattschraube ist idiotensicher. Auch wenn die Mechanik aus Plastik ist, scheint das Ding doch recht robust (made for kids).
Das Teil ist in C-gestimmt. Hurra, endlich mal ein Blasinstrument, wo man nicht mehr transponieren muß. Auch gut für Kids; es erleichtert ungemein das Zusammenspiel mit anderen ungemein. So viel Einfachheit  bringt reine Spielfreude auch die gelungene peppige Optik dürfte dem Spaß am musizieren helfen. Und das ganze soll dann ca. 150 Euro kosten, wenn es über den Teich zu uns kommt. Genial!
Ich denke aber, dass es nicht nur für Kinder ideal ist. Auch viele Erwachsene dürften damit als Nebeninstrument ihre Freude habe. Als Reise- oder Gaginstrument. Für so etwas hat man doch immer im Koffer Platz und es ist auf jeden Fall besser zum Üben als irgendwelche ekligen Mundstückübungen. Zudem dürfte es der Brüller sein, wenn man soetwas auf der Session oder bei einem Konzert aus der Tasche zieht.
Bei mir steht das Teil auf der Wunschliste.

Chili notes
Zur Pflicht gehörte auch ein Besuch bei Bastian Fiebig und Chilienotes. Ich machte mich dort ein wenig schlau, womit ich meine Schüler „quälen“ kann. Diverse Schulen, sinnvolle und hochwertige Playalongzeugs zur Improvistion und schöne Duette für Sax und Klavier. Neben allerlei Messetratscht hat man mir erzählt, dass es jetzt seit kurem die Homepage neu ist. Ein Blick lohnt sich. Zudem es ist die Seite mit der einzig vernünftigen Datenbank für gestohlene Instrumente. Nebenbei ist Chilinotes auch der deutscher Generalimporteur von Brancher und ich nutze die Chance die Saxophone dort in der Verlagshalle in einer Ruhe anzuspilen, an die in der Bläserhalle selber nicht zu denken war.

Brancher
Die Saxophone von Brancher sind noch recht neu (ca. 2 Jahre) haben aber schon einen hervoragenden Ruf. Mundstücke und Equipment gibt es schon länger von Brancher und da weiß man, dass das hochklassiges Zeug ist. (Die Blätter sind 100% Öko (wilder Bambus) und die Blattschrauben werden bei Cartier gefertigt) Nach meinem Anspielen meine ich, die Saxophone auch. Die Ausstattung super (was für Halsgurte, hätte ich keine zwei DeJaques, hätte ich mir von denen noch etwas gehohlt. Mechanisch, technisch und verarbeitungstechnisch merkt man sofort, dass man etwas besonderes in der Hand hat. Vorallem am Gewicht. Das Tenor wiegt fast soviel wie ein normales Bari (gut, dass die Gurte von gleicher Qualität sind). Klanglich sind die Teile sehr französisch. Also eher zentriert. Die Altoversion mit dem höheren Kupferanteil ist merklich weicher und klassischer, die normalen Messingvarianten, sind eher Jazzig und könnten viele Mk VI Fans bezaubern.
Besonders bemerkenswert fand ich das Sopran mit den DREI S-bögen. Alle klingen sie so dermaßen unterschiedlich, dass man meint, man hätte drei verschiedene Saxophone. Von der grellen Quitschtröte bis hin zum warmen exotischen Schlangenbeschwörungsflöte. Beim Brancherstand selber war ich dann nur noch eher kurz um mir die verschiedenen Finishes anzuschauen. Den Schwarz- und Antiklack gibt es nciht mehr (sehr gut) aber dafür eine schwarze versilberung (edel!).
Kurz: Brancher ist so wie Selmer sein sollte.
Da freue ich mich jetzt schon sehr auf das Testexemplar, auf das mir demnächst geliehen wird.

Trevor James
Bei Trevor James bin ich eigentlich nur wegen deren rosa Sax stehen geblieben und weil ich davon ein Photo wollte. Das Photo gibt es leider aus irgendwelchen Gründen nicht, dafür hat hat man mir erklärt, worum es sich bei dem Ding handelt. Es ist keine Geschmacksverfehlung sondern ein Kindersaxophon (quasi die HelloKitty Varaiante). Ansprechende Optik für Mädchen (für Jungs gibt es das noch in Schwarz und unisex in Gold). Die Mechanik ist reduziert, keine Doppeltasten, nur bis zum tiefen C (dennoch ein normal großer Schallbecher). Nun ja, das macht vielleicht das erlernen in den ersten 3 Monaten leichter, aber danach fehlen die zusätzlichen Tasten meiner Ansicht nach. Dafür ist das Instrument auch deutlich leichter. Es ist zumindest ein interessantes Konzept, dumm nur, dass ich vergessen habe nachzufragen, wieviel das Teil nun kosten soll.
Dann habe ich mir auch noch kurz die Profireihe von Trevor James zu gemüte gefügt. Die Mechanik erinnerte mich vom Gefühl etwas an Keilwerth (wahrscheinlich wegen der Tasten). Ansonsten haben die leider nicht so viel besonderes. Da würde ich mir etwas mehr Einfallsreichtum wie bei der Kinderserie wünschen, damit die Trevor James wirklich oben mitspielen könnte. (Sofern die das überhaupt wollen, denn den meisten Umsatz macht man mit Mittelklasseinstrumenten wie bei Jupiter und auf diesem Gebiet scheint Trevor James Fuß gefasst zu haben)

System 54
Auch nicht so wirklich überzeugt hat mich dieses mal System54.  Die sind auch gerade mal ca. zwei Jahre alt, haben sich in Deutschland aber schnell den Ruf als sehr brauchbarer Taiwanese mit gutem Preisleistungsverhältnis gemacht. Selber hatte ich schon Instrumente von ihnen, die von „weniger überzeugend“ bis hin zu „besser als der 500Euro teurere „große Bruder“ P.Mauriat“  in der Hand gehabt.
Am Stand fragte ich nun sehr direkt „So, was ist denn euer neues Spitzenmodel“ „Das da, aber das können Sie nicht anspielen, das ist runter gefallen und nun kaputt“ „Hmm, ihr hattet doch auch mal ein schickes Modell mit weißen Keramikresonatoren, oder? Kann ich das mal spielen“ „Oh, das ist schon lange veraltet“. Ich verkniff mir anzumerken, dass das doch ca. vor einem Jahr neu eingeführt worden war.
Bei System54 konnte man auch wieder den oben erwähnten Finishtrend bemerken. Zwar gabs noch ein paar Antiklacker aber deutlich viele Agedbrasser.
Also habe ich mir das nächstbeste Saxophon gegriffen und Mundstück drauf. Nach zwei Minuten legte ich es auch schon wieder zurück: gewohnte Taiwankost. Das ist überhaupt kein negativ Urteil, kommt doch dort inzwischen sehr gutes Zeugs her. Doch erst wenn System54 mal für über ein Jahr ein durchgängies Sortiment mit etwas eigener Handschrift hat, könnten die Hörner interessanter werden und System54 endlich aus dem Schatten ihres großen Bruders heraus tretten. Ich meine, das Potential hätten sie und genug qualifizierte Endorser haben die auf jeden Fall an Bord.

P.Mauriat
Also nun direkt zum Inbegriff der Taiwanhörner: P.Mauriat. Die hatten ja auch so ihre Probleme mit einer etwas überschwenglichen Produktauswahl und Identitäsfindung. Aber die Marke hat sich etabliert und zwei ihrer Saxophonemodelle haben einen gewissen Erfolgszug angetreten (das PMXT 66r und das System76, hier zum Test).
Ich stellte die gleiche Frage wie beim kleinen Bruder nach dem neuen TopHorn. Hier war plötzlich erstmal Ratlosigkeit und das Suchen begann. „Verschwunden??“. Also habe ich mir einfach das zentral präsentierte Alto gegriffen (unnötig zu erwähnen, in Agedbrassfinish). Ich schien mir das neue PMirgendwas 86 gegriffen zu haben. Nanu, was ist den das für ein zierlicher Becher, wo ist den der BigBell hin? Ein kurzes Anspielen bestätigte meine Vermutung. Es handelt sich um eine Art Nachbau eines Vintage Conns zu handeln. Endlich! Fehlte nur noch die nackte Frau drauf. Schöner dunkler oldschooliger Klang. Soweit ich weiß, ist soetwas auf dem modernen Markt neu. Hat P.Mauriat jetzt eine echte Eigenentwicklung im Sortiment? Mir hat das Teil zumindest sehr gefallen; bei nächster Gelegenheit, muß ich mir das nochmal genauer anschauen.
Dann kam ich noch etwas ins Plaudern mit dem Vertreter des neuen deutschen Vertriebes (schon wieder einer?) und ich erzählte ihm so von meinen Eindrücken zu Mauriat und erklärte ihm, dass die zu weiche Applikatur der Hörner in meinen Augen deren größtes Manko sei. Er wirkte etwas überrascht darüber aber interessiert. Vielleicht hat denen das  einfach noch keiner gesagt, dass die ne härtere Mechanik brauchen.  Die Entwicklungen bei Mauriat scheinen spannend zu bleiben.

Oleg
Diesen Namen haben zwar viele Saxophonisten schon mal gehört, wissen den aber nicht wirklich einzuordnen. Mir geht’s da genauso. Sie stellen Saxophone, Mundstücke und allen sonstigen Equipmentgedöns her und meist sehr hochpreisig. Darunter sehr edle metallenenMechanikanbauten wie Palmkeyrisers usw. Das bekannteste Produkt dürften die Olegature sein, eine metallene Gewebeschraube (das Kettenhemd läßt grüßen).

Eigentlich hatte ich Oleg nicht auf meinem Plan für die Messe, aber da gab es doch einen Eyecatcher der mich zum stehen bleiben zwang: Halsgurte in den möglichsten und unmöglichsten Mustern: Leopard, Knallrosa, Schlangenleder, roter Glitter, Alligator. (Natürlich(hoffentlich) Immitat). Ideal für Saxophonisten, die bei Brian Setzer, (den) Tiffanys oder dergleichen spielen .

Desweiteren Standen dort noch diverse Basssaxophone (oder derartiges) dort rum, wobei mir nicht klar war, ob die nun auch von Oleg waren, oder von einer anderen Firma, mit denen sie sich den Stand teilten. Auf dem Bild kann man wahrscheinlich den fettesten Schallbecher der Messe sehen (hinter dem Saxspieler).

Cannonball
Als bekennender Fan mußte ich auch hier wieder hin. Besonders gefreut hat es mich, dass Tevis und Sheryl (das sind die Gründer und Chefs von CB) sich sogar noch vom letzten Messebesuch vor zwei Jahren erinnerten. Gravierend viel neues gab es nicht. Das Vintage wurde genau vor zwei Jahren neu vorgestellt. Ich nahm also die Chance wahr und teste nochmal das ganze Sortiment durch. Endlich auch mal die Sopransaxophone, die es in Curved, Straight und Halfcurved gab. Gewohnt gute CB-Qualität und wieder haben mir die unlackierten am besten gefallen, dennoch hatte ich nicht das Verlangen, mein Sequoia dagegen einzutauschen.
Die Klarinetten mit den alternativen Bechern und Birnen fand ich auch gut und witzig, aber ich bin zu wenig echter Klarinettist als das ich nach 5min ein echtes Urteil darüber fällen könnte.
Wirklich neu waren zwei Sachen. Die neuen Vintagegravuren. Anstelle der Lady Godiva (die Nackte mit dem Pferd) gibt es nun ein Seemotiv mit Schiff. Ich, als Mensch mit maritimen Hintergrund, fand es sehr ansprechend. Statt dem ständigen floralem Gedöns mal etwas Gischt und Wellen. (Schade nur, dass keine nackte Meerjungfrau drauf war).
Und natürlich gibt es dem Trend folgend ein neues Finish: The Brute. Ihr ahnt es schon, ein neuer Agedbrass-Vertreter. Nach Aussagen von CB durch ein Säureätzbad. Klingt gut, sieht gut aus, weiter so.

Rampone & Cazzani
Die Italiener sind ja seit ein paar Jahren keine gänzlich unbekannten mehr in Deutschland. Gerade die Sopransaxophone erfreuen sich großer Beliebtheit, da sie einen schönen eigenen Klang haben. Nur gab es öfters mal etwas Kritik über die Qualität der Endfertigung an der Mechanik (unplane Tönlöcher, falsche Klappenöffnungen, schnell klappernde Mechanik). Nichts was ein guter Saxdoc nicht korrigieren könnte, aber unnötig. Bei einem kurzen Anspielen der Dinger hatte ich nicht wirklich das Gefühl, als hätte sich da jetzt massiv etwas getan. Dafür gehören sie optisch, meiner Meinung nach, zu dem hübschesten und edelsten auf dem Markt.
Also was gibt es neues bei R&C. Soprane in allen Ausführungen: Silber, unlackiert, Messing, Kupfer, SterlingSilver, Straight, Curved, Halfcurved in allen Varianten und Kombinationen. Da wird auch der größte Sopranfetischist fündig

Inderbinen
Er gehört wahrscheinlich zu den schillernsten Namen in der (zumindest in der deutschen) Szene. Man hört in dem Zusammenhang so einige Superlative: „Bestes Saxophon“ (wie? auch besser als das Mk6?). Klar, dass ein Besuch bei Thomas Inderbinen zur Pflicht gehörte. Am Stand selber mußte ich erstmal ausführlich schauen. Denn Inderbinen baut nicht nur Saxophone, sondern auch flöten, Posaunen, diverse andere Blechblasinstrumente und sehr interessante Trompeten. Davon hatte einige ein sehr spezielles Finish. Dort wurden auf die Oberfläche noch verschiedene Metallraspeln aufgeschmolzen. Schade dass ich keine Trompete spielen kann, die hätte ich gerne auch als Saxophonist angespielt, aber so blamieren wollte ich mich da nicht.
Aber die Saxophone sehen auch so schon heiß genug aus. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Inderbineninstrumente werden quasi geschmiedet. Immer wieder erhitzt und dann behämmert. Und zwar das ganze Instrument und nicht wie bei den meisten Profifirmen nur der Schallbecher (ohne erhitzen). Dadurch entsteht auch diese gräuliche geschmiedeter Stahloptik. (der Vorreiter des Agedbrassoptik).
Die Mechanik stammt von Yamaha 62er Instrumenten, die er dort abbaut, dann anpasst und an seine Instrumente  packt. Das hat zwei Gründe, erstens ist die Mechanik von Yamaha sehr zuverlässig und das 62 halbwegs preisgünstig. Ein anderer, warum er keine andere nimmt, ist, dass Inderbinen recht kleine Tonlöcher hat (Vintagesound) und die meisten anderen modernen Instrumente Klappen für große Tonlöcher hat.
Nun aber Mundstück drauf und anspielen. Vor zwei Jahren war das nicht ganz so einfach, denn damals hatte die Messeverantwortlichen Inderbinen wegen der Lautstärke auf dem Kieker, weshalb man immer in die Schallkabine mußte.
So ganz ungerechtfertigt ist das nicht, denn die Inderbinen erfüllen auf jeden Fall einen Superlativ. Sie sind die lautesten. Es ist unglaublich, beim Alto scheint es keine Grenze zu geben. Man gibt mehr und mehr Gas und es wird immer noch lauter. Vielleicht kommt es faher, dass viele es für das beste Saxophon halten, da viele Lautstärke mit Klangqualität verwechseln. Auch das Tenor macht auch so auf, vielleicht nicht ganz so krass wie das Alt. Das Sopran klingt zwar auch gut, aber hat nicht den gleichen Wow-Effekt wie bei Alt oder Tenor.
Leise geht jedoch auch, sogar sehr gut. Tolle Ansprache. Klanglich hat es deutlichen Charakter, aber auch ordentlich, aber nicht ganz so nörgelnd wie Selmer und mächtig breite Soundmasse. Vielleicht steckt da noch ein wenig Ami im Schweizer. Ein definitives Jazzhorn.
Ich weiß nicht, ob es das beste Saxophon ever ist, aber definitv gehört es zu dem besten was es so gibt. Wer jetzt Kaufgelüste hat sollte auch wissen, dass es zwei weitere Superlative gibt: der Preis (über 7000€) und die Wartezeit (über zwei Jahre).
Da kam mir die Frage auf, warum Herr Inderbinen denn seine Firma noch nicht erweitert hat. Mit einer größeren Produktion, könnten die Saxe billiger werden, er die Nachfrage decken und somit noch mehr Geld machen.
Jedoch hat er daran kein Interesse, er möchte an jedes Instrument, dass seinen Namen trägt selber Hand anlegen und er will auch wissen, zu wem seine Instrumente gehen. Tja, das scheint eine schweizer Einstellung zu sein, die wohl auch ein Grund für diese schweizer Qualität zu sein. Vorbildhaft! Also neben der Qualität hat man also auch noch die Exclusivität.
Ob nun ein Inderbinen auch mein Traum geworden ist? Eher nicht. Und dafür gibt es ein paar Gründe. Ich persönlich mag die Yamaha 62 Mechanik nicht so. Sie liegt mir nicht so gut in den Händen zudem liegt dessen Design noch in den 80ern. Für eine moderne Applikatur finde ich sie etwas antiquiert. Deweiteren sind über 7000 Euro sehr sehr viel Geld für ein Saxophon. Es gibt Saxophone für 1/3 des Preises die fast das gleiche bringen. Das letzte, das mich etwas stört, ist, dass man zwei Jahre auf sein Horn warten muß. Man kann es also nicht vorher antesten und dann kaufen was man in der Hand gehabt hat. Also quasi die Katze im Sack, wobei es sich hier eher um einen kraftprotzenden Tiger handeln dürfte. Schade, dass es für Inderbinen keinen Gebrauchtmarkt gibt, wobei dort die Saxophone wahrscheinlich teurer wären als neu.

Keilwerth
Auf dem Besuch bei Keilwerth habe besonders gefreut, da ich dort auch meinen alten Freund Thomas Voigt mal wieder treffen konnte. Ja, Keilwerth gibt es noch und so wie es scheint auch noch ein bisschen länger. Sehr frische News waren auf der Messe, dass man wahrscheinlich einen neuen Investor gefunden hat.
Auch brand aktuell ist das neue Sopran von Keilwerth, das von Dave Liebman und Benedikt Eppelsheim entwickelt worden ist und dessen Prototyp frisch auf der Messe präsentiert worden ist.
Optisch macht es wirklich was her: der Body in einem schönem bräunliches AgedBrass und die Mechanik in einer spacigen matten Titanoptik. Das dürften einige von den Vintage Serien schon kennen, aber ich mag diesen originellen (noch nicht kopierten) Look. Persönlich finde ich den klaren Schutzlack aus klanglichen Gründen überflüssig, aber das macht Keilwert ja bei allen seinen Saxophonen so und man hat keinen Ärger mit nach Messing riechenden Händen nach dem Spielen.
Auch an der Mechanik gibt es ein paar interessante Neuerungen. Die Palmkeys sind nach vorne gerichtet und abgeflacht und liegen somit sehr gut in der Hand. Die Mechanik der beiden Fisse war dagegen etwas sonderbar. Man klärte mich auf, dass dieser Prototyp speziell auf Liebmans Bedürfnisse zurecht geschnitten ist und Liebmann hat ne Patschehand-Technik. Er spielt mit gestreckten fingern (und nicht korrekt wie alle anderen mit gebogenen), weshalb diese beiden Tasten für ihn angehoben sind. Dies soll aber in aber nicht in die spätere Serienproduktion so übernommen werden. Etwas skuril wirkte eine kleine JingJangGravur auf dem Sax. Keine Ahnung was das soll, aber die Amis sind da ja manchmal etwas komisch. Aber das sind nicht die einzige spezial Anpassungen für Liebmann, was ich beim Anspielen bemerken mußte. Wie einige vielleicht wissen, hat Liebmann aufgrund einer Gewebeschwäche eine recht eigene Spielweise und so verhält sich auch das Sopran.
Insofern war für mich Intonation und Ansprache recht ungewohnt. Jedoch soll es auch viele Messe Besucher gegeben haben, die damit so gut klar gekommen sind, wie mit keinem anderen Sopran zuvor.
Dafür fand ich den Klang sehr viel versprechend, nicht so ne Grelltröte wie man es sonst kennt.
Ich sprach auch nochmal kruz mit Benedikt Eppelsheim über die Kuriosität, dass einige damit so Probleme hätten und andere gar nicht. Es ist halt ein Prototyp speziel für Liebmann.
Es wird für den normalen Markt eine „nicht Liebmannversion geben“ mit einem anderen S-Bogen und noch ein paar anderen Kleinigkeit, so dass es sich so verhält, wie die meisten Spieler es gewöhnt sind. Man darf gespannt sein.
Es wird aber wohl auch eine käufliche Liebmanverion geben. Wahrscheinlich wird die sich in den USA, wo der Liebman sehr geschätzt wird, gut verkaufen. Außerdem dürfte es vielleicht für diejenigen interssant sein, die auf sonstigen Sopranen große Intonationsprobleme haben.

Eppelsheim
Wie die meisten Saxophonsiten, mußte auch ich wieder zu Eppelsheim. Für die unwissenden, Eppelsheim ist ein Münchener Saxentwickler der sich auf die Extremen spezialisiert hat. Bass und Tubax (bis zu eine Oktave tiefer als der Bass) auf der eine Seite und das Soprillo (eine Oktave höher als das Sopran) auf der anderen. Zudem hat er noch Kontrafagotte und Kontrabaßßklarinetten im Angebot.
Das Soprillo ist eine herausforderung und ich war froh, ne ganze Tonleiter sauber spielen zu können. Wer Wurstfinger hat, dürfte auch Probleme haben, noch richtig an die Tasten zu kommen. Aber mein Favorit ist aber das Es-Tubax. Die Hauptröhre ist doppelt geschwungn weshalb es nur minimal höher ist als normales Bari. Dadurch brauch man kein LKW mehr zum Transport, ein Kombi reicht.
Zudem ist es in Es gestimmt, wodurch man ganz einfach in einem Satz die Baristimme spielen kann. Genial ist auch, dass Barimundstücke drauf gehen und man nicht so ein Sondergedöns braucht wie bei Basssaxophonen.
Durch die enge Mensur ist es für so einen Tieftöner sogar noch recht zentriert und verschwimmt nicht so in einem Bassgewarber und die Ansprache wird dadurch leichter. Dennoch, wenn man richtig Gas in der Tiefe gibt, meint man die Erde vibriren zu spüren. Das macht einfach Spaß.
Wer nun auch auf ein Tubax schielt dem sei noch gesagt, dass so ein Teil über 15000 kostet mit über einem halben Jahr Wartezeit.
Aber Eppelsheim hatte auch etwas eigenes neues: ein C-Sopran. Da es ja immer einige Saxophonisten gibt, die sich über das Transponieren Aufregen (und diese vom Klientel auch oft zum Sopran tendieren) dürfte das für so einige recht interessant sein. Es soll auch längst nicht so teuer werden, denn es wird größtenteils in China produziert und Eppelsheim macht dann die Endeinstellung. Als er mir das sagte, hatte ich das Gefühl, dass er einen Gesichtsausdruck machte, dass das wohl doch mehr Arbeit für ihn ist, als erwartet.
Beim Anspielen fand ich das Sopran auch zufriedenstellend. Klanglich jetzt nicht eine Revolution, eher gewohnt gute Kost, wobei ich meine, leichte Tendenzen bei Intonation und Ansprache wie beim Liebman Sopran festgestellt zu haben, jedoch in deutlich kleinerer Form.

Borgani
Auch bei diesem Stand bin ich eher zufällig reingestolpert. Ich hatte Borgani sträflichweise nicht auf dem Plan. Aber in Deutschland sind sie relativ unbekannt. Das einzige was man über die hier so hört ist „Spielt Joe Lovano nicht Borgani, oder so?“ Warum er das tut, weiß ich nun, aber dazu später mehr.
Was mir als erstes in Auge gestoßen ist, war eine bekannte Blattschraube. Der Magnitonenachbau von Corrado Mauzzato. Das war mir schon sehr symphatisch, weil ich die Schraube persönlich für sehr gut halte. Inswischen gibt es sie sogar auch in einer Sopranvariante.
Dann erblickte ich etwas, dass ich gar nicht so recht glauben wollte. Sie hatten doh tatsächlich Sopransaxophone mit ABSCHRAUBAREN und somit austauschbaren Schallbechern. Ich dachte, die sind ja verrückt, aber witzige Idee. Den Becher gab es in verschiedenen Materialausführungen und dann noch mit Tuninigstreifen (also für mehr Masse). Mir war klar, dass sie wohl anders klingen mußten, dennoch mußte ich das nochmal selber für mich ausprobieren. Wir praktisch, dass Borgani eine eigene Schallkabine hatte, so konnte das mit etwas mehr Ruhe anspielen.
Die erste Überraschung, „Hey, das Sopran klingt ja richtig gut“. Ich war wirklcih verblüfft. Ansprache top, Mechanik und Handling top. Dann gleich nochmal den Becher abgeschraubt und den anderen dran. Größerer Unterschied als vermutet. Ich raus, und habe mir gleich nochmal das Sopran in der pink vergoldeten Variante geholt. Das klang sogar noch schöner.
Also frage ich den Herr Borgani himself (Familienbetrieb in der 4. Generation) nach seinem Profi-Modellen. Wie, es gibt nur ein Modell? Sie haben nur wirklcih nur eine Serie, aber in verschiedenen Finishes. Unlackiert, Versilbert und Vergoldet, und dann je sogar noch in einer Matt Ausführung. KEINE LACKIERTEN INSTRUMENTE, aus klanglichen Gründen. Endlich mal ein Hersteller, der da genauso denkt wie ich.
Ich nahm mir also die vergoldete Variante in Matt (sehr hübsch) und zog mich zurück in die Schallkabine. Ein so wohliges Gefühl hatte ich auf der Messe sonst nie an einem Saxophon gehabt. Ein warmer starker Ton, richtig viel Sound. Die Mechanik flutschte wie Butter. Das ist meine Entdeckung der Messe. Borgani hat mich absolut begeistert. Meinen ersten Dämpfer erhielt ich aber, als ich nach dem ungefähren Preis gefragt habe.
Die Borgani Instrumente gehen erst so bei ca. 4000 Euro los. Und das liegt daran, dass alles bei denen noch hochwertige Handarbeit ist. Das braucht halt seine Zeit, kostet dementsprechend aber wie es aussieht lohnt es sich im Resultat.
Ich habe mir vorgenommen, dass ich Borgani noch mal ganz genau unter die Lupe nehmen müßte jedoch dürfte es schwer werden, da es bis jetzt nur einen einzigen Deutschen Händler mit Borgani Instrumenten im Sortimenten gibt.
Tja, wohin es in meinem nächsten Italienurlaub geht, weiß ich also jetzt schon.

Fazit
Du meine Güte, dass der Artikel so lang ausarten würde hätte ich nicht gedacht. Und dabei habe ich trotz des Stresses nicht einmal die Hälfte geschafft, von dem, was ich so vorhatte. Selmer, Yamaha und Yanagisawa hatte ich schon vorher ausgeklammert, weil ich wußte, dass es eng wird, aber dennoch, wäre ich da gerne mal gewesen. Zumal Selmer wohl auch eine überarbeitete SIII vorgestellt hat. Eigentlich wollte ich mich auch bei Expression blicken lassen, aber die habe ich gar nicht gefunden. Ein vergleich mir Jupiter wäre dann auch interessant gewesen. Zudem hätte ich gerne mal ein paar Chinesen genauer aufs Korn genommen.
Geärgert hat mich, dass wohl die Japaner mit Forestone ein neues Kunststoffblatt auf dem Markt gebracht haben. Das hätte ich unbedingt testen müssen. Ein anderer Japaner, der eigentlich ein Besuch wert gewesen wäre, war Aizen mit seinen Repliken von alten Meyer und Selmer Soloist Mundstücken, die sich großer Begeisterung erfreuen.
Tja, nächstes Jahr sind deshalb 3 Tage Messebesuch geplant, nur fragt sich, wie lang dann der Messeartikel werden soll. Ich habe ja fast schon über eine Printausgabe von Saxophonistisches nachgedacht…

so spielen um so zu klingen

Eine der zentralen Fragen der Saxophonisten – und das zurecht – ist: „Ich will so und so klingen, was muß ich dafür tun?“. Bei diesem Thema werde ich mich fachlich etwas aus dem Fenster lehnen, da ich dabei auch immer noch selber dazu lerne, aber ich kenne leider sonst keinen Text, der dieses Thema mal so anspricht, weshalb ich es jetzt doch wage.

Viele denken erstmal/nur ans Equipment und so ist oft zu lesen: „Ich will so und so klingen, was muß ich dafür kaufen?“.
Als Reaktion darauf sind zwei Sachen zu lesen. Einerseits Empfehlungen von viel teurem Equipment, das erstaunlichweise fast immer von dem Empfehlenden gespielt wird, was erstaunlich ist, da der Fragende einen bestimmten Sound gefragt hat. Da habe ich schon Empfehlungen vom Otto Link Supertone Master für Funk-Sound gelesen.

Anderseits wird dann gerne schnell vorgeworfen „Du mußt einfach mehr üben!“. Leicht gesagt, aber was? „Longtones!“ Hö, die gleiche Übung für alle Sounds soll mir helfen wenn ich so und so klingen soll? Longtones sind wahrscheinlich die wichtigste Soundübung, aber eher allgemein für einen guten Sound. Wenn man einen bestimmten Sound will, reicht das aber nicht.

Fangen wir erstmal mit dem zweitrangigem/eigentlich unwichtigem an: dem Equipment! Das Equipment muß zu den Soundwünschen passen, ansonsten legt man sich nur unnötig Steine in den Weg. Mit einem Selmer Klassikmundstück wird man kein Rock spielen können. Genauso geht mit einem metallenem Mundstück mit Stufe und kleiner Kammer wird man keinen Klassik- oder Oldschooljazzsound bekommen.
Desweiteren, auch wenn man das „passendeste“ Equipment hat, wird man nicht automatisch so klingen, wie man es sich vorstellt.
Für weitere Infos, welches Equipment wie klingt, was gut ist, was „hip“ und „in“ ist und was man kaufen „soll“ braucht nur den Rest dieses Blogs lesen.

Es wird immer unterschätzt, wie essentiel die Spieltechnik für den Sound ist. Mit Spieltechnik meine ich nicht Ansatz, Atmung und so weiter, sondern wie der Ton angestoßen wird, Vibrato, Growl, Phrasing und alle anderen Stilmittel. Eher das ist es, was den Spieler unverwechselbar macht, als nur der Klang des Tones selber. Hier kann ich nur dazu raten, viel die gewünschte Stilistik zu hören und zu spielen. Für vieles gibt es tolle Schulen zum kaufen, ein guter Lehrer der fit in der Stilistik ist, ist Gold werd und natürlich sehr gut sind für so etwas Transkriptionen.

Kommen wir nun zum Kern dieses Artikel: konkrete Hinweise, Tipps und Tricks für welche Spielweise wie klingt. Soetwas liest man zu selten. Viele Lehrer und Schulen vermitteln immer nur eine „ultimative“ Spielweise. So gut z.B. „der persönliche Saxophonsound“ von David Liebmann auch sein mag, aber es schreibt doch strikt vor (der regide Ton könnte auch übersetzungsbedingt sein), wie man zu spielen hat. Allerdings dürfte das eigentlich nicht für jeden so passen. Konkret ist es z.B. für Klassiker nichts.
Auch gibt es sehr viele Beispiele von Jazzlegenden, die keine Bilderbuchspielweise haben, aber dennoch genial und individuell klingen. Oder vielleicht gerade deswegen?
(das soll jetzt keine Legitimation für eine Spielweise nach gut Dünken sein „Ich habe keinen falschen Ansatz, dass ist nur meine individuelle Technik für meinen Sound“. So eine Einstellung führt vielleicht zu einem „einmaligen Sound“, der dann aber von anderen nicht gehört werden will)
Hinzufügen muß ich, dass einige der vorgeschlagenen Techniken eher Kompromisse sind. Sie bringen einem zwar dem gewünschtem Sound näher, aber meist etwas auf Kosten der eigentlichen Soundqualität. Einen schön vollen und extrem durchsetzungfähigen und hellen Funksound gibt es einfach nicht.
Da ich nicht alles wieder von vorne erkläre, wer es vielleicht für den ein oder anderen sinnvoll, vorher den Longtones-Artikel von mir oder den Liebman zu lesen. Aber nun wirklich zu den konkreten Hinweisen:

Luftführung
Man kann so und so ins Horn blasen. Allgemein gilt, je mehr Luft verbraucht wird, desto mehr Sound. Wer einen lauten Sound mit viel Druck will, sollte auch so pusten, als ob er gerade alle Kerzen auf seinem Geburtstagskuchen ausblasen möchte. Ein schneller konzentrierter kräftiger Luftstrom. Wer einen vollen in die breite gehenden Sound möchte, sollte er „fluffig“ blasen und viel Luft mit wenig Druck verbrauchen.  Fast als würde man den gesammten Luftvorrat ohne Widerstand entweichen lassen. Das verbraucht eine Menge Luft, macht aber einen guten Jazzsound. Vielleicht erinnern sich einige an den Tipp mit dem Bariton spielen. Das kann man eigentlich nur so spielen, während ein Sopran einen deutlich konkreteren Luftstrom abverlangt.

Zungenstellung
Oft heißt es, Zunge soll man flach halten. Jedoch gerade für’s Altissimo muß man in die „iiie“- Stellung gehen. Es stimmt, dass tiefe Töne besser mit einer flachen Zunge gehen und das Altissimo mit einer hohen, der Umkehrschluß ist dann aber, dass eine tief gehaltene Zunge für einen volleren Ton mit mehr Tiefen führt und eine hochgehaltene Zunge mehr durchsetzungsfähige und stahlende Obertöne.

Unterlippe
Die meisten wissen schon, dass dieses schon immer eine Streitfrage zwischen Klassikern und Jazzern ist. Eingezogen oder ausgeklappt. Eigentlich ist es noch viel komplizierter und differnzierter. Liebmann schreibt, dass bei tiefen Tönen mehr Unterlippe an das Blatt gelegt werden muß. So werden die Blattschwingungen gedämpft, weshalb die Tiefen besser kommen. Das ist natürlich für die hohen Töne unvorteilhaft, weshalb dann weniger Unterlippe angesetzt werden soll. Liebman redet da von der V-Stellung. Auch hier gilt wieder der Umkehrschluß, wer einen gedämpften warmen Sound will, sollte allgemein mehr Unterlippe anlegen. Wer es hell und durchdringend will, sollte demensprechend weniger dämpfende Unterlippe ansetzen.
Beim eingeklappten Klassischen hat man das so nicht, allerdings ist der Druckpunkt am Blatt hier viel konkreter und starrer, weshalb das Blatt nicht so frei schwingen kann. Mit daher rührt der etwas „introvertierte“ Klassiksound.

Wieviel Mundstück im Mund
Probieren wir mal beide extreme aus. Ganz wenig, und es klingt es dünn, leise, zwart. Nehmen wir ganz viel in den Mund. Jetzt klingt es wie eine Ente auf Extasy. Je nachdem ob ihr einen brötzigen lauten Rocksound oder einen sanften oder klassischen Ton sucht solltet ihr damit ein wenig experimentieren, wie viel Mundstück ihr in den Mund nehmt

Mundstückwinkel
Oft hört man, dass das Mundstück ganz gerade aus dem Mund gehen soll (90° zwischen Kinn und MPC). Aber oft sieht man auch Extremfälle (z.B. Sanborn), die das Mundstück sehr schräg spielen (45°). Das beeinflußt, wie die Luft auf das Blatt trifft. Bei 90° trifft die Luft direkt auf das Blatt, das einen lauten durchdringenderen Sound zu folge hat. Bei schrägerem Winkel trifft die Luft eher auf das Dach des Mundstück und „prallt“ dann zum Blatt ab. Dadurch ist alles etwas indirekter, was alles etwas weicher macht. Sanborn spielt wahrscheinlich so extrem, weil er sein extrem helles und durchdringendes Mundstück so ausgleicht. Unter den ganzen Pop, Funk Jazzern ist er einer mit dem vollerem Sound. Vielleicht ein Zusammenhang?

Druckpunkt am Blatt
Die letzten drei Punkte beeinflussen auch wo denn nun genau der Druckpunkt der Lippe am Blatt ist. Je weiter hinten (also zum Saxophon hin) desto mehr schwingt das Blatt durch, dadurch lauter und brötziger. Je weiter vorne, desto weniger Blatt schwingt, umso kontrollierter ist der Ton. Hier möchte konkret darauf hinweisen, dass hier Equipment (Mundstück, Blatt) zu der eigenen Anatomie und spielweise passen muß. Jazzer, mit dicken Unterlippen, die viel Mundstück in den Mund nehmen und viel Unterlippe ansetzen, brauchen ein Mundstück mit längerer Bahn und als auch ein Blatt mit längeren Ausstich (also eher Jazzblätter). Klassiker, mit eingezogener Unterlippe, die wenig Munstück um Mund haben und zudem noch etwas Schräger spielen, brauchen Mundstücke mit kürzeren Bahnen, die natürlich mit Klassikblättern harmonieren.

Backen
Es ist eigentlich verpöhnt, beim spielen die Backen aufzublasen. Dennoch sieht man das bei einigen großen Jazzern immer wieder und tatsächlich kann man den Sound so beeinflussen. Durch das Backenaufblasen, wird die Luft im Mund mehr verwirbelt, was den Klang weicher und fluffiger macht. Dennoch ist Vorsicht geboten. Erstens siehts bescheuert aus, zweitens kann es, wenn man es sich angewöhnt, zu Gewebeschwäche führen, weshalb sich die Backen immer und immer mehr aufblasen wie bei einem Frosch. Gillespie litt da besonders schlimm dran.

Blatt einspannen
Das geht eigentlich fast schon wieder in den Bereich des Equipment und Spieltechnik. Wie man das Blatt einspannt, hat auswirkungen darauf, wie es anspricht und und schwingt. Es macht einen Unterschied, ob die Blattspite mit der MPC-Spitze abschließt, übersteht oder etwas nach hinten versetzt ist. Steht das Blatt etwas vorne ab, stößt sich der Ton direkter, häter und pervussiver an. Nimmt man das Blatt etwas zurück, klingt der Anstoß weicher.
Auch wie doll man das Blatt einspannt macht einen Unterschied. Je fester die Schraube angezigen wird, desto klarer klingt es und die hohen Töne sprechen besser an. Nicht ganz so streff, wird der Sound meist etwas verschwommener und farbiger.
Zuletzt wirkt sich noch aus, wo die Schraube ansetzt. Setzt die Schraube direkt am Schaft des Blattes (also dort wo der Ausschnitt anfängt) schwingt weniger Blatt. Die Blattschraube weiter hinten, desto mehr schwingt das Blatt. Das hat wieder einen brötzigeren Sound zur Folge, kann aber auch Probleme bei der Ansprache hervorrufen. Kiekser häufen sich.

Nun ihr merkt, vieles ist ein Kompromiß. Es gibt da zwei Herangehensweisen. Bei Liebmann wird der Ansatz dementsprechend geändert, wo man sich gerade im Register befindet um das optimalste Ergebnis (laut und voll) zu erziehlen.

Bei Klassikern ist das anders, dort wird ein gleicher Ansatz für das ganze Register gepflegt um einen möglichst homogenen Sound über den gesammten Umfang zu erziehlen. Das sind zwei Extreme und jeder muß selbst entscheiden, wo er sich zwischen den Polen bewegen möchte.
Eine schöne Übung ist die mit den Sekundschritten aus dem Longtoneartikel. Ich rate diese Übunge (sowohl nach oben als auch nach unten) bei dem Ton zu beginnen, der einem bei sich selber am besten gefällt.

Vorstellung
Super wichtig ist die Vorstellungskraft. Alleine, dass man sich einen bestimmten Sound vorstellt, kann man ihn erzeugen. Wer eine Ballade spielen will, sollte sich vorstellen, dass er für seine Angebetene spielt. Beim Blues sollte man sich in eine traurige Grundstimmung fallen lassen, für einen Bossa, sich vielleicht eine entspannende Strandszene vorstellen und beim Funk kann meinen seinen Agressionen freien lauf lassen. Das macht mehr aus als ihr denkt. Es kaum etwas langweiligeres als ein emotionsloses technisches Solo.
Auch wie ihr den Ton klingen lassen wollt, müßt ihr euch vorstellen. Wenn ich einen großen Ton erzeugen will, stelle ich mir vor, als würde ich ihn in die entfernteste Ecke des Saales strahlen lassen wollen, dass er den gesammten Raum einnimmt, usw.
Auch hier gibt es einen Unterschied zwischen Klassik und Jazz. Beim Jazz stelle ich mir vor, wie der Ton nach vorne geht, aus-/wegstrahlt – quasi extrovertiert. Wenn ich Klassik spiele, versuche ich den Ton in mir zu halten/klingen, dadurch ist er viel introvertierter.

Tja, das war jetzt viel Stoff und wahrscheinlich werde ich es öfters mal ergänzen, da ich bei diesem Thema immer noch dazu lerne. Viele dürften zu vielen hier vielleicht andere Ansichten haben und garantiert ist nicht alles „100% waterproof“, aber ich hatte das Bedürfnis, diese „Techniken“ zu sammeln, die ich immer nur hier und dort aus verschiedensten Quellen und Lehrern mitbekommen habe. Das wenigste ist so von mir. Aber auch Liebmann hat so einiges bei Rascher „abgeschrieben“, der ja nun bekanntlich Klassiker war.

Dem einen oder anderen stellt sich nun die Frage, was ist nun richtig oder zumindest „am richtigsten“.
Die Frage läßt sich nicht beantworten, da irgendwie alles seine Berechtigung hat. Für viele ist so ein heller schneidener greller Popsound etwas unerträgliches, andere finden es total „geil“. Genauso finden viele den klassischen Klang zu „lasch“ andere finden gerade den schlanken Ton wunderschön.
Vielleicht ist es am richitgsten, dass man versucht, alles etwas zu können, damit man flexibel ist und alles das spielen kann was man will und nicht nur einen Sound anbieten kann. Gerade Profis sind darauf angewiesen, dass sie das liefern können, was gerade mal verlangt wird. Pop muß anders klingen als Swing oder Klassik. Nur die wenigstens können es sich erlauben immer ihren eigenen Sound spielen zu können. Maceo Parker ist vielleicht der Inbegriff des Funksax und seine Platten verkaufen sich für einen Saxophonisten wie geschnitten Brot, aber Klassik würde ich nicht von ihm hören wollen.
Ich kann jedem nur raten, mal die verschiedenen Spieltechniken einfach mal auszuprobieren. Persönlich macht es mir Spaß, mich in den verschiedensten Stilistiken bewegen zu können und so zu klingen wie ich es brauche und will.

auf geht’s nach Frankfurt

Ja ich weiß, in letzter Zeit gab es etwas wenig von mir zu lesen. Schande über mein Haupt. Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen und bleibt mir trau (und geht nicht woanders fremdlesen).

Ich verspreche, dass ich jetzt im März und April wieder etwas mehr schreiben will. Ich habe schon ein paar Themen gesammelt. Ich habe vor nun doch einen Testbericht über meine Serie III zu schreiben, zudem will ich noch etwas über Kenny G, warum man nie intoniert und ein paar Tipps für bestimmte Sounds geben. Mit den letzten beiden werde ich mich wahrscheilich fachlich weit aus dem Fenster lehnen, aber einer muß darüber ja irgendwann etwas darüber konkret schreiben. Dafür gab es jetzt schon mal ein Update bei „dem rotem Kuriosum“ und den Anekdoten.

Außerdem geht’s zur Musikmesse 2010 nach Frankfurt. Also wenn da nicht genug Material für ein oder zwei Artikel zusammen kommt, dann weiß ich auch nicht. Zudem vielleicht noch ein oder zwei Connections schmieden. Ist ja alles in diesem Business. Aller vorraussicht werde ich wohl am Donnerstag oder Feitag dort sein. Vielleicht trifft man ja den ein oder anderen da.

Viele liebe Grüße
Euer Tobias

Ein rotes Kuriosum

Dieses „Ding“ viel mir per Zufall in die Hand und so abenteuerlich es aussieht um so weniger weiß man darüber. Läßt es sich spielen, wer schnitzt so etwas sonderbares, gibt es davon noch mehr und warum diese Farbe? Fragen über Fragen. Zu einer Probe meines alten Saxophonquartettes aus Leipzig „Saxtrovertiert“ brachte der Tenorist mal dieses alte Mundstück mit, dass er wieder bei sich in der Schublade gefunden hatte um es mir dem Saxgeek mal zu zeigen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es ist ein altes Plastikmundstück in knallrot, naja, teilweise altersbedingt eher orange. Eine ungewöhnlich schlange längliche Form. Vermutlich für das Tenor. Die einzige Markierung ist ein ominöses „X“ auf dem Rücken. Dabei war nur einer dieser alten vernickelten Einhandspanner. Das Innenleben ist noch sonderbarer. Eine merkwürdiger Einlauf und eine Stufe, die jeglicher Beschreibung spottet. Es ist eher eine Klippe, die in eine großen Kammer  führt, die sogar noch unter der Klippe ausgewölbt ist. Läßt sich soetwas überhaupt spielen? Das es wohl viel benutzt worden ist, war am Geruch auszumachen. Es hing ihm ein Odör von alten Bier an. Der Vorbesitzter hatte wohl das ein oder andere feuchtfröhliche Konzert damit. Dennoch der Forschergeist war größer als unsere Skepsis und Ekel, weshalb Der Baritonist sich das Teilgreift und es auf sein Bari steckt. Alles andere als schön. Der Tenorist greift es sich wieder und tut es seinem tieferen Kollegen gleich. Natürlich muß ich auch mit dem Alto ran. Und weil es bei mir am „besten Klang“ hat es mir der Tenorist geschenkt. Nachdem ich es gründlich gereinigt hatte (ein leichter Malzgeruch ist einfach nicht weg zu bekommen) habe ich es nochmal gründlich testgespielt. Es ist definitv ein Tenormundstück. Es gibt zwar viele bessere Mundstücke aber man kann es spielen und es intoniert sogar brauchbar. Der Klang ist recht „speziel“. Es ist etwas dünn und recht schrill. Kein Wunder bei dieser Stufe. Dafür hat es etwas ungewöhnliches und eignet sich ideal für Rock’n’Roll-Zeugs. Ich versuchte natürlich rauszufinden, was ich nun in den Händen hatte. Der Tenorist wüßte auch nicht wo das herkam. Es war wohl im Koffer eines alten Saxophones dabei, dass er mal hatte. Daher ist es höchstwahrscheinlich, dass es aus dem alten Ostblock stammt. Etwas vergleichbares konnte ich auch in den weiten des Internets nicht finden. Nur den Einlauf hatte ich schon mal bei alten englischen Mundstücken ROC Britone schon so gesehen. Aber ansonsten war nichts den Britones ähnlich und wie sollte so ein Mundstück hinter die Mauer kommen? Vielleicht war es ein geheimer Prototyp der Russen und wurde in der KGB-BigBand verwendet? Dies könnte auch die das ungewöhnliche Rot des Mundstückes erklären erklären. Wer weiß. Aber vielleicht weiß ja einer meiner Leser mehr über den Ursprung. Hinweise können als Kommentar hier gepostet werden.

Nachtrag: Ich habe mich auch an Mouthpiecemuseum gewendet. Stefan, der sich zu meinem Erstaunen als deutscher Auswanderer herausstellte, gab mir auch eine sehr kompetente Antwort. Er hat mir erklärt, dass man diese Einlaufform „wedge-baffle“ nennt. Neben Britone hat eine weitere englische Firma: Brawler. Beide gibt es nicht mehr. Er tippt auf ein „Tripe Sonority“ Modell. Die gab es wohl aus rotem Nylon. Das jetzt kein Logo drauf steht und wie es in den Osten kommen könnte, erklärt er so, dass einige Mundstückhersteller (z.B. Keilwerth) ihre Mundstücke auch nach drüben verkauften, allerdings ohne ihre Firmenbezeichnungen. Die wurden von verschiedensten Subfirmen mit den Kuriosten Logos vertrieben. Oft in sehr kleinen Stückzahlen. Vielleicht gab es da auch die Firma „X“. Er schätzte den (Sammler-)Wert eines solchen Teils auf bis zu 150€. Also für die Infos nochmal ein ganz großes Dankeschön an Stefan. Alerdings bleibt ungeklärt, wie und warum nun ein englisches Mundstück in die DDR kam. Außerdem ist die Stufe sehr extrem und alles andere als eine Serienproduktion. Vielleicht ein Prototyp, aber das macht die „Auslieferung“ in den Osten noch unwahrscheinlicher. Nun habe ich im Forum das hier entdeckt. Das Plastik kommt einem doch bekannt vor. Vielleicht gab es zu dem Zeitpunkt, als die Mundstücke gefertigt wurden, gerade mal wieder in der DDR kein schwarzes Plastik. Dies würde eher auf die Theorie eines durchgedrehten MarkneukirchnerMundstückschnitzer begünstigen. Aber persönlich halte ich die KGB-BigBand-Variante doch noch am wahrscheinlichsten.