Bitte entsorgt die Staubfeudel

Gestern zur Probe zeigt mir unser erster Altist stolz sein neues Spielzeug. Einer dieser merkwürdigen Staubfeudel, die man in das Saxophon stecken kann, wenn man es im Koffer lagert.
Ich schaue ihn an und sage „Schmeiß dieses Teil bloß weg“ „Wieso?“ Und so hatte ich die Idee zu einem neuen Blogeintrag.

Ja, wieso eigentlich? Besser ist die Frage, wofür ist dieser Feudel überhaupt gut. Früher hatte dieses Teil einen wirklichen Nutzen. In Früheren Zeiten waren die Lederpolster noch nicht imprägniert und der ständige Wechsel von feucht und trocken hat das Leder sehr schnell ausgedorrt wodurch die Polster auch dementsprechend schnell verschlissen war. Der Feudel hatte die Funktion, die Feuchtigkeit im Sax zu halten, damit die Poster nicht immer so schnell austrocknen und dadurch länger halten.

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Doch in Zeiten guter Imprägniermittel sind diese Teile so überflüssig wie ein Kropf. Einige denken, man würde damit das Sax sauber machen. Dafür eignen sie sich überhaupt nicht, dafür gibt es die Durchziehwischer. Der Feudel verteil den Schmutz nur besser.

Es gibt sogar gute Gründe dieses Teil schnellstmöglich zu entsorgen. Wie gesagt, das Teil hält die Feuchtigkeit im Sax. Diese warme, feuchte, dunkle Umgebung in der die ganze Siffe hängen bleibt ist die ideal Umgebung für Keime, Bakterien und sonstigem schleimigen und lebendigem Zeugs. Und das steckt ihr immer wieder in euer Saxophon? Bäh!

Ein weiterer Grund warum diese Dinger auf den Müll gehören ist, dass sie fuseln. Diese Fuseln bleiben gerne in den Rillen der Polster kleben und können zu Undichtigkeiten führen.

Das habe ich auch so meinem Kollegen erklärt, aber er meinte dann, dass er ihn trotzdem behält, worauf ich ihn fragte: „Wieso? Weil Charlie Parker auch so ein Teil benutzt hat?“
„Ja genau, woher wußtest du das?“

Meine Mundstückodysee

Welcher Saxophonist kennt das nicht; die ewige Suche nach dem richtigen Mundstück. Auch ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, viel angespielt, viele Mundstücke gekauft und viel Geld ausgegeben. Heute möchte ich ein wenig davon erzählen; von meinen Problemen, Erfahrungen und auch ein wenig von den Lehren, die ich daraus gezogen habe.

Für diejenigen, die neu auf diesem Gebiet sind, die können vielleicht ein paar hilfreiche Hinweise hierraus entnehmen, und diejenigen, die schon etwas erfahrener sind, für gilt das eventuell auch noch oder sie erkennen sich sogar in einigen Punkten wieder und können dem eine lustige Seite abgewinnen.

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Alles begann, als ich noch ein junger Schüler war und ich absolut ahnungslos über Mundstücke war. Noch bevor ich übhaupt mit dem Saxophon angefangen habe meinte mein Klarinetten- und Saxophonlehrer, dass ich das beiliegende Mundstück vergessen kann und  ein Selmer S80 F Mundstück kaufen sollte. Ich sagte meinen Eltern, dass mein Lehrer gesagt hat, ich soll dieses Mundstück spielen, also kauften sie es. Das beiliegende Mundstück, ein Yamaha 4c (eigentlich das Standartanfängermundstück, das zu Beginn eigentlich total ausreichend gewesen wäre) wurde nicht mal ausgepackt.
Ein Jahr später sollte ich dann in der Schulbigband spielen; mein Lehrer meinte dann, „du brauchst ein anderes Mundstück, du brauchst ein Otto Link Supertone Master 7*“. Also haben meine Eltern ein Otto Link Supertone Master 7* gekauft.
Ich habe mir nie Gedanken über meine Mundstücke gemacht, habe auch nicht wirklich einen Unterschied gehört. Ich habe einfach meinem Lehrer geglaubt, dass es besser klingt und ich war glücklich.
Das ging auch eine ganze Weile so, aber in der Zeit bekam ich immer wieder gesagt, dass beste Jazzmundstück für das Alt wäre ein Meyer. „Alle spielen das!“ Also habe ich mir bei Gelegenheit ein solches gekauft (in Tokio in einem riesigen Yamahastore, eine merkwürdige Gelgenheitheit nebenbei gesagt).
Ist euch etwas aufgefallen? Bisher war noch nicht einmal die Rede gewesen, dass ich die Mundstücke vorher angspielt habe. Man hat mir immer gesagt, „kaufen“ und ich (bzw. meine Eltern) haben es gemacht. Auch wenn das Meyer, das Selmer und das Otto Link die beliebtesten Mundstücke sind(auch in diesen Bahnöffnungen), so stimmt es nicht, dass dies auch die besten sind. Gerade diese Firmen leiden unter einer hohen Fertigungsschwankung. Die meisten Mundstücke von denen sind eher gutes Mittelmaß und ihr Ruf ist eher durch ältere rumreichere Zeiten begründet. Das richtige und passende Mundstück ist immer eine sehr individuelle Frage. Auch wenn ich damals noch lange kein guter Spieler war, so wären ein paar Hinweise oder der Rat „unbedingt testen“ doch gut gewesen anstatt nur die Kaufanweisung von dem, was alle haben.

dsc00131Wie dem auch sei, mit dem Studium begann ich mich auch intensiver mich mit dem Saxophon zu beschäftigen und auch mit meinem Sound. Mit dem Meyer war ich nicht so glücklich, weil ich eigentlich die Haptik von Metall und flache Dächer bevorzugte, da ich von der Klarinette kam. Ich fing also an jetzt wirklich auf Sound- und Mundstücksuche zu gehen. Es began eine lange  Zeit, in der ich meist sehr unzufrieden mit meinem Sound war und massig mit verschiedenstem Equipment experimentierte und viel Zeugs kaufte (Blattschrauben, Blätter, Daumenhaken, S-Bögen).
Wegen der Haptik (und auch der Optik) wollte ich Metall. Ich war noch sehr jung und wild und wollte auch so einen Sound. Unerbittlich, hell und laut (dass es dann manchmal für den Zuhörer etwas unangenehm klang war mir egal, teilweise sogar beabsichtigt).
Per Zufall gelangte ich an ein Brancher B24. Eigentlich ein tolles modernes Mundstück. Ideal für Funk und Rock und kann mit jedem Guardala mithalten.  Zumindest war ich erstmal laut, konnte ich mich durchsetzen und es traf in etwa auch meinen damaligen Soundgeschmack. Aber dennoch hatte ich Konditions- und Intonatiosprobleme und es klang oben rum oft einfach zu dünn. Also war es vielleicht doch nicht so passend, das Testen ging wieder los und ich landete zwischenzeitlich bei einem Yanagisawa Mundstück Metallmundstück 8. Das klang deutlich ausgeglichener, der Sound etwas voller und es war etwas einfacher zu spielen. Jedoch war damit nicht lange glücklich, da mir Power fehlte und das Mundstück zu weich war, zudem gab’s auch immer noch leichte Intonationsprobleme oben rum. Zu dem Zeitpunkt hatte ich wohl fast alle gängigen Metallmundstücke auf dem Markt getestet.
Dann kam das Highlight. Das neue Superhightech Mundstück. Das JodyJazz DV8 für 350 Euro. Was für ein Sound, was für eine Lautstärke. Nicht mehr nur hell und scharf sondern auch noch ganz viele coole Tiefen. Ich hatte im Vergleich sogar ein Dave Guardala SuperKing für 990Euro in der Hand damals. Ich war jetzt der lauteste und konnte mich gegen 50 Bläser durchsetzen. Geil!
Dieses Mundstück hatte ich ein Jahr gespielt und war selber mit meinem Sound erstmal recht zufrieden. Ich selber habe in der Zeit auch einige Fortschritte gemacht, was Ansatz, Intonation und Sound angingen. Dennoch lezte Probleme blieben und wollten trotz richtigem und intensiven Üben einfach nicht weg gehen. Kondition war mangelhaft; nach einer Stunde rutschen Intonation und der Sound oben rum in den Keller. Was machte ich nur falsch?

Die Einsicht kam eigentlich mit dem Experiment „back to the roots“. Zum Spaß räumte ich Yamaha 4c Mundstück raus, steckte es auf mein Horn und spielte damit. Es klang nicht schlecht, hatte etwas interessantes im Sound und wegen der Abwechslung spielte ich einfach ein paar Tage damit. Als ich mich eingespielt habe, kam ich auch gut mit der größeren Außenform zurecht und die größte und wichtigste Erkentnis war, das Spielen fiel mir leicht. Ich konnte länger spielen und es klang von selbst schön und angenehm. Dadurch inspiriert hohlte ich mir mein Meyer Mundstück und ein weiteres Plastikmundstück (6er Bahn), das bei meinem Cannonballsaxophon beilag, zurück, die ich bis dato verliehen hatte. Ignoranterweise habe ich dieses vorher nie für voll genommen und wollte es schon verkaufen ohne es wirklich je intensiv gespielt zu haben. Und tatsächlich spiele ich nun seit ein paar Monaten dieses Mundstück mit großem Erfolg.  Es klingt voll, hat einen sehr modernen Glanz, ich habe quasi keine Intontionsprobleme, kann ohne weiteres mehrere Stunden ohne Ermüden spielen. Ich bin zwar nicht mehr so laut wie voher (deshalb war ich anfangs auch nicht so überzeigt, aber mein Lehrer drängte mich, erstmal dabei zu bleiben), aber ich habe genug Projektion und Strahl entwickelt, dass ich auch ohne riesen Stufe und kleiner Kammer mich gut (auch gegen E-Gitarren) durchsetzen kann und auf 4 Oktaven komme. Ich bekomme jetzt öfter Komplimetne für meinen Klang und ab und zu schmilzt auch schon die Damenwelt dahin. Im Prinzip ist dieses an sich „billige“ Beipackmundstück ein Meyerklon. Bei mir ist dieses Mal die Kopie besser als das Original.

Aber woran lag es nun, dass ich mit den vorherigen Mundstücken so viel ärger hatte. Obwohl ich eigentlich auf flache Dächer stehe macht sich die breite Form sehr bemerkbar. Deswegen muß ich meine Lippen nicht mehr ganz so eng schließen, die Muskeln sind entspannter, es braucht weniger Kraft, weswegen ich länger spielen kann und Intonation und Klang auch besser sind. Ein weiterer Faktor ist, dass das Innenleben der Metallmundstücke sehr ähnlich ist. Kleine kammer, große Stufe und sehr ausgeprägter baffel. Das macht den Sound schnell unangenehm schneidend, zudem werden Intonation und Kontrolle auch noch schwerer. Also für einen flexiblen angenehmen Jazzsound nicht so das Wahre. Leider haben sich diese Form mit der Pop und Funk Musik, die ja öfters mal einen durchsetzungfähigen Sound verlangen sehr etabliert.  Viele verwechseln einfach Lautstärke mit Klangqualität. Das habe ich auch lange gemacht.
Ich will damit nicht sagen, dass diese ganzen Metallmundstücke schlecht sind; ich bereue inzwischen ein wenig den Verkauf des Otto Links, des Branchers und des Yanagisawas, waren alles tolle Mundstücke (aber ich bin jung und brauche das Geld und Mama und Papa zahlen auch nicht mehr für alles), nur meine ich, dass sich viele damit überschätzen.
Zuletzt macht sich vielleicht auch die etwas kleinere Bahnöffnung bemerkbar. Je größer die Bahnöffnung, desto mehr Luft geht zwar durch und somit mehr Soun, aber auch desto mehr Spielraum hat man, also desto mehr muß man kontrollieren. Ich habe jetzt trotz kleiner Öffnung einen größeren Sound.

dsc00133Ist meine Reise abgeschlossen? Nein ich denke nicht. Solange ich mich mich mit meinem Sound kritisch auseinandersetze um ihn zu verbessern, werde ich auch immer über mein Equipment nachdenken. Obwohl ich erst nicht ganz überzeugt war, habe ich mich jetzt auf dieses Mundstück eingestellt und bin gerade recht zufrieden mit meinem Mundstück und ich habe für dieses Beipackteil ein 350 Euro Mundstück in die Schublade gesteckt. Es trifft zwar nicht ganz mein Soundziel, aber es spielt sich leicht und angenehm und ich habe festgestellt, dass das doch wichtiger ist, als der eigenen Soundvostellung möglichst nahe zu kommen. Was nützt es ein Mundstück zu haben, auf dem man 10min wie Cannonball und Micheal Brecker zusammen klingt, aber man danach nicht mehr stimmt und furchtbar dünn klingt. Für den Zuhörer und Mitspieler ist es besser, wenn man lange schön klingt.
Aber ich experimentiere weiter.  Zur Zeit lasse ich ein Mundstück speziell nach meinen Soundwünschen fertigen. Ich war lange sehr skeptisch, was diese Custommademundstücke angeht, da ich immer der Meinung war, dass es eigentlich genug Auswahl auf dem Markt gibt, sich Soundvorstellungen auch ändern und diese Teile doch recht teuer sind (und auch schwer weiterzuverkaufen, da sie individuell zugeschnitten sind). Ich habe vor 2 Jahren fortlaufend meinen Soundgeschmack verändert. Mal wollte ich so, dann wollte ich so klingen. Erst im letztenjahr kristallisierte sich endlich eine festere Richtung raus und ich spiele nun schon eine kleine Zeit. Ich habe auch in letzter Zeit vieles (nun auch im Kautschukbereich) getestet und nur weil ich wirklich nie ganz zufrieden war, weil ich doch recht spezielle Wünsche habe, habe ich den Schritt zu den Custommademundstücken dann doch gemacht. Übrigens, als aller erstes habe ich dem Mundstückschnitzer gesagt, dass ich eines haben will, dass sich vorallem leicht und angenehm spielen läßt. Ich werde euch davon hier in meinem Blog berichten, wenn es angekommen ist. (hier ist nun der Test dieses MPCs)

So, was wollte ich euch mit meiner kleinen Geschichte eigentlich sagen? Einerseits dient dies wirklich für mich als eine Selbstreflexion anderseits hoffe ich, dass ich dem ein oder anderen damit helfen konnte. Vielleicht bewahrt es den ein oder anderen davor, die gleichen Fehler zu machen, vielleicht findet jemand hier einen wertvollen Tipp und vielleicht ermutigt es einige wenige, die bei der Suche schon schier am verzweifeln sind. Aber wenn es für euch nur ein amusantes Resümé meines Umherirrens auf dem Mundstückmarkt ist, ist das auch gut.
Wie gesagt, es geht nichts über das selber testen, die besten Mundstücke müssen nicht immer die teuersten sein, lauter ist nicht immer unbedingt besser und wichtig ist es, dass sich das Mundstück angenehm spielen lässt (es muß nicht immer 7* und mehr sein).
Ach ja, und zuletzt möchte ich nochmal betonen: Equipment ist nicht alles; wenn ihr nicht auch an euch arbeitet, wird das beste Mundstück der Welt nicht gut klingen.

 

Der Resonanzring – und schon wieder ein Tuningteil?

Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden!

Ob nun dieser Ring wirklich so mächtig ist oder doch nur aus dem Kaugummiautomaten kommt, wird sich zeigen.

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Der Resonanzring kommt zwischen S-Bogen und S-Bogenhülse des Saxophones. Er ist aus Messing (unlackiert) und es gibt ihn  für die verschiedenen Saxophone, aber auch verschiedene Hülsendurchmesser.Zudem gibt es den Resonanzring auch in drei verschiedenen Ausführungen.Dick, Dünn und Flach, die alle leicht unterschiedliche Effekte haben.
Entwickelt wurde der Resonanzring von Klaus-Peter Herrmann und ist erhältlich für je 25Euro (z.B. hier: http://www.saxophon-service.de/homep/Resonanzring.html).

Aber wie klingt der Ring nun? Schwer zu sagen. Das alleinige herausziehen des S-Bogens um ein oder zwei Millimeter hat oft schon einen positiven Effekt (einfach mal ausprobieren).
Jedoch hat auch der Massenzusatz des Ringes noch einen Effekt.
Wie die verschiedenen Ringe nun klingen kann ich leider nicht sagen, da ich im Laden nur Dünn und zweimal Dick anspielen konnte und dann nur einen (der mit dem deutlichsten Effekt) mitgenommen habe. Sobald ich die Gelegenheit habe, auch die anderen Ringe gründlicher Test zu spielen, werde ich hier einen Nachtrag einreichen.

Wie auch bei den anderen Tuningteilen (Schucht, Klangbogen, etc.) ist der Effekt von Saxophon und Spieler unterschiedlich.
Ich habe auf meinem Saxophon einen etwas volleren Sound, weniger schneidende Obertöne, etwas mehr Charakter und einem klein wenig offeneren Sound festgestellt. Die Auswirkungen waren bei mir zwar nicht weltbewegend und ich meine auch dass der Ring etwas weniger Auswirkungen hat als z.B. die Schuchtprodukte (siehe den Testbericht „Pimp my Sax“), aber der Ring ist ja erstens auch kleiner und kostet weniger.

Mein Fazit: Jeder der an so etwas Interesse hat, sollte es selber ausprobieren, denn die Ergebnisse sind sehr individuell, aber ich und auch andere haben die Effekte als durchaus positiv wahr genommen. Viele halten diese Tuningprodukte für überflüssig, für mich sind sie eine Möglichkeit Nuancen im Klang meines Instrumentes bewusst zu beeinflussen.

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Daumenauflagenpolster

Vielleicht stelle ich mich nur etwas an, aber ich bin mit den meisten Daumenauflagen sehr unzufrieden. Ich finde sie sehr unkomfortabel. Wann erkennen die Hersteller die Problematik, dass der Daumen nicht flach ist; eine ergonomisch angepasste Auflagefläche wäre etwas schönes.
Für jeden, dem es genauso geht, hier ein kleiner Tipp:

Man braucht nur ein wenig Filz und Tesa-Gewebe (das ist sowieso geniales Zeug und für alles mögliche einsetzbar).

Ihr legt ein oder zwei Schichten (je nachdem wie sehr gepolstert ihr es mögt) und überklebt das ganze sorgfältig und alles abschließend mit dem Gewebetape.Ich habe den Rand nochmal mit einem Streifen umklebt, damit alles besser hält.
Passt auf, dass der Oktavmechanismus nicht behindert wird.
Wenn ihr sorgfältig geklebt habt, wird dies auch eine Weile halten.

Allerdings muß ich auch darauf hinweisen, dass gerade bei Metalldaumenauflagen es zu Soundveränderungen kommen kann. Meistens wirkt es dann dämpfend.

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Mein Cannonball Raven Alto

Moin^2,

nachdem der Test meines Sequoias doch recht gut ankam, möchte ich nun auch einen Test meines Hauptinstrumentes, einem Cannonball Raven Alto, veröffentlichen. Cannonball ist eine noch recht junge amerikanische Saxophonfirma (Gründung 1996) die inzwischen auch Trompeten und Klarinetten herstellt. Wenn man die Modellreihen vergleicht erkennt man eine recht steile Lernkurve und die Saxophone der BigBell Stone Serie gehören ohne Frage in die Profiklasse.

Leider sind diese interessanten Hörner hierzulande noch nicht wirklich bekannt, da sie bisher von nur wenigen Händlern geführt werden (aufgrund einer sehr strenge Händlerpolitik von Cannonball), weshalb ich auch der Meinung war, dass sich ein Test hier rüber zu schreiben auch lohnt.

Preislich halten sich die Instrumente relativ im Rahmen (2200-2600€), da sie zum Großteil in Taiwan gefertigt werden und in den USA nur die Endeinstellungen gemacht werden. Zudem wirkt sich immer noch der recht günstige Dollar auf den Preis aus. Einen genauen Preis kann ich allerdings nicht nennen, da Cannonball untersagt, Preise im Internet zu veröffentlichen. Das hängt damit zusammen, dass Cannonball die kleinen Saxophonläden mit KnowHow und fachlicher Kompetenz unterstützen will und nicht ihre Instrumente über große Onlinemusikalienhändler verscherbeln möchte. Eigentlich eine sehr löbliche Einstellung, erschwert aber auch die Preisvergleichbarkeit und die Verfügbarkeit für den Kunden. Es bleibt einem nichts anderes über, als die Händler zu kontaktieren und deren Preise zu erfragen. Leider sind es in Deutschland nur eine Hand voll und nur www.saxtoys.de kann ich da bedenkenlos empfehlen.

Das in Taiwan inzwischen sehr gute Instrumente hergestellt werden, ist kein Geheimnis mehr. Oft kommen sehr fett klingende Saxophone, aus der Region. Vieles im preisgünstigen Mittelklassensegment (teilweise erstaunlich, wie gut ein 1500Euro Horn klingen kann) aber auch diverse Vertreter aus dem Highendsektor, wie z.B. die P.Mauriat Saxophone.

Ich finde man sollte an dieser Stelle erwähnen, dass diese ganzen fett klingenden BigBellHörner eigentlich alle von den Cannonballsaxophonen abgekupfert sind. Die waren die ersten, die das wieder „neu“ eingeführt haben und auch sonst, haben die Taiwanesen so einiges von Cannonball übernommen. So verwunderlich ist das auch nicht. Zum einem haben die nichts zu verlieren und kopieren meist nur gutes, zum anderen kommen fast alle Hörner aus Taiwan aus ein und der selben Kleinstadt und werden teilweise in den gleichen Manufakturen hergestellt. Da ist es nicht verwunderlich, wenn man bei verschiedenen Taiwanmarken gleiche Bauteile findet.

Aber ich schweife ab, zurück zum Saxophon.

Der erste Eindruck den dieses Horn hinterlässt ist nicht von schlechten Eltern. Viele kleine und große ungewöhnliche – und für meinen Geschmack „coole“- Details, geben ein sehr imposantes Gesamtbild. Ich spiele mein Raven nun schon über einem Jahr, habe also auch eine gewisse Langzeiterfahrung. Ich bin persönlich immer noch begeistert, aber dennoch werde ich deshalb um so kritischer sein.

Nebenbei habe ich auch einen recht prominenten Genossen, was die Wahl des Saxophones angeht. Brandford Marsallis hat sich genau dieses Saxophon auch gekauft. Ja, gekauft! Die Cannonballendorser bekommen ihre Instrumente nicht geschenkt und werden auch nicht dafür bezahlt diese zu spielen.

Wer wissen möchte, wer sonst Cannonball sonst noch spielt oder allgemein über die Firma und Instrumente neugierig geworden ist findet viel interessantes auf der Homepage:
http://www.cannonballmusic.com/

Am besten Fange ich jetzt mal von Vorne an.
Alleine der ist Koffer ist ein Blickfang. Eine sehr edle wirkende Krokolederimmitatoptik mit goldfarbenen Beschlägen. Cannonball greift hier den Look der gefragten originalen Vintagekoffer wieder auf. Das Innenleben ist ähnlich elegant und aber auch funktional. Schwarzer Plüschsamt, sehr gut gepolstert, zwei S-Bögen Plätze (jawohl zwei, aber dazu später mehr). Jedoch ist der Koffer an sich schon sehr schwer und mit dem noch relativ schwerem Sax hat man das Gefühl, als würde man ein Tenor statt ein Alt mit sich rumtragen. Dazu kommt, dass es keine Möglichkeit gibt, den Koffer irgendwie zu schultern und die Verschlüsse hätten auch ein wenig hochwertiger sein können. Sehr gut finde ich jedoch, dass das Saxophon anders herum liegt, als bei sonstigen Koffern. Das Sax liegt vorne, bzw. oben, wenn man den Koffer hinstellt. Das hat den Vorteil, dass beim Absetzen des Koffers der Stoß deutlich besser gefedert wird.

Neben den üblichen Extras wie Mundstück, Putztuch, Gurt, Fettstift (alles mit CB-Logo) legt Cannonball noch eine recht praktische Mehrzwecktasche (auch mit CB-Logo) und ein T-Shirt mit bei (raten sie mal, was da drauf ist).

Das Mundstück möchte ich nochmal deutlich hervorheben. Dieses ist in der Tat unglaublich gut für ein beigelegtes Mundstück. Es avancierte sogar zu meinem Standartmundstück und mein Jody Jazz DV (ein 400Euro Mundstück) wanderte in die Schublade. Das Cannonballmundstück ist den Meyermundstücken sehr ähnlich nur aus Plastik und besser (zumindest deutlich besser als mein Meyer M7M).

Auch die Kappe ist bemerkenswert. Diese scheint unverbiegbar, ich konnte drauftreten, ohne, dass sie nachgab.

Ein weiteres besonderes Extra bei den Saxophonen der BigBell Stone Serie ist der zweite S-Bogen; beide je mit einem schicken schwarzem Samtbeutel. Der so genannte fat-neck ist versilbert und hat einen underslung Oktavmechanismus. Das Oktavloch zeigt hier nach unten. Auch das hebt das, das Sax optisch von der Konkurenz ab, aber so ganz ideal ist es nicht. Wenn man sein S-Bogen nicht putzt und einen starken Speichelfluß hat, kann es durchaus mal dazu führen, dass sich etwas Dreck um das Loch sammelt und so Wasser in dieses laufen kann und es etwas verstopft. Zum Klang komme ich später noch. Es Ranken sich auch noch Gerüchte über eine spezielles „customizing“ jedes S-Bogens. Angeblich werden die S-Bögen von Experten bearbeitet, so dass sie perfekt zum Saxophon passt. Angeblich kann durch bestimmtes schaben an der Innenseite des S-Bogens sogar einzelne Töne beeinflusst werden. Cannonball macht darum aber ein großes Geheimnis und es könnte durchaus ins Land der Mythen gehören. Leider sitzt mein normaler S-Bogen mit etwas spiel nach vorne und hinten.

Nun kommen wir zum Saxophon selber. Die herausstechenste Merkmale der BigBell Stone Serie sind wie der Name schon andeutet der besonders Große Becher und die Steine. Der Becher ist größer noch als die von Keilwerth und soll für einen breiteren/fetteren Sound sorgen, so wie bei den alten amerikanischen Hörnern wie dem King S20. Der große Becher bzw. der BigBell wurde dann schnell zu einem beliebten Designmerkmal bei der taiwanesischen Firmen. Entweder klingt er wirklich besonders gut oder es ist gerade „en vogue“ seine Saxophone mit großem Becher zu bauen (oft ist an beidem etwas dran).

Nachdem bei Cannonball in der Tat recht viel Ideenklau betrieben worden ist, waren sie bei der Idee mit den Steinen so clever sich diese Idee dieses Mal patentrechtlich schützen zu lassen. Statt der Perlmuteinlagen wie beim Rest der Konkurrenz verarbeitet Cannonball polierte Halbedelsteine für die Fingerauflagen. Sogar die Seitenklappen und Palmkeys sind damit besetzt. Meiner Meinung nach sorgt dieses für einen sehr ungewöhnliche aber schicke Optik des Saxophones. Zudem ist jeweils noch auf dem S-Bogen ein solcher Stein angebracht. Nach den Aussagen von Cannonball hat der Resonanzstein auf dem S-Bogen positive Klangauswirkungen und die die gesamten Steinauflagen sorgen auch für eine verbesserte Intonation. Meiner Erfahrung nach, kann an so etwas mehr dran sein, als man eigentlich für möglich hält. (Stichwort: Resonanzgewichte; wer hier mehr wissen möchte, dem Rate ich zu meinen Artikel über das Material und die Tuningprodukte).
Egal ob es nun anders klingt, es sieht sehr anders aus. Je nach Finish oder Sonderwünschen, kommen die Hörner mit unterschiedlichen Halbedelsteinen. Meines ist mit Spider Jaspis besetzt.

Das Raven ist nur eine spezielle Ausführung des Finish. Das Saxophon ist schwarz vernickelt und der Körper ist zudem noch Sandgestrahlt, wodurch eine interessante Mattoptik entsteht. Photos können dem Anblick leider nicht wirklich gerecht werden. Es sieht eher aus, wie eine elegante metallene Waffe als ein normales Musikinstrument. Ich falle mit diesem Instrument auf der Bühne deutlich mehr auf und werde auch öfter auf mein schickes Instrument angesprochen.

Tatsächlich sieht dieses Finish nicht nur gut aus, sondern klingt auch gut. Vernicklungen machen den Sound etwas zentrierter, direkter als unlackiert bietet aber mehr Strahl und Obertöne als lackiert. Zudem wird es nicht abblättern wie Lack und läuft nicht an wie Silber. Ich meine, dass Vernicklung (neben Vergoldung die um einiges teurer ist) eines der geschickteren Finishes ist.

Die Gravur auf dem Becher ist recht minimalistisch (die Vorgänger waren sehr überladen mit Gravuren, was bei vielen eher auf Ablehnung stieß), das stilisierte Cannonball Logo über dem ein Rabe thront (wenigstens keine Flamingos) an der Seite und vorne noch das BigBellStoneSeries logo mit modernen Mustern. Auch ungewöhnlich ist, dass es sich um eine Lasergravur handelt. Auf den S-Bögen und den Klappenschutzen gibt es weitere kleine Verzierungen, welche das schicke moderne Gesamtbild abrunden.

Ein weiteres Designmerkmal ist, dass das Logo sich nochmal in der Dreipunktstrebe zwischen Korpus und Becher zu finden ist.
Neu bei Cannonball ist auch die Gis-Klammer. Sie soll für mehr Stabilität der Mechanik des linken kleinen Fingers sorgen und das Cannonballlogo findet dort einen weiteren Platz auf dem Saxophon.Die Designwut im Detail geht sogar soweit, dass selbst der Herzschoner (dieser komische Propfen, den man statt des S-Bogens auf in das Sax steckt, wenn man es in den Koffer packt und welchen man ständig verlegt) aus Metall ist und im Design und Finish dem Saxophon angepasst ist.

Außerdem haben die Klappen für die tiefen Töne (B, H und C) wie bei Yanagisawa Doppelarme, die verhindern sollen, dass sich die Klappen mit der Zeit leicht verbiegen und nicht mehr decken.

Daumenauflage und Haken sind aus Metall und der Oktavhebel ist ergonomisch geformt.

All diese Extras erhöhen zusätzlich das Gewicht dieses sehr soliden Saxophones.

Cannonball wirbt mit „japan brass“ für ihre Mechanik; was immer das heißen mag, aber diese macht einen sehr stabilen und harten Eindruck, und ich hatte noch keine Problem mit einer verzogenen Mechanik, die nachgestellt werden mußte.

Die Mechanik ist wie heute üblich mit vorgefertigten Platten aufgelötet (ripped construction)

Merkwürdig ist allerdings, dass die Seitenklappen (b,c,e) zwei Stege mit Kork haben (zum Einstellung des Klappenaufganges). Dies ist doppelt gemoppelt und da der eine Steg in der Luft steht sogar sinnlos.

Warum die die rechte Kleinfingermechanik über zwei Säulen und nicht wie üblich über eine verläuft bleibt auch unklar.

Löblich ist die Idee, dass man die Rechtehandkopplungen durch Schrauben einstellen kann. Allerdings ist das andere Ende nicht abgeflacht genug, weshalb sich alle die kleinen Einstellschrauben in den Kork bohren. Zudem sind die Schrauben vom Material her zu weich und der Schlitz ist bei zwei schrauben von mir nicht mehr zu gebrauchen; d.h. Die Schraube steckt fest.
Auch eigentlich ein guter Gedanke ist eine kleine extra Feder, die das öffnen der Gis-Klappe begünstigt. Leider schafft sie es nicht, immer ein klebendes Gis zu verhindern aber ich habe das Gefühl, dass ich dieses Problem doch sehr selten auf dem Cannonball habe.

Die Polster sind italienische Lederpolter mit genieteten Metallresonatoren. Auch hier hatte ich eine unschöne Erfahrung gemacht. Zwei der Poster fielen einfach raus. Cannonball hat mir bestätigt, dass es eine Serie gab, bei der die taiwanesischen Arbeiter zu wenig Klebstoff (Schellack) verwendet haben und dass das nicht mehr vorkommt.

Die Haptik ist im großen und ganzen wie gewohnt, also auch ein Nachfahre der Mk VI Mechanik. Ich kenne aber auch ein paar Spieler, die sich nicht so wohl damit fühlten. Die Federspannung war original sehr weich eingestellt und nicht wirklich komplett gleich. Nachdem ich es von einem Profi für meine Verhältnisse einstellen habe lassen, habe ich fast rund um zufrieden. Jedoch sind wie gesagt auch die Seitenklappen und die Palmkeys mit Steinen besetzt. Zwar sieht dies wirklich schick aus, doch bei wilden technischem Gefudel, bei dem man oft über diese Tasten gleiten muß, wäre eine glatte Oberfläche ohne Kanten manchmal angenehmer.

In dem ganzen Jahr hatte ich keinerlei Intonationsprobleme an denen das Horn schuld gewesen wäre. Aber eigentlich gibt es heutzutage bei der Intonation der aktuellen Profihörner, sofern sie gut eingestellt sind, keine wirklichen Mängel mehr.

Der Blaswiederstand ist relativ schwer, also dürfte vielleicht weniger geeignet sein für Klassiker die ein Tiefes B auch im leisesten piano spielen wollen. Dafür ist das Saxophon auch sehr laut. Selbst über das ff hinaus hat man nicht das Gefühl, als würde der Ton wegbrechen. Mit einem kleinkammrigen Mundstück mit großer Stufe kann man sogar E-Gitarristen das Fürchten lehren. Auch das Altissimo spricht ohne Probleme sehr gut an. 4 Oktaven sind durchaus möglich.

Aber wie klingt nun das Saxophon, dass so schwer ist wie Tenor, Resonazsteine, den großen Becher hat und zwei S-Bögen hat, vernickelt und sandgestrahlt ist? Ich sage fantastisch, sonst würde ich es ja auch nicht spielen.

Der Sound ist sehr fett und breit hat deutliche Tiefen aber dennoch auch eine ausgeprägte Brillianz, nicht ganz so kernig aber doch mit einem deutlich ausgeprägtem eigenem Charakter. Stilistisch würde ich sagen, dass es etwas in die poppigere Richtung tendiert. Meiner Ansicht nach, eine sehr gelungene Fusion vom Sound der neuen strahlenden Saxophonen und den begehrten alten amerikanischen Vintages. Die S-Bögen unterscheiden sich auch nochmal recht deutlich. Während der normale vernickelte S-Bogen eher etwas dunkler, zentrierter und kerniger klingt, so tönt der fat-neck – wie seinem Namen nach – breiter und etwas heller.

Als ich mein Raven noch frisch zum testen hatte und ich es zum ersten mal meinem Mentor vorspielte sagte dieser sofort: „Mit diesem Horn klingst du jetzt schon voller, als du mit deinem Selmer je könntest. Du solltest es kaufen.“

So, nun das Fazit meines doch sehr ausschweifenden Testes. Das Cannonball BigBell Stone Series Raven ist ein wirklich attraktives Saxophon; neben dem sehr gelungenen und innovativem Look überzeugt es vorallem durch seinen großen eigenen Klang. Man merkt den Entwicklern eine Liebe zum Detail an. Die Qualität, Verarbeitung und Endeinstellung sind im ganzen sehr gut, doch leider fehlt es, wie eigentlich bei allen Taiwanesen noch in der Qualität im Detail. So reicht es im Technischem Standpunkt noch nicht ganz an die „großen Vier“ – und schon gar nicht an die Japaner –(wobei ich allerdings auch sagen muß, dass ich von Selmer schon ganz anderes gesehen habe), stellt dafür aber klanglich andere Profihörner durchaus in den Schatten.

Reedrituale

Im Reich der Musiker gibt es manchmal kurioses wenn es um die Beziehung zum Instrument geht. Essentiell beim Saxophon ist das Blatt, dass besondere Pflege und Aufmerksamkeit bedarf.

Von Lagern in Alkohol/Wasser-Mischungen bei Mondzeit bis hin zu Honigversiegelugen kann man zur Blattpflege viel interessantes lesen.
Tatsächlich ist an vielem etwas dran aber jeder Saxophonist muß selber seine Routine entwickeln und für sich raus finden, was für ihn funktioniert.

Es gibt Spieler die komplizierte Einspielrituale habe, bestimmte Lagertricks und ausgefeilte Rotationssysteme andere Spieler hingegen nehmen einfach wahllos ein Blatt aus der Schachtel, klatschen es drauf, spielen bis es abgeschlafft ist und nehmen dann das nächste.

Ich persönlich bin der Meinung, dass man, wenn man eine konstante, längere und gute Leistung von seinen Blättern haben möchte, man auch etwas Mühe in die Pflege und Behandlung seiner Blätter stecken muß und das ist einer der Gründe, warum ich Kunststoffblätter spiele. Ich bin also nicht der große Holzblattexperte, dennoch habe auch ich eine gewisse Routine für meine Hölzer entwickelt, wenn ich mal wieder damit rum experimentiere. Es sind verschiedene Kniffe und Tipps von den Herstellern, Profis, Kollegen und Freunden, die sich für mich als sinnvoll und funktionierend erwiesen haben. Heute werde ich diese schildern und erklären. Vielleicht ist für den ein oder anderen etwas neues dabei, dass ihm etwas helfen könnte.

Blätter schwingen dann am besten, wenn sie feucht sind. Im trockenen Zustand sind die Fasern einfach nicht elastisch genug. Gerade wenn man ein neues Holzblatt auflegt und gleich losholzt, werden die Fasern überstrapaziert (die Blätter schlaffen dann u.a. auch schneller ab). Als würde man Hochleistungssport betreiben ohne sich vorher zu dehnen.

Deshalb muß man sie vorher Wässern und dehnen. So mache ich es:

Alle neuen und länger nicht gespielten Blätter werden erstmal schön in lauwarmen Wasser gelegt und man läßt sie schön durchziehn. Danach rausnehmen auf eine plane Fläche legen und soweit trocknen lassen, bis sie die gewohnte Feuchtigkeit wie beim eigentlich spielen haben. Nun geht es ans Stretchen und Massieren.

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Nehmt das Blatt und klemmt die Spitze zwischen den Tisch des Mundstücke und eurem Daumen so, dass das Blatt im rechten Winkel absteht. Dann schnippt ihr das Blatt an, so dass es danach frei schwingen kann. Das wiederholt ihr ein paar mal (ggf. Blatt wenden).

Dies mache ich auf vor jeder normalen Nutzung der Holzblätter. Es bewirkt, dass die Blätter sofort besser ansprechen und man sie nicht erst 5min einspielen muß.

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Dann nehmt das Blatt, legt es wieder auf eine plane Oberfläche. Nehmt ein weiteres Blatt und streicht mit dessen Schaft in Faserrichtung mit Druck auf dem Herzen des ersten Blattes. Dadurch werden die Fasern verdichtet, dass sich auch positiv auf die Ansprache bewirkt.

Nun streicht mit dem Daumen öfters übers Blatt. Durch dieses Massieren tragt ihr eine kleine Fettschicht von euren Fingern auf das Blatt. Das Blatt wird dadurch erstens weicher und fühlt sich komfortabler an und zudem werden die Fasern versiegelt, wodurch der Speichel nicht mehr so leicht eindringen kann und das Blatt zersetzt.

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Zuletzt nehme ich das Blatt lege die Spitze (obere Seite) auf einer Planen Fläche im 30° Winkel stretche das Blatt ein wenig und reibe so über die Fläche. Das Blatt sollte hier ein gewisse Federspannung zeigen. GIbt es nach wie eine weiche Nudel ist das Blatt eigentlich schon Schrott.

Für sehr wichtig halte ich das richtige behutsame erste Einspielen der Blätter. Es ist eine Art Entjungferung, und genauso sollte man sein Blatt auch behandeln. Seid behutsam. Spielt erstmal nicht lauter als mf, nicht zu hoch und auch nur kurz (5min). Dann erstmal wieder weglegen. Später nochmal die ganze Prozedur und dann etwas länger einspielen.

Je pfleglicher man seine Blätter behandelt, desto länger, verlässlicher, besser und konsistenter ist deren Leistung.

Oft ist es so, dass bei neuen Blättern, die Unterseite nicht ganz Plan ist. Das führt oft zu kleinen Problemen beim spielen. Deshalb lege ich ein neues Blatt gleich nach dem Wässern auf feines Schmirgelpapier, feiner Schleifstein oder breite Nagelfeile bewege das Blatt kreisend darüber, bis die Unterseite ganz glatt ist. Aber nicht übertreiben, sonst nimmt man zuviel Material weg und das Blatt wird zu leicht.

Noch ein Wort zum Wässern und Speichel. Ich halte es für absolut sinnvoll seine Blätter öfters mal zu Wässern. Speichel ist wirklich schädlich für die Blätter. Neben dem allgemeinem Dreck, wie Zucker und andere Essen und Getränkereste enthält der Speichel auch Amylasen, Enzyme, die Kohlenhydrate zersetzen. Naja, und woraus bestehen wohl die Blätter…

Durch gelegentliches Wässern, kann man das Zeug rauswaschen. Ich mache das auch immer bevor ich Blätter für länger wieder einlagere. Und putzt auch ab und zu eure Reeguards.

Zum Einlagern gibt es diverse Vorschläge und Ideen. Von teuren Boxen mit Feuchtigkeitsmessern bis hin zu Tupperboxen mit versalzten Socken habe ich schon viel gehört. Davon halte ich vieles für übertrieben bis albern. Jedoch tut es einem Blatt nicht gut, wenn es komplett austrocknet, weil dann die Fasern hohl werden.
Humidors für Zigarren haben sich wohl als sehr parktikabel erwiesen.

Zuletzt möchte ich noch ein Roationssystem empfehlen. Man sollte immer min. 4 Blätter in Roation haben. Das hat mehrere Vorteile.
Erstens wenn man immer nur auf einem Blatt spielt, schlafft es ab und man merkt es gar nicht, dass es schlechter wird. Und wenn man dann ein neues nimmt, wirken die viel schwerer und man muß sich umgewöhnen. Also macht es Sinn immer Ersatz zu haben, so hat man erstens Vergleichsmöglichkeiten und zweitens immer Backup falls das eine mal unerwartet kaputt geht.
Also wenn es ausfällt, ein neues einspielen und in die Roation mit aufnehmen.

Selber Schnitzen und Nachfeilen kann viel Geld sparen, da man so auch aus scheinbar schlechten Blättern noch viel rausholen kann. Aber mir ist das immer zuviel Aufwand gewesen, weshalb ich auch fast nur Kunststoff spiele und so kann und will ich euch dazu auch keine weiteren Ratschläge geben.

Ich hoffe, es waren ein paar hilfreiche Anregungen für euch dabei. Ich würde mich freuen, wenn ihr andere Rituale habt, diese vielleicht als Kommentar hinterlasst.

Sehenswerte Jazz- und Saxvideos – Highlights

Moin,

dieses Mal fasse ich mich textlich kurz. Heute gibt es eine kleine aber feine Sammlung von meiner Ansicht nach sehenswerten Jazz- und Saxophonvideos. Dieses sind meine persönlichen Highlights. Demnächst wird es mehr Videoeinträge für die verschiedenen Kategorien geben.

musikalisches:

Saxophonquartette:

http://www.youtube.com/watch?v=TDqD64sKyOs

http://www.youtube.com/watch?v=LCI4ebJRyac

Interessantes:

Humoristisches:

http://www.youtube.com/watch?v=QPgcQydWWeE

http://www.youtube.com/watch?v=hCX_Yturolo&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=38KueDO3Iyk

Ein Plädoyer für Saxophonuntericht

Ich weiß jetzt schon, dass vielen was ich hier schreibe etwas aufstoßen wird. In meiner Forumszeit war ich an einigen hitzigen Diskussionen beteiligt und auch aktuell wird immer mal wieder darüber gestritten. Ich möchte nun einmal dafür plädieren, dass man dem Lehrer doch mal eine Chance gibt, da es meiner Ansicht nach einige Gründe dafür gibt aber eigentlich keinen dagegen. Hier handelt sich nur um meine persönliche Meinung, die allerdings auf so manchen eigenen Erfahrungen (sowohl viele über die Internetforen als aber auch im echten Leben in den Hobbyorchestern) beruht.

Naja, zuerst ist einmal die Frage, was man eigentlich möchte. Wem es reicht, O-Tannebaum unter dem Weihnachtsbaum zu dudeln; das kann sich wirklich jeder selber beibringen. Wer allerdings wirklich Musik machen möchte, also mit anderen Spielern musizieren möchte, sich auf die Bühne stellen möchte um vor Publikum aufzutreten, da kann ich nicht verstehen, warum man meint auf einem Lehrer ohne weiteres verzichten zu können.

Ich will nicht sagen, dass es keine guten Spieler gibt, die sich das Saxophon selber beigebracht haben, aber die Mehrheit der Autodidakten klingen leider aber auch danach. Dafür gibt es aber auch Gründe, aber dazu später mehr, wenn ich über die Argumente für und gegen den Unterricht rede.

 

Ich weiß nicht, wo der Irrglaube her kommt, dass das Saxophon ein sehr leicht zu spielendes Instrument sei und man es sich problemlos selber beibringen könnte. Es kommt ja auch keiner auf die Idee, sich Geige ganz alleine beibringen zu wollen. Also warum sollte das beim Sax so gehen? Und wie kommt man zum Schluß, dass Unterricht nur Zeit und Geldverschwendung ist und man selbst darauf nicht angewiesen sind, wenn doch die meisten anderen es für nötig halten und hingehen? Zwar mögen die Griffe recht überschaubar sein, und schnell erzielt man erste Erfolge, aber der Schein, dass deshalb das Instrument leicht ist, trügt. Das ungewöhnliche bei Blasinstrumenten ist, dass man den Ton selber erzeugt und gerade beim Saxophon ist der persönliche Sound entscheidend. Die Ausbildung dessen dauert Jahre. „Nur“ Seite zupfen oder Taste anschlagen reichen hier nicht aus. Zudem ist das Saxophon intonatorisch ein recht zickiges Instrument.
Desweiteren ist das Saxophon ein Jazzinstrument, also ist die Improvisation sehr wichtig. Ich meine gerade für die Entwicklung einer guten Improvisation ist ein zweites paar Ohren und eine zweite Meinung, sowie Ideengeber und Anleitung mehr als nur hilfreich.

 

Zunächst möchte ich über die Gründe reden, die gegen den Unterricht sprechen. Oft wird gemeint, dass Unterricht zu teuer ist. Man muß ja nicht unbedingt wöchentlich Unterricht nehmen. Es gibt zahlreiche Lehrer die privat unterrichten, bei denen man also auch Einzelstunde nehmen kann und nur ein oder zweimal im Monat Unterricht nimmt. Wem dann ein ausgebildeter Lehrer immer noch zu teuer ist, kann sich ja nach einem Saxophonstudenten oder fortgeschrittenen Schüler umschauen. Die wissen oft auch schon sehr viel und können einem das eine oder andere zeigen. Außerdem, wer sich ein Instrument für über 1500 Euro zulegt, der kann auch im Monat 20 Euro für einmal Unterricht abzwacken. Wird sich auf Dauer garantiert mehr bezahlt machen, als das Upgrade zu einem Selmer. Eine weitere kostengünstige Alternative ist Gruppenunterricht.

Ein anderes oft gelesenes Argument: man hat keine Zeit noch einen Lehrer aufzusuchen. Wer im Monat keine zwei Stunden für Unterricht abzwacken kann, der wird auch keine Zeit haben, sich ein Instrument selber beizubringen. Wenn das autodidaktisches Erlernen eines Instrumentes eines ist, dann ist es zeitaufwendiger.

Zuletzt hört man auch immer wieder, dass es einfach keinen Saxophonlehrer in der Gegend gibt. Das finde ich immer sehr verwunderlich, da mir als Saxophonist auffällt, dass es diese (also meine Konkurrenz) halbwegs qualifiziert wie Sand am Meer gibt. Wer allerdings im abgelegensten Dorf lebt, könnte in der Tat Probleme damit haben, aber solche Dörflinge sind es gewohnt für verschiedene Besorgungen in die nächste größere Stadt fahren zu müssen, das könnte man geschickt mit einem Besuch bei einem Lehrer verbinden.

 

Also woran liegt es, dass sich einige anscheinend etwas dagegen sträuben, Unterricht zu nehmen. Ich habe da einige Vermutungen, wobei diese selten wirklich nett klingen, wenn man diese ausspricht. Aber allgemein denke ich, dass viele nicht wirklich Kritik hören wollen oder ihnen bewußt gemacht wird, wo sie wirklich stehen. Ich meine auch, dass einige sogar eine gewisse Angst haben, dass ihnen gesagt wird, dass sie bisher etwas grundlegend falsch gemacht haben.
Erst neulich ist mir so eine Situation in einem Forum unter die Augen gekommen. Ein Anfänger (2Monate Autodidakt) hat eine Probestunde bei einem echtem Lehrer, kommt zurück und beschwert sich, dass der Lehrer ihm sagt, dass sein Ansatz falsch sei, obwohl er sich diesen aus mehreren Büchern selber so beigebracht hat. Prompt springen viele andere Forumsmitglieder (die meisten davon auch Autodidakten) dazu und meinen alle, dass der Lehrer total schlecht ist und keine Ahnung haben, obwohl keiner ihn kennt.

 

Aber gerade das macht meiner Meinung nach einen guten Lehrer aus; dass er ehrlich und offen sagt was falsch ist und sofort mit einem Tipp aufwarten kann, wie man es richtig macht. Keiner hört gerne Kritik und nicht jeder ist wirklich kritikfähig, aber wer konstruktive kompetente Kritik zu Nutzen weiß, wird schnell Fortschritte machen können.

Ich bezahle meinen Lehrer nicht dafür, dass er kontrolliert, dass ich meine Hausaufgaben gemacht und fleißig geübt habe oder das er mich motiviert. Das gilt vielleicht so für das Unterrichten von Kindern aber Erwachsene müssen selber wissen, wie sie vorankommen können und woher sie ihre Motivation ziehen. Klar ist es schön, wenn der Unterricht einem Spaß macht, aber wichtiger ist mir zumindest, dass er produktiv ist.

Der Lehrer ist dazu da, das gespiele anzuhören, zu bewerten und zu zeigen, wie es besser geht. Selbst wenn ich gar nichts vorbereitet habe, lerne ich bei meinem Lehrer immer sehr viel, manchmal sogar mehr, als wenn wir etwas vorbereitetes durchkauen. Dann wird halt irgendein Standard behandelt, spielen und reden ein wenig über das Thema und gehen dann zur Improvisation.

Manche haben auch sehr „grätchenhafte“ Vorstellungen, was ein guter Saxlehrer machen sollte. Er sollte fragen, was jemand spielen möchte und mit einem nur Sachen machen, die einem Spaß machen. Auch das sehe ich ein wenig anders. Klar, sollte der Lehrer auch auf die Wünsche des Schülers eingehen, aber es gehört auch dazu, dass er den Schüler bestmöglich ausbildet. Dazu gehört das triezen zu Tonleitern, Longtones, Intonationsübungen, Etüden und anderen unliebsamen Kram, der zwar oft sehr langweilig ist dafür aber didaktisch sehr wertvoll und viel für die Entwicklung bringen.

In meinem Fall möchte ich auch ein kompletter Saxophonist werden, dazu gehört dann auch, dass ich Popschnulzen spielen kann und dazu hat mich mein Lehrer auch schon mal durch Kenny G oder anderen Popkitsch gequält. Genauso hat er mich durch ein Duke Ellington Playalong durchgeschleppt, damit ich endlich eine authentische Swing/Jazzphrasierung und Stilistik entwickle.

Also kurz, Unterricht bietet eine professionell angeleitete Entwicklung, welche schneller, produktiver, problemorientierter, zielgerichteter und vielseitiger ist als wenn man nur alleine zuhause zu seinem Lieblingsplayalongs spielt.

 

Das Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer sollte natürlich schon passen und natürlich sollte die Stilistik des Lehrers auch einem gefallen, denn der Lehrer ist auch immer ein erheblicher Einfluss.

Einige haben auch Angst, dass sie an einen schlechten Lehrer geraten. Klar gibt es bessere und schlechtere, aber selbst ein nicht so guter, dürfte zumindest am Anfang einen noch sehr viel zeigen können. Und so viele Nieten, wie es manchmal in den Foren wirkt, gibt es nun doch nicht. Jemand, der ein Diplom in der Tasche hat oder sich sonst mit seiner Musik über Wasser hält, wird schon etwas können.

Außerdem sind Lehrer auch nur Menschen. Man kann nicht erwarten, dass er alles weiß und perfekt ist. Und wer ganz tollen Unterricht haben möchte, der kann auch an die Hochschule gehen und teuren Privatunterricht bei den Saxophonprofessor nehmen.
Vor allem gerade am Anfang ist ein Saxlehrer mehr als ratsam. Es gibt sehr viel, was man sich leicht falsch aneigenen kann, was sich dann später rächt und man sich nur sehr schwer wieder abgewöhnen kann; Ansatz, Luftführung, Fingertechnik usw.

Ein Anfanger kann gar nicht wissen, was da alles wichtig ist. Man kann so sichergehen, dass man seine spätere musikalische Entwicklung auf einem gutem Fundament aufbaut.

 

Wer dann irgendwann erkennt, dass sein Lehrer doch nicht so gut ist, oder man keine Fortschritte mehr macht, weil man schon zu lange bei dem Lehrer Unterricht hatte, kann man immer noch wechseln. Manchmal ist das sogar sehr gut, da mehrere verschiedene Einflüsse einen doch sehr bereichern können.

 

Klar, brauch man nicht ewig Unterricht nehmen und kann irgendwann auf eigenen Füßen stehen. Aber persönlich bringt mich mein Unterricht immer noch voran und ich merke meine kontinuierlichen Fortschritte. Diese Effizienz ist für mich Grund genug, warum ich gar nicht daran denke damit aufzuhören. Während meiner Wehrdienstzeit und meinen ersten Studienjahren hatte ich leider gar keinen Unterricht. Dort stagnierte ich mit meiner Entwicklung und machte vielleicht sogar ein paar Rückschritte, da ich nicht täglich gefordert wurde.

 

Natürlich gibt es Ausnahmen die sich sehr wohl das Saxophon selber beibringen können. Gerade wenn man schon Musiker ist (und im optimalsten Fall von einem anderem Blasinstrument kommt) hat man gute Chancen auf ein gutes Ergebnis. Musikalisches Verständnis, Wissen und Technik sind schon vorhanden. Aber noch wichtiger, es wird schon eine richtige Arbeitsmethode beherrscht. Man weiß, worauf es ankommt und hat selbstkritisch genug zu sein.

Da reicht es schon für den letzten Schliff, wenn einem ein Saxophonkollege mal auf die Finger schaut.

Wenn jemand genug Talent, Ehrgeiz und Zeit hat, sowie selbstkritisch genug ist, dann kann sich auch ein Musikneuling das Saxophon selber beibringen jedoch würde er mit Unterricht dann vielleicht doppelt so schnell vorankommen und nicht die Gefahr laufen und sich irgendwechleche Fehler aneignen.

 

Außerdem hatten selbst die ganz großen Jazzlegenden Unterricht in ihren jungen Jahren Unterricht. Miles Davis war Sohn eines Zahnarztes, hatte normalen Trompetenunterricht, hat sogar in New York angefangen dort zu studieren und bekam dann seine „letzten Jazzlehrjahre“ im Charlie Parker Quintett.

 

Ich will hier jetzt keinem, der sich das Saxophon selber beigebracht hat oder noch will, seine Mühen und Arbeit schlecht reden, sondern ich will dazu ermutigen, es vielleicht doch mal mit einem Lehrer zu versuchen. Ich will auch nicht sagen, dass sich das Saxophon selber beizubringen unmöglich ist (ich kenne ein paar gute Ausnahmen), aber ich bin persönlich überzeugt, dass Unterricht einfach produktiver und effizienter ist und zudem gerade am Anfang schlechte Angewohnheiten verhindern kann.
Wie ich nun recht ausführlich (und wahrscheinlich zu ausschweifend) erklärt habe, gibt es für mich eigentlich keinen vernünftigen Grund gegen aber viele Gute für Unterricht.

Mein Sequoia Sopran

Vor ca. einem Jahr war ich auf der Suche nach einem Sopran als Zweitinstrument. Mir schwebte ein weicher und breiter Sopransound vor, leicht orientalisch angehaucht, ähnlich der Klangfarbe einer Oboe nur fetter und mit weniger näseln. Das was gar nicht so leicht, da die meisten Soprane doch eher einen eher hellen schneidenden Grundsound haben. Es sollte auf jeden Fall moderne Profiklasse sein, da ich ich nicht unnötig viel Energie in die Beherrschung des Zweitinstrumentes stecken wollte. Es sollte von selbst spielen, was ja bei Sopranen nicht selbstverständlich ist. Ich hatte mir durchaus ausgerechnet auch bis zu 3000Euro auszugeben. Ich habe alle üblichen verdächtigen angetestet. Selmer, Yamaha und Yanagisawa waren mir zu hell, interessant fand ich Keilwerth und Rampone hatten mich aber nicht vollends überzeugt.

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Von einem befreundeten bekannten professionellen Saxophonisten habe ich dann denn Tipp bekommen Sequoia auszuprobieren.

Sequoia ist die Hausmarke des deutschen Saxdocs Marcel Jansen der sich in Belgien nahe der deutschen Grenze angesiedelt hat. Die Saxophone werden in Taiwan hergestellt und bekommen die Endeinstellung von Marcel Jansen persönlich.

Die Sequoias Sopranos liegen je nach Finish um die 1400 Euro, also im Preisbereich von Schülerinstrumenten. Ob das Sequoia nun Profiklasse oder Schülerklasse ist, werden wir nun herausfinden

Woher eigentlich der Name kommt oder was diese Riesenbäume mit Saxophonen zu tun hat, entzieht sich auch meiner Kenntnis.

Die Sequoias sind in drei Finishes erhältlich: Goldlack, Versilbert und Lemon (unlackierter Korpus und lackierte Klappen). Ich hatte mich für die Lemonvariante entschieden da ich den breiteren Sound unlackierte Instrumente auf dem Sopran sehr reizvoll finde.

Mein Instrument wurde noch in einem soliden aber 08/15 Hartschalenkoffer geliefert, wird jetzt aber mit einem komfortablen Rucksackkoffer verkauft.

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Es hat hoch G (persönlich finde ich das ja sehr überflüssig, aber es scheint ja sonst sehr beliebt zu sein) und zwei S-Bögen (gerade und gebogen). Deren Einlauf ist angeschrägt, was man selten bei Standartnecks findet, sondern eher bei besonderen Handgemachten, wie bei denen von Tino Schicht. Dadurch soll die Luft schneller und direkter fließen ohne an einer weiteren Kannte gebrochen zu werden.

Die Fingerauflagen sind aus Perlmutimmitat (wird aber demnächst auf echtes Perlmut umgestellt); die Gravur recht minimalistisch. Die Rechte-Hand-Kopplung ist komplett über Schrauben einzustellen, was selbst bei modernen Profihörnern viel zu selten der Fall ist. Der Daumenhaken ist aus Metall und verstellbar. Die Polster aus Leder mit genieteten Metallresonatoren.
Bemerkenswert ist  noch, dass die Mechanik auf einzelnen Säulen montiert ist, und nicht wie fast bei allen Firmen üblich auf vorgefertigten Schienen (ribbed construktion). Dies ist ungewöhnlich für ein Taiwanhorn und man sieht dies heutzutage ansonsten fast nur noch bei Keilwerth. Einige meinen, dass so das Saxophon freier schwingen kann und so farbiger und offener klingt.

Wirklich überragend ist aber die Justierung der Mechanik. Ich habe nie vorher so ein perfekt eingestelltes Instrument in der Hand gehabt.

Ich spiele mein Sopran schon nun seit einem Jahr, und es hat mir keinerlei Probleme bereitet. Die Mechanik ist immer noch zuverlässig und es hat sich nichts verstellt, die Polster sind immer noch im tadellosen Zustand und auch sonst keinerlei Mängel. Dies spricht sehr für die Qualität der verwendeten Materialien

Die Intonation ist für ein Sopran sehr gut. Von Anfang an, war eigentlich alles da, wo es auch hingehörte. Damit meine ich aber nicht, dass es von selbst stimmt, das Sopran erfordert allgemein sehr viel Arbeit, was die Intonation betrifft, nur ist es bei dem Sequoia deutlich weniger Arbeit.

Zuletzt noch ein Wort zum Klang. Wie schon berichtet, suchte ich einen breiten und weicheren Sound und mit dem Sequoia bin ich da auch fündig geworden. Im direkten Vergleich hat es für mich gegen die ganzen teuren Profimarken gewonnen. Es klingt sehr raumfüllend und hat etwas eigenes; ist also keine Kopie eines anderen Saxophones, wie es bei vielen Taiwanesen der Fall ist.

Mein Fazit: Das Sequoia ist ein Sopran, welches eindeutig in die Riege der Profisaxophone einzuordnen ist, mit einem mehr als fairem Preis; hat dafür jedoch weniger Schnickschnack und Pathos als die bekannten teuren Markeninstrumente.

Wer nun Interesse hat, ein Sequoia-Instrument zu erwerben, der sollte sich mit Marcel Jansen am besten direkt in Verbindung setzen. Bisher gab es oft Wartezeiten, da die Instrumente sehr bliebt waren und er die Nachfrage gar nicht decken konnte. Aber meines Wissens wurde die Produktionszahlen erhöht und sind jetzt verfügbar.

Die aktuellen Preise sind für das Sopran sind für die normale Lackierte Variante 1290€ und für das Lemon 1490 Euro. Der höhere Preis kommt dadurch zustande, dass wenn nicht lackiert wird, man deutlich sorgfältiger und somit zeitaufwendiger Löten muß.

Kontakt findet man jetzt über die neue Homepage:
http://www.sequoiasaxophones.de/


Einfaches Upgrade für Blattschellen

Diese Idee ist eigentlich Ursprünglich aus der Not heraus, dass das Mundstück zu schmal für meine neue Vandoren Optimum Blattschraube war, bzw. diese zu groß für das Mundstück. Ich stellte dann aber fest, dass mein „Tuning“ auch sehr positiv auf Ansprache und Klang auswirkte.

Im Prinzip, habe ich nur kleine Gumminoppen aus an die Innenseiten der Schelle geklebt, damit sie auch auf schmalere Mundstücke passt. Tatsächlich schwingt diese dann aber freier. Das Felling ist ähnlich wie bei der Saxxas (bzw. alten Winslow) Blattschraube, die auch komplett gummigelagert ist. Zudem bietet sie so einen noch sicheren Sitz auf dem Mundstück.

Diese Aufrüstung, optimiert nicht nur die Optimum sonder geht auch für alle gängige andere Schellen.

Die Gumminoppen kann man sich sehr leicht mit einem handelsüblichen Locher und dicken Bißplatten herstellen. Einfach ausstanzen, dann erst Schutzfolie abziehen und an die Unterseite des Blattschraube kleben. Es ist darauf zu achten, dass wenn die Schraube fest angezogen ist, kein Metall mehr auf dem Mundstück aufliegt, damit die Schraube wirklich frei schwingen kann. Da die Schraube nur punktuell gelagert ist tritt keine Dämpfung ein, dennoch sollte die Schraube möglichst festgezogen werden.

Harte und dicke Bissplatten haben sich bisher übrigens am besten erwiesen.

Viel Spaß beim ausprobieren. Mich würde es freuen, wenn ihr eure Erfahrungen als Kommentar hinterlasst.

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Pimp my Sax – Tuning von Schucht bis Klangbogen

Ein Thema erfreut sich immer größerer Beliebtheit: das Saxophontuning. Die Meinungen sind teilweise sehr kontrovers; einige sind davon total begeistert und geben recht viel Geld dafür aus, andere sind skeptisch und halten es für Geldverschwendung und reines Voodoo.

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Doch viele von denen haben diese Produkte nie wirklich in der Hand gehabt. Ich habe mit verschieden Tuningprodukten experimentiert und verwende einige auch an meinen Saxophonen. Ich werde hier also von meine Erfahrungen und Meinung erzählen.

Vorweg ganz allgemein, keines dieser Teile bewirkt irgendwelche Wunder und nimmt einen das Üben auf dem Weg zum guten Ton ab. Wir sprechen hier meist von feinen Nuancen, die es dem Spieler erlauben sein Material dahingehend etwas zu verändern noch Kleinigkeiten in seinem Sound anzupassen. Es macht also meiner Ansicht nach keinen Sinn, damit groß rum zu experimentieren, wenn man sich sich mit Saxophon und Mundstück noch nicht wirklich eingelebt hat.

Ich habe das meiste an verschiedenen Saxophonen und auch verschiedenen Spielern ausprobiert und dabei folgendes festgestellt. Die Produkte erzielen nicht immer die gleiche Wirkung. Die Ergebnisse hängen von Spieler und Saxophon ab und reichen von besser, bis nur anders zu gar keinem Unterschied. Ich hatte sogar Fälle, bei denen das Anbauteil zu einer erheblichen Verschlechterung führte.
Kurz, die meisten Tuningteile haben in der Tat einen Effekt, sind also keine reine Geldmache. Dennoch besonders Preisgünstig sind sie nicht. Ein Mundstück für den Preis eines Daumenhakens dürfte oft größere Veränderungen bringen. Jeder Spieler muß also für sich selber beurteilen, ob der Effekt für ihn das Geld wert ist.

Wer sich fragt, wie diese Teile überhaupt funktionieren können, sollte einen Blick in meinen Beitrag über das Material rein werfen.

Klangbogen

Der von Torsten Köhler entwickelte Klangbogen wird in die Marschgabelhalterung eingeklemmt und hat meiner Ansicht nach unter den Tuningprodukten noch mit die größte Wirkung. Den Bogen gibt es in vier verschiedenen Finishes, welche Tatsächlich nochmal leicht anders klingen. Mir und auch einigen anderen Spieler hat die versilberte Variante am besten gefallen.

Der Klang wird etwas breiter, weiter und voller und die scharfen Obertöne werden etwas abgedämpft. Auf der Herstellerseite sind sogar ein paar Frequenzgraphen eines Tones abgebildet, auf denen man auch auch den gehörten Effekt wissenschaftlich gemessen sehen kann.

http://www.klangbogen.de/


Schucht Sax Technologie

Tino Schucht kommt ursprünglich aus dem Trompetenbaubereich, in dem das Prinzip Resonazgewichte schon lange kein Geheimnis mehr ist. Neben seinen erstklassigen S-Bögen stellt er auch noch Daumenhaken, den Soundexpander und Klappenschutzbeche her. Seine Produkte werden inzwischen von einer Reihe recht prominenter Saxophonisten genutzt. Persönlich nutze ich den Soundexpander und den Daumenhaken Modell Phillipp in einer versilberten Variante. Als ich noch mit meinem Selmer spielte war ich auch begeisterter Nutzer des AN-1 S-Bogens. Mit Tino hatte ich immer einen sehr netten und zuvorkommenden Kontakt.

http://www.schuchtsaxtechnology.com/

Daumenhaken

Von den drei Produkten würde ich meinen, dass der Haken den größten Effekt hatte. Die tiefen sprechen besser an und klingen nicht mehr ganz so röhrend. Der Sound wird größer und gewinnt an Charakter. Bei mir auf dem Alto, veränderte der Philipp den Sound etwas in Richtung Tenor. Als ich bei einer Probe den Haken neu dran hatte, meinte der Baritonist, ohne zu wissen was neu ist, „Hast du ein neues Mundstück, klingst heute besser als sonst“.
Es gibt verschiedene Modelle, die alle etwas unterschiedlich klingen. Einer hatte ein deutlich klassischeren Touch und mein Favorit Philipp (auch leider der teuerste unter den Haken) verursacht sehr interessant grobe Klangstrukturen.

Soundexpander

Dieser wird in diese Dreipunktverbindung von Korpus und Trichter eingespannt. Das Saxophon gewinnt mehr Charakter und mehr Kern. So reizvoll finde ich den Effekt, dass bei schnellen Läufen, die Töne klarer von einander getrennt werden. Die Appregien „perlen“ mehr und verschwimmen nicht mehr.

Klappenschutzblech

Bei meinen Test an meiner Serie III habe ich damals nicht wirklich etwas gehört, und die meisten Aussagen dazu, dass der Effekt eher kleiner ist im Vergleich zu Haken und Expander.

P-Ligging

Dies ist die Idee von meinem Freund prinzipal und ist eine etwas kostengünstigere Pimp my Sax Methode.

Man braucht dafür nur ein Stück Lederschnur. Diese wird ca. 1cm hinter dem S-Bogenkork 2-4 mal möglichst fest und stramm um den S-Bogen gewickelt und festgeknotet.

Der Größe des Effektes kann sich je nach Saxophonmodel unterscheiden. Je billiger und tiefer das Sax, desto größer der Effekt. Auf dem Bari war es ein kleines Wunder, was ein Stück Lederschnur ausmachen kann. Auf dem Sopran, gab es keinen Unterschied.

Die Schnur unterdrückt gewisse Schwingungen im S-Bogen, wodurch sich Ansprach und Klang etwas verändern.

Man hat einen leicht höheren Blaswiederstand (kann auch ein Nachteil sein) wodurch es zu einer höheren Lautstärke kommt. Zudem klingt das das Sax etwas weniger schrill und dafür voller.

Es gibt noch andere Tuningprodukte, wie die Resonanzringe, die Saxxpoon, den Neckenhancer. Aber die Teile hatte ich noch nicht selber in der Hand und möchte daher auch keine Einschätzung zu denen abgeben.

Jedoch ist es so, dass die Schuchtprodukte und der Klangbogen nicht ganz zu unrecht in der Szene recht bekannt sind und einen guten Ruf haben.
Ich hoffe ich habe euch zu einer besseren Einschätzung dieser Produkte geholfen und vielleicht habe ich den ein oder anderen fortgeschrittenen Spieler neugierig gemacht, vielleicht noch seine eigenen Erfahrungen zu machen.

Wenn ihr bereits welche gemacht habt oder noch Fragen dazu, würde ich mich über ein paar Kommentare hier freuen.

Selmer Mark VI – doch nur ein Mythos?

Immer und überall in der Saxophonistenszene fällt zwangsläufig in einer Diskussion das „Mark VI“. Es scheint omnipräsent zu sein und mir geht es zunehmend auf die Nerven. Deshalb möchte ich heute mal in diesem Thema aufräumen. Ich werde über ganz rationale Gründe über den Erfolg des Mark VI reden, diverse Gedanken über verschiedene Aspekte des Mythos verlieren und mich mit der Krux dieser übertriebenen Glorifizierung befassen.

Wenn man Saxophonisten nach dem „besten Saxophon fragt“ kommt sehr oft die Antwort „Mark VI“. Verwunderlich ist dann aber, dass alle Saxophonisten (Jazz) ganz individuell klingen wollen und die gängige Meinung über das Equipment ist, dass es eine ganz individuelle Sache sei und es bei keinem gleich zusammen passt.
Also jeder Saxophonist muß sein Equipment finden und alle klingen sie auf ihren Mark VI total unterschiedlich und individuell?

Zuerst muß ich hier aber auch sagen, dass selbst heutzutage die meisten Mark VI doch ganz gute Hörner sind, einige von ihnen sogar fantastisch; aber die besten? Ich meine: bei weitem nicht.
Aber wie kam es zu diesem gigantischem Erfolg und auch dem Mythos?

Ich glaube, da muß man wahrscheinlich im Jahre 1954 anfangen, dem Jahr an dem das Mark VI herauskam. Selmer war schon vorher bekannt und hat wie heute sehr gute Saxophone für den professionellen Bereich gebaut, die sich sowohl für Klassik wie auch Jazz eigneten. Jedoch war das Mark VI damals eine kleine Revolution. Es hatte damals mit Abstand die beste Mechanik. Klanglich spielte es auch ganz oben mit, wobei man aber ganz klar sagen muß, dass es zu der Zeit auch sehr gut klingende amerikanische Hörner gab (hier möchte ich z.B. das legendäre King S20 (Parker und Cannonball spielten es) erwähnen, welches mich persönlich vom Klang mehr anspricht).
Nun war aber noch in der frühen Nachkriegszeit die europäische Wirtschaft noch nicht so stark wie die Amerikanische, weshalb der Dollar deutlich mehr wert war als die französische Währung, wodurch das Mark VI auf dem amerikanischen Markt unschlagbar billig wurde.

Guter Klang, fantastische Mechanik und dazu ein unschlagbarer Preis; logisch, dass die ganzen Jazzer, die nie wirklich im Ruf standen, besonders vermögend zu sein, scharenweise auf das Mark VI gestiegen sind.

Da auch die Größen der Szene nun Mark VI spielten, wollte natürlich ihre Nachahmer, die genauso klingen möchten, auch alle ein Mark VI (das gilt auch heute noch so), vergessen dabei aber oft, dass für den Klang der Jazzlegenden wahrscheinlich eher deren jahrelanges Üben und Spielen verantwortlich sind, gefolgt von ihrer anatomischen Gegebenheiten und Blatt und Mundstück dürften auch noch ihr übriges dazu getan haben.

Wie dem auch sei, das Mark VI wurde damals zum Verkaufsschlager und wurde auch lange produziert. Teilweise wurden aufgrund der Nachfrage die Saxophone in die USA nur in Teilen endgefertigt, wodurch es zu den USA Lack und Gravierungen kam. Die restlichen amerikanischen Saxfirmen konnten damit nicht mithalten und machten Reihenweise ihre Produktionen dicht. Sehr schade. Und auch in Frankreich und dem Rest Europas hatten Konkurenzfirmen wenig Erfolg. Der Markt wurde recht einseitig und lange gab es kaum wirkliche Alternativen. Die Amis waren weg, die Japaner noch nicht da oder fertigten nur  auf Schülerniveau und Taiwan kam erst jetzt vor kurzem richtig auf den Markt mit brauchbaren Saxophonen. Einzig Keilwerth schien sich halten zu können.
Also auch kein Wunder, dass zeitweise fast alle Profis Selmer spielten.

Das Mark VI wurde dann von dem zu unrecht ungeliebten Mark VII abgelöst. Es war nicht wirklich besser, aber auf keinen Fall schlechter, nur moderner. Dabei waren die frühen Mark VII den späten Mark VI sehr ähnlich. Da es die hohen Erwartungen an den Mark VI Nachfolger nicht gerecht werden konnten, fiel es in Ungnade bei der Saxgemeinde (die Mark VII sind immer noch underpriced). Selbst heute muß sich Selmer immer wieder anhören, dass ihre neuen Hörner alle schlechter als das Mark VI seien.

Ein weiterer Grund für die heutige Beliebtheit, den ich persönlich gut nachvollziehen kann, ist dessen einmalige Verbindung von einem Vintageklang mit einer modernen Mechanik.
Tatsächlich ist das Mark VI der Prototyp der heutigen Hörner. Die Mechanik wurde zum Standard und auch das Klangideal orientierte sich sehr am französischen eher schlanken Ton mit dem leichten Näseln. Die Japaner kopierten anfangs ausschließlich Selmer. Sehr schade um den breiten fetten Sound der Amihörner. Dies ist meiner Ansicht nach auch ein Grund für den blühenden Vintagemarkt, weil es tatsächlich lange nichts mit dieser schönen Klangrichtung gab und man zwangsläufig auf die alten Geräte zurückgreifen mußte.

Aber nicht nur die Asiaten kopierten. Es gibt auf dem Markt unendlich viele Hörner, die Mark VI Kopien sein sollen. Als die besten gelten das Yamaha 62, das Selmer USA Omega, B&S Medusa, P.Mauriat System 76, Brancher und sogar Selmer kopiert sich mit dem Reference 54 selber.

Der vergleich mit dem Mark VI ist auch bei der Bewertung eines Saxes quasi obligatorisch. Je „Mark sexier“ etwas ist, desto besser.
Aber nach der Mark VI Fangemeinde erreicht keines von denen die Klasse, Charakter, Seele (oder was auch immer) des Originales. Viele meinen wirklich, dass mit dem Mark VI die Entwicklung des Saxophones abgeschlossen sei und danach die neuen Instrumente immer nur schlechter geworden sind. Ich denke hier sogar schon eine Art kleinen Fanatismus zu erkennen.

Zudem verwundert es mich, das keines der genannten Hörner wirklich ähnlich klingt, was mich mal zwangsläufiger zu der an sich einfachen Frage führte: „Wie klingt ein Mark VI denn nun eigentlich?“
Merkwürdigerweise bekommt man darauf sehr verschiedene Antworten und die Mark VI Spieler loben recht unterschiedliche Vorzüge ihres Horns. Von kräftig und hell über straight und kernig sowie charakteristisch und breit bis hin zu weich und dunkel.
Kann es vielleicht sein, dass es gar keinen einen Mark VI Sound gibt?
Wie kommt das? Dafür gibt es einige Erklärungen die eigentlich sogar auf Hand liegen.
Zunächst hat Selmer selbst heute noch ein kleines Problem mit der Produktionskonsistenz. Die Saxophone fallen trotz gleichen Modelles oft sehr unterschiedlich aus. Das war früher bestimmt nicht besser.
Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass die Instrumente schon alt sind. Ein Instrument verändert sich durch die Abnutzung, jede Generalüberholung. Andere Polster, andere Resonatoren und dann vielleicht noch neulackiert; schon hat man ein ganz anders klingendes Saxophon.
Ich muß zugeben, dass ich nicht der Mark VI Fachman bin, und vielleicht noch keine 100 Mark VI angespielt habe, jedoch waren die alle immer sehr verschieden, selten entsprachen sie ihrem Ruf und nur eines hatte mich vom Klang wirklich umgehauen, welches aber deutliche Intonationsprobleme hatte.

Ein weiterer Hauptgrund für dieses Klangspektrum liegt auch im langem Zeitraum, in dem es gebaut worden ist. In über 20 Jahren wurde das Mark VI nicht konstant gleich gebaut. Das Mark VI gab es ja sowieso in verschiedenen Varianten – mit oder ohne Hoch Fis, Altos mit Tief A, europäische oder amerikanische Variante, ich habe sogar eines im originalem lila Lack angespielt – sondern es wurden auch viele bautechnische Details verändert, Knie, S-Bögen, Mensuren, Material. Eine der kuriosten Legenden, die mir dazu zu Ohren kamen, war, dass man ursprünglich als Material Metall aus wieder eingeschmolzenen Kanonrohren aus dem zweiten Weltkrieg genommen hat (daher wahrscheinlich auch der bombastische Sound). Nachdem dieses Metall verbraucht war, wurden die Mark VI schlechter…

Aufgrund dieser baulichen Unterschiede kommt das Gerede über die Seriennummern zustande; dass es bestimmte Reihen gibt, die besonders gut seien. Aber die wenigsten kennen sich bei diesem Thema wirklich aus, zudem ist das oft eine Geschmacksfrage, was den nun besser klingt und zuletzt halte ich das wegen der Selmer naturellen Fertigungsschwankung und dem Zahn der Zeit für überhaupt nicht aussagekräftig.

So etwas ist dann nur wichtig, für die Sammler. Das sind auch die, die die Preise so hoch treiben. Persönlich finde ich, dass der gezahlte Preis in keiner Relation zu spielerischen Aspekten steht. Das Mark VI ist nicht so teuer, weil es so gut ist, sondern so gefragt.
Seriennummern, die angeblich besonders gut sind, erzielen hohe Preise. Begehrt sind die „5-digit“ (also nur fünfstellige Seriennummer). Ich bin überzeugt, dass hat nichts damit zu tun, dass die besser sind, sondern nur seltener. Aber da jetzt viele jetzt ein 5-digit Horn haben, ist das auch nicht mehr „hip“. Der neue Trend geht zum Selmer SBA. Die sind noch seltener.

Und was den Markt angeht; habt ihr euch noch nie gefragt, warum so viele Mark VI zum verkauf stehen, wenn es doch das beste Horn ist? Deshalb solltet ihr immer fragen, wenn euch eines angeboten wird, wer denn gestorben ist. Wenn die Antwort lautet: „Der Opa, der hat noch mit Miles und Coltrane auf der Bühne gestanden“ ist das ein Zeichen für ein gutes Saxophon, wenn die Antwort hingegen „Keiner“ ist, sollte euch das zu denken geben, warum dieses Sax eigentlich verkauft wird. Und seid gewarnt, viele Ebay Dachbodenfunde sind in Wahrheit nur Kellerausmistungen.

Viele Fans führen gerne an, dass auch heute noch die meisten Profis Mark VI spielen.
Die angehenden Jazzgöttern waren auch nicht vor dieser Selmerindoktrinierung gefeit. An den Musikhochschulen spielten die Dozenten und Lehrer die Teile und so dann auch die Studenten und wie bereits oben erwähnt, gab es lange Zeit auch nicht wirklich viele Alternativen.
Von Maceo Parker gibt es eine Aussage (in einer Sonic Ausgabe), wie er denn zu seinem Mark VI gekommen ist. Sinngemäß: „Damals spielten alle meine Vorbilder ein Mark VI. Ich dachte mir, wenn die das spielen ist das Horn auch gut genug für mich“.
Und warum sollten diese Leute nach 20 Jahren, nachdem sie sich auf diesem ihrem Horn eingespielt haben, jede Eigenart kenne und darauf ihren Sound entwickelt haben, wechseln, auf ein Horn, dass vielleicht objektiv etwas besser klingt und besser Intoniert, wenn sie dann nochmal 5 Jahre brauchen um sich so darauf einzuspielen, damit sie wieder auf ihren heutigen Stand kommen?

Zudem häufen sich Beispiele von jüngeren Profis die von ihren Mark VI auf die modernen Hörner der nächsten Generation wechseln. Wie oft da nun ein Endorsementvertrag mit Yamaha oder P.Mauriat dahinter steckt, wollen wir uns gar nicht fragen.

Vielen Mark VI Fans wird vieles was hier steht wahrscheinlich sehr aufstoßen, dabei ist es gar nicht meine Absicht, das an sich immer noch gute Horn irgendwie schlecht zu reden. Ich wollte nur einmal mit dem größten Mist, der darüber erzählt wird aufräumen, und ich hoffe, dass so manch ein Neuling in dieser Thematik ein etwas realistischeres Bild oder zumindest mal eine Gegenposition bekommen hat.